OGH 15Os78/23v

OGH15Os78/23v4.10.2023

Der Oberste Gerichtshof hat am 4. Oktober 2023 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Mag. Lendl als Vorsitzenden, die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Michel‑Kwapinski, Dr. Mann und Dr. Sadoghi und den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Mag. Riffel in Gegenwart der Schriftführerin RiAA Mag. Maringer in der Straf‑ und Medienrechtssache der Privatanklägerin und Antragstellerin * N* gegen den Angeklagten und Antragsgegner * E* wegen des Vergehens der üblen Nachrede nach § 111 Abs 1 und Abs 2 StGB sowie wegen § 6 Abs 1 MedienG, AZ 52 Hv 8/22a des Landesgerichts Wiener Neustadt, über den Antrag des E* auf Erneuerung des Verfahrens gemäß § 363a StPO nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2023:0150OS00078.23V.1004.000

Rechtsgebiet: Strafrecht

Fachgebiet: Medienrecht

 

Spruch:

Der Antrag wird zurückgewiesen.

 

Gründe:

[1] In der Straf‑ und Medienrechtssache der Privatanklägerin und Antragstellerin * N* gegen den Angeklagten und Antragsgegner * E* erkannte das Landesgericht Wiener Neustadt mit Urteil vom 27. Juni 2022, GZ 52 Hv 8/22a‑19, den Angeklagten des Vergehens der üblen Nachrede nach § 111 Abs 1 und Abs 2 StGB schuldig. Weiters sah es den Tatbestand nach § 6 Abs 1 MedienG erfüllt, verpflichtete den Genannten als Medieninhaber eines Facebook‑Accounts nach §§ 6 Abs 1, 8 Abs 1 MedienG zur Bezahlung einer Entschädigung an die Antragstellerin für die erlittene persönliche Beeinträchtigung und verpflichtete ihn überdies gemäß § 34 Abs 1 und Abs 5 MedienG zu einer Urteilsveröffentlichung.

[2] Der von E* erhobenen Berufung gab das Oberlandesgericht Wien mit Urteil vom 2. Februar 2023 dahin Folge, dass es die vom Erstgericht verhängte Geldstrafe gemäß § 43a Abs 1 StGB unter Setzung einer Probezeit bedingt nachsah; im Übrigen gab es der Berufung nicht Folge (AZ 18 Bs 237/22t). Die Rechtsmittelentscheidung wurde am 24. Februar 2023 zugestellt.

Rechtliche Beurteilung

[3] Gegen diese Urteile richtet sich der am 30. Juni 2023 beim Obersten Gerichtshof eingebrachte, nicht auf ein Erkenntnis des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) gestützte Antrag des E* auf Erneuerung des Verfahrens gemäß § 363a StPO. Dieser erweist sich als verspätet.

[4] Für Erneuerungsanträge, die sich nicht auf ein Urteil des EGMR stützen (vgl dazu RIS‑Justiz RS0122228), gelten die gegenüber diesem normierten Zulässigkeitsvoraussetzungen (Art 34 und 35 MRK) sinngemäß (RIS‑Justiz RS0122737, RS0128394). Demgemäß kann der Oberste Gerichtshof mit einer Angelegenheit (nach Erschöpfung des innerstaatlichen Instanzenzugs) nur innerhalb der in Art 35 Abs 1 MRK normierten Frist nach der endgültigen innerstaatlichen Entscheidung befasst werden. Diese Frist wurde durch den am 1. Februar 2022 in Kraft getretenen (vgl Art 8 Abs 3 iVm Art 7 15. ZPMRK; BGBl III 2021/68) Art 4 des 15. ZPMRK (von sechs) auf vier Monate herabgesetzt.

[5] Der Erneuerungsantrag ist somit verspätet und war bereits bei der nichtöffentlichen Beratung zurückzuweisen (§ 363b Abs 2 Z 2 StPO).

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