OGH 7Ob147/23b

OGH7Ob147/23b27.9.2023

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch die Senatspräsidentin Dr. Solé als Vorsitzende und die Hofrätinnen unddie Hofräte Mag. Dr. Wurdinger, Mag. Malesich, Dr. Weber und Mag. Fitz als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei K* F*, vertreten durch Mag. Alexander Tupy, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei E* Limited, *, vertreten durch Mag. Marcus Marakovics, Rechtsanwalt in Wien, wegen 57.415,59 EUR sA, über die außerordentliche Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 25. Juli 2023, GZ 16 R 161/23y-15, den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2023:0070OB00147.23B.0927.000

Rechtsgebiet: Zivilrecht

Entscheidungsart: Zurückweisung mangels erheblicher Rechtsfrage

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

 

Begründung:

[1] Die Beklagte hat ihren Sitz in Malta. Sie verfügt über keine nationale Glücksspiellizenz in Österreich, bietet aber hier auf einer von ihr betriebenen Website Online‑Glücksspiele an. Die Klägerin beteiligte sich daran und erlitt im Zeitraum April 2017 bis Juli 2022 Verluste in Höhe des Klagebetrags.

[2] Die Vorinstanzen gaben der von der Klägerin auf die Unwirksamkeit der Glücksspielverträge gestützten Klage auf Rückersatz statt.

Rechtliche Beurteilung

[3] Die Revision ist mangels Vorliegens einer erheblichen Rechtsfrage im Sinn von § 502 Abs 1 ZPO unzulässig:

[4] 1. Die behauptete Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens wurde geprüft, sie liegt nicht vor (§ 510 Abs 3 ZPO).

[5] 2. Nach der ständigen Rechtsprechung steht § 1174 Abs 1 Satz 1 ABGB einem (bereicherungsrechtlichen) Rückforderungsanspruch hinsichtlich der Spieleinsätze für ein (verbotenes) Online-Glücksspiel nicht entgegen, weil die entsprechenden Einsätze nicht gegeben werden, um das verbotene Spiel zu bewirken, sondern um am Spiel teilzunehmen (RS0016325 [T15, T16]). Damit ist § 1174 Abs 1 Satz 1 ABGB schon seinem Wortlaut nach nicht anwendbar. Darauf, ob der Spieler durch die Teilnahme am verbotenen Spiel (selbst) einen Verwaltungsstraftatbestand verwirklicht (hier § 52 Abs 5 GSpG), kommt es daher nicht an (jüngst etwa 5 Ob 85/23w mwN). Diese Rechtsauffassung entspricht im Übrigen dem wesentlichen Verbotszweck, nämlich Vermögensnachteile durch verbotene Spiele zu verhindern (1 Ob 182/22d). Gegenteiliges kann – entgegen den Ausführungen in der Revision – auch aus der Entscheidung 5 Ob 506/96 nicht abgeleitet werden (vgl etwa 2 Ob 171/22v; 7 Ob 111/23h).

[6] 3. Der Oberste Gerichtshof geht in ständiger Judikatur davon aus, dass das im GSpG normierte Monopol- bzw Konzessionssystem bei Würdigung sämtlicher damit verbundener Auswirkungen (insbesondere der Werbemaßnahmen der Konzessionäre) auf dem Glücksspielmarkt allen vom Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) aufgezeigten Vorgaben des Unionsrechts entspricht (RS0130636 [T7]; zuletzt 10 Ob 10/23b). Die Beurteilung des Berufungsgerichts entspricht dieser Rechtsprechung.

[7] 4. Zu den Voraussetzungen der unionsrechtlichen Zulässigkeit eines Glücksspielmonopols sowie der dadurch bewirkten Beschränkung der Dienstleistungsfreiheit liegt bereits umfangreiche Rechtsprechung des EuGH vor (vgl die Hinweise in 5 Ob 30/21d). Aus der Entscheidung des EuGH C-920/19 , Fluctus, ergibt sich bloß, dass eine gegen Art 56 AEUV verstoßende Bestimmung des nationalen Rechts auch dann nicht angewendet werden dürfe, wenn ein „höheres“ nationales Gericht diese als mit dem Unionsrecht vereinbar ansah, dessen Erwägungen aber offensichtlich nicht dem Unionsrecht entsprachen. Dass und bei welcher nationalen Norm dies hier der Fall gewesen wäre, vermag die Revisionswerberin nicht aufzuzeigen, sodass kein Anlass besteht, das von der Beklagten angeregte Vorabentscheidungsersuchen zu stellen (7 Ob 111/23h; 10 Ob 10/23b).

[8] 5. Dieser Beschluss bedarf keiner weiteren Begründung (§ 510 Abs 3 ZPO).

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