European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2024:0140OS00134.23X.0514.000
Rechtsgebiet: Strafrecht
Fachgebiet: Amtsdelikte/Korruption
Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.
Gründe:
[1] Mit dem angefochtenen Urteil wurde – soweit hier von Bedeutung – der, mit einer (unter anderem) gegen natürliche Personen wegen derselben Taten eingebrachten Anklageschrift verbundene (§ 21 Abs 2 VbVG), Antrag der Zentralen Staatsanwaltschaft zur Verfolgung von Wirtschaftsstrafsachen und Korruption auf Verhängung einer Verbandsgeldbuße über den Verein S* (A/II), sowie über die G* GmbH, M* GmbH, W* GmbH, We* GmbH, Wer* GmbH (jeweils B/II/2/c), LO* GmbH (B/II/2/b), Sc* GmbH, F* GmbH, So* GmbH, E* PRIVATSTIFTUNG, Sor* GmbH, SR* GmbH (jeweils B/II/1/e), V* GmbH, H* GmbH und I* GmbH (B/II/1/a) abgewiesen.
[2] In diesem Umfang wurde damit die Verantwortlichkeit (§ 3 VbVG) dieser belangten Verbände für nachstehende Taten verneint, die folgende ihrer Entscheidungsträger (vgl § 3 Abs 2 VbVG) zu Gunsten dieser Verbände (§ 3 Abs 1 Z 1 VbVG) begangen hätten, und zwar dafür, dass
A/II/ Mag. C* als Mitglied des Gemeinderats und mehrerer Gemeinderatsausschüsse sowie als Beiratsmitglied des W*, mithin als Amtsträger, für die pflichtwidrige Vornahme eines Amtsgeschäfts einen Vorteil für einen Dritten, nämlich Zahlungen an den Verein S* (ZVR: *), gefordert, angenommen oder sich versprechen lassen hat, wobei er im Zusammenhang mit im angefochtenen Urteil näher bezeichneten Bauprojekten „die Vorbereitung, Begleitung, Bearbeitung und Umsetzung dieser Projekte im Rahmen der schlichten Hoheitsverwaltung, die Einflussnahme auf das Zustandekommen sowie das Herbeiführen der jeweiligen Beschlussfassung über diese Projekte im Gemeinderat, nach unsachlichen Beweggründen, weil abhängig von der Gewährung eines Vorteils an den Verein S*, vornahm, und es unterließ, einerseits bei den Verfahren zu diesen Projekten die Vorteilsgewährungen der an diesen Verfahren Beteiligten offen zu legen, und andererseits seine Befangenheit an der Mitwirkung dieser Verfahren anzuzeigen und sich jedweder Amtsausübung in diesem Zusammenhang zu enthalten“, und zwar
1/ in Bezug auf einen 3.000 Euro übersteigenden Wert des Vorteils
a/ am 28. Jänner 2016 von DI W* Ha* 10.000 Euro;
b/ am 15. November 2016 und am 17. August 2017 von K* jeweils 5.000 Euro;
c/ am 10. Oktober 2017 (10.000 Euro), am 13. April und am 9. Mai 2018 (jeweils 5.000 Euro) von L*;
d/ am 8. August 2017 (1.500 Euro) und am 14. Februar 2018 (4.500 Euro und 9.000 Euro) von Mag. * St*;
e/ am 16. Februar 2018 von * Ed* 15.000 Euro;
f/ am 6. Dezember 2017 von Mag. So* 15.000 Euro;
2/ in Bezug auf einen 50.000 Euro übersteigenden Wert des Vorteils
a/ am 19. Dezember 2012, am 17. Dezember 2013, am 26. November 2014 und am 17. Dezember 2015 von DI * Va* jeweils 20.000 Euro;
b/ am 16. April (25.000 Euro), am 30. Juli (50.000 Euro) und am 20. Oktober 2014 (25.000 Euro) von * Ke*;
c/ am 15. November 2011 von * B* 100.000 Euro;
d/ am 27. November 2013 (16.100 Euro), am 30. Juni 2017 (5.000 Euro) und am 22. Mai 2018 (35.000 Euro) von DDr. T*;
B/II/ sie durch die zu A/II/ angeführten Zahlungen Mag. C*, mithin einem Amtsträger, einen Vorteil für einen Dritten, nämlich den Verein S*, für die pflichtwidrige Vornahme der dort genannten Amtsgeschäfte gewährt haben, und zwar
1/ in Bezug auf einen 3.000 Euro übersteigenden Wert des Vorteils
a/ K* durch die zu A/II/1/b/ angeführten Zahlungen;
b/ L* durch die zu A/II/1/c/ angeführten Zahlungen;
e/i/ Mag. So* durch die zu A/II/1/f/ angeführte Zahlung;
2/ in Bezug auf einen 50.000 Euro übersteigenden Wert des Vorteils
c/i/ DDr. T* durch die zu A/II/2/d/ angeführten Zahlungen.
[3] Weiters wurde die Verantwortlichkeit folgender belangter Verbände für Taten, nämlich Vorteilsgewährungen an Mag. C* als Amtsträger für die pflichtwidrige Vornahme von Amtsgeschäften durch Zahlungen an den Verein S* als Dritten, verneint, und zwar der V* GmbH für die zu A/II/2/a/ genannten Zahlungen von DI * Va* sowie der H* GmbH für zu A/II/1/a/ angeführte Zahlung von DI Ha*.
Rechtliche Beurteilung
[4] Die dagegen aus § 281 Abs 1 Z 5 und 9 lit a StPO ergriffene Nichtigkeitsbeschwerde der Staatsanwaltschaft ist nicht im Recht.
[5] Dem Urteil liegt im Wesentlichen folgender Sachverhalt zugrunde:
[6] Mag. C* bekleidete im anklagegegenständlichen Zeitraum die oben angeführten Funktionen als Amtsträger. Daneben war er seit 2010 „Planungssprecher“ seiner Partei, hatte als solcher aber „keinen direkten Einfluss auf Bau- und Flächenwidmungsangelegenheiten der Stadt W*“.
[7] 2004 gründete er den Verein S*, dessen Zweck in der „Bekämpfung von Armut und Not in Entwicklungsländern“, insbesondere „durch die Umsetzung von Projekten im Schul-, Bildungs-, Infrastruktur- und Beschäftigungsbereich“ in Südafrika, bestand. Durch die (auch verfahrensgegenständlichen) Zahlungen an den Verein konnte dieser verschiedene Hilfsprojekte in Südafrika realisieren.
[8] Mag. C* warb zwar immer wieder aktiv für Spenden an diesen Verein, auf deren Verwendung er als Vereinsobmann bestimmenden Einfluss hatte. Konkrete „Zahlungen – und noch weniger die Namen der Einzahler – waren“ ihm jedoch „nur in den seltensten Fällen bekannt“.
[9] Die inkriminierten Zahlungen an den Verein „standen weder mit der Person Mag. C* als Gemeinderat noch mit zu bewilligenden oder bewilligten Projekten und der Erwartung“ einer „gewogenen Amtstätigkeit“ von ihm im Zusammenhang. Sie haben „seine politische Tätigkeit“ in keiner Weise beeinflusst.
[10] Die Entscheidungsträger der belangten Verbände spendeten an den Verein, weil sie von dessen Anliegen überzeugt waren. Sie bezweckten damit nicht, Mag. C* zur pflichtwidrigen Vornahme von Amtsgeschäften zu veranlassen. Ihnen „war wichtig, dass die eingezahlten Gelder einem guten Zweck zu Gute kommen und die Zahlungen“ (da der Verein „auf der Liste begünstigter Einrichtungen des BMF angeführt war“) „steuerlich absetzbar sind“. „Wichtig war ihnen auch, dass sie ihre Wohltätigkeit auch in ihren Aussendungen und Firmenberichte[n] erwähnen konnten.“ Zusammenfassend verneinten die Tatrichter die Intention der Entscheidungsträger der belangten Verbände, „sich Mag. C*“ durch die inkriminierten Zahlungen „gewogen zu machen“.
[11] Soweit die Mängelrüge die Feststellung, es habe keinen Zusammenhang (in objektiver wie subjektiver Hinsicht) zwischen Vorteilsgewährungen und der Vornahme von Amtsgeschäften oder der Amtstätigkeit von Mag. C* gegeben, inhaltsgleich wie in der gegen das Urteil bereffend die natürlichen Personen gerichteten Nichtigkeitsbeschwerde bekämpft, kann auf deren Erledigung im zu AZ 14 Os 133/23z ergangenen Beschluss verwiesen werden.
[12] Darüber hinaus kritisiert die Mängelrüge das Fehlen „jedweder Begründung“ (Z 5 vierter Fall) dieser Negativfeststellung in Bezug auf die belangten Verbände V* GmbH und H* GmbH. Sie verfehlt dabei die gebotene Bezugnahme auf die Gesamtheit der Entscheidungsgründe (vgl aber RIS‑Justiz RS0119370). Ein Begründungselement findet sich bereits in der Urteilspassage, nach welcher die jeweiligen Entscheidungsträger DI * Va* und DI Ha* mit dem Kassier des Vereins S* befreundet gewesen und die inkriminierten Spenden (betreffend DI Ha*) „aus diesem Grund“ oder (hinsichtlich DI Va*) „ohne Einbindung des Mag. C* abgewickelt“ worden seien (US 22), wofür eine entsprechende Zeugenaussage des Vereinskassiers angeführt wird (US 45). Davon abgesehen stützt sich die Negativfeststellung – wie bei den übrigen belangten Verbänden – (erkennbar) auf verschiedene Verfahrensergebnisse (insbesondere Zeugenaussagen), nach denen Mag. C* nicht zugunsten bestimmter (Bau‑)Projekte bei Mitarbeitern der zuständigen Magistratsabteilung interveniert oder überhaupt Einfluss auf diese ausgeübt habe (US 32 f), seine Bedeutung als Planungssprecher seiner Partei ohnehin gering gewesen sei (US 39 und 44) und er davon abgesehen sich nach Wahrnehmung einer Parteikollegin durch die inkriminierten Spenden nicht „in seiner Amtstätigkeit beeinflussen ließ“ (US 44 f). Überdies wird die Aussage einer Zeugin (der Vorgängerin von Mag. C* als Planungssprecherin derselben Partei), ihr seien im Zusammenhang mit „Flächenwidmungen oder für sonstige Großprojekte … niemals Spenden angeboten“ worden, hervorgehoben (US 37). Daraus können nach Maßgabe der Denkgesetze und grundlegender Erfahrungssätze (RIS‑Justiz RS0118317) auch Rückschlüsse auf einen (fehlenden) Zusammenhang von Spenden und Amtstätigkeit aus Sicht der Entscheidungsträger dieser beiden belangten Verbände gezogen werden.
[13] Die von diesen betriebenen (Bau‑)Projekte und die Zeitpunkte ihrer Spenden wurden ohnehin festgestellt (US 22, 24 ff und 28 f), weshalb der – zudem ohne konkreten Verweis auf übergangene Verfahrensergebnisse (vgl aber RIS‑Justiz RS0118316 [T4]) erhobene – Vorwurf, das Erstgericht habe sich nicht „mit dem zeitlichen Zusammenhang“ auseinandergesetzt, ins Leere geht.
[14] Aus der als übergangen reklamierten Aussage des „Machthabers“ des belangten Verbandes V* GmbH, DI * Ma*, zitiert die Mängelrüge sinnentstellend verkürzt, somit prozessordnungswidrig (RIS‑Justiz RS0116504 [T4]). Schon deshalb war nicht näher darauf einzugehen, ob dessen Angaben bei gebotener Beachtung des inneren Sinnzusammenhangs erhebliche Bedeutung im Zusammenhang mit der bekämpften Negativfeststellung zukommt.
[15] Gleiches gilt für den Einwand, die Tatrichter hätten sich nicht mit der Aussage von DI T* Ha* (ON 649 S 119 ff) auseinandergesetzt.
[16] Die solcherart ohne Erfolg bekämpfte Negativfeststellung steht bei sämtlichen belangten Verbänden deren Verantwortlichkeit für die oben genannten Entscheidungsträger (vgl § 3 Abs 2 VbVG) entgegen. Da die Beschwerdeführerin die Begehung von Straftaten durch andere Entscheidungsträger oder Mitarbeiter dieser belangten Verbände nicht behauptet (vgl RIS‑Justiz RS0131120 [T3]), war auf ihre Rechtsrüge (Z 9 lit a), welche Feststellungsmängel geltend macht und auf sonstige – ihrer Ansicht nach durch Feststellungen geklärte – Voraussetzungen einer Verantwortlichkeit sämtlicher belangter Verbände verweist, nicht näher einzugehen.
[17] Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher – in Übereinstimmung mit der Stellungnahme der Generalprokuratur – bei der nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO).
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