OGH 5Ob91/24d

OGH5Ob91/24d6.6.2024

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Jensik als Vorsitzenden sowie die Hofräte Mag. Wurzer und Mag. Painsi, die Hofrätin Dr. Weixelbraun‑Mohr und den Hofrat Dr. Steger als weitere Richter in der Grundbuchsache der Antragsteller 1. H*, 2. E*, vertreten durch die Hohenberg Rechtsanwälte GmbH in Graz, wegen Löschung eines Wohnungsgebrauchsrechts ob der Liegenschaft EZ * KG *, über den außerordentlichen Revisionsrekurs des Erstantragstellers gegen den Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Graz als Rekursgericht vom 26. März 2024, AZ 70 R 106/23g, mit dem der Beschluss des Bezirksgerichts Graz‑West vom 23. Oktober 2023, TZ 8146/2023, bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2024:0050OB00091.24D.0606.000

Rechtsgebiet: Zivilrecht

Fachgebiet: Grundbuchsrecht

Entscheidungsart: Ordentliche Erledigung (Sachentscheidung)

 

Spruch:

Dem außerordentlichen Revisionsrekurs wird teilweise Folge gegeben.

Die Beschlüsse der Vorinstanzen werden dahin abgeändert, dass es lautet:

1. Aufgrund der

Löschungserklärung vom 21. 9. 2023

wird

in EZ * KG *

die Vormerkung der Löschung des sub C-LNR 5

a 8633/2021 einverleibten

WOHNUNGSGEBRAUCHSRECHTS

für E* geb *

bewilligt.

2. Das Mehrbegehren auf Einverleibung der Löschung des unter Punkt 1. genannten Wohnungsgebrauchsrechts wird abgewiesen.

3. Der Vollzug und die Verständigung der Beteiligten obliegt dem Erstgericht.

Verständigt wird:

Hohenberg Rechtsanwälte GmbH

Hartenaugasse 6, 8010 Graz

 

Begründung:

[1] Der Erstantragsteller ist Alleineigentümer der Liegenschaft EZ [...] KG [...]. Zu C-LNR 5 ist ein Wohnungsgebrauchsrecht für die Zweitantragstellerin einverleibt. Die Antragsteller beantragten unter Vorlage derErklärung vom 21. 9. 2023 die Löschung dieses Wohnungsgebrauchsrechts.

[2] Die Löschungserklärung lautet auszugsweise:

„2. [Die Zweitantragstellerin] erklärt hiermit ihre Einwilligung darein, dass aufgrund dieser Urkunde ohne ihr weiteres Zutun, jedoch nicht auf ihre Kosten, das in der Liegenschaft KG [...] EZ [...] unter C-LNR 5 einverleibte Wohnungsgebrauchsrecht gelöscht wird.“

[3] Das Erstgericht wies den Antrag zur Gänze ab, weil die Löschungserklärung keine Einwilligung zur Einverleibung enthalte.

[4] Das Rekursgericht bestätigte die Abweisung des Antrags aus diesem Grund, erachtete hingegen einen vom Erstgericht weiters herangezogenen Abweisungsgrund für nicht gegeben. Den Revisionsrekurs ließ es nicht zu.

Rechtliche Beurteilung

[5] Der vom Erstantragsteller erhobene Revisionsrekurs ist entgegen dem den Obersten Gerichtshof nicht bindenden Ausspruch des Rekursgerichts zulässig, weil die Vorinstanzen nicht auf Vormerkung der Löschung des Wohnungsgebrauchsrechts erkannten.

1. Zu der vom Erstantragsteller als erheblich erachteten Rechtsfrage:

[6] 1.1. Bereits das Rekursgericht hat zutreffend darauf hingewiesen, dass nach § 32 Abs 1 lit b GBG Privaturkunden, aufgrund derer eine Einverleibung stattfinden soll, unter anderem die ausdrückliche Erklärung jener Person enthalten müssen, deren Recht beschränkt, belastet, aufgehoben oder auf eine andere Person übertragen werden soll, dass sie in die Einverleibung einwillige.

[7] 1.2. Neben der Einverleibung der Löschung nach § 8 Z 1 GBG, die die Aufhebung dinglicher Rechte zum Gegenstand hat, kennt das Gesetz auch Fälle der schlichten Löschung mit geringeren Rechtsfolgewirkungen, etwa zur Beseitigung gegenstandslos gewordener Grundbuchseintragungen. Der Fachsenat hat daher bereits wiederholt ausgesprochen, dass für Einverleibungen aufgrund von Privaturkunden die genau auf diese Eintragungsart bezogene Aufsandungserklärung zu verlangen ist. Daher wurden sowohl die Erklärung, die Löschung einer Reallast zu beantragen, als auch die Zustimmung, dass ein Fruchtgenussrecht gelöscht werde, als für die Einverleibung der jeweiligen Löschung als nicht ausreichend angesehen (5 Ob 76/07y; 5 Ob 327/98v mwN; RS0060694 [T1]). Zu 5 Ob 131/17a wurde die Zustimmung zur Eintragung des Belastungs‑ und Veräußerungsverbots aus den selben Erwägungen für nicht ausreichend erachtet.

[8] 1.3. Der Erstantragsteller hält dem im Wesentlichen entgegen, dass nach dem Inhalt der Urkunde eine Willenserklärung der Wohnungsgebrauchsberechtigten zur Löschung des einverleibten Rechts entnommen werden könne, und sieht in der Anwendung der ständigen Rechtsprechung des Fachsenats auf diesen Fall einen „übermäßigen Formalismus“. Diese Überlegungen überzeugen schon deshalb nicht, weil sie die Unterscheidung zwischen der Einverleibung einer Löschung, die die Aufhebung dinglicher Rechte zum Gegenstand hat, und der einfachen Löschung etwa bloß gegenstandsloser Eintragungen ignorieren und auch die „schlichte Löschung“, die geringere Rechtsfolgewirkungen nach sich zieht, einverleibte Rechte betreffen kann. Damit bieten die Ausführungen im Revisionsrekurs insgesamt keinen Anlass, von den in ständiger Rechtsprechung vertretenen und der Lehre gebilligten (vgl dazu Weigand in Kodek, GBG² § 32 GBG Rz 40) Grundsätzen abzugehen.

[9] 2. Jedes Begehren um Einverleibung umfasst stillschweigend auch ein solches um Vormerkung, es sei denn der Antragsteller hätte sie ausdrücklich ausgeschlossen (§ 85 Abs 3 GBG; Höller in Kodek, GBG² § 8 GBG Rz 12).

[10] 2.1. Wenn die beigebrachte Urkunde nicht alle in den §§ 31 bis 34 GBG festgesetzten besonderen Erfordernisse zur Einverleibung, wohl aber die allgemeinen Erfordernisse (§§ 26, 27 GBG) zur grundbücherlichen Eintragung besitzt, kann aufgrund der Urkunde gemäß § 35 GBG die Vormerkung (§ 8 Z 2 GBG) bewilligt werden (5 Ob 76/07y; 5 Ob 22/20a mwN; RS0060605 [T2]).

[11] 2.2. Fehlt es daher – wie hier – nur an einem Erfordernis nach § 32 Abs 1 lit b GBG, dann darf dies nicht zur gänzlichen Abweisung des Gesuchs, sondern nur des Einverleibungsbegehrens führen, während als Minus (vgl § 96 GBG) die Vormerkung zu bewilligen ist (Weigand aaO § 32 GBG Rz 39).

[12] 3. Dem Revisionsrekurs ist damit teilweise Folge zu geben. Zur Rechtfertigung der Vormerkung wird eine Löschungserklärung der Wohnungsgebrauchsberechtigten vorzulegen sein, die auf Einverleibung in die Löschung dieses Rechts lautet.

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