European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2023:0040OB00212.23I.1219.000
Rechtsgebiet: Zivilrecht
Entscheidungsart: Zurückweisung mangels erheblicher Rechtsfrage
Spruch:
Die Revision wird zurückgewiesen.
Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit 1.883,40 EUR (darin 313,90 EUR USt) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Begründung:
[1] Nachdem das Erstgericht die auf Zahlung von Maklerprovision gerichtete Klage abgewiesen hatte, gab ihr das Berufungsgericht statt, weil nach Zustandekommen eines mündlichen Vertrags über einen Liegenschaftsverkauf zwischen dem Beklagten sowie seiner Miteigentümerin als Verkäufern und dritten Käufern der Provisionsanspruch der Klägerin nach § 7 Abs 1 MaklerG entstanden und nicht nach § 7 Abs 2 MaklerG entfallen sei. Es ließ die ordentliche Revision zur Frage zu, ob das grundlose Abgehen von einem nach den essentialia negotii geschlossenen Kaufvertrag durch einen von zwei Miteigentümern der Sphäre des Maklers oder des anderen Miteigentümers zuzurechnen sei.
Rechtliche Beurteilung
[2] Die Revision ist entgegen dem – den Obersten Gerichtshof nicht bindenden (§ 508a Abs 1 ZPO) – Ausspruch des Berufungsgerichts nicht zulässig, zumal auch die Revision keine erheblichen Rechtsfragen aufzeigt. Die Zurückweisung eines ordentlichen Rechtsmittels wegen Fehlens einer erheblichen Rechtsfrage kann sich auf die Ausführung der Zurückweisungsgründe beschränken (§ 510 Abs 3 ZPO):
[3] 1.1. Zum Zustandekommen eines Kaufvertrags genügt grundsätzlich die Einigung über Kaufpreis und Kaufgegenstand. Dass Nebenpunkte nicht besprochen wurden, steht der Annahme des Zustandekommens eines Kaufvertrags nicht entgegen. Die fehlenden Punkte sind vielmehr aus dem Willen der Parteien zu erschließen oder aus dem Gesetz zu ergänzen. War allerdings eine Vereinbarung über offengebliebene – auch unwesentliche – Punkte vorbehalten, kommt der Vertrag erst zustande, wenn sich die Parteien auch darüber geeinigt haben (RS0013973).
[4] Auch beim Liegenschaftskauf ist der Kaufvertrag grundsätzlich schon dann perfekt, also für beide Vertragsteile voll verbindlich, wenn sie sich – gegebenenfalls auch bloß mündlich – über den Kaufgegenstand und Kaufpreis geeinigt haben; dem steht auch das Fehlen einer Vereinbarung darüber, wer die Nebengebühren (Kosten der Vertragserrichtung, Intabulation, Grunderwerbssteuer usw) zu bezahlen hat, nicht entgegen (RS0019951).
[5] Wie eine Erklärung im Einzelfall aufzufassen ist, ob eine Offerte inhaltlich ausreichend bestimmt ist und insbesondere, ob in ihr ein endgültiger Bindungswille zum Ausdruck kommt, ist jeweils nur nach den besonderen Umständen des Einzelfalls zu beurteilen und bildet im Allgemeinen keine erhebliche Rechtsfrage; die einzelfallbezogene Beurteilung rechtsgeschäftlicher Erklärungen rechtfertigt eine Anrufung des Obersten Gerichtshofs nur dann, wenn aus Gründen der Rechtssicherheit die Korrektur einer unhaltbaren, durch die Missachtung fundamentaler Auslegungsregeln zustande gekommenen Entscheidung geboten ist (vgl RS0042555, RS0042776 [insb T3, T6, T11, T22], RS0044358 [insb T7, T12, T31, T32] uva).
[6] 1.2. Der gegen den Provisionspflichtigen gerichtete Anspruch ist vom Grundgeschäft insoweit abhängig, als er nach § 7 Abs 2 MaklerG nicht gebührt, wenn das vermittelte Geschäft aus wichtigen, nicht vom Auftraggeber (hier also vom Beklagten) zu vertretenden Gründen nicht ausgeführt wurde (RS0063030). Der Geschäftsherr muss das vermittelte Geschäft nicht abschließen; hat er dies aber getan und unterbleibt die Ausführung, so muss er, um sich von der Provisionspflicht zu befreien, beweisen, dass die Ausführung ohne sein Verschulden infolge einer nachträglichen Änderung der Verhältnisse unmöglich oder unzumutbar geworden ist (RS0062994, RS0062829).
[7] Die Frage, ob ein wichtiger und nicht vom Auftraggeber zu vertretender Grund dafür vorlag, das Rechtsgeschäft nicht auszuführen, beziehungsweise ob er gegen Treu und Glauben verstieß, kann ebenfalls nur auf den Einzelfall bezogen beantwortet werden, sodass – von Fällen grober Fehlbeurteilung abgesehen – keine Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung im Sinne des § 502 Abs 1 ZPO vorliegt (vgl RS0118180).
[8] 2.1. Das Berufungsgericht hat den festgestellten Verlauf der Verkaufsgespräche dahin beurteilt, dass aufgrund der Bejahung der Nachfrage der klagenden Maklerin in Anwesenheit der Vertragsparteien, ob sich die Verkäufer (der Beklagte – der die klagende Maklerin alleine beauftragt hatte – und seine Miteigentümerin) und die Käufer, die alle anwesend waren, einig seien, eine Einigung über Kaufgegenstand und Kaufpreis („Liegenschaft gegen 1,25 Mio EUR“) vorliege.
[9] Dies hält sich ebenso im Rahmen der Rechtsprechung und des den Gerichten im Einzelfall zukommenden Beurteilungsspielraumes wie die Ansicht des Berufungsgerichts, die zuvor erfolgte Bekanntgabe der Interessenten, ohne juristische Beratung kein schriftliches Anbot unterfertigen zu wollen, weil dies im Hinblick auf die (möglichst immobiliensteuersparende) Formulierung des Kaufpreises zu schwierig wäre, ändere nichts daran, dass eine Punktation im Sinne des § 885 ABGB vorliege, die einen Anspruch auf Vertragserfüllung gewähre.
[10] 2.2. Die Revision hält dem bloß die gegenteilige Auslegung der Parteienerklärungen entgegen, ohne dass aus dem Sachverhalt zwingend ableitbar wäre, dass die Parteien den Vertrag unter Vorbehalt abgeschlossen hätten. Die Überlegung, dass der Verkauf von Inventar an die Immobilienertragsteuer und damit an den Verkauf der Liegenschaft „geknüpft“ wäre, legt im Lichte der Feststellungen nicht den von der Revision gewünschten (Umkehr‑)Schluss nahe, dass Letzterer unter dem Vorbehalt der Einigung über den Mitverkauf konkreter Fahrnisse gestanden wäre; die Revision beachtet insbesondere nicht die festgestellte zeitliche Reihenfolge der Äußerungen der Vertragsparteien.
[11] 3.1. Nach den Feststellungen sind beide Verkäufer – nicht nur die Miteigentümerin des Beklagten, sondern auch dieser selbst mit ihr gemeinsam – vom vermittelten Geschäft abgestanden. Ihre wahren Beweggründe hierfür (und damit auch vom Beklagten behauptete Umstände auf Seite seiner Miteigentümerin) waren gerade nicht feststellbar. Die vom Berufungsgericht aufgeworfene Rechtsfrage stellt sich daher nicht.
[12] 3.2. Die in der Revision angezogene Entscheidung 4 Ob 84/07y ist schon deshalb nicht einschlägig, weil hier zufolge des Zustandekommens des Geschäfts kein Fall des § 15 Abs 1 MaklerG vorliegt; zudem haben hier – wie schon zu 3.1. dargelegt – der Beklagte und seine Miteigentümerin als Verkäufer gleichermaßen und mit gemeinsamen Schreiben von der Ausführung des bereits zustande gekommenen Geschäfts Abstand genommen. Welchen Einfluss ein – hier zudem feststellungsfremdes – „besonderes (feindseliges) Verhältnis“ des Beklagten zu seiner Miteigentümerin auf die Beurteilung des Sachverhalts haben sollte, ist nicht nachvollziehbar.
[13] Diese Konstellation ist mit dem Sachverhalt zu 4 Ob 184/07y nicht zu vergleichen, da dort die den Makler beauftragenden Miteigentümer nicht davon ausgehen durften, dass ein weiterer Miteigentümer dem Geschäft zustimmen werde. Hier waren die Miteigentümer aber bei den Vertragsverhandlungen mit den Käufern durchgängig anwesend. Wie die Revisionsbeantwortung damit zutreffend aufzeigt, sind der Abschluss des Geschäfts und dessen Ausführung auch etwa deshalb unterblieben, weil die Miteigentümerin nicht Vertragspartnerin des Maklervertrags geworden wäre, sie sich an den Verkaufsverhandlungen nicht beteiligt oder sich zum Kaufvertrag nicht erklärt hätte.
[14] Auch die Revision zeigt hier somit keine erheblichen Rechtsfragen auf.
[15] 4. Die Kostenentscheidung stützt sich auf §§ 50, 41 ZPO. Die Klägerin hat auf die Unzulässigkeit der Revision hingewiesen.
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