OGH 8ObA77/23s

OGH8ObA77/23s13.12.2023

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten Hon.‑Prof. Dr. Kuras als Vorsitzenden sowie die Hofrätin Dr. Tarmann-Prentner, den Hofrat Dr. Thunhart und die fachkundigen Laienrichter MMag. Dr. Andreas Schlegel (aus dem Kreis der Arbeitgeber) und Anton Starecek (aus dem Kreis der Arbeitnehmer) als weitere Richter in derArbeitsrechtssache der klagenden Partei A*, vertreten durch Dr. Klaus Cavar, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei *, vertreten durch Mag. Bernhard Kispert, Rechtsanwalt in Wien, wegen 10.420,93 EUR netto und Feststellung, über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegendas Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 25. Oktober 2023, GZ 7 Ra 31/23i‑39, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2023:008OBA00077.23S.1213.000

Rechtsgebiet: Zivilrecht

Fachgebiet: Arbeitsrecht

Entscheidungsart: Zurückweisung mangels erheblicher Rechtsfrage

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

[1] 1. Sowohl die Kündigung als auch der Austritt kann auch schlüssig im Sinne des § 863 ABGB ausgesprochen werden (zur Kündigung RIS‑Justiz RS0031654, zum Austritt RS0014496). Für die Schlüssigkeit eines Verhaltens im Hinblick auf einen rechtsgeschäftlichen Willen legt § 863 ABGB aber einen strengen Maßstab an (RS0014146); es darf kein vernünftiger Grund für Zweifel daran übrig bleiben, dass der Wille vorliegt, eine Rechtsfolge in einer bestimmten Richtung herbeizuführen (RS0013947; RS0014157).

[2] 2. Ob ein Verhalten eines Arbeitnehmers überhaupt als eine auf Beendigung des Arbeitsverhältnisses gerichtete Erklärung und bejahendenfalls, ob sie als Austritts- oder als Kündigungserklärung zu qualifizieren ist, ist eine Frage des Einzelfalls, die – vom Fall einer korrekturbedürftigen Fehlbeurteilung durch die zweite Instanz abgesehen – die Zulässigkeit der Revision nicht rechtfertigen kann (9 ObA 98/00b; 9 ObA 46/05p; RS0028612 [T9] uva).

[3] 3. Der Kläger war bei der Beklagten als Zusteller beschäftigt. Nach einem Krankenstand sagte ihm die Beklagte zu, ihn vorerst nur für leichtere Touren einzusetzen. Am 28. 12. 2021 beschwerte sich der Kläger, dass ihm eine zu schwere Tour zugewiesen worden sei, woraufhin die Beklagte ihm eine leichtere Tour zuteilte, bei welcher er ein Auto von Wien nach Linz überstellen hätte müssen. Der Kläger lehnte aber auch diese Tour ab, erklärte „Diese Scheißfirma, ich kündige“ und verließ die Betriebsstätte der Beklagten.

[4] 4. Die Beurteilung der Vorinstanzen, wonach die Erklärung des Klägers im Zusammenhang mit dem Verlassen der Betriebsstätte als Austrittserklärung zu verstehen gewesen sei, ist jedenfalls vertretbar. Da eine Austrittserklärung nur sofort oder mit Zustimmung des Dienstgebers widerrufen werden kann, ist auch nicht mehr relevant, dass der Kläger der Beklagten nach dem Verlassen der Betriebsstätte eine Krankmeldung übermittelte (RS0028711 [T4]).

Stichworte