OGH 5Ob224/23m

OGH5Ob224/23m28.5.2024

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Dr. Jensik als Vorsitzenden sowie die Hofräte Mag. Wurzer und Mag. Painsi, die Hofrätin Dr. Weixelbraun‑Mohr und den Hofrat Dr. Steger als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei M* B*, vertreten durch Dr. Karl-Heinz Götz, Dr. Rudolf Tobler jun., Rechtsanwälte in Neusiedl am See, gegen die beklagten Parteien 1. E* GmbH, *, vertreten durch die HSP Rechtsanwälte GmbH in Wien, 2. E* S*, 3. K* Z*, *, beide vertreten durch die SUP-A Rechtsanwälte OG in Eisenstadt, 4. B* B.V., *, Niederlande, vertreten durch die GRAF ISOLA Rechtsanwälte GmbH in Wien, wegen (zuletzt) 11.080 EUR sA, über die Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichts Eisenstadt als Berufungsgericht vom 8. September 2023, GZ 13 R 40/23i‑127, mit dem das Urteil des Bezirksgerichts Neusiedl am See vom 22. Dezember 2022, GZ 6 C 214/21p‑82, in der Fassung des Berichtigungs-beschlusses vom 20. Jänner 2023, GZ 6 C 214/21p‑86, bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2024:0050OB00224.23M.0528.000

Rechtsgebiet: Zivilrecht

Entscheidungsart: Zurückweisung mangels erheblicher Rechtsfrage

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Die klagende Partei ist schuldig, der erstbeklagten Partei binnen 14 Tagen die mit 1.032,90 EUR bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung (darin 172,15 EUR Umsatzsteuer) zu ersetzen.

 

Begründung:

[1] Das von der Zweit- und dem Drittbeklagten in der Rechtsform einer OG betriebene Unternehmen baute im Jahr 2018 in dem von der Klägerin bewohnten Haus eine neue Küche ein. Am 18. 9. 2019 kam es in dieser Küche zu einem Unfall. Die Klägerin erhitzte auf einem von der Erstbeklagten hergestellten Induktionskochfeld in einem von der Viertbeklagten hergestellten Wok, mit dem dazugehörigen Glasdeckel abgedeckt, rund 100 ml Rapsöl. Es kam zu einer explosionsartigen Entzündung des Öls im Wok. Dabei wurde die Klägerin am Körper verletzt, der Wok sowie das Induktionskochfeld zerstört und Einrichtungsgegenstände beschädigt.

[2] Sowohl die Elektroinstallationen des Hauses als auch der Anschluss des Induktionskochfelds waren zum Zeitpunkt der Explosion mangelfrei. Weder das Induktionskochfeld noch der Wok samt Glasdeckel wiesen einen konstruktiven technischen Fehler auf. Der von der Viertbeklagten hergestellte Wok besteht aus tiefgezogenem, auf der Innenseite mit Antihaftbeschichtung versehenem Stahlblech und weist im Vergleich zu Woks aus Gusseisen einen relativ dünnen Boden auf. Bei Verwendung auf einem Induktionskochfeld führt dies zu einer besonders raschen Erwärmung des Wokbodens. Das im Wok befindliche Rapsöl wurde auf der von der Klägerin gewählten Leistungsstufe binnen weniger Sekunden bis auf den Flammpunkt (rund 230 Grad Celsius) erhitzt. Durch das Aufsetzen des Glasdeckels auf den Wok entstand in dessen Innerem ein explosionsfähiges Öl‑Luft‑Gemisch. Zur Explosion führte in weiterer Folge entweder die Zufuhr von Zündenergie, etwa durch eine elektrostatische Aufladung der Klägerin, oder das Erreichen der Selbstentzündungstemperatur (rund 340 Grad Celsius) zumindest einer Teilmenge des im Wok befindlichen Öls durch partielle Überhitzung.

[3] In der Betriebsanleitung des Induktionskochfelds finden sich insbesondere folgende Hinweise (die Warnhinweise zu 2.3. versehen mit einem Piktogramm in Gestalt eines allgemeinen Warnzeichens):

„1.2. Allgemeine Sicherheit

[….]

WARNUNG: Kochen mit Fett oder Öl auf einem unbeaufsichtigten Kochfeld ist gefährlich und kann zu einem Brand führen.

[…]

VORSICHT: Der Kochvorgang muss überwacht werden. Ein kurzer Kochvorgang muss kontinuierlich überwacht werden.

[…]

2.3. Gebrauch

WARNUNG! Verletzungs-, Verbrennungs- und Stromschlaggefahr.

[...]

WARNUNG! Brand- und Explosionsgefahr.

Erhitzte Öle und Fette können brennbare Dämpfe freisetzen. Halten Sie Flammen und erhitzte Gegenstände beim Kochen mit Fetten und Ölen von diesem fern. Die von sehr heißem Öl freigesetzten Dämpfe können eine Selbstentzündung verursachen.[….]“

In der Betriebsanleitung des Wok finden sich insbesondere folgende Hinweise:

„Dieses Kochgeschirr ist für die Verwendung auf allen Arten von Kochfeldern und im Backofen geeignet. Mit dem Glasdeckel hält es einer Temperatur von bis zu 180° C stand und ohne Glasdeckel einer Temperatur von bis zu 240° C.

[…]

Überhitzen Sie Öl oder Fett nicht.“

[4] Weder in der Bedienungsanleitung des Induktionskochfelds noch in jener des Wok findet sich ein Warnhinweis, wonach im Wok Öl ohne anderes Kochgut keinesfalls auf einem Induktionsherd bei aufgesetztem Deckel erhitzt werden darf, weil sich diesfalls auch bereits nach kürzester Zeit ein explosionsfähiges Öl‑Luft‑Gemisch bildet und daher akute Explosionsgefahr besteht. Dass stark erhitztes Öl sowie die damit verbundenen Dämpfe ein explosionsfähiges Gemisch bilden, und daher Öl nicht unter einem geschlossenen Deckel erhitzt werden sollte, weil dadurch Verbrennungs-, Verletzungs- und auch Explosionsgefahr besteht, ist nicht allgemein bekannt. Die Klägerin hat vor Verwendung des Induktionskochfelds sowie des Wok die jeweiligen Betriebsanleitungen gelesen. Ihr war aber nicht bewusst, dass die Erhitzung von Rapsöl ohne weiteres Kochgut im Wok bei aufgesetztem Glasdeckel derart schnell zu einer Explosion führen kann. Die Art und Weise wie die Klägerin ihren Kochvorgang durchgeführt hat, war sachgemäß, zumal der Warnhinweis „Kochen mit Fett oder Öl auf einem unbeaufsichtigten Kochfeld ist gefährlich und kann zu einem Brand führen“ von einem durchschnittlichen Produktbenutzer nicht so verstanden werden muss, dass der Nutzer ständig neben dem Topf stehen und diesen ständig beobachten muss. Das Aufsetzten eines Deckels während des Erhitzens von Öl ist ungewöhnlich, allerdings nicht so ungewöhnlich oder gar absurd, dass der idealtypische Produktbenutzer dies als gefährlich einstufen würde. Außerdem kann von einem idealtypischen Produktbenutzer nicht erwartet werden, dass dieser weiß, dass ein derartiger Wok mit dünnem Boden, der ausschließlich 100 ml Öl enthält, nicht 30 Sekunden lang mit geschlossenem Deckel auf einem Induktionsfeld erhitzt werden sollte, weil es dann beim Hinzutreten zusätzlicher Umstände zu einer Explosion kommen könnte.

[5] Bis zu dem Unfall der Klägerin waren derartige oder ähnliche Vorfälle in den einschlägigen Fachkreisen nicht bekannt. Die akute Explosionsgefahr bei der Erhitzung von Rapsöl ohne weiteres Kochgut im Wok bei aufgesetztem Glasdeckel wäre sowohl für die Erst- als auch für die Viertbeklagte nur bei ausführlicher Risikoanalyse erkennbar gewesen.

[6] Die Klägerin begehrte von den (ursprünglich vier) beklagten Parteien Schadenersatz (Schmerzengeld; Pflegeaufwand, Haushaltshilfe, Fahrtkosten; Sachschäden). Die Ansprüche gegenüber der Erstbeklagten und der Viertbeklagten stützte sie auf deren Haftung nach dem Produkthaftungsgesetz. Sowohl das Induktionskochfeld als auch der Wok hätten Fehler aufgewiesen, für deren Folgen die Erst- und die Viertbeklagte als Herstellerinnen im Rahmen der Produkthaftung verschuldensunabhängig einzustehen hätten. Es lägen insbesondere Instruktionsfehler vor, weil beide Bedienungsanleitungen keine konkreten, auf den vorgenommenen Kochvorgang bezogenen Warnhinweise enthielten.

[7] Gegenstand des Revisionsverfahrens ist nur (mehr) das gegen die Erstbeklagten erhobene Begehren.

[8] Das Erstgericht wies das Klagebegehren gegenüber der Erstbeklagten ab.

[9] Ausgehend von den – eingangs gerafft wiedergegebenen – Feststellungen habe das Induktionskochfeld keinen Produktfehler iSd § 5 PHG aufgewiesen, weder einen Konstruktions- oder Produktionsfehler noch einen Instruktionsfehler. Vom Hersteller eines Induktionskochfelds könne nicht erwartet werden, für jede einzelne Geschirrart jede Verwendungsmöglichkeit in Betracht zu ziehen und für jede spezifische Verwendungsart Warnhinweise in die Bedienungsanleitung aufzunehmen.

[10] Das Berufungsgericht gab der Berufung der Klägerin gegen die Abweisung der Klage gegenüber der Erstbeklagten nicht Folge.

[11] Das Erstgericht habe nicht nur einen Konstruktions- oder Produktionsfehler des Induktionskochfelds, sondern auch das Vorliegen eines Instruktionsfehlers zutreffend verneint. Die Erstbeklagte habe in der Betriebsanleitung des Induktionskochfelds sowohl wörtlich als auch bildhaft in Form eines Piktogramms auf die mögliche Explosionsgefahr ebenso hingewiesen wie auf die Möglichkeit, dass die von sehr heißem Öl freigesetzten Dämpfe eine Selbstentzündung verursachen können.

[12] Das Berufungsgericht ließ die Revision zu. Es fehle höchstgerichtliche Rechtsprechung für den hier vorliegenden speziellen Fall des Zusammentreffens von mehreren schwer voraussehbaren Umständen.

[13] Gegen diese Entscheidung des Berufungsgerichts richtet sich die Revision der Klägerin. Als Revisionsgrund macht sie die unrichtige rechtliche Beurteilung geltend. Sie beantragt, das angefochtene Urteil abzuändern und der Klage auch gegenüber der Erstbeklagten stattzugeben. Hilfsweise stellt sie einen Aufhebungsantrag.

[14] Die Erstbeklagte beantragt in ihrer Revisionsbeantwortung, die Revision zurückzuweisen, in eventu dieser nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

[15] Die Revision ist – entgegen dem den Obersten Gerichtshof nicht bindenden Ausspruch des Berufungsgerichts – mangels erheblicher Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO nicht zulässig.

[16] 1. Das Produkthaftungsgesetz normiert die verschuldensunabhängige Haftung eines Unternehmers, der ein fehlerhaftes Produkt in Verkehr bringt (RS0111171 [T2]).

[17] Gemäß § 5 Abs 1 PHG ist ein Produkt fehlerhaft, wenn es nicht die Sicherheit bietet, die man unter Berücksichtigung aller Umstände zu erwarten berechtigt ist, besonders angesichts 1. der Darbietung eines Produkts, 2. des Gebrauchs des Produkts, mit dem billigerweise gerechnet werden kann, 3. des Zeitpunkts, zu dem das Produkt in den Verkehr gebracht worden ist.

[18] Bei den Produktfehlern iSd § 5 Abs 1 PHG ist zwischen Konstruktionsfehlern, Produktionsfehlern und Instruktionsfehlern zu unterscheiden. Beim Konstruktionsfehler ist die Enttäuschung der Sicherheitserwartung im technischen Konzept begründet. Beim Produktionsfehler (Fabrikationsfehler) entspricht zwar das Konzept und das danach hergestellte „idealtypische Produkt“ den Erwartungen, nicht aber das einzelne Stück, weil der Produktionsprozess nicht normgerecht war. Beim Instruktionsfehler macht die unzureichende Darbietung das Produkt fehlerhaft (RS0107606 [T4]).

[19] Ausschlaggebend für die gemäß § 5 PHG maßgebenden Erwartungen eines Produktbenutzers von der Sicherheit eines Produkts sind die berechtigten Sicherheitserwartungen, ein objektiver Maßstab, dessen Konkretisierung im Einzelfall unter Berücksichtigung aller Umstände vorzunehmen ist. Was im Einzelfall an Produktsicherheit erwartet werden darf, ist eine Rechtsfrage (RS0107605 [T1, T9, T17]). Der Standard von Wissenschaft und Technik konkretisiert die berechtigten Sicherheitserwartungen des durchschnittlichen Produktbenützers (RS0071536).

[20] Die Sicherheitserwartungen sind nur berechtigt, wenn der Benutzer den Anforderungen an seine Eigenverantwortung gerecht wird, spricht doch § 5 Abs 1 Z 2 PHG vom Gebrauch des Produkts, mit dem billigerweise gerechnet werden könne. Zu prüfen ist daher, ob das Benutzerverhalten für den Hersteller vorhersehbar war; denn für unvorhersehbare oder geradezu absurde Gebrauchsarten hat der Hersteller nicht einzustehen. Darüber hinaus ist auch ein sozial übliches Verhalten für den Unternehmer ohne weiteres vorhersehbar. Auch unterhalb der Schwelle der Sozialüblichkeit ist mit bestimmten Verbrauchergewohnheiten zu rechnen, solange es sich nicht nur um einen theoretisch denkbaren, sondern um einen naheliegenden Abusus handelt (RS0107610). Für die Beurteilung der Fehlerhaftigkeit eines Produkts ist also nicht strikt auf den bestimmungsgemäßen Gebrauch, sondern auf alle Gebrauchsmöglichkeiten abzustellen, die bei objektiver Betrachtung aus der Perspektive des Herstellers als denkmöglich in Betracht zu ziehen sind, was selbst außergewöhnliche Nutzungen, die als noch sozialüblicher Abusus anzusehen sind, einschließt. Nur für objektiv unvorhersehbare oder geradezu absurde Nutzungen hat der Hersteller nicht einzustehen (9 Ob 99/22g;

RS0107610 [T14]).

[21] 2. Bei dem – in der Revision allein geltend gemachten – Instruktionsfehler macht die unzureichende Darbietung das Produkt fehlerhaft (RS0107606 [T2]). Zur Instruktionspflicht des Herstellers gehört es auch, den Benützer auf gefährliche Eigenschaften des Produkts hinzuweisen (RS0071549 [T1]), wenn die berechtigten Sicherheitserwartungen des idealtypisch durchschnittlichen Produktbenützers eine solche Warnung verlangen (vgl RS0071543).

[22] Warnhinweise müssen klar und allgemein verständlich formuliert sein. Das spezielle Risiko ist in seiner ganzen Tragweite möglichst eindrucksvoll zu schildern. Die Instruktion muss daher geeignet sein, das Risiko einer Rechtsgutverletzung zu beseitigen (RS0071554). Warnhinweise müssen umso deutlicher ausfallen, je größer das Ausmaß der potentiellen Schadensfolgen und je versteckter die Gefährlichkeit ist (RS0071554 [T1]). Kann die Verwendung des Produkts mit erheblichen Gefahren für die Gesundheit von Menschen verbunden sein, so dürfen Warnhinweise nicht im sonstigen Text „versteckt“ werden. Die Hinweise müssen eine Art der drohenden Gefahr deutlich herausstellen und Funktionszusammenhänge klar machen, sodass erkennbar wird, warum das Produkt gefährlich ist (RS0111166).

[23] Entscheidend sind die berechtigten Sicherheitserwartungen des idealtypischen durchschnittlichen Produktbenützers. Was im Erfahrungswissen eines solchen (potentiellen) Abnehmers liegt, muss nicht zum Inhalt einer Warnung gemacht werden (RS0071543). Gegebenenfalls sind Inhalt und Umfang der Instruktionen nach der am wenigsten informierten und damit gefährdetsten Benutzergruppe auszurichten (RS0026022 [T4]).

[24] Der Verkäufer eines an sich fehlerfreien Produkts, dessen Verwendung aber in spezifischen Teilbereichen zu Schädigungen führen könnte, hat die Nebenverpflichtung zur Anleitung und Aufklärung. Die Haftung für „generell-abstrakt“ fehlerfreie Produkte, die in „individuell-konkreten“ Teilbereichen der Verwendung zu Schädigungen führen können und somit gefahrenträchtig sind, ist zu bejahen, wenn der Veräußerer mit einer derartigen Verwendung rechnen musste (RS0106978; RS0114946).

[25] 3. Die Frage, ob die für die Fehlerhaftigkeit eines Produkts maßgeblichen berechtigten Sicherheitserwartungen des durchschnittlichen Produktbenützers erfüllt sind, ist stets nach den Umständen des Einzelfalls zu beurteilen. Gleiches gilt für die Frage, ob und welche Produktinstruktionen erforderlich sind (5 Ob 152/21w; RS0107610 [T10; T12]; RS0071549 [T5]; RS0026022 [T5]).

[26] Diese Fragen begründen daher in der Regel keine Rechtsfrage erheblicher Bedeutung iSd § 502 Abs 1 ZPO. Eine aus Gründen der Rechtssicherheit ausnahmsweise auch im Einzelfall aufzugreifende Fehlbeurteilung des Berufungsgerichts (8 Ob 35/20k) liegt nicht vor. Das Berufungsgericht hat die für den hier zu beurteilenden Fall wesentliche Rechtsprechung zu den Haftungsvoraussetzungen gemäß § 5 PHG zutreffend wiedergegeben und seiner Entscheidung auch zugrunde gelegt. Seine Entscheidung weicht von diesen Grundsätzen nicht ab.

[27] Die Betriebsanleitung der Erstbeklagten enthält allgemeine Sicherheitshinweise, wonach das Kochen mit Fett oder Öl auf einem unbeaufsichtigten Kochfeld gefährlich ist und zu einem Brand führen kann und der Kochvorgang, und sei es auch nur ein kurzer Kochvorgang, daher (kontinuierlich) überwacht werden müsse. Zum Anderen weist die Erstbeklagte auf die Gebrauchsgefahren und dabei explizit auf eine mögliche Brand- und Explosionsgefahr hin, ebenso auf die Möglichkeit, dass die von sehr heißem Öl freigesetzten Dämpfe eine Selbstentzündung verursachen können.

[28] Die Beurteilung des Berufungsgerichts, dass der durchschnittliche Produktbenützer mit diesen Hinweisen klar und verständlich vor dem Risiko gewarnt wird, das sich im vorliegenden Fall verwirklicht hat, ist nicht korrekturbedürftig. Diese Sicherheits- und Warnhinweise sind so allgemein gehalten, dass sie das Kochen auf dem Induktionskochfeld mit sämtlichen Geschirrarten erfassen, also auch das Kochen mit einem Wok. Aus diesen Instruktionen geht deutlich hervor, dass beim Kochen auf dem Induktionskochfeld die von sehr heißem Öl freigesetzten Dämpfe eine Selbstentzündung verursachen können und eine Brand- und Explosionsgefahr besteht. Die Rechtsauffassung, dass diese Präsentation des Produkts ausreicht, um einen durchschnittlichen Produktbenützer vor den mit einer Verwendung des Produkts Induktionskochfeld verbundenen Gefahren zu warnen, das Fehlen eines darüber hinausgehenden Warnhinweises in Bezug auf die Gefährlichkeit des Kochens bei Verwendung einer spezifischen Geschirrart (hier: Wok) und/oder bei einem bestimmten Kochvorgang (hier: Erhitzen von Öl ohne anderes Kochgut bei aufgesetztem Deckel) daher nicht schadet, bildet jedenfalls keine Fehlbeurteilung, die vom Obersten Gerichtshof aufzugreifen wäre. Die produktspezifischen Gefahren des Woks waren der Erstbeklagten als bloßer Herstellerin des Induktionskochfelds und in den Fachkreisen im Zeitpunkt des In‑Verkehr‑Bringens noch gar nicht bekannt.

[29] 4. Allein der Umstand, dass ein gleichgelagerter (oder ähnlicher) Sachverhalt vom Obersten Gerichtshof noch nicht beurteilt worden sein mag, bedeutet noch nicht, dass eine Rechtsfrage von der im § 502 Abs 1 ZPO umschriebenen Bedeutung vorliegt. Das gilt insbesondere, wenn – wie hier – der Streitfall bereits mit Hilfe vorhandener Grundsätze höchstgerichtlicher Rechtsprechung gelöst werden kann und vom Berufungsgericht auch so gelöst wurde (5 Ob 34/23w mwN).

[30] Richtig ist, dass sich im konkreten Anlassfall die Gefahr des Produkts (erst) durch die Kombination mit der Verwendung mit einem anderen Produkt und dessen produktspezifischen Gefahrenquellen verwirklichte. Die für vergleichbare Sachverhalte entwickelten Grundsätze der Rechtsprechung zur Frage der Vorhersehbarkeit des Benutzerverhaltens für den Hersteller (im Allgemeinen) und dessen Haftung für generell‑abstrakt fehlerfreie Produkte in individuell-konkreten Teilbereichen der Verwendung (im Besonderen) sind aber auf den konkreten, hier gegebenen Sachverhalt anwendbar und wurden auch korrekt angewendet (vgl etwa 7 Ob 49/01h [Tauchunterziehanzug]). Der vom Berufungsgericht in seiner Zulassungsbegründung angesprochenen Konkretisierung der zu § 5 PHG entwickelten Rechtsprechung für das „Zusammentreffen von mehreren schwer voraussehbaren Umständen“ bedarf es daher nicht.

[31] 5. Die Revision der Klägerin ist daher mangels einer Rechtsfrage von der Qualität des § 502 Abs 1 ZPO zurückzuweisen.

[32] Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 41, 50 ZPO. Die Erstbeklagte hat auf die Unzulässigkeit der Revision hingewiesen (RS0112296).

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