OGH 6Ob99/23m

OGH6Ob99/23m21.2.2024

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Hon.‑Prof. Dr. Gitschthaler als Vorsitzenden sowie die Hofrätinnen und Hofräte Dr. Hofer‑Zeni-Rennhofer, Dr. Faber, Mag. Pertmayr und Dr. Weber als weitere Richter in der Firmenbuchsache der zu FN * eingetragenen K*ges.m.b.H., *, über den außerordentlichen Revisionsrekurs des Geschäftsführers KR C*, vertreten durch Dr. Thomas Marschall, Rechtsanwalt in Wien, gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Wien als Rekursgericht vom 31. März 2023, GZ 6 R 224/22p, 6 R 225/22k, 6 R 226/22g‑33, womit unter anderem der Beschluss des Landesgerichts Krems an der Donau vom 21. Oktober 2022, GZ 10 Fr 1810/22i‑20, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2024:0060OB00099.23M.0221.000

Rechtsgebiet: Zivilrecht

Fachgebiet: Unternehmens-, Gesellschafts- und Wertpapierrecht

Entscheidungsart: Zurückweisung mangels erheblicher Rechtsfrage

 

Spruch:

Der außerordentliche Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.

Der Revisionsrekurswerber hat seine Kosten des Verfahrens dritter Instanz selbst zu tragen.

 

Begründung:

[1] Das Rekursgericht bewilligte die von einem (damals noch) als selbständig vertretungsbefugter Geschäftsführer im Firmenbuch eingetragenen Mitgesellschafter des Revisionsrekurswerbers angemeldete Eintragung der Änderung der Vertretungsbefugnis des Revisionsrekurswerbers als Geschäftsführer dahin, dass dieser nicht mehr selbständig, sondern nur noch gemeinsam mit einem weiteren Geschäftsführer vertretungsbefugt ist.

Rechtliche Beurteilung

[2] Der dagegen erhobene außerordentlicheRevisionsrekurs des zweitgenannten Geschäftsführers ist mangels Rechtsmittellegitimation unzulässig.

[3] 1. Die Rechtsmittellegitimation ist im Firmenbuchgesetz nicht ausdrücklich geregelt; sie richtet sich nach allgemeinen Grundsätzen des Außerstreitverfahrens (vgl § 2 Abs 1 Z 3 AußStrG). Rechtsmittellegitimiert sind damit im Firmenbuchverfahren zunächst die Parteien des Verfahrens (G. Kodek in Kodek/Nowotny/Umfahrer, FBG § 15 Rz 167 f) und jedenfalls auch der nach § 18 FBG zu verständigende Betroffene. Das ist derjenige, der nach dem jeweiligen konkreten Verfahrensstand durch die beabsichtigte Maßnahme in seiner auf einer Firmenbucheintragung beruhenden Rechtsstellung unmittelbar beschränkt werden soll oder zwingend beschränkt wird (6 Ob 53/23x [Rz 7]; G. Kodek in Kodek/Nowotny/Umfahrer, FBG § 15 Rz 168). Die Parteistellung ist jedoch nicht auf diesen in § 18 FBG umschriebenen Kreis der Betroffenen beschränkt. Es ist nach dem materiellen Parteibegriff des § 2 Abs 1 Z 3 AußStrG jede Person umfasst, soweit ihre rechtlich geschützte Stellung durch die begehrte oder vom Gericht in Aussicht genommene Entscheidung oder durch eine sonstige gerichtliche Tätigkeit unmittelbar beeinflusst würde (siehe bloß 6 Ob 53/23x [Rz 7]; 6 Ob 73/22m [Rz 1 f]).

[4] Insgesamt ist damit darauf abzustellen, ob der Rechtsmittelwerber ein rechtliches Interesse hat, das entweder auf einem eingetragenen Recht beruht oder das in einem anderen Verfahren nicht mehr geltend gemacht werden kann (RS0059158 [T11]; 6 Ob 53/23x [Rz 7]).

[5] 2.1. Die ständige Rechtsprechung verneint die Rekurslegitimation eines (bisher) alleinvertretungsbefugten Geschäftsführers einer GmbH bei seiner eigenen Abberufung (so schon 6 Ob 8/90 6 Ob 195/10k [ErwGr 3.1.]; 6 Ob 212/16v; jüngst 6 Ob 73/22m [Rz 7]; 6 Ob 39/21k [Rz 13]; 6 Ob 38/21p [Rz 13]; 6 Ob 33/20a GesRZ 2021, 92 [B. Schima]; RS0006938 [insb T3]; G. Kodek in Kodek/Nowotny/Umfahrer, FBG § 15 Rz 177; Pilgerstorfer in Artmann, UGB³ § 15 FBG Rz 103).

[6] Ebenso wie im Fall der Abberufung wird ein eigenes Rechtsmittelrecht des Geschäftsführers gegen die Änderung eines Alleinvertretungsrechts in ein Kollektivvertretungsrecht (samt Eintragung eines weiteren Geschäftsführers: 6 Ob 15/83 GesRZ 1984, 219 = NZ 1985, 152 f) verneint (vgl 6 Ob 73/22m [Rz 7]).

[7] Begründet wird die Ablehnung der Rechtsmittelbefugnis des abberufenen Geschäftsführers damit, dass die Eintragung der Bestellung oder Abberufung eines Geschäftsführers nicht rechtsbegründend, sondern nur deklarativ wirkt und ihm keine eigenen firmenbuchrechtlichen Rechte, die durch die Abberufung tangiert wären, zukommen (6 Ob 38/21p; 6 Ob 39/21k [je Rz 13]). Es besteht vielmehr die Möglichkeit, Gesellschafterbeschlüsse mittels Nichtigkeits‑ bzw Anfechtungsklage auf dem streitigen Rechtsweg zu bekämpfen (6 Ob 33/20a [ErwGr 3.1.]; 6 Ob 212/16v).

[8] 2.2. Soweit Pilgerstorfer (aaO) aus der Entscheidung 6 Ob 154/18t (GesRZ 2019, 200 [Frenzel]) generell eine eigene Rechtsmittellegitimation des abberufenen Geschäftsführers für den Fall ableitet, dass der Antragsteller nicht zur Anmeldung der Löschung legitimiert war, wurde eine solche in der später ergangenen Entscheidung 6 Ob 33/20a ([ErwGr. 1, 2] GesRZ 2021, 92 [B. Schima]) zutreffend nicht angenommen.

3. Daraus folgt für den vorliegenden Fall:

[9] Dem Revisionsrekurswerber, der vor der bekämpften Eintragung als selbständig vertretungsbefugter Geschäftsführer der Gesellschaft im Firmenbuch eingetragen war, steht nach den dargestellten Grundsätzen kein Rechtsmittelrecht im eigenen Namen gegen die Eintragung der Änderung seiner Vertretungsbefugnis dahin, dass er die Gesellschaft nur noch gemeinsam mit einem zweiten Geschäftsführer vertritt, zu. Die Wirksamkeit des der Anmeldung zugrunde liegenden Beschlusses der außerordentlichen Generalversammlung am 2. 8. 2022 ist vielmehr im streitigen Verfahren (das zu * des Erstgerichts anhängig ist) zu klären.

[10] 4. Schließlich kann der Revisionsrekurswerber seine Rechtsmittellegitimation auch nicht daraus ableiten, dass die Eintragung von Verhältnissen der Gesellschaft abgelehnt worden wäre, die er als Geschäftsführer in persönlicher Verpflichtung anzumelden gehabt hätte (RS0005933), weil er nicht die Ab- und Zurückweisung eines Antrags bekämpft, sondern sich gegen eine seiner Ansicht nach zu Unrecht vorgenommene Eintragung wehrt (vgl 6 Ob 33/20a [ErwGr 3.7.]).

[11] Darauf, ob der der Anmeldung zugrunde gelegte Beschluss – was im streitigen Verfahren zu klären ist –anfechtbar nach § 41 GmbHG ist, sodass ihm vorläufige Wirksamkeit zukommt (Koppensteiner/Rüffler, GmbHG³ § 41 Rz 23, § 42 Rz 13), oder es sich um einen absolut nichtigen Beschluss („Scheinbeschluss“) handelt, der von Vornherein keine Rechtswirkungen entfaltet (Nowotny in Kalss/Nowotny/Schauer, Gesellschaftsrecht² Rz 4/306), kommt es für die hier zu beurteilende Rechtsmittellegitimation des Geschäftsführers im eigenen Namen nicht an (vgl 6 Ob 33/20a [ErwGr 3.3.]). Allerdings kann ein Geschäftsführer, der mittels eines rechtlich von Vornherein wirkungslosen Scheinbeschlusses „abberufen“ wurde, weiterhin namens der von ihm vertretenen Gesellschaft Rekurs gegen den Löschungsbeschluss erheben (Petrasch/Verweijen in WK‑GmbHG § 17 Rz 21; Reich‑Rohrwig, GmbH‑Recht I² [1997] Rz 2/634, 705). Ein Rekurs namens der Gesellschaft liegt hier aber nicht vor.

[12] 5. Der außerordentlichen Revisionsrekurs ist daher mangels Rechtsmittellegitimation des Einschreiters zurückzuweisen.

[13] 6. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 41, 50 ZPO.

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