OGH 6Ob73/22m

OGH6Ob73/22m18.5.2022

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Hofrat Dr. Nowotny als Vorsitzenden sowie die Hofrätinnen und Hofräte Dr. Hargassner, Dr. Hofer‑Zeni‑Rennhofer, Dr. Faber und Mag. Pertmayr als weitere Richter in der Firmenbuchsache der O*, vertreten durch DORDA Rechtsanwälte GmbH in Wien, über den außerordentlichen Revisionsrekurs des Einschreiters Dr. L*, gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Wien vom 1. März 2022, GZ 6 R 31/22f‑34, den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2022:0060OB00073.22M.0518.000

Rechtsgebiet: Zivilrecht

 

Spruch:

Der außerordentliche Revisionsrekurs wird mangels der Voraussetzungen des § 62 Abs 1 AußStrG zurückgewiesen (§ 15 FBG iVm § 71 Abs 3 AußStrG).

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

[1] 1. Die Rekurslegitimation ist im FBG nicht ausdrücklich geregelt; sie richtet sich nach allgemeinen Grundsätzen des Außerstreitverfahrens (vgl § 2 Abs 1 Z 3 AußStrG). Rekurslegitimiert sind damit im Firmenbuchverfahren zunächst die Parteien des Verfahrens (G. Kodek in Kodek/Nowotny/Umfahrer, FBG § 15 Rz 167 f) und jedenfalls auch der nach § 18 FBG zu verständigende Betroffene. Das ist derjenige, der nach dem jeweiligen konkreten Verfahrensstand durch die beabsichtigte Maßnahme in seiner auf einer Firmenbucheintragung beruhenden Rechtsstellung unmittelbar beschränkt werden soll oder zwingend beschränkt wird (6 Ob 19/97f uva; Kodek in Kodek/Nowotny/Umfahrer, FBG § 15 Rz 168 mwN). Die Parteistellung ist jedoch nicht auf diesen in § 18 FBG umschriebenen Kreis der Betroffenen beschränkt. Es ist nach dem materiellen Parteibegriff nach § 2 Abs 1 Z 2 AußStrG jede Person umfasst, soweit ihre rechtlich geschützte Stellung durch die begehrte oder vom Gericht in Aussicht genommene Entscheidung oder durch eine sonstige gerichtliche Tätigkeit unmittelbar beeinflusst würde (6 Ob 195/10k).

[2] Insgesamt ist damit darauf abzustellen, ob der Rechtsmittelwerber ein rechtliches Interesse hat, das entweder auf einem eingetragenen Recht beruht oder das in einem anderen Verfahren nicht mehr geltend gemacht werden kann (RS0059158 [T11]).

[3] 2. Dass dem Einschreiter aufgrund einer allenfalls erfolgten Entsendung durch eine (Minderheits‑)Gesellschafterin keinesfalls eine Einzelvertretungsbefugnis für die Gesellschaft zukommen kann (siehe dazu 6 Ob 22/21k; 6 Ob 114/21i) bezweifelt er selbst nicht (mehr). Die Einbringung eines Rechtsmittels im Namen der Gesellschaft behauptet er auch gar nicht. Er beruft sich vielmehr (im Gegenteil) darauf, dass er den Rekurs (bloß) im eigenen Namen und „nur“ als (entsendeter) Geschäftsführer („daneben“) erhoben habe und „dabei nicht für die Gesellschaft aufgetreten“ sei. Die „gesellschaftsvertraglichen Änderungen betreffend Vertretungsbefugnis der Geschäftsführer aber auch das Vorsehen eines Aufsichtsrates“ würden „unmittelbar“ in seine Rechte als Geschäftsführer eingreifen. Dabei legt er zugrunde, dass einer bestimmten (Minderheits‑)Gesellschafterin das Recht zukommt, einen Geschäftsführer entsenden zu dürfen, weswegen er (wirksam) zum Geschäftsführer bestellt sei.

[4] 3. Der Einschreiter ist zu dieser Firma im Firmenbuch aber nicht (als Geschäftsführer) eingetragen. Der Begründung des Rekursgerichts, er könne sich nicht auf eingetragene Rechte stützen, vermag er nichts entgegenzuhalten.

[5] Inwieweit er durch die Änderung der Bezeichnung der Firma beschwert wäre, legt er nicht ansatzweise dar (vgl 6 Ob 145/02w).

[6] Hinsichtlich der Eintragung bestimmter Aufsichtsratsmitglieder und Änderungen des Gesellschaftsvertrags (mit Generalversammlungsbeschlüssen vom 25. 5. 2020 und 30. 6. 2020) behauptet er, er sei durch die Anmeldung ohne Unterzeichnung des Antrags durch ihn („ohne mich“) unmittelbar in seinen Rechten und Pflichten als Geschäftsführer beeinträchtigt. Es sei „offensichtlich“, dass diese Anmeldung in der Absicht umgesetzt worden sei, seine Position und Rechte als entsendeter Geschäftsführer zu beeinträchtigen. Weder erklärt er die behauptete „Offensichtlichkeit“ näher, noch ist offenkundig, dass – etwa weil die Rechtsdurchsetzung ansonsten verwehrt wäre – durch die betroffenen Eintragungen (die Änderungen des Gesellschaftsvertrags betreffen die Einführung eines Aufsichtsrats und die Möglichkeit, Geschäftsführern [in Hinkunft] durch Beschluss der Gesellschafter Einzelvertretungsbefugnis einzuräumen) in seine rechtlich geschützte Rechtssphäre (6 Ob 9/85 mwN) bzw in seine firmenbuchrechtliche Rechtssphäre (s Zib in Zib/Dellinger, Großkomm UGB § 15 FBG Rz 28 mwN) unmittelbar eingegriffen würde.

[7] Einem (bisher) alleinvertretungsbefugten Geschäftsführer kommt nach der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs weder bei seiner eigenen Abberufung (stRspr; so schon 6 Ob 8/90 mwN; zuletzt 6 Ob 39/21k; 6 Ob 38/21p; RS0006938 [bes T3]; Kodek in Kodek/Nowotny/Umfahrer FBG § 15 Rz 177 mwN; Pilgerstorfer in Artmann, UGB³ § 15 FBG Rz 103 [gegen die Eintragung seiner Löschung infolge Abberufung]) noch bei Umänderung eines Alleinvertretungsrechts in ein Kollektivvertretungsrecht (samt Eintragung eines weiteren Geschäftsführers: 6 Ob 15/83 = NZ 1985, 152 f), der Bestellung eines Notgeschäftsführers (6 Ob 53/06x) oder der eines Liquidators (6 Ob 330/98t) Rekurslegitimation zu. Da es im vorliegenden Fall um (überhaupt nur allenfalls) vergleichbare „Beeinträchtigungen“ geht (Einführung eines Aufsichtsrats, Bestellung weiterer [kollektivvertretungsbefugter] Geschäftsführer und Änderung der Satzung dahin, dass die Alleinvertretungsbefugnis einzelner Geschäftsführer von den Gesellschaftern beschlossen werden könnte), kann der Revisionsrekurswerber keine erhebliche Rechtsfrage zur Verneinung seiner Rechtsmittellegitimation mangels (eigenen) rechtlichen Interesses durch das Rekursgericht aufzeigen.

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