OGH 7Ob150/23v

OGH7Ob150/23v27.9.2023

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch die Senatspräsidentin Dr. Solé als Vorsitzende und die Hofrätinnen und Hofräte Mag. Dr. Wurdinger, Mag. Malesich, Dr. Weber und Mag. Fitz als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei O* GmbH, *, vertreten durch die Saxinger, Chalupsky & Partner Rechtsanwälte GmbH in Linz, gegen die beklagte Partei K* eGen, *, vertreten durch die Niederhuber & Partner Rechtsanwälte GmbH in Wien, wegen 32.719,20 EUR sA, über die außerordentliche Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Linz als Berufungsgericht vom 26. Juni 2023, GZ 12 R 11/23h‑25, den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2023:0070OB00150.23V.0927.000

Rechtsgebiet: Zivilrecht

Entscheidungsart: Zurückweisung mangels erheblicher Rechtsfrage

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

[1] 1. Die Beurteilung des Berufungsgerichts, die Beklagte habe kein erstinstanzliches Vorbringen erstattet, dass die Klägerin zum Ende des 3. Quartals 2022 mit 0,5 GWh bereits mehr als die jährlich vereinbarte Liefermenge von 0,45 GWh verbraucht gehabt habe und damit der Strompreis teurer geworden wäre, ist zutreffend. Wenn die Revisionswerberin auf eine Urkunde und die Aussage ihres Geschäftsführers Bezug nimmt, ist dies schon deshalb nicht zielführend, weil diese Beweismittel unterlassene Prozessbehauptungen nicht ersetzen können (RS0017844 [T2, T3]; RS0073915 [T1, T2]; RS0038037 [T5, T8, T26]).

[2] 2. Die Ausführungen in der Revision zu einem „beachtlichen Kalkulationsirrtum“ sind unbeachtliche Neuerungen (§ 504 Abs 2 ZPO), erstattete die Beklagte doch dazu erstinstanzlich kein Vorbringen.

[3] 3.1. Das beklagte Energieversorgungsunternehmen begründet die vorzeitige Vertragsauflösung zum 30. 9. 2022 des mit der klagenden Kundin abgeschlossenen Stromlieferungsvertrags mit einem zeitlich befristeten Fixpreis damit, dass ihr die Einhaltung des Vertrags wirtschaftlich unzumutbar gewesen wäre.

[4] Nach den Feststellungen drohte zu keiner Zeit die Insolvenz der Beklagten und die Einhaltung des Stromlieferungsvertrags mit der Klägerin wäre für sie mit einem finanziellen Risiko in der Höhe von 5.000 EUR bis 10.000 EUR verbunden gewesen. Zudem verfügte die Beklagte über sieben Wasserkraftwerke für die Stromerzeugung.

[5] Die Beurteilung der Vorinstanzen, dass unter diesen Prämissen eine erhebliche Existenzverschlechterung der Beklagten bei Einhaltung des Stromliefervertrags nicht angenommen werden könne, wodurch ihre außerordentliche Kündigung des Stromliefervertrags aus wichtigem Grund unberechtigt sei, ist jedenfalls vertretbar.

[6] 3.2. Dieser Beurteilung hält die Beklagte nur Argumente entgegen (ihre „wesentliche Existenzverschlechterung“; sie wäre bei Festhalten am Vertrag „in die Insolvenz getrieben worden“; etc), die nicht vom festgestellten Sachverhalt ausgehen. Die Rechtsrüge ist daher insofern nicht gesetzmäßig ausgeführt (RS0043603).

[7] Der sich auf die Unmöglichkeit – hier: auf die damit gleichzusetzende Unerschwinglichkeit (vgl etwa 8 Ob 86/06i mwN; RS0034088) – Berufende hat diese zu behaupten und zu beweisen, weshalb Zweifel darüber zu seinen Lasten gehen (RS0034223; RS0034226). Dieser Beweis ist der Revisionswerberin – wovon die Vorinstanzen ohne Fehlbeurteilung ausgingen – nicht gelungen.

[8] 4. Da für eine vorzeitige Vertragsauflösung kein wichtiger Grund vorliegt, braucht auf die weitere Begründung der Vorinstanzen, dass der außerordentlichen Kündigung der Beklagten wegen Unerschwinglichkeit bereits ihre ausdrückliche vertragliche Übernahme des Preisrisikos für steigende Großhandelspreise im Jahr 2022 entgegenstehe, nicht mehr eingegangen werden.

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