OGH 1Ob27/24p

OGH1Ob27/24p5.3.2024

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Dr. Musger als Vorsitzenden sowie die Hofräte und die Hofrätin Mag. Wurzer, Mag. Dr. Wurdinger, Mag. Wessely‑Kristöfel und Dr. Parzmayr als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei U* AG, *, vertreten durch die MUSEYrechtsanwaltgmbH in Salzburg, und der Nebenintervenientin auf Seiten der klagenden Partei R* GmbH, *, vertreten durch die Robathin & Partner Rechtsanwalts GmbH in Wien, gegen die beklagte Partei L* GmbH, *, vertreten durch die Müller Partner Rechtsanwälte GmbH in Wien, wegen 169.355,73 EUR sA, über die außerordentliche Revision der beklagten Partei gegen das Zwischenurteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 28. Dezember 2023, GZ 3 R 102/23a‑51, den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2024:0010OB00027.24P.0305.000

Rechtsgebiet: Zivilrecht

Entscheidungsart: Zurückweisung mangels erheblicher Rechtsfrage

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

 

Begründung:

[1] Die Versicherungsnehmerin der Klägerin – eine Projektgesellschaft – beauftragte die Beklagte mit der Herstellung der gesamten HKLS‑Installationen (Heizung, Kühlung, Lüftung, Sanitär) und die Nebenintervenientin auf Seiten der Klägerin mit den Trockenbauarbeiten für ein Wohnbauprojekt.

[2] In einer der Wohnungen schloss die Beklagte den Unterputzsiphon des Waschmaschinenanschlusses für den Ablauf des Brauchwassers nicht an ein Ablaufrohr (Fallstrang) an, erteilte dem Trockenbauer aber trotzdem eine Schließfreigabe. Das führte dazu, dass es bei der späteren Verwendung der Waschmaschine in dieser Wohnung zu großflächigen Durchfeuchtungsschäden in der Wohnhausanlage kam. Die Klägerin leistete dafür aus dem abgeschlossenen Bauwesenversicherungsvertrag Zahlungen an ihre Versicherungsnehmerin.

[3] Die Vorinstanzen sprachen aus, dass das auf § 67 VersVG gestützte Regressbegehren der Klägerin gegenüber der Beklagten dem Grunde nach zu Recht besteht.

Rechtliche Beurteilung

[4] Die außerordentliche Revision der Beklagten zeigt keine Rechtsfrage von der Qualität des § 502 Abs 1 ZPO auf.

[5] 1. Das Rechtsmittel behauptet zwar pauschal auch „Nichtigkeit“, führt inhaltlich jedoch keine Nichtigkeitsgründe, sondern nur vermeintliche Verfahrensmängel aus. Letztere liegen nicht vor. Das Berufungsgericht zitierte lediglich illustrativ aus einem vorgelegten Privatgutachten. Sein tragendes Argument war aber, dass ein allfälliges Verschulden der Nebenintervenientin nicht der Bauherrin als Mitverschulden zugerechnet werden könne. Die Frage, ob der Nebenintervenientin das Fehlen des Abschlussrohres bei Schließen der Wand hätte auffallen können und müssen, und der darauf gerichtete Beweisantrag der Beklagten seien für den Anspruch der Klägerin daher irrelevant.

[6] 2. Dem hält die Beklagte entgegen, dass die Nebenintervenientin trotz festgestellter Schließfreigabe die bauliche Vorleistung zu kontrollieren gehabt hätte und die Wand wegen Fehlen des Unterputzrohres nicht hätte schließen dürfen. Das sei der Versicherungsnehmerin der Klägerin „zumindest über die Koordinationspflicht“ zuzurechnen.

[7] 2.1. Der Werkbesteller muss sich nicht jedes mitwirkende Verschulden des von ihm beigezogenen sachverständigen Gehilfen anrechnen lassen, sondern kommt ein Mitverschulden nur dann in Betracht, wenn der Gehilfe Pflichten oder Obliegenheiten verletzt, die den Besteller nach dem Vertrag oder zumindest nach der Verkehrsübung selbst treffen (RS0021766 [T3, T7]).

[8] Nach der Rechtsprechung trifft den Werkbesteller eine Koordinierungspflicht, die der Sicherstellung einer sachgerechten Gesamtplanung dient. Dabei müssen die einzeln aufeinander aufbauenden Leistungen derart abgestimmt werden, dass die Vorleistung eine taugliche Grundlage für die Nachfolgeleistung darstellt (RS0111710).

[9] 2.2. Nach den Feststellungen vereinbarten die Versicherungsnehmerin der Klägerin und die Beklagte, dass die Arbeiten „in ständiger Fühlungsnahme mit den am Bau beschäftigten sonstigen Auftragnehmern durchzuführen und die einzelnen Arbeitsvorgänge rechtzeitig mit diesen abzusprechen“ sind. Dementsprechend erfolgte die Zusammenarbeit zwischen der Beklagten (Installateur) und der Nebenintervenientin (Trockenbauer) derart, dass zunächst mit dem Trockenbau begonnen, danach die Installationsarbeiten von der Beklagten durchgeführt und jeweils nach mündlicher Schließfreigabe für die jeweilige gesamte Wohnung durch die Installateure (der Beklagten) gegenüber dem Trockenbauer die Wände vom Trockenbauer wohnungsweise geschlossen wurden. Dass die Absprache vor Ort betreffend Schließen der Innenwände ua zwischen der Nebenintervenientin und der Beklagten funktionierte, wurde – wie festgestellt – auch in einem Baubesprechungsprotokoll festgehalten.

[10] 2.3. Davon ausgehend verneinte das Berufungsgericht einen Verstoß der Werkbestellerin gegen eine Koordinierungspflicht. Einen solchen zeigt auch die Revisionswerberin nicht auf:

[11] Die Frage, ob die Nebenintervenientin im Hinblick auf die von der Beklagten erteilte Schließfreigabe darauf vertrauen durfte, dass die Beklagte ihr Werk fertiggestellt hatte, ist nicht (mehr) zur Koordination zu rechnen und kann daher der Bauherrin nicht als Mitverschulden angelastet werden (vgl 2 Ob 376/97a). Daran ändert nichts, dass die Bauherrin und die Beklagte im Werkvertrag die subsidiäre Geltung der – eine Koordinierungspflicht ersterer statuierenden – ÖNORM B 2110 vereinbart haben.

[12] 2.4. Auch aus einer Prüf- und Warnpflicht der Werkunternehmerin (hier Nebenintervenientin) gegenüber der Werkbestellerin nach § 1168a ABGB, auf die sich die Beklagte wiederholt beruft, ergibt sich keine Pflicht der Werkbestellerin gegenüber der Beklagten, die Mangelfreiheit bzw Vollständigkeit deren Gewerks vor Abschluss der Trockenbauarbeiten zu kontrollieren.

[13] Die Ausführungen der Beklagten zielen darauf ab, der Bauherrin das Risiko für die mängelfreie Werkerstellung zu überantworten, welche Verpflichtung aber sie selbst als Werkunternehmerin trifft. Ob daneben auch die Nebenintervenientin eine Verantwortung für den Schaden trifft, ist hier nicht zu beurteilen.

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