OGH 6Ob53/06x

OGH6Ob53/06x6.4.2006

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Pimmer als Vorsitzenden sowie die Hofrätin des Obersten Gerichtshofes Dr. Schenk und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schramm, Dr. Gitschthaler und Univ. Doz. Dr. Kodek als weitere Richter in der Firmenbuchssache der im Firmenbuch zu FN ***** eingetragenen D***** GmbH, *****, über den Revisionsrekurs der Gesellschaft und des Geschäftsführers Florian N*****, ebendort, beide vertreten durch Dr. Jürgen Amann, Dr. Alexander Jehle und Dr. Alexander Juen, Rechtsanwälte in Rankweil, gegen den Beschluss des Oberlandesgerichtes Innsbruck als Rekursgericht vom 29. November 2005, GZ 3 R 178/05h-49, womit über Rekurs des Gesellschafters Elmar K*****, vertreten durch Achammer und Partner, Rechtsanwälte in Feldkirch (nunmehr: Achammer Mennel Welte Achammer Kaufmann Rechtsanwälte GmbH), der Beschluss des Landesgerichtes Feldkirch vom 26. September 2005, GZ 12 Fr 2816/05g-44, aufgehoben und dem Erstgericht die neuerliche Entscheidung aufgetragen wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Der Revisionsrekurs des Geschäftsführers Florian N***** wird zurückgewiesen.

Dem Revisionsrekurs der Gesellschaft wird Folge gegeben. Der angefochtene Beschluss wird dahingehend abgeändert, dass der Beschluss des Erstgerichtes wiederhergestellt wird. Elmar K***** ist schuldig, der Gesellschaft binnen 14 Tagen die mit EUR 980,65 (darin EUR 160,85 USt) bestimmten Kosten des Rekursverfahrens und die mit EUR 804,67 (darin EUR 134,11 USt) bestimmten Kosten des Revisionsrekursverfahrens zu ersetzen. Florian N***** ist schuldig, Elmar K***** binnen 14 Tagen die mit EUR 804,67 (darin EUR 134,11 USt) bestimmten Kosten des Revisionsrekursverfahrens zu ersetzen.

Text

Begründung

Im beim Landesgericht Feldkirch geführten Firmenbuch ist zu FN ***** die D***** GmbH mit dem Sitz in B***** eingetragen. Gesellschafter sind je zur Hälfte Elmar K***** und Dkfm Dr. Rigobert E*****, letzterer als Treuhänder des alleinigen Geschäftsführers Florian N*****. Gemäß § 9 Z 8 lit i der Erklärung über die Errichtung der GmbH hat der Geschäftsführer für eine Einleitung von Rechtsstreitigkeiten der GmbH die Zustimmung der Generalversammlung einzuholen, wobei eine Mehrheit von 75 % der abgegebenen Stimmen erforderlich ist.

Maria-Luise N*****, die Mutter des Florian N***** und Ehegattin des Dr. Ulrich N*****, ist die einzige Gesellschafterin und auch alleinige Geschäftsführerin der im Firmenbuch zu FN 19***** eingetragenen D***** Bregenz GmbH.

Der Gesellschafter Elmar K***** strebt eine Überprüfung und allfällige gerichtliche Geltendmachung von Ansprüchen der GmbH gegen den Mitgesellschafter Dkfm Dr. Rigobert E*****, aber auch gegen den Geschäftsführer Florian N***** sowie gegen Dr. Ulrich N*****, Maria-Luise N***** und die D***** Bregenz GmbH an. In einer am 24. 8. 2004 durchgeführten Generalversammlung der Gesellschafter der GmbH, bei welcher der Gesellschafter (und Treuhänder) Dkfm Dr. Rigobert E***** persönlich sowie Vertreter beider Gesellschafter anwesend waren, stimmten die Vertreterin von Elmar K***** und der Vertreter des Mitgesellschafters gegen eine Prüfung und allfällige gerichtliche Verfolgung derartiger Ansprüche, sodass die entsprechenden Anträge vom Geschäftsführer als abgelehnt festgestellt wurden. Dieser Beschluss der Generalversammlung wurde von Elmar K***** nicht im Klagsweg angefochten.

Am 12. 5. 2005 beantragte Elmar K***** die Bestellung eines Notgeschäftsprüfers zur Prüfung und allfälligen gerichtlichen Geltendmachung von Ansprüchen der GmbH gegen Dkfm Dr. Rigobert E*****, Dr. Ulrich N*****, Florian N*****, Maria-Luise N***** und die D***** Bregenz GmbH. Der Gesellschaft stünden gegen die Genannten insbesondere Schadenersatzansprüche, aber auch sonstige Ansprüche zu; der Geschäftsführer Florian N***** sei nicht bereit, diese im Interesse der Gesellschaft zu prüfen und erforderlichenfalls gerichtlich durchzusetzen, weil ein Interessenkonflikt vorliege. Es liege somit ein Vertretungsmangel im Sinne des § 15a GmbHG vor. Eine gesellschaftsinterne Abhilfe sei nicht möglich, weil Elmar K***** nach den Bedingungen des Gesellschaftsvertrages sowie nach dem Gesetz nicht in der Lage sei, gegen den Willen des Mitgesellschafters sowie der übrigen Beteiligten einen anderen Gesellschafter zu bestellen sowie eine Prüfung und allfällige gerichtliche Verfolgung der Ansprüche der GmbH, welchen bereits Verjährung drohe, durchzusetzen. Das Erstgericht wies den Antrag auf Bestellung eines Notgeschäftsführers ab. Die Generalversammlung habe rechtsgültige Beschlüsse über die beabsichtigte Klagsführung gefasst; an diese Beschlüsse wäre auch ein Notgeschäftsführer gebunden, welcher überdies das in § 9 Z 8 lit i der Erklärung über die Errichtung der GmbH genannte Erfordernis einer Mehrheit von 75 % der abgegebenen Stimmen zu berücksichtigen hätte.

Über Rekurs des Elmar K***** hob das Rekursgericht diesen Beschluss auf und trug dem Erstgericht die Bestellung eines Notgeschäftsführers auf.

Eine durch eine Interessenkollision bewirkte Befangenheit eines Geschäftsführers einer GmbH könne die pflichtgemäße Erfüllung seiner Funktion gefährden und im Falle einer erforderlichen Prozessführung der GmbH eine Bestellung eines Notgeschäftsführers nach § 15a GmbHG erfordern, sofern die Gesellschaft nicht über einen Aufsichtsrat, welcher gemäß § 30l GmbHG anstelle des Geschäftsführers zur Vertretung der GmbH einschreiten könne, verfüge und die Generalversammlung die Bestellung eines Prozessvertreters nach § 35 Abs 1 Z 6 GmbHG abgelehnt habe, zumal nach der Interessenlage der Beteiligten eine Bestellung eines Prozessvertreters auch nicht zu erwarten sei (unter Berufung auf SZ 59/172; Reich-Rohrwig, GmbH-Recht I2 Rz 2/15; Pöltner, Der Notgeschäftsführer in der GmbH 40 ff). Im vorliegenden Fall strebe der Rekurswerber eine Bestellung des Notgeschäftsführers zur Durchsetzung verschiedener von ihm behaupteter Ansprüche der Gesellschaft gegen den Geschäftsführer, gegen den Mitgesellschafter und Treuhänder des Geschäftsführers, gegen den Vater des Geschäftsführers und gegen dessen Mutter sowie gegen die von dieser zu vertretende D***** Bregenz GmbH an. Eine durch eine mehrfache Interessenkollision bewirkte Befangenheit des Geschäftsführers bei der vom Rekurswerber angestrebten Prüfung und allfälligen Durchsetzung der behaupteten Ansprüche sei offenkundig und bedürfe keiner weitergehenden Erörterung. Dieser Vertretungsmangel könne nicht im Wege der durch § 30l GmbHG eröffneten Möglichkeit einer Vertretung der GmbH durch den Aufsichtsrat beseitigt werden, weil für die GmbH ein Aufsichtsrat nicht bestellt worden sei. Der Rekursweber könne auch nicht auf die Möglichkeit einer Bestellung eines Prozessvertreters nach § 35 Abs 1 Z 6 GmbHG verwiesen werden, weil die Generalversammlung eine Bestellung eines Prozessvertreters bereits abgelehnt habe. Die Unterlassung einer Anfechtung des Beschlusses der Generalversammlung vom 24. 8. 2004 hindere gleichfalls nicht die Bestellung eines Notgeschäftsführers, weil der Rekurswerber nicht gehalten sei, als Gesellschafter das Verfahrens- und insbesondere auch das Kostenrisiko einer derartigen Anfechtung auf sich zu nehmen. Aus demselben Grund stehe auch der Umstand, dass der Rekurswerber binnen der Frist des § 48 Abs 2 GmbHG nicht von der ihm nach § 48 Abs 1 GmbHG offenstehenden Klagemöglichkeit Gebrauch gemacht habe, der Bestellung eines Notgeschäftsführers nicht entgegen. Im Hinblick auf die drohende Verjährung der vom Rekurswerber behaupteten Ansprüche liege auch Dringlichkeit im Sinne des § 15a Abs 1 GmbHG vor.

Der Revisionsrekurs sei zulässig, weil eine gesicherte Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes zu dem in § 15a Abs 1 GmbHG enthaltenen Begriff der Dringlichkeit, aber auch zur Frage, ob eine möglich gewesene, von einem Gesellschafter nicht wahrgenommene Anfechtung eines Beschlusses der Generalversammlung sowie eine gleichfalls vergebene Möglichkeit einer auf § 48 Abs 1 GmbHG gestützten Klagsführung einer Bestellung eines Notgeschäftsführers nach § 15a Abs 1 GmbHG zur Durchsetzung behaupteter Ansprüche der GmbH gegen den Geschäftsführer, gegen einen Mitgesellschafter sowie gegen nahe Angehörige des Geschäftsführers und eine von ihnen beherrschte Gesellschaft entgegenstehe, nicht vorliege.

Rechtliche Beurteilung

1. Zum Revisionsrekurs des Geschäftsführers

Im Verfahren zur Bestellung eines Notgeschäftsführers genießen die Gesellschafter (Burgstaller in Jabornegg, HGB § 15 FBG Rz 20 aE; Pöltner, Notgeschäftsführer 81 ff; Kostner/Umfahrer, GmbH Rz 202; G. Kodek in Kodek/Nowotny/Umfahrer § 15 FBG Rz 87) und der bestellte Notgeschäftsführer, nicht aber ein verbliebener Geschäftsführer im eigenen Namen Parteistellung (Pöltner aaO 81; G. Kodek aaO). Der gegenteiligen Auffassung von Kostner/Umfahrer (GmbHG Rz 202) und Reich-Rohrwig (GmbHG I² Rz 2/62) ist nicht zu folgen, weil durch die Bestellung eines Notgeschäftsführers eigene Rechte (vgl § 2 Abs 1 Z 3 AußStrG) des Geschäftsführers nicht betroffen sind. Hier muss Gleiches gelten wie bei der Abberufung eines Geschäftsführers oder bei der Eintragung eines Geschäftsführerwechsels, wo nach herrschender Lehre und Rechtsprechung dem Geschäftsführer auch keine Parteistellung und (damit) Rekurslegitimation im eigenen Namen zukommt (vgl G. Kodek in Kodek/Nowotny/Umfahrer, FBG § 15 Rz 177; Oberhofer/Santner, Anträge zum Firmenbuch I 13.2.5; EvBl 1967/133; HS 6600; GesRZ 1984, 219; OLG Wien NZ 1998, 380). Der Revisionsrekurs war daher spruchgemäß zurückzuweisen, soweit er vom Geschäftsführer im eigenen Namen erhoben wurde.

2. Zum Revisionsrekurs der Gesellschaft

Der Revisionsrekurs der Gesellschaft ist zulässig; er ist auch berechtigt.

2.1 Nach § 15a Abs 1 GmbHG hat das Gericht, soweit die zur Vertretung der Gesellschaft erforderlichen Geschäftsführer fehlen, in dringenden Fällen auf Antrag eines Beteiligten für die Zeit bis zur Behebung des Mangels einen Notgeschäftsführer zu bestellen. Als „beteiligt" im Sinne dieser Gesetzesstelle ist jeder anzusehen, der ein Interesse an der ordnungsgemäßen Organzusammensetzung geltend machen kann. Dazu gehören die Gesellschafter, die Organe der Gesellschaft sowie diejenigen Personen, die einen gegen die Gesellschaft durchzusetzenden Anspruch behaupten (RIS-Justiz RS0113161; zuletzt 6

Ob 10/06y; 6 Ob 1/85 = EvBl 1986/39; 6 Ob 36/85 = SZ 59/172; 6 Ob

2378/96s = SZ 70/81; RIS-Justiz RS00609013).

2.2 Nach herrschender Rechtsprechung sind die Voraussetzungen für die Bestellung eines Notgeschäftsführers durch das Firmenbuchgericht streng auszulegen (6 Ob 8/93; 6 Ob 10/06y). Auch nach der Lehre handelt es sich bei § 15a GmbHG um eine Ausnahmebestimmung; die Bestellung eines Notgeschäftsführers ist demnach gegenüber der gesellschaftsautonomen Vorsorge für die Vertretung subsidiär (Pöltner, Notgeschäftsführer 57 ff).

2.3 Nach herrschender Lehre (Pöltner, Notgeschäftsführer 40 ff; vgl auch Koppensteiner, GmbHG2 § 15a Rz 3) und Rechtsprechung (6 Ob 36/85 = SZ 59/172) kommt die Bestellung eines Notgeschäftsführers auch dann in Betracht, wenn ein Geschäftsführer zwar vorhanden ist, aber - wie im vorliegenden Fall - eine Interessenkollision vorliegt.

2.4 Bei der Beurteilung des Vorliegens der in § 15a GmbHG als (weitere) Voraussetzung für die Bestellung eines Notgeschäftsführers normierten Dringlichkeit ist danach zu differenzieren, wer die Bestellung begehrt (Koppensteiner, GmbHG² § 15a Rz 6). Bei der hierbei vorzunehmenden Abwägung sind grundsätzlich auch dem Antragsteller offen stehende andere Möglichkeiten der Rechtsdurchsetzung zu berücksichtigen (vgl Koppensteiner aaO). Die in § 48 Abs 1 GmbHG vorgesehene Klagebefugnis des Minderheitsgesellschafters steht allerdings im vorliegenden Fall der Bestellung eines Notgeschäftsführers schon deswegen nicht entgegen, weil diese nur Ansprüche der Gesellschaft gegen die Gesellschafter, Geschäftsführer und Mitglieder des Aufsichtsrats umfasst, nicht auch solche gegen von diesen Personen beherrschte Gesellschaften. Die von Elmar K***** angestrebte Geltendmachung von Ansprüchen gegen die D***** Bregenz GmbH wird durch diese Bestimmung nicht eröffnet.

2.5 Damit muss im vorliegenden Fall nicht abschließend beurteilt werden, inwieweit die Möglichkeit der Klagsführung nach § 48 Abs 1 GmbHG überhaupt als die Bestellung eines Notgeschäftsführers wegen des subsidiären Charakters dieses Institutes ausschließendes zumutbares anderes Mittel zur Schadensabwehr (vgl Pöltner, Notgeschäftsführer 68 ff) anzusehen ist. Immerhin ist darauf zu verweisen, dass - anders als bei den von Pöltner (aaO) erörterten Fällen der Bestellung eines Prozesskurators, eines (anderen) Geschäftsführers oder eines besonderen Prozessvertreters - die Klagsführung nach § 48 Abs 1 GmbHG für den Gesellschafter mit dem Risiko der Kostenbelastung im Fall seines Unterliegens im Prozess verbunden ist. Gegen eine derartige Auslegung, die die Bestellung eines Notgeschäftsführers neben der Klage nach § 48 Abs 1 GmbHG zulässt, spricht auch nicht, dass andernfalls die Regelung des § 48 GmbHG überflüssig wäre. Vielmehr behält § 48 GmbHG durchaus eine eigenständige Funktion, indem er die Geltendmachung von Schadenersatzansprüchen auch dann eröffnet, wenn - etwa mangels Vorliegens einer Interessenkollision oder eines sonstigen Vertretungsmangels - die Bestellung eines Notgeschäftsführers nicht in Betracht kommt. Lediglich bei Vorliegen einer Interessenkollision im Sinne der zu § 15a GmbHG entwickelten Grundsätze kommt nach dem Gesagten Konkurrenz der beiden Bestimmungen in Betracht. Zudem ist die Geltendmachung von Ansprüchen der Gesellschaft durch einen eigenen - wenn auch vom Gericht bestellten - Vertreter schon aus grundsätzlichen Erwägungen der Geltendmachung durch einen Gesellschafter im Wege der gesetzlichen Prozessstandschaft vorzuziehen, weil damit ein Auseinanderfallen von materieller Sachlegimation und prozessualer Dispositionsbefugnis vermieden wird.

2.6 Gleichwohl erweist sich die Bestellung eines Notgeschäftsführers im vorliegenden Fall aus einer anderen Erwägung als verfehlt: Die Rechtsstellung des Notgeschäftsführers entspricht derjenigen des gesellschaftsautonom bestellten Geschäftsführers (Pöltner aaO 108). Der Notgeschäftsführer ist daher an Geschäftsführungsentscheidungen der Gesellschafter, die bestimmte Fragen allgemein durch Satzung oder im Einzelfall durch Beschluss an sich gezogen haben (vgl § 20 Abs 1 GmbHG), gebunden (Pöltner aaO; vgl auch Koppensteiner, GmbHG² § 15a Rz 11, nach dem die Befugnis des Notgeschäftsführers lediglich eingeschränkt, nicht aber erweitert werden kann). Selbst treuwidrige Geschäftsführungsentscheidungen der Gesellschafter sind nach herrschender Auffassung jedenfalls dann zu beachten, wenn sie - wie im vorliegenden Fall - nicht mehr angefochten werden können (ausführlich Harrer, Haftungsprobleme bei der GmbH [1990] 80 ff, insb 87 ff; Koppensteiner GmbHG2 § 20 Rz 9; Pöltner aaO 108; ebenso wohl Reich-Rohrwig, GmbH-Recht I² Rz 2/259). Eine Aufhebung der Bindung des Notgeschäftsführers an derartige Beschlüsse der Gesellschafter kommt - wie Pöltner (aaO 109 ff) überzeugend nachgewiesen hat - nicht in Betracht. Die Bestellung eines Notgeschäftsführers soll die Vertretung der Gesellschaft ermöglichen; sie soll aber nicht dazu dienen, Rechtshandlungen der Gesellschaft zu erzwingen. Die Entscheidung über den richtigen „Kurs" des Unternehmens muss bei der Generalversammlung bleiben. Das Gericht ist nicht befugt, in Geschäftsführungsentscheidungen einzugreifen Pöltner (aaO 110; SZ 58/27). Darin liegt auch keine Beeinträchtigung des Rechtsschutzes des Minderheitsgesellschafters, steht diesem doch neben der Nichtigkeitsklage nach § 41 GmbHG im Fall einer allfälligen missbräuchlichen Unterlassung der Geltendmachung von Ansprüchen durch die (Mehrheit der) Gesellschafter bzw den Geschäftsführer die Klagemöglichkeit nach § 48 GmbHG offen.

2.7 Damit bleibt im vorliegenden Fall aber - wie schon das Erstgericht zutreffend erkannt hat - für eine sinnvolle Tätigkeit eines Notgeschäftsführers kein Raum. Dieser wäre vielmehr an den die gerichtliche Geltendmachung der behaupteten Ansprüche ablehnenden Beschluss der Generalversammlung vom 24.8.2004 gebunden. Dabei kann auch keine Rede davon sein, dass die betreffenden Beschlüsse - wie der Gesellschafter Elmar K***** vermeint - „absolut nichtig" seien. Vielmehr ist aus Gründen der Rechtssicherheit auch die von einem vom Stimmrecht ausgeschlossenen Gesellschafter abgegebene Stimme grundsätzlich als gültig zu behandeln; die Nichtigkeit eines solchen Beschlusses kann nur im Anfechtungsverfahren gemäß §§ 41 ff GmbHG ausgesprochen werden (1 Ob 573/85 = SZ 58/88; Kostner/Umfahrer, GmbHG5 Rz 473). Die gegenteilige Ansicht von Koppensteiner (GmbHG2 § 39 Rz 6) steht im Widerspruch zur Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs. Außerdem vertritt auch Koppensteiner für den Fall, dass ungültige Stimmen berücksichtigt wurden und der Inhalt des gefassten Beschlusses - unabhängig von einer förmlichen Feststellung (vgl Koppensteiner aaO § 34 Rz 16 und § 39 Rz 7) - feststeht, dass diesfalls nur eine Beseitigung im Wege der Anfechtung nach §§ 41 ff GmbHG in Betracht kommt (Koppensteiner aaO § 39 Rz 7). Eine Prüfung der Nichtigkeit bzw Anfechtbarkeit des Beschlusses der Generalversammlung bloß inzidenter, etwa im Zuge eines Firmenbuchverfahrens oder im Verfahren zur Bestellung eines Notgeschäftsführers, kommt schon aus Gründen der Rechtssicherheit nicht in Betracht (vgl Koppensteiner, GmbHG² § 41 Rz 23); die Erwähnung der Nichtigerklärung mittels Beschlusses in § 44 GmbHG bezieht sich lediglich auf den mittlerweile aufgehobenen § 43 GmbHG (6 Ob 12/79 = GesRZ 1981, 110). Auf die Frage der Nichtigkeit der Stimmabgabe durch den Gesellschafter Dr. Rigobert E***** (vgl dazu Koppensteiner, GmbHG2 § 39 Rz 17) ist im vorliegenden Fall mangels Anfechtung des Beschlusses der Generalversammlung nicht einzugehen.

2.8 Da somit im vorliegenden Fall die Bestellung eines Notgeschäftsführers am Vorliegen eines die Durchsetzung der behaupteten Ansprüche ablehnenden Beschlusses der Generalversammlung scheitert, bedurfte es keines Eingehens auf die vom Rekursgericht weiters angesprochene Rechtsfrage des Vorliegens von Dringlichkeit im Sinne des § 15a GmbHG, weil auch die Bejahung der Dringlichkeit das Fehlen sonstiger Tatbestandsvoraussetzungen des § 15a GmbHG nicht zu ersetzen vermag (6 Ob 10/06y).

Damit erweist sich aber der Beschluss des Erstgerichtes als zutreffend, sodass dieser in Stattgebung des Revisionsrekurses wiederherzustellen war.

Die Entscheidung über die Kosten des Rekursverfahrens und des Revisionsrekursverfahrens fußt auf § 78 Abs 2 AußStrG. Der Gesellschafter Elmar K***** hat auf die fehlende Rekurslegitimation des Geschäftsführers hingewiesen und daher Anspruch auf Ersatz der halben Kosten der Revisionsrekursbeantwortung. Der Gesellschaft steht jeweils der Ersatz der Hälfte der Kosten der von ihr gemeinsam mit dem Geschäftsführer erstattenen Rekurs- und Revisionsrekursbeantwortung zu.

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