OGH 18OCg3/22y

OGH18OCg3/22y3.4.2024

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Vizepräsidenten Hon.‑Prof. PD Dr. Rassi als Vorsitzenden sowie den Senatspräsidenten Hon.‑Prof. Dr. Nowotny, den Hofrat Mag. Painsi, die Hofrätin Mag. Istjan, LL.M., und den Hofrat Dr. Thunhart als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei * KG, *, vertreten durch die Hausmaninger Kletter Rechtsanwälte-Gesellschaft mbH in Wien, den Nebenintervenienten auf Seiten der klagenden Partei 1. *, 2. *-GmbH, *, 3. *, 4. *, 5. *, 6. *, 1. bis 6. Nebenintervenienten vertreten durch Dr. Andreas König, Dr. Andreas Ermacora, und andere Rechtsanwälte in Innsbruck, 7. * AG, *, vertreten durch die ZFZ Zeiler Rechtsanwälte GmbH in Wien, gegen die beklagten Parteien 1. * Gesellschaft m.b.H., *, 2. *, diese vertreten durch die Buchberger Ettmayer Rechtsanwälte GmbH in Wien, 3. *, 4. * GmbH, *, 5. *, 6. * GmbH, *, 7. *, 8. *-GmbH, *, 9. *-GmbH, *, 10. * GmbH, *, 11. *, 12. * GmbH, *, 13. *, 14. * GmbH, *, 15. *, 16. * GmbH, *, 17. *, 18. * GmbH, *, 19. *, 3. bis 19. beklagte Parteien vertreten durch die Barnert Egermann Illigasch Rechtsanwälte GmbH in Wien, wegen Aufhebung eines Schiedsspruchs (Streitwert 100.000 EUR), nach öffentlicher mündlicher Verhandlung zu Recht erkannt:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2024:018OCG00003.22Y.0403.000

Rechtsgebiet: Zivilrecht

Fachgebiete: Schiedsverfahrensrecht, Zivilverfahrensrecht

Entscheidungsart: Ordentliche Erledigung (Sachentscheidung)

 

Spruch:

 

Der im Schiedsverfahren zwischen der klagenden und den beklagten Parteien ergangene Schiedsspruch vom 21. September 2022 wird aufgehoben.

 

Die beklagten Parteien sind zur ungeteilten Hand schuldig, der klagenden Partei die mit 26.064,02 EUR (darin enthalten 8.826 EUR Barauslagen und 2.873 EUR USt), den 1. bis 6. Nebenintervenienten auf Seiten der klagenden Partei die mit 16.444,51 EUR (darin enthalten 2.740,75 EUR USt) und der 7. Nebenintervenientin auf Seiten der klagenden Partei die mit 7.037,44 EUR (darin enthalten 1.172,91 EUR USt) bestimmten Verfahrenskosten binnen 14 Tagen zu ersetzen.

 

Entscheidungsgründe:

I. Sachverhalt

[1] DieKlägerin ist eine Kommanditgesellschaft nach österreichischem Recht.

[2] In der außerordentlichen Gesellschafterversammlung der Klägerin am 30. 10. 2020 wurden zum Tagesordnungspunkt 3 (1., 2., 3., 4. Spiegelstrich) folgende Beschlüsse gefasst:

‑ Das Haftkapital der Gesellschaft von derzeit EUR 50 Mio wird durch eine Bareinlage von EUR 350 Mio auf EUR 400 Mio unter Ausschluss des Bezugsrechts der Gesellschafter und Zulassung der [7. Nebeninterventientin] zur Übernahme der gesamten Erhöhung des Haftkapitals von EUR 350 Mio gegen eine Beteiligung von 82,5 % der [7. Nebeninterventientin] an der [Klägerin] erhöht.

‑ Der Beitritt von der [7. Nebeninterventientin] als neue Kommanditistin von der [Klägerin] mit einer zur Gänze in bar zu leistenden Hafteinlage von EUR 350 Mio gegen eine Beteiligung von 82,5 % der [7. Nebeninterventientin] an der [Klägerin] wird genehmigt.

‑ Der Grundsätzevertrag wird gemäß der „Anlage Grundsätzevertrag“, die dem Einladungsschreiben vom 08. 10. 2020 zur heutigen Gesellschafterversammlung beigelegt war und mit diesem Antrag nochmals vorgelegt wird, geändert.

‑ Der Gesellschaftsvertrag der Gesellschaft wird gemäß der „Anlage [Klägerin]-Vertrag“, die dem Einladungsschreiben vom 08. 10. 2020 zur heutigen Gesellschafterversammlung beigelegt war und mit diesem Antrag nochmals vorgelegt wird, geändert.

 

[3] Die Beklagten sind Gesellschafter der Klägerin. Sie haben gegen die Klägerin in zwei Gruppen jeweils ein Schiedsverfahren über die Wirksamkeit dieser Beschlüsse der Gesellschafterversammlung der Klägerin geführt. Die erst- und zweitbeklagten Parteien leiteten das „1. Schiedsverfahren“ ein, die 3. bis 19. beklagten Parteien das „4. Schiedsverfahren“.

[4] Die 1. bis 6. Nebenintervenienten auf Seiten der Aufhebungsklägerin sind weitere Gesellschafter der Klägerin. Die 7. Nebenintervenientin ist die der Klägerin auf Basis des angefochtenen Gesellschaftsbeschlusses beigetretene Kommanditistin.

[5] In § 4.7 des Gesellschaftsvertrags der Klägerin vom 7. 12. 1977 wurde bei den Regelungen über die Gesellschafterversammlung vereinbart, dass für die Protokollführung und die Anfechtung von Versammlungsbeschlüssen die §§ 40 bis 44 GmbHG entsprechend gelten.

[6] In § 10.4 des Gesellschaftsvertrags der Klägerin vom 7. 12. 1977 wurde vereinbart, dass für alle Streitigkeiten aus dem Gesellschaftsvertrag zwischen den Gesellschaftern und zwischen der Gesellschaft und einem Gesellschafter ausschließlich ein Schiedsgericht zuständig ist; und zwar nach Maßgabe der gesondert vereinbarten Schiedsgerichtsordnung der Gesellschaften.

[7] Diese „gesondert vereinbarte Schiedsgerichtsordnung der Gesellschaften“ ist der Schiedsvertrag vom 7. 12. 1977. Dieser bestimmt (ua), dass für das Verfahren vor dem Schiedsgericht, das Urteil und die Rechtsmittel die Bestimmungen der §§ 577 bis 599 ZPO (in der damals geltenden Fassung) anzuwenden sind.

II. Schiedsverfahren

A. Verfahrensgang

[8] Die Schiedsklagen im 1. und 4. Schiedsverfahren richteten sich gegen den in der außerordentlichen Gesellschafterversammlung der Klägerin vom 30. 10. 2020 zu Tagesordnungspunkt 3 1., 2. und 4. Spiegelstrich gefassten Gesellschafterbeschluss, mit dem eine Kapitalerhöhung durch eine Bareinlage der 7. Nebenintervenientin in Höhe von 350 Millionen EUR gegen Gewährung einer Beteiligung von 82,5 % an der Klägerin unter Ausschluss des Bezugsrechts der bestehenden Gesellschafter und die Änderung des Gesellschaftsvertrags beschlossen wurde. Die Schiedsklage der hier 3. bis 19. beklagten Parteien richtete sich zudem gegen die zu Tagesordnungspunkt 3 3. Spiegelstrich beschlossene Änderung des Grundsätzevertrags.

[9] Schiedskläger in den beiden Schiedsverfahren 1 und 4 waren jeweils mehrere (aber auch gemeinsam nicht alle) Gesellschafter. Schiedsbeklagte war jeweils nur die Klägerin.

[10] Die Namhaftmachung der Schiedsrichter erfolgte in beiden Schiedsverfahren durch die jeweils klagenden Gesellschafter und die Klägerin.

[11] Am 31. 7. 2021 wurde der Schiedsrichtervertrag für die Schiedsverfahren 1 und 4 (sowie für weitere Schiedsverfahren, die hier aber nicht gegenständlich sind) zwischen den Schiedsklägern und der Klägerin als Schiedsbeklagten abgeschlossen. Damit erfolgte zeitgleich auch die Konstituierung des Schiedsgerichts.

[12] Das Schiedsgericht hat die beiden Schiedsverfahren zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbunden und durch den Schiedsspruch vom 21. 9. 2022 entschieden.

B. Schiedsspruch

[13] Das Schiedsgericht stellte mit seinem Schiedsspruch vom 21. 9. 2022 fest, dass die angefochtenen in der außerordentlichen Gesellschafterversammlung der Klägerin am 30. 10. 2020 gefassten Beschlüsse unwirksam und nichtig seien. Alle weiteren Anträge und Begehren prozessualer wie materiell‑rechtlicher Natur wies das Schiedsgericht ab.

[14] Zu der in diesem Aufhebungsverfahren problematisierten Klagsführung (nur) gegen die Gesellschaft nahm das Schiedsgericht in der Begründung seiner Entscheidung aus dem Blickwinkel der Passivlegitimation Stellung. Das Schiedsgericht bejahte die Passivlegitimation der Gesellschaft mit der Begründung, dass bei einer Personengesellschaft die Beschlussanfechtungsklage in Form einer Feststellungsklage zwar grundsätzlich gegen alle nicht-klagenden Mitgesellschafter zu richten sei, weil die Willensbildung in der Gesellschafterversammlung den Gesellschaftern selbst zugerechnet werde. Die Frage der Zulässigkeit der Zuweisung der Passivlegitimation an eine Personengesellschaft durch Vereinbarung des kapitalgesellschaftsrechtlichen Anfechtungsmodells im Gesellschaftsvertrag sei bisher vom Obersten Gerichtshof nicht entschieden worden. Nach herrschender Meinung könne aber im Gesellschaftsvertrag vereinbart werden, dass die Klage, anstatt wie im Normalfall gegen die Gesellschafter, gegen die Gesellschaft zu richten sei. Der BGH gehe in ständiger Rechtsprechung ebenfalls seit langem davon aus, dass im Personengesellschaftsrecht vom Grundsatz der Passivlegitimation der Gesellschafter bei der Beschlussanfechtung dann eine Ausnahme gemacht werden könne, wenn entweder der Gesellschaftsvertrag eine entsprechende Ausnahmeregelung ausdrücklich vorsehe oder zumindest Anhaltspunkte im Gesellschaftsvertrag dafür vorlägen, dass vom personengesellschaftsrechtlichen System abgewichen und an dessen Stelle das körperschaftsrechtliche System verwendet werden solle.

[15] Im Gesellschaftsvertrag der Klägerin finde sich eine entsprechende Regelung in § 4.7. Darin sei für die Klägerin das GmbH‑rechtliche Beschlussanfechtungssystem vereinbart worden, mit der Maßgabe, dass die Feststellungsklage gegen die Gesellschaft zu richten sei. Die im Schiedsverfahren beklagte Klägerin sei daher für die hier zu entscheidenden Streitigkeiten passivlegitimiert.

[16] Die nicht-klagenden Gesellschafter seien nicht mitverklagt worden. Für diese Fälle würden im österreichischen Recht verschiedene Ansätze vertreten, um zu einer Rechtskrafterstreckung auf die am Verfahren nicht beteiligten Gesellschafter zu gelangen. Eine entsprechende Anwendung des Rechtsfolgenmodells des Kapitalgesellschaftsrechts, einschließlich der erga omnes-Wirkung der gerichtlichen Entscheidung, wie sie in § 42 Abs 6 GmbHG angeordnet werde, lehne der Oberste Gerichtshof in Übereinstimmung mit dem BGH mangels Regelungslücke ab. Ob eine Bindungswirkung dieses Schiedsspruchs für die nicht-klagenden Gesellschafter aus einer im Weg der Rechtsfortbildung hergeleiteten gewillkürten Prozessstandschaft folge oder, wozu das Schiedsgericht eher neige, aus einer vom BGH in ständiger Rechtsprechung vertretenen schuldrechtlichen, aus der Beteiligung am Gesellschaftsvertrag resultierenden Verpflichtung der Gesellschafter zur Befolgung des im Beschlussanfechtungsverfahren ergangenen Urteils, habe das Schiedsgericht nicht zu entscheiden. Für die hier allein relevante Passivlegitimation der Schiedsbeklagten genüge es, dass diese an die in diesem Schiedsspruch ergangene Entscheidung gebunden sei. Die Schiedsklage 1. sei (nur) insoweit unbegründet, als die Schiedskläger die Feststellung der Nichtigkeit des Gesellschafterbeschlusses nicht nur mit Wirkung inter partes, sondern auch mit Wirkung zu den übrigen Gesellschaftern der Klägerin begehrten. Es sei nicht Aufgabe eines Schiedsgerichts, in seiner Entscheidung über eine solche Wirkung zu befinden.

III. Aufhebungsklage

[17] Die Klägerin als die in den Schiedsverfahren beklagte Gesellschaft begehrt die Aufhebung des Schiedsspruchs.

[18] Als Aufhebungsgrund macht dieAufhebungsklägerin primär geltend, dass das Schiedsgericht über die Wirksamkeit des Gesellschafterbeschlusses nicht mit Wirkung gegenüber sämtlichen Gesellschaftern entschieden habe und auch gar nicht entscheiden habe können, sondern lediglich mit Wirkung inter partes, also gegenüber der Klägerin und den als Schiedsklägern am Verfahren beteiligten Gesellschaftern. Der Schiedsspruch entfalte daher keine Bindungswirkung gegenüber den nicht am Verfahren beteiligten Gesellschaftern und „spalte“ damit die gesellschaftsvertraglichen Rechtsverhältnisse unzulässigerweise auf. Eine Schiedsvereinbarung, die eine solche Spaltung des Gesellschaftsverhältnisses nicht durch vertragliche Vorkehrungen verhindere, sei unwirksam.

[19] Ein Schiedsspruch, der den Beschluss einer KG nur gegenüber der KG und einem Teil der Gesellschafter für unwirksam erkläre, könne keine Bindungswirkung gegenüber den nicht beklagten Gesellschaftern entfalten, jedenfalls nicht, wenn diese nicht in das gesamte Verfahren, einschließlich des Verfahrens zur Bestellung bzw Ablehnung der Schiedsrichter, involviert gewesen seien. Ohne umfassende Bindungswirkung wäre ein solcher Schiedsspruch wegen der drohenden unerträglichen Verwicklungen im Gesellschaftsverhältnis aus Gründen der Rechtssicherheit, Rechtseinheitlichkeit sowie des Rechtsfriedens nach § 611 ZPO jedenfalls aufzuheben. Selbst bei Annahme einer Bindungswirkung müsse die Mitwirkungsmöglichkeit der Gesellschafter bereits in der Schiedsvereinbarung verankert sein, widrigenfalls die Schiedsvereinbarung unwirksam sei bzw die objektive Schiedsfähigkeit für das Personengesellschaftsrecht mangels einer auch nur schuldrechtlichen Bindungswirkung nicht vorliege.

[20] Neben anderen Aufhebungstatbeständen des § 611 ZPO liege hier § 611 Abs 2 Z 7 ZPO vor, weil der Gegenstand des Rechtsstreits, nämlich eine Beschlussmängelstreitigkeit bei einer Personengesellschaft ohne hinreichende Beteiligung aller Gesellschafter nicht objektiv schiedsfähig sei. Die Parteien könnten eine Rechtssache nicht der Schiedsgerichtsbarkeit unterwerfen, wenn der Schiedsspruch mangels Rechtskrafterstreckung auf die Gesellschafter zu keiner abschließenden Klärung des Sachverhalts führen könne. Sehe eine Schiedsvereinbarung nicht ausreichende Mitwirkungsmöglichkeiten sämtlicher nicht-klagenden Gesellschafter vor bzw garantiere kein notwendiges Maß an Rechtsschutz, so fehle es mangels Rechtskrafterstreckung an der objektiven Schiedsfähigkeit.

[21] Die Bestreitung der objektiven Schiedsfähigkeit (§ 611 Abs 2 Z 7 ZPO) stützt die Klägerin auch auf das Fehlen der nach der im vorliegenden Fall maßgebenden Bestimmung des § 577 ZPO aF erforderlichen Vergleichsfähigkeit der Beschlussmangelstreitigkeit.

[22] Die Beklagten stehen – zusammengefasst – auf dem Standpunkt, dass sich aus dem Klagsvorbringen keiner der geltend gemachten Aufhebungsgründe ableiten lasse.

 

[23] Im Hinblick auf die von ihr behauptete mangelnde Vergleichsfähigkeit übersehe die Klägerin, dass die Aufnahme neuer Gesellschafter zu einer grundlegenden Änderung des Gesellschaftsvertrags führe. Da auch noch nach Inkrafttreten des SchiedsRÄG 2006 neue Gesellschafter aufgenommen worden seien, sei § 582 Abs 1 Satz 1 ZPO einschlägig, wonach jeder vermögensrechtliche Anspruch, über den von den ordentlichen Gerichten zu entscheiden ist, objektiv schiedsfähig sei. Hierzu zählten auch gesellschaftsrechtliche Ansprüche.

[24] Anders als von der Klägerin behauptet, komme es aufgrund der Vereinbarung im Gesellschaftsvertrag auch nicht zu einer Spaltung des Gesellschaftsverhältnisses. Gehe man davon aus, dass die Klägerin als Prozessvertreterin der nicht-klagenden Gesellschafter zu qualifizieren sei, wirke der Schiedsspruch ohnehin gegen diese als Parteien. Die Grundlage für die notwendige Bindung sämtlicher Gesellschafter an den Schiedsspruch ergebe sich konsequenterweise aus der schuldrechtlichen Vereinbarung, die die Gesellschafter mit der allseitig abgeschlossenen Schiedsvereinbarung und dem Verweis auf die §§ 40 ff GmbHG eingegangen seien. Zudem sei die Annahme einer gewillkürten Prozessstandschaft in einer solchen Konstellation nicht ausgeschlossen.

[25] Die Beklagten stehen auf dem Standpunkt, dass die Klägerin während des Schiedsverfahrens zumindest versucht habe, jenen Umstand, auf welchen sie sich nunmehr berufe – die behauptete fehlende Einbeziehung der Gesellschafter – selbst herbeizuführen. Die Gesellschafter der Klägerin wären aber jedenfalls informiert worden und hätten die Möglichkeit zum Beitritt erhalten, diese aber nicht wahrgenommen.

[26] Eine Vereinbarung im Gesellschaftsvertrag einer Personengesellschaft, die die Erhebung der Klage auf Feststellung der Unwirksamkeit eines Gesellschafterbeschlusses gegen die Gesellschaft vorsehe, sei nach der Rechtsprechung des BGH sowie der herrschenden Lehre in Österreich zulässig. Aufgrund der zu bejahenden Bindungswirkung komme es auch zu keiner „Aufspaltung des Gesellschaftsverhältnisses“.

[27] Die Schiedsklausel sei im Übrigen auch nicht als nichtig zu beurteilen. Die vom BGH entwickelten strengen Anforderungen hinsichtlich der Wirksamkeit von Schiedsklauseln in Beschlussmängelstreitigkeiten könnten nicht auf die österreichische Rechtslage übertragen werden. Der Oberste Gerichtshof zeige sich in seiner Rechtsprechung zur objektiven Schiedsfähigkeit von Beschlussmängelstreitigkeiten im Vergleich zu Deutschland deutlich weniger restriktiv. Die Verpflichtung zur Beteiligung sei zudem keine Zulässigkeitsvoraussetzung für die Schiedsklausel im Sinn der objektiven Schiedsfähigkeit, sondern betreffe nur das rechtliche Gehör aller Gesellschafter im (einmal eingeleiteten) Schiedsverfahren.

[28] Die Voraussetzungen für die objektive Schiedsfähigkeit von Beschlussmängelstreitigkeiten seien im vorliegenden Fall eindeutig gegeben, weil die Schiedsklausel im Gesellschaftsvertrag enthalten sei, alle Gesellschafter der Klägerin daran gebunden seien und ausreichende Mitwirkungsrechte gehabt hätten. Die Möglichkeit der Beteiligung folge aus den Bestimmungen des GmbH‑Rechts, auf die im Gesellschaftsvertrag verwiesen werde. Darüber hinaus liege auch ein ad hoc zustande gebrachtes Einvernehmen vor, zumal die Gesellschafter vom eingeleiteten Schiedsverfahren verständigt worden seien. Die durch das Urteil (allenfalls) bewirkte Rechtskrafterstreckung sei kein Hindernis für die objektive Schiedsfähigkeit. Dieselben Grundsätze müssen aber umso mehr gelten, wenn man nicht von einer Rechtskrafterstreckung, sondern „nur“ von einer schuldrechtlichen Pflicht der übrigen Gesellschafter zur Unterwerfung unter das gegen die Gesellschaft ergangene Schiedsurteil ausgehe. Die Frage, welche Wirkungen ein Schiedsurteil entfalte, stelle gerade kein Kriterium für die Beurteilung der Frage der objektiven Schiedsfähigkeit eines Anspruchs dar.

[29] Für die Frage der von der Klägerin geforderten und zugleich bestrittenen „Vergleichsfähigkeit“ iSd § 577 ZPO aF komme es nicht darauf an, ob die Parteien des konkreten Rechtsstreits einen Vergleich abzuschließen fähig seien, sondern ob die Parteien der Schiedsvereinbarung über den Streitgegenstand, der einer Schiedsvereinbarung unterworfen werden soll, grundsätzlich disponieren können.

Rechtliche Beurteilung

[30] Die auf deren Seite beigetretenen Nebenintervenienten schlossen sich – zusammengefasst – dem Vorbringen und den Anträgen der Klägerin an.

IV. Rechtliche Beurteilung

[31] Der eingangs dargestellte, unstrittige und/oder aus den vorgelegten Urkunden zweifelsfrei ableitbare Sachverhalt reicht aus, um die Berechtigung der Aufhebungsklage abschließend zu beurteilen. Danach ist jedenfalls der Aufhebungstatbestand des § 611 Abs 2 Z 7 ZPO verwirklicht und die Aufhebungsklage daher berechtigt. Eine Auseinandersetzung mit den weiteren von der Klägerin geltend gemachten Aufhebungstatbeständen erübrigt sich damit. Aus diesen Gründen kann auch die Aufnahme der beantragten Personalbeweise unterbleiben.

A. Fehlende objektive Schiedsfähigkeit als Aufhebungsgrund [§ 611 Abs 2 Z 7 ZPO]

[32] Nach § 611 Abs 2 Z 7 ZPO ist der Schiedsspruch aufzuheben, wenn der Streitgegenstand nach inländischem Recht nicht objektiv schiedsfähig ist.

[33] Das Fehlen der objektiven Schiedsfähigkeit ist als eigener Aufhebungsgrund geregelt. Fehlende objektive Schiedsfähigkeit des Anspruchs hindert somit nicht das Zustandekommen eines (wirksamen aber anfechtbaren) Schiedsspruchs (18 OCg 1/20a; 18 OCg 2/20y; 18 OCg 3/20w).

[34] Dieser Aufhebungsgrund ist von Amts wegen wahrzunehmen (§ 611 Abs 3 ZPO).

B. Objektive Schiedsfähigkeit

1. Begriff

[35] Unter objektiver Schiedsfähigkeit versteht man die Zulässigkeit schiedsgerichtlicher Entscheidungen über einen bestimmten Streitgegenstand. Die objektive Schiedsfähigkeit betrifft also die Frage, ob eine bestimmte Angelegenheit wirksam vor ein Schiedsgericht gebracht werden kann. Die objektive Schiedsfähigkeit ist nur dort gegeben, wo der Staat sein Rechtsprechungsmonopol zugunsten einer privatautonomen, außerstaatlichen Konfliktlösung freigegeben hat und schiedsgerichtliche Entscheidungen duldet (vgl Koller in Liebscher/Oberhammer/Rechberger, Schiedsverfahrensrecht I [2012] Rz 3/67; Schifferl in Czernich/Deixler‑Hübner/Schauer, Schiedsrecht Rz 7.12 f). Aus der objektiven Schiedsfähigkeit eines Anspruchs ergibt sich somit, ob dieser Gegenstand einer Schiedsvereinbarung und damit eines Schiedsverfahrens sein kann (vgl Zeiler, Schiedsverfahren² [2014] § 582 Rz 1; Plavec in Kodek/Oberhammer, ZPO‑ON § 582 ZPO Rz 1; Hausmaninger in Fasching/Konecny 3 § 582 ZPO Rz 26; Nueber/Konzett in Nueber, Handbuch Schiedsgerichtsbarkeit und ADR, 17, 20).

[36] Einem Schiedsgericht kann nur über objektiv schiedsfähige Ansprüche die Kognitionsbefugnis eingeräumt werden. Die objektive Schiedsfähigkeit definiert damit den gesetzlich eingeräumten Anwendungsbereich und gleichzeitig auch die Grenze der schiedsgerichtlichen Tätigkeit (Nueber/Konzett in Nueber, Handbuch Schiedsgerichtsbarkeit und ADR, 17).

2. Gesetzliche Regelung

[37] Seit Inkrafttreten des SchiedsRÄG 2006, BGBl I 2006/7, kann nach der Bestimmung des § 582 Abs 1 ZPO (von hier nicht relevanten Ausnahmen abgesehen) jeder vermögensrechtliche Anspruch, über den von den ordentlichen Gerichten zu entscheiden ist, auch Gegenstand einer Schiedsvereinbarung sein. Nicht vermögensrechtliche Ansprüche sind nur dann objektiv schiedsfähig, wenn die Parteien über den Gegenstand des Streits einen Vergleich abzuschließen fähig sind.

[38] Die mit dem SchiedsRÄG 2006 novellierten Bestimmungen der ZPO traten am 1. 7. 2006 in Kraft und sind auf Schiedsverfahren anzuwenden, die ab diesem Tag eingeleitet wurden (Art VII Abs 1 und 2 SchiedsRÄG 2006). Die Wirksamkeit einer Schiedsvereinbarung, die – wie die hier zu beurteilende Schiedsvereinbarung – vor diesem Stichtag geschlossen wurde, richtet sich aber nach den bisherigen Bestimmungen (Art VII Abs 3 SchiedsRÄG 2006). Diese sollen nicht einem geänderten und daher nicht vorhersehbaren Regime unterworfen werden. Die bisher geltenden Formvorschriften sind daher weiterhin auf alle vor dem In-Kraft-Treten abgeschlossenen Schiedsvereinbarungen anzuwenden. Gleiches gilt auch für die Fragen der objektiven Schiedsfähigkeit (ErläutRV 1158 BlgNR XXII. GP  31; 7 Ob 103/10p).

[39] Nach § 577 Abs 1 ZPO aF hat ein Schiedsvertrag generell nur insofern rechtliche Wirkung, als die Parteien über den Gegenstand des Rechtsstreits einen Vergleich abzuschließen fähig sind. Ein „vergleichsfähiger Gegenstand“ ist gegeben, wenn die Parteien darüber zu disponieren fähig sind (7 Ob 103/10p mwN).

[40] Das alte Schiedsrecht (vor In‑Kraft‑Treten des SchiedsRÄG 2006) knüpfte die objektive Schiedsfähigkeit somit generell, also auch für vermögensrechtliche Ansprüche, an das Kriterium der Vergleichsfähigkeit. Dieses Abstellen auf die nicht näher bestimmte Vergleichsfähigkeit führte in der Praxis zu Auslegungsproblemen und – insbesondere in gesellschaftsrechtlichen Streitigkeiten – zu Abgrenzungsschwierigkeiten, weil es weder Literatur noch Judikatur gelang, das Kriterium der Vergleichsfähigkeit ausreichend und einheitlich zu determinieren (Hausmaninger in Fasching/Konecny³ § 582 ZPO Rz 3, 15; vgl auch ErläutRV 1158 BlgNr XXII. GP 8).

[41] Die Beklagten bestreiten die Anwendbarkeit des § 577 Abs 1 ZPO aF, weil sich nachfolgende Anteilserwerber der im Gesellschaftsvertrag enthaltenen Schiedsklausel unterworfen hätten, die an sich vor In-Kraft-Treten des SchiedsRÄG 2006 abgeschlossene Schiedsvereinbarung also erneuert worden sei. Wenn die Frage, ob die vorliegende Rechtsstreitigkeit einer Schiedsvereinbarung unterworfen werden kann, vor und nach dem SchiedsRÄG 2006 ohnehin gleich zu beurteilen ist, kommt dieser Frage freilich keine Bedeutung zu.

C. Objektive Schiedsfähigkeit gesellschaftsrechtlicher Streitigkeiten

1. Anfechtungs- und Nichtigkeitsklagen bei Kapitalgesellschaften

1.1. Gesetzliche Regelung

[42] Nach § 42 Abs 1 GmbHG ist die Klage auf Nichtigerklärung eines Beschlusses der Gesellschafter einer GmbH gegen die Gesellschaft zu richten. Jeder Gesellschafter kann dem Rechtsstreit auf seine Kosten als Nebenintervenient beitreten (§ 42 Abs 5 GmbHG). Das die Nichtigkeit erklärende Urteil wirkt für und gegen sämtliche Gesellschafter (§ 42 Abs 6 GmbHG).

[43] Nach dem AktG sind Klagen auf Anfechtung eines Hauptversammlungsbeschlusses gegen die Gesellschaft zu richten (§ 197 Abs 2 AktG). Nach § 198 Abs 1 AktG wirkt ein Urteil, mit dem ein Beschluss für nichtig erklärt ist, für und gegen alle Aktionäre sowie die Mitglieder des Vorstands und des Aufsichtsrats, auch wenn sie nicht Partei sind. Dies gilt sinngemäß auch dann, wenn ein Aktionär, der Vorstand oder ein Mitglied des Vorstands oder des Aufsichtsrats Klage auf Feststellung der Nichtigkeit eines Hauptversammlungsbeschlusses gegen die Gesellschaft erhebt (§ 201 Abs 1 AktG).

1.2. Rechtsprechung vor und nach dem SchiedsRÄG 2006

[44] Die ständige Rechtsprechung zur Rechtslage vor dem SchiedsRÄG 2006 hat die Vergleichsfähigkeit und damit die objektive Schiedsfähigkeit von Beschlussmängelstreitigkeiten nach §§ 41 ff GmbHG bejaht. Die Zuständigkeit eines Schiedsgerichts zur Entscheidung über eine Nichtigkeitsklage nach §§ 41 ff GmbHG konnte also vereinbart werden (7 Ob 221/98w; 7 Ob 103/10p; 6 Ob 42/12 p; RS0045318). An dieser Rechtslage hat sich durch das SchiedsRÄG 2006 insoweit nichts geändert (6 Ob 42/12p; RS0045318 [T4]; vgl auch 6 Ob 84/14t).

[45] Der Schiedsfähigkeit von Beschlussmängelstreitigkeiten steht die in § 42 Abs 6 GmbHG normierte Rechtskrafterstreckung des über eine derartige Klage ergehenden Urteils nach der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs dann nicht entgegen, wenn die von der Rechtskrafterstreckung Betroffenen an der Schiedsgerichtsvereinbarung beteiligt sind, wenn also die Schiedsklausel bereits in der ursprünglichen Satzung enthalten war oder durch einstimmigen Beschluss nachträglich eingeführt wurde (7 Ob 221/98w; 6 Ob 84/14t; RS0045318 [T1, T9]). Dem Anspruch auf deren Verfahrensbeteiligung ist demnach Genüge getan, wenn die Mitgesellschafter im Schiedsverfahren wie im Anfechtungsprozess vor einem ordentlichen Gericht Gelegenheit zur Nebenintervention erhalten, wobei sich bei der Frage deren Zulassung das „freie Ermessen“ der Schiedsrichter (vgl § 587 Abs 1 ZPO) „auf Null“ reduziere (7 Ob 221/98w; 6 Ob 84/14t; RS0045318 [T8]).

[46] In 6 Ob 170/08f betonte der Oberste Gerichtshof im Zusammenhang mit der Nebenintervention im Schiedsverfahren und der Bindung des Nebenintervenienten an den Schiedsspruch allerdings zudem die Mitwirkung an der Bestellung der Schiedsrichter als notwendige Voraussetzung für die Bindung einer Nicht-Partei an den Schiedsspruch. Es wäre demnach mit Art 6 EMRK schwer vereinbar, einen Dritten an das Ergebnis eines Schiedsverfahrens zu binden, ohne dass dieser die den Schiedsparteien in dem Schiedsverfahren zukommenden Rechte wahrnehmen hätte können (vgl Garber, Rechtsunsicherheiten im Kontext personengesellschaftsrechtlicher Beschlussmängelstreitigkeiten im Schiedsverfahren, Zak 2023/335, 188 [190]).

1.3. Deutsche Rechtsprechung

[47] Nach der Rechtsprechung des BGH sind Beschlussmängelstreitigkeiten im Recht der GmbH grundsätzlich kraft einer dies im Gesellschaftsvertrag festschreibenden Schiedsvereinbarung oder einer außerhalb der Satzung unter Mitwirkung aller Gesellschafter und der Gesellschaft getroffenen Individualabrede objektiv schiedsfähig. Dies unter der Voraussetzung, dass das schiedsgerichtliche Verfahren in einer dem Rechtsschutz durch staatliche Gerichte gleichwertigen Weise – das heißt unter Einhaltung eines aus dem Rechtsstaatsprinzip folgenden Mindeststandards an Mitwirkungsrechten und damit an Rechtsschutzgewährung für alle ihr unterworfenen Gesellschafter – ausgestaltet ist (BGH II ZR 255/08, Rz 20 = BGHZ 180, 221 – Schiedsfähigkeit II).

[48] Zu diesen Mindestanforderungen gehört, dass neben den Gesellschaftsorganen jeder Gesellschafter über die Einleitung und den Verlauf des Schiedsverfahrens informiert und dadurch in die Lage versetzt werden muss, dem Verfahren zumindest als Nebenintervenient beizutreten. Sämtliche Gesellschafter müssen an der Auswahl und Bestellung der Schiedsrichter mitwirken können, sofern nicht die Auswahl durch eine neutrale Stelle erfolgt; dabei kann bei Beteiligung mehrerer Gesellschafter auf einer Seite des Streitverhältnisses das Mehrheitsprinzip Anwendung finden. Weiter muss gewährleistet sein, dass alle denselben Streitgegenstand betreffenden Beschlussmängelstreitigkeiten bei einem Schiedsgericht konzentriert werden. Dabei ist entscheidend, dass diese Aufgabe vor Beginn eines Prozesses gelöst wird und die eingeforderten Verfahrensgarantien mittels einer entsprechenden kautelarjuristischen vertraglichen Gestaltung gewährleistet werden (BGH II ZR 255/08, Rz 20 = BGHZ 180, 221 – Schiedsfähigkeit II).

[49] Der BGH hat also grundsätzlich die Möglichkeit eröffnet, Beschlussmängelstreitigkeiten im Recht der GmbH dem schiedsgerichtlichen Verfahren zu unterwerfen, und insoweit die Schiedsfähigkeit bejaht, dies aber unter der Maßgabe einer näheren Anordnung der im Gesellschaftsvertrag enthaltenen Schiedsklausel. Für Schiedsvereinbarungen, die Beschlussmängelstreitigkeiten in einer GmbH erfassen, hat er Mindestanforderungen für deren Wirksamkeit entwickelt.

2. Gesellschaftsrechtliche Feststellungsklagen bei Personengesellschaften

2.1. Feststellungsklage unter Beteiligung sämtlicher Gesellschafter

[50] Das Personengesellschaftsrecht enthält keine gesetzliche Regelung der Nichtigkeit (oder Anfechtbarkeit) von Gesellschafterbeschlüssen. Nach der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs ist die Nichtigkeit eines Beschlusses einer Personengesellschaft (nicht mit Rechtsgestaltungsklage, sondern) mit Feststellungsklage geltend zu machen (6 Ob 258/08x; RS0038823 [T1, T4]). Dabei müssen Klagen aus dem Gesellschaftsverhältnis zwischen Gesellschaftern immer sämtliche Gesellschafter erfassen, und zwar entweder auf der Klags- oder auf der Beklagtenseite (6 Ob 258/08x; RS0022165 [T1, T8]). Der Beitritt als Nebenintervenient durch einen Gesellschafter reicht nicht aus (6 Ob 105/19p; RS0022165 [T2]). Dies gilt ungeachtet der Art der konkreten Klage (auch bei Feststellungsklagen) nach allgemeinen Grundsätzen immer dann, wenn das den Streitgenossen gemeinschaftliche Rechtsverhältnis seiner Natur nach nur gegen oder für alle Beteiligte festgestellt werden kann, weil sonst die Gefahr unlösbarer Verwicklungen durch divergierende Entscheidungen bestünde. Im Gesellschaftsrecht wird ein solcher Zusammenhang insbesondere dann angenommen, wenn die Gesellschafterstellung, das Ausmaß der Beteiligung, die Geltung einer Vertragsbestimmung oder – wie hier – die Wirksamkeit eines Gesellschafterbeschlusses strittig ist. Die Gesellschafter bilden sowohl auf Klags- als auch auf Beklagtenseite jeweils eine einheitliche Streitpartei (4 Ob 109/07v; 6 Ob 258/08x; 6 Ob 167/17b; RS0022165 [T8, T9, T10]; RS0035496 [T14, T15, T16]; RS0035409 [T5, T6, T7]).

[51] Damit müssen am Verfahren über eine Klage auf Feststellung der Unwirksamkeit eines Gesellschafterbeschlusses einer Personengesellschaft also alle Gesellschafter auf Kläger- oder Beklagtenseite beteiligt sein. Dieses Erfordernis ergibt sich daraus, dass andernfalls das Urteil keine materielle Rechtskraft gegenüber den nicht beteiligten Gesellschaftern entfalten könnte und insofern nicht die dem Feststellungsurteil zukommende Friedensfunktion zu erfüllen vermöchte (6 Ob 258/08x). Nur die Beteiligung aller Gesellschafter an einem Verfahren kann verhindern, dass inhaltlich voneinander abweichende Entscheidungen ergehen, die jeweils inter partes binden und so zu einer faktisch nicht mehr bewältigbaren Spaltung des Gesellschaftsverhältnisses (einem „hinkenden“ Gesellschaftsvertrag) führen (4 Ob 109/07v; 6 Ob 258/08x; 6 Ob 167/17b).

2.2. Keine analoge Anwendung des Modells der Beschlussanfechtungsklage im Kapitalgesellschaftsrecht

[52] Das Modell der Beschlussanfechtungsklage im GmbH-Recht und Aktienrecht mit gesetzlicher Rechtskrafterstreckung (§ 42 Abs 6 GmbHG; § 198 Abs 1 und § 201 Abs 1 AktG) kommt im Recht der Personengesellschaften nicht zum Tragen.

[53] Teile der Lehre vertreten in Analogie zu den Kapitalgesellschaften zwar die Geltendmachung mittels einer entsprechenden Gestaltungsklage (Nachweise bei 6 Ob 258/08x). Der Oberste Gerichtshof hat dies allerdings ausdrücklich abgelehnt. Gegen diese Analogie spricht, dass das Modell der Beschlussanfechtung für Aktiengesellschaften entwickelt wurde, wo der Bedarf nach Rechtssicherheit bereits wegen der großen Zahl von häufig anonymen Aktionären besonders groß ist. Auf Personengesellschaften lässt sich diese Überlegung nicht ohne weiteres übertragen, sodass insoweit keine Regelungslücke vorliegt (6 Ob 258/08x). Eine Regelung ähnlich wie für das GmbH-Recht und für das Aktienrecht im Personengesellschaftsrecht wurde auch anlässlich großer Novellen trotz vorangehender Diskussion in Lehre und Judikatur nicht normiert. Mangels einer Gesetzeslücke kommt daher eine Rechtskrafterstreckung durch Analogie nicht in Betracht (vgl Kalss, Beschlussmängel in Personengesellschaften vor Gerichten und Schiedsgerichten, GesRZ 2023, 141 [144]).

2.3. Zulässigkeit der Vereinbarung des kapitalgesellschaftsrechtlichen Klagesystems?

[54] Im Recht der Personengesellschaften müssen ohnedies alle Gesellschafter Parteien des Verfahrens sein. Probleme der Rechtskrafterstreckung des über eine derartige Klage ergehenden Urteils stellen sich dort daher grundsätzlich nicht. Anderes gilt (und problematisch ist), wenn bei Personengesellschaften im Gesellschaftsvertrag das kapitalgesellschaftliche Regime (Klageführung gegen die Gesellschaft) für die Klage auf Feststellung der Unwirksamkeit eines Gesellschafterbeschlusses vereinbart wird. Bejaht man die gesellschaftsrechtliche Zulässigkeit einer solchen Regelung, stellt sich die weitere Frage, wie das Problem einer dann allenfalls erforderlichen Rechtskrafterstreckung des Urteils (im staatlichen Verfahren) bzw einer Wirkungserstreckung des Schiedsspruchs (im Schiedsverfahren) auf die am Verfahren nicht beteiligten Gesellschafter zu lösen ist (vgl Zeiler, Zur Schiedsfähigkeit von gesellschaftsrechtlichen Beschlussmängelstreitigkeiten, RdW 2023/281, 392 [394]).

[55] Nach der Rechtsprechung des BGH ist es zulässig, wenn der Gesellschaftsvertrag einer Personengesellschaft bestimmt, dass Beschlussmängel durch eine Klage gegenüber der Gesellschaft geltend zu machen sind. Im Fall einer solchen Übernahme des kapitalgesellschaftsrechtlichen Klagesystems auf Personengesellschaften entfalte das im Rechtsstreit ergehende Urteil zwar gegenüber den nicht am Verfahren beteiligten Mitgesellschaftern keine Bindungswirkung im Sinn der Rechtskrafterstreckung nach den auch auf die Gesellschaft mit beschränkter Haftung anwendbaren § 248 Abs 1 Satz 1, § 249 Abs 1 Satz 1 dAktG. Allerdings seien die Mitgesellschafter schuldrechtlich verpflichtet, sich an die im Rechtsstreit gegen die Gesellschaft ergehende Entscheidung zu halten (BGH I ZB 13/21 – Schiedsfähigkeit IV, Rz 19 mwN). Der BGH bejaht in dieser Konstellation, also bei Vorliegen einer entsprechenden Vereinbarung und der sich daraus ergebenden schuldrechtlichen Bindungswirkung, zum einen das Vorliegen des Rechtsschutzinteresses des klagenden Gesellschafters für die Erhebung der Feststellungsklage gegen die Gesellschaft als (alleinige) Beklagte und verneint zum anderen die Passivlegitimation der Mitgesellschafter für die Feststellung der Nichtigkeit (BGH II ZR 242/04, Rz 15). Die Nichtigkeit von Beschlüssen der Gesellschafterversammlung einer Kommanditgesellschaft werde nur dann durch Feststellungsklage gegen die Mitgesellschafter geltend gemacht, wenn nicht der Gesellschaftsvertrag bestimmt, dass der Streit mit der Gesellschaft auszutragen ist (BGH II ZR 83/09, Rz 19 mwN; BGH I ZB 13/21, Rz 17 – Schiedsfähigkeit IV).

[56] Mit Blick auf diese deutsche Rechtsprechung geht auch ein Teil der österreichischen Lehre davon aus, dass die Übernahme des kapitalgesellschaftsrechtlichen Klagesystems für Beschlussmängel auf Personengesellschaften durch Gesellschaftsvertrag zulässig ist (so etwa Thöni in Zib/Dellinger, Großkommentar UGB [2016] § 119 Rz 232, 237 ff; U. Torggler/H. Torggler in Straube, HGB Kommentar3 [2003] § 119 Rz 31; Schauer in Kalss/Nowotny/Schauer, Österreichisches Gesellschaftsrecht2 [2017] Rz 2/453; Harrer, Die Personengesellschaft als Trägerin eines Unternehmens [2010] 197).

[57] Auch Oberhammer (Die OHG im Zivilprozeß [1997] 349 ff) vertritt die Auffassung, dass es den Gesellschaftern ohne weiteres möglich sei, die Prozessführung durch eine entsprechende Klausel im Gesellschaftsvertrag – abweichend von der Grundkonzeption bei Personengesellschaften – bei der Gesellschaft zu konzentrieren (Oberhammer, OHG 349 f). Der Übernahme des deutschen Verständnisses in Gestalt einer schuldrechtlichen Bindungswirkung des Urteils für alle Gesellschafter erteilt erjedoch eine Absage. Aus österreichischer Perspektive sei dies ein Umgehungskonstrukt, mit dem eine unzulässige vertragliche Erstreckung der Grenzen der Urteilswirkungen einhergehe (Oberhammer, OHG 352). Er deutet eine solche gesellschaftsvertragliche Übertragung der Prozesslegitimation vielmehr als Prozessvollmacht zugunsten der Gesellschaft durch die Gesellschafter und/oder eine ausnahmsweise zulässige gewillkürte Prozessstandschaft (Oberhammer, OHG 354 f).

[58] Ablehnend oder zumindest kritisch gegenüber der Möglichkeit der privatautonomen Übernahme kapitalgesellschaftsrechtlicher Regelungen für Beschlussmängel in das Personengesellschaftsrecht äußerten sich etwa Jabornegg/Artmann in Jabornegg/Artmann, UGB Kommentar2 (2010) § 119 Rz 33; Zeiler, Zur schiedsgerichtlichen Anfechtung von Gesellschafterbeschlüssen in FS Delle Karth (2013) 1055 (1071 f) sowie – jüngst und jeweils mit einer ausführlichen Auseinandersetzung mit dieser Frage und beachtlichen Argumenten – Kalss,Beschlussmängel in Personengesellschaften vor Gerichten und Schiedsgerichten, GesRZ 2023, 141 (144 f); Zeiler,Zur Schiedsfähigkeit von gesellschaftsrechtlichen Beschlussmängelstreitigkeiten, RdW 2023/281, 392 (397 f) und Garber, Rechtsunsicherheiten im Kontext personengesellschaftsrechtlicher Beschlussmängelstreitigkeiten im Schiedsverfahren, Zak 2023/335, 188 (188 ff).

[59] Der Oberste Gerichtshof hatte die Frage der Zulässigkeit der gesellschaftsvertraglichen Zuweisung der Passivlegitimation zur Gesellschaft bisher nicht zu beantworten. Zu 6 Ob 258/08x hat er diese Frage zwar thematisiert aber ausdrücklich offen gelassen (vgl dort den ErwGr 3.7), weil eine derartige Satzungsbestimmung nicht bestand.

2.4. Zur Zulässigkeit der gesellschaftsvertraglichen Zuweisung der Passivlegitimation zur Gesellschaft in diesem Aufhebungsverfahren

[60] Die Frage, ob es grundsätzlich überhaupt zulässig ist, im Gesellschaftsvertrag einer Personengesellschaft die Passivlegitimation für Beschlussmängelstreitigkeiten (im staatlichen Verfahren und/oder Schiedsverfahren) der Gesellschaft zuzuweisen, ist (auch) in diesem Verfahren über die Klage auf Aufhebung des Schiedsspruchs nicht abschließend zu klären.

[61] Auch wenn man die Zulässigkeit der gesellschaftsvertraglichen Zuweisung der Passivlegitimation für Beschlussmängelstreitigkeiten zur Gesellschaft mit einem Teil der Lehre in Anlehnung an die Rechtsprechung des BGH grundsätzlich bejahen wollte, setzte die Möglichkeit, diesen Beschlussmängelstreit im Recht der Personengesellschaft dem schiedsgerichtlichen Verfahren zu unterwerfen, nämlich jedenfalls voraus, dass der Schiedsspruch dann auch gegenüber allen betroffenen Gesellschaftern wirksam, zumindest im Sinn von schuldrechtlich bindend sein kann. Das ist wiederum analog zur Rechtsprechung des BGH zu den Mindestanforderungen für die Schiedsvereinbarung jedenfalls nur dann der Fall, wenn die Gesellschafter der Schiedsvereinbarung zugestimmt haben und ihnen bereits darin entsprechende Beteiligungs- und Mitwirkungsrechte eingeräumt werden. Eben diese Mindestanforderungen sind im hier zu beurteilenden Fall mangels entsprechender Ausgestaltung der Schiedsklausel nicht gegeben.

[62] Nach der Rechtsprechung des BGH gelten die zur Gesellschaft mit beschränkter Haftung entwickelten Mindestanforderungen für die Wirksamkeit von Schiedsvereinbarungen, die Beschlussmängelstreitigkeiten erfassen (vgl BGH II ZR 255/08 – Schiedsfähigkeit II), im Grundsatz auch für Personengesellschaften wie Kommanditgesellschaften, sofern bei diesen gegenüber Kapitalgesellschaften keine Abweichungen geboten seien (BGH I ZB 13/21 – Schiedsfähigkeit IV, Rz 16 ff mwN). Die Anforderungen seien aus den grundlegenden Maßstäben des § 138 BGB und des Rechtsstaatsprinzips entwickelt worden und die Kommanditisten einer Kommanditgesellschaft müssten ebenso wie die Gesellschafter einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung vor Benachteiligung und Entziehung des notwendigen Rechtsschutzes bewahrt werden. Ein Schiedsspruch habe unter den Parteien die Wirkungen eines rechtskräftigen gerichtlichen Urteils (§ 1055 dZPO). Sei die Schiedsklage gegen die Gesellschaft und nicht gegen die Mitgesellschafter zu richten, entstehe für die Mitgesellschafter somit eine Gefahr der Benachteiligung und Entziehung des notwendigen Rechtsschutzes. Diese Gefahr könne etwa durch die Annahme einer bloßen Informationspflicht der Gesellschaft gegenüber den Mitgesellschaftern nicht ausgeräumt werden. Allein dadurch werde nämlich nicht gewährleistet, dass die Mitgesellschafter an der Auswahl und Bestellung der Schiedsrichter mitwirken und dem Verfahren zumindest als Nebenintervenienten beitreten können (BGH I ZB 13/21 – Schiedsfähigkeit IV mwN).

[63] Auch nach Ansicht des BGHreicht also eine (ausdrückliche) Vereinbarung im Gesellschaftsvertrag, mit der die Gesellschafter sich verpflichteten, das Ergebnis einer in einem Schiedsverfahren gegen die Gesellschaft ergehenden Entscheidung materiell‑rechtlich anzuerkennen, nicht aus, wenn nicht weitere Vorkehrungen getroffen werden (vgl Zeiler, RdW 2023/281, 392 [400]). Die für die nicht-klagenden Gesellschafter bestehende Gefahr der Benachteiligung und der Entziehung des notwendigen Rechtsschutzes macht es auch nach dem BGH vielmehr notwendig, die zur GmbH entwickelten Grundsätze zu den Mindestanforderungen an Schiedsvereinbarungen auf Personengesellschaften zu übertragen (vgl Garber, Zak 2023/335, 188 [190 f]).

[64] Im Fall der grundsätzlichen Zulässigkeit der gesellschaftsvertraglichen Zuweisung der Passivlegitimation zur Gesellschaft wären (auch) nach österreichischem Recht – analog zu dieser Rechtsprechung des BGH zur Wirksamkeit statutarischer Schiedsvereinbarungen für gesellschaftsrechtliche Streitigkeiten – zusätzliche Anforderungen an die Schiedsvereinbarung zu stellen, um den erforderlichen Rechtsschutz der Gesellschafter zu gewährleisten. Erst die Erfüllung der Mindestvoraussetzungen kann zur Erstreckung der Urteilswirkungen führen.

[65] Das Schiedsverfahren ist in seiner Gesamtheit an den Grundsätzen des fairen Verfahrens iSd Art 6 EMRK zu messen. Prüfungsmaßstab sind damit die Mindesterfordernisse eines fairen Verfahrens, wie sie sich aus den unverzichtbaren (Teil‑)Garantien des Art 6 Abs 1 EMRK und jenen Wertungen ergeben, die auch dem Verfahren vor den staatlichen Gerichten zugrunde liegen (18 OCg 5/16h; 18 OCg 6/16f; vgl dazu etwa auch Neumayr in Nueber, Handbuch Schiedsgerichtsbarkeit und ADR, 256 ff). Die Gewährung des rechtlichen Gehörs im Sinn der Einräumung entsprechender Mitwirkungs- und Beteiligungsrechte ist die Voraussetzung für die Betroffenheit von Urteilswirkungen und nicht umgekehrt (Rassi, Pflicht zur amtswegigen Beiladung Dritter im Zivilprozess, RZ 1996, 112 [105] mwN).

[66] Die Gesellschafter müssten daher in ausreichendem Maß und rechtzeitig in das Schiedsverfahren eingebunden werden, um diese grundrechtlich gesicherten prozessualen Rechte nach Art 6 EMRK gewährleisten zu können (Garber, Zak 2023/335, 188 [190 f]). Den Gesellschaftern müsste die Möglichkeit gegeben werden, ihre Rechte und Interessen bereits im Stadium der Bildung des Schiedsgerichts wahrzunehmen. Alle Gesellschafter wären insbesondere so zeitgerecht in das Schiedsverfahren einzubeziehen, dass sie sich an der Auswahl der Schiedsrichter und Konstituierung des Schiedsgerichts beteiligen können (in diesem Sinn Garber, Zak 2023/335, 188 [190 f]; Kalss, GesRZ 2023, 141 [146 f]; Zeiler, RdW 2023/281, 392 [400]).

[67] Diese Mitwirkungs- und Beteiligungsrechte sämtlicher Gesellschafter müsstenzudem bereits ex ante in der Schiedsvereinbarung verankert, diese Verfahrensstandards müssten also bereits in der Schiedsklausel selbst angeordnet werden(Kalss, GesRZ 2023, 141 [146 f]). Diese prozessualen Rechte wären also durch die entsprechende Gestaltung der Schiedsvereinbarung zu gewährleistenund könnten nicht der tatsächlichen Gestaltung des Schiedsverfahrens überlassen bleiben (vgl Zeiler, RdW 2023/281, 392 [400]). Zur Wahrung der Rechte der Gesellschafter im Hinblick auf die Besetzung des Schiedsgerichts genügte es etwa nicht, dass es den Parteien frei stehen mag, sich auf eine Neukonstituierung des Schiedsgerichts zu einigen, wenn der beitretende Gesellschafter das bereits konstituierte Schiedsgericht nicht akzeptiert (vgl etwa Platte, in Czernich/Deixler-Hübner/Schauer, Schiedsrecht Rz 35.76; Riegler/Zollner in Nueber, Handbuch Schiedsgerichtsbarkeit und ADR, 517 je mwN). Auch bedeutete es noch keine ausreichende Beteiligung an der Auswahl der Schiedsrichter und Konstituierung des Schiedsgerichts, wenn man beitretenden Gesellschaftern analog § 589 ZPO ein (bloßes) Ablehnungsrecht zuerkennen wollte (vgl Hausmaninger in Fasching/Konecny 3 § 607 ZPO Rz 45). Die Schiedsfähigkeit muss damit bereits anhand der Schiedsklausel beurteilt werden können und darf nicht nachträglich von Fall zu Fall abhängig von der Verfahrensgestaltung durch die Parteien und das Schiedsgericht im konkreten Schiedsverfahren entschieden werden.

[68] Die hier zu beurteilende Regelung im Gesellschaftsvertrag wird diesen Mindestanforderungen nicht gerecht. Die für eine allfällige Wirkungserstreckung des Schiedsspruchs (auf die am Verfahren nicht beteiligten Gesellschafter) jedenfalls vorausgesetzten Beteiligungs- und Mitwirkungsrechte sind nicht durch eine entsprechende Gestaltung der Schiedsvereinbarung gewährleistet.

D. Unzureichende Ausgestaltung der Schiedsvereinbarung als Problem der Schiedsfähigkeit

1.  Anspruchsgebundenheit der objektiven Schiedsfähigkeit

[69] Die objektive Schiedsfähigkeit betrifft die Frage, ob eine bestimmte Angelegenheit, ein bestimmter Anspruch (vgl § 582 Abs 1 ZPO) wirksam vor ein Schiedsgericht gebracht werden kann. Einem Schiedsgericht kann nur über objektiv schiedsfähige Ansprüche die Kognitionsbefugnis eingeräumt werden (vgl oben Punkt B.1.).

[70] Der Gesetzgeber hat der Möglichkeit der Parteien, Streitigkeiten zwischen ihnen nach von ihnen frei gewähltem formellen und materiellen Recht zu regeln, Grenzen gesetzt. Weil eine Berücksichtigung von aus staatlicher Sicht unabdingbaren Regeln etwa des materiellen Rechts in einem Aufhebungsverfahren nicht immer möglich ist, werden manche Rechtsgebiete grundsätzlich aus dem Bereich der Schiedsgerichtsbarkeit ausgeschlossen oder andere Kautelen vorgesehen (ErläutRV 1158 BlgNR XXII. GP  8; vgl Zeiler, RdW 2023/281, 392 [393]). Die objektive Schiedsfähigkeit eines Anspruchs kann also vom Vorliegen bestimmter „Kautelen“ abhängen. Es sind daher auch Fälle denkbar, in denen der Staat sein Rechtsprechungsmonopol nur unter bestimmten Voraussetzungen nicht in Anspruch nimmt (Zeiler, RdW 2023/281, 392 [394]) oder – umgekehrt formuliert – ein Anspruch nur unter bestimmten Voraussetzungen objektiv schiedsfähig ist.

2. Schiedsfähigkeit von gesellschaftsrechtlichen Beschlussmängelstreitigkeiten nur bei Wirkungserstreckung auf alle Gesellschafter

[71] Gesellschaftsrechtliche Ansprüche sind nach österreichischem Recht als vermögensrechtliche Ansprüche grundsätzlich für Schiedsverfahren offen. Die Beschlussanfechtung im GmbH-Recht ist grundsätzlich genauso objektiv schiedsfähig wie im Recht der Personengesellschaften die entsprechenden Feststellungsansprüche (vgl 6 Ob 43/13m; Koller in Liebscher/Oberhammer/Rechberger,Schiedsverfahrensrecht I Rz 3/85 FN 244; Kalss,GesRZ 2023, 141 [145] mwN; Zeiler, RdW 2023/281, 392 [393]).

[72] Die Schiedsfähigkeit von gesellschaftsrechtlichen Streitigkeiten ist aber nach dem Willen des Gesetzgebers mit der Bindung aller Gesellschafter an den Schiedsspruch verknüpft. So heißt es in den Materialien zum SchiedsRÄG 2006, dass mit der „Ausweitung der objektiven Schiedsfähigkeit auf vermögensrechtliche Ansprüche noch nichts über die Schiedsfähigkeit gesellschaftsrechtlicher Streitigkeiten ausgesagt [ist], weil sie auch davon abhängt, inwieweit ein Schiedsspruch Dritten gegenüber rechtsgestaltend wirken kann“ (ErläutRV 1158 BlgNR XXII. GP  9; vgl auch Hausmaninger in Fasching/Konecny 3 § 582 ZPO Rz 28; Zeiler, Schiedsverfahren² [2014] § 582 Rz 32). Dies gilt umso mehr für die alte Rechtslage (§ 577 Abs 1 ZPO aF), zumal mit dem SchiedsRÄG 2006 die objektive Schiedsfähigkeit ausgeweitet werden sollte.

[73] Auch der Oberste Gerichtshof sah die Wirkungserstreckung schon bisher als Problem der objektiven Schiedsfähigkeit an, zumal er die Schiedsfähigkeit ausdrücklich nur dann bejaht, wenn die von der Rechtskrafterstreckung Betroffenen an der Schiedsgerichts-vereinbarung beteiligt sind (7 Ob 221/98w) oder den Abschluss der Schiedsvereinbarung durch sämtliche Vertragspartner als Voraussetzung nicht nur für die Wirksamkeit der Schiedsvereinbarung, sondern auch für die objektive Schiedsfähigkeit fordert (7 Ob 103/10p).

[74] Ein Schiedsspruch, der mangels Parteistellung der nicht beteiligten Gesellschaftern diesen gegenüber nicht die Wirkung eines rechtskräftigen gerichtlichen Urteils entfaltet, kann die dem Feststellungsurteil zukommende Friedensfunktion nicht erfüllen. Nur die Beteiligung aller Gesellschafter an einem Verfahren kann verhindern, dass inhaltlich voneinander abweichende Entscheidungen ergehen, die zu einer faktisch nicht mehr bewältigbaren Spaltung des Gesellschaftsverhältnisses führen (siehe oben Punkt C.2.1.). Das Rechtsprechungsmonopol des Staats kann in Bezug auf Beschlussmängelstreitigkeiten nur insoweit freigegeben werden, als die Gestaltung des Schiedsverfahrens beginnend mit der Ausgestaltung der Schiedsvereinbarung durch eine Wirkungserstreckung des Schiedsspruchs und damit Bindung aller Gesellschafter eine Lösung des Konflikts in der Gesellschaft sicherstellt. Zur Sicherstellung dieser aus staatlicher Sicht unabdingbaren Notwendigkeit sind Beschlussmängelstreitigkeiten – mit den Worten der Materialien (ErläutRV 1158 BlgNR XXII. GP  8) – zwar nicht grundsätzlich aus dem Bereich der Schiedsgerichtsbarkeit ausgeschlossen, es sind aber entsprechende Kautelen vorzusehen.

[75] Die Frage, ob ein gesellschaftsrechtlicher Anspruch objektiv schiedsfähig ist, kann also nicht losgelöst von den Wirkungen des Schiedsspruchs und der diese bedingenden Gestaltung der Schiedsvereinbarung beantwortet werden. Gesellschaftsrechtliche Streitigkeiten sind zwar grundsätzlich objektiv schiedsfähig. Einem ganz bestimmten Anspruch kann die objektive Schiedsfähigkeit fehlen, weil in Bezug auf diesen der Schiedsspruch – mangels Erfüllung der Mindestanforderungen zur Sicherstellung ihrer Beteiligungs- und Mitwirkungsrechte – nicht gegenüber allen Gesellschaftern Urteilswirkungen entfalten könnte, obwohl der Streitgegenstand dies erfordert. Die Wirkungserstreckung ist also (auch) ein Problem der objektiven Schiedsfähigkeit (in diesem Sinn etwa Zeiler, RdW 2023/281, 392 [394, 396]; Kalss, GesRZ 2023, 141 [145 f]; aA etwa Nueber/Konzett in Nueber, Handbuch Schiedsgerichtsbarkeit und ADR, 29; Koller in Liebscher/Oberhammer/Rechberger, Schiedsverfahrensrecht Rz 3/92 f).

[76] Der Anspruch auf Anfechtung eines Gesellschafterbeschlusses einer Personengesellschaft ist daher nur dann objektiv schiedsfähig, wenn der in der Sache ergehende Schiedsspruch gegenüber allen Gesellschaftern wirken kann. Mangelt es an dieser Wirkungserstreckung, so fehlt die objektive Schiedsfähigkeit des Anspruchs (Zeiler, RdW 2023/281, 392 [394, 400]). Bei Beschlussmängelstreitigkeiten kann eine solche Rechtskraft bzw Wirkung auf die am Schiedsverfahren nicht als Partei beteiligten Gesellschafter nur erstreckt werden, wenn ein dem staatlichen Verfahren entsprechender Rechtsschutz gewährleistet wird. Dafür muss bereits die Schiedsvereinbarung auch entsprechend gestaltet werden (siehe oben Punkt C.2.4.).

E. Ergebnis

[77] Vom Obersten Gerichtshof wurde noch nicht geklärt, ob durch gesellschaftsvertragliche Übernahme des kapitalgesellschaftsrechtlichen Klagesystems die Passivlegitimation einer Personengesellschaft für Beschlussmängel zugewiesen werden kann. Dies wird in der Literatur zum Teil in Anlehnung an die Rechtsprechung des BGH bejaht, zum Teil mit beachtlichen Argumenten in Zweifel gezogen oder abgelehnt.

[78] Diese Frage ist in diesem Verfahren über die Klage auf Aufhebung des Schiedsspruch nicht abschließend zu klären. Die Möglichkeit, einen Beschlussmängelstreit im Recht der Personengesellschaft dem schiedsgerichtlichen Verfahren zu unterwerfen, setzt nämlich jedenfalls voraus, dass der Schiedsspruch dann auch gegenüber allen betroffenen Gesellschaftern wirksam sein kann. Das ist jedenfalls nur dann der Fall, wenn die Gesellschafter der Schiedsvereinbarung zugestimmt haben und ihnen bereits darin entsprechende Beteiligungs- und Mitwirkungsrechte eingeräumt werden; dazu zählt im besonderen die Einbindung in die Konstituierung des Schiedsgerichts. Ist – wie im vorliegenden Fall – die Schiedsvereinbarung nicht entsprechend diesen Mindestanforderungen ausgestaltet, ist die objektive Schiedsfähigkeit des Anspruchs nicht gegeben.

[79] Die mangelnde Schiedsfähigkeit ist in einem Aufhebungsverfahren von Amts wegen wahrzunehmen (§ 611 Abs 3 ZPO), der dennoch ergangene Schiedsspruch ist gemäß § 611 Abs 2 Z 7 ZPO aufzuheben.

[80] Die von der Aufhebungsklägerin aufgeworfenen Fragen zur Vergleichsfähigkeit iSd § 577 ZPO aF mussten damit nicht geklärt werden.

[81] Gleiches gilt fürdie Frage, ob losgelöst von der Frage der Schiedsfähigkeit und ausgehend davon, dass den Gesellschaftern im Schiedsverfahren jedenfalls schon durch die Gestaltung der Schiedsvereinbarung entsprechende Beteiligungs- und Mitwirkungsrechte zu gewähren ist, dem Grunde nach (auch) andere Aufhebungstatbestände, etwa die fehlende Schiedsvereinbarung iSd § 611 Abs 2 Z 1 ZPO oder eine Kompetenzüberschreitung des Schiedsgerichts nach § 611 Abs 2 Z 3 ZPO, verwirklicht wären und, wenn ja, ob diese im vorliegenden Fall präkludiert wären. Auch diese Fragen sind für die Entscheidung nicht (mehr) relevant und daher nicht zu klären.

V. Kostenentscheidung

[82] Die Kostenentscheidung beruht auf § 41 ZPO iVm § 54 Abs 1a ZPO.

[83] Die zur Gänze unterlegenen Beklagten haben der Klägerin und den auf ihrer Seite beigetretenen Nebenintervenienten die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung erforderlichen Kosten zu ersetzen. Nicht zu honorieren waren die von den Vertretern der 1. bis 6. Nebenintervenienten verzeichneten Kosten einer Firmenbuchabfrage samt Erstellung eines Firmenbuchauszugs. Die Beklagten haben zutreffend eingewandt, dass diese Kosten vom Einheitssatz gedeckt sind (vgl Obermaier, Kostenhandbuch³ Rz 3.12 [FN 2328]).

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte