European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2023:0110OS00069.23S.0829.000
Rechtsgebiet: Strafrecht
Fachgebiet: Suchtgiftdelikte
Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.
Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Graz zugeleitet.
Dem Angeklagten fallen die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Gründe:
[1] Mit dem angefochtenen Urteil wurde *R* im zweiten Rechtsgang (vgl zum ersten 11 Os 120/22i) jeweils eines Verbrechens des Suchtgifthandels nach § 28a Abs 1 erster Fall, Abs 2 Z 3 SMG (I 1) und nach § 28a Abs 1 fünfter Fall SMG (I 2) sowie mehrerer Vergehen des unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften nach § 27 Abs 1 zweiter Fall, Abs 2 SMG (I 4) schuldig erkannt.
[2] Danach hat er – soweit für die Erledigung der Nichtigkeitsbeschwerde von Bedeutung –
(I 1) in S* und andernorts vorschriftswidrig Suchtgift in einer das Fünfzehnfache der Grenzmenge (§ 28b SMG) übersteigenden Menge erzeugt, indem er vom Jahr 2010 bis zum Jänner 2022 zahlreiche Cannabispflanzen zur Blüte brachte, erntete und daraus zumindest 5.980 Gramm Cannabiskraut (enthaltend 46,31 Gramm Delta-9-THC und 607,11 Gramm THCA) gewann, wobei sein Vorsatz auf eine Tatbildverwirklichung in Teilmengen gerichtet war und auch die kontinuierliche Tatbegehung über eine längere Zeit sowie den daran geknüpften Additionseffekt mitumfasste.
Rechtliche Beurteilung
[3] Dagegen wendet sich die auf § 281 Abs 1 Z 5 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten, die (deutlich und bestimmt) den Schuldspruch zu I 1 anficht.
[4] Das Schöffengericht ging mit hinreichender Deutlichkeit davon aus, das gesamte tatverfangene Cannabiskraut habe 9,68 % an Delta-9-THC und THCA, davon – im Verhältnis dieser beiden Wirkstoffe zueinander – 8 % Delta-9-THC und 92 % THCA enthalten (US 5).
[5] Auf dieser Grundlage hätten die nach den Feststellungen erzeugten 5.980 Gramm Cannabiskraut (US 4) 578,86 Gramm beider Wirkstoffe, davon 46,31 Gramm Delta‑9‑THC (so auch US 5) und 532,55 Gramm THCA, beinhaltet. Diese Mengen entsprechen rechtlich gesehen dem 2,32-Fachen der für Delta-9-THC und dem 13,31-Fachen der für THCA festgelegten Grenzmenge, übersteigen also – den Schuldspruch nach § 28a Abs 2 Z 3 SMG jedenfalls tragend – insgesamt deren Fünfzehnfaches.
[6] Mit der Kritik, es sei nicht nachvollziehbar, weshalb das Gericht eine größere tatverfangene Menge an THCA (von 607,11 Gramm) festgestellt hat (US 4, vgl US 5 f) als jene, die sich auf der Basis der im Urteil angeführten Sachverhaltsprämissen (immerhin) errechnet, bezieht sich die Beschwerde demnach auf keinen entscheidenden, nämlich für die Schuld- oder die Subsumtionsfrage bedeutsamen (RIS‑Justiz RS0106268), Aspekt.
[7] Auch die weitere Rüge bekämpft die Feststellungen zur tatverfangenen Suchtgiftquantität. Die Konstatierungen zu der im Rahmen einer tatbestandlichen Handlungseinheit (dazu RIS‑Justiz RS0122006, im gegebenen Zusammenhang RS0131856 [T4]) erzeugten Menge an Cannabiskraut, enthaltend die Wirkstoffe Delta-9-THC und THCA im Verhältnis 8 : 92 (US 3 f und 5), stellt sie dabei nicht infrage. Vielmehr strebt sie (nur) eine Reduktion des vom Erstgericht (für das gesamte erzeugte Cannabiskraut) angenommenen „Reinheitsgehalts“ an beiden Wirkstoffen von 9,68 % (US 5) auf 4 % an.
[8] Dies hätte – wie die Rüge an sich zutreffend argumentiert – (ceteris paribus) den Wegfall der vom Schöffengericht als begründet erachteten Qualifikation nach § 28a Abs 2 Z 3 SMG zur Folge. Insofern sei erwidert:
[9] Das Schöffengericht leitete die angesprochene Sachverhaltsprämisse aus einem – von ihm als schlüssig und nachvollziehbar erachteten – Sachverständigengutachten ab, dem zufolge (wovon das Gericht ersichtlich ausging: beim Beschwerdeführer) sichergestelltes Cannabiskraut einen „Reinheitsgehalt von 9,68 %“ aufweise (US 6 iVm US 7). Da „im Großraum G*“ ein „Reinheitsgehalt von 10 %“ gerichtsnotorisch sei, bestehe auch deshalb kein Grund zur Annahme, jener des (nicht sichergestellten) tatverfangenen Cannabiskrauts wäre geringer gewesen (US 7).
[10] Entgegen der Beschwerdeauffassung widerspricht der von den Tatrichtern gezogene Wahrscheinlichkeitsschluss (zur Zulässigkeit RIS‑Justiz RS0098362) vom Wirkstoffgehalt des sichergestellten Cannabiskrauts auf jenen des vom Beschwerdeführer (über mehr als zehn Jahre hinweg) erzeugten – bei gebotener Bedachtnahme auf die Gesamtheit der Entscheidungsgründe (RIS‑Justiz RS0119370) – weder Gesetzen der Logik noch grundlegenden Erfahrungswerten. Unter dem Aspekt der Begründungstauglichkeit (Z 5 vierter Fall) ist er somit nicht zu beanstanden (zum diesbezüglichen Anfechtungskalkül siehe RIS‑Justiz RS0118317).
[11] In der im Urteil erwähnten Gerichtsnotorietät wiederum erblickte das Erstgericht – erkennbar – keine notwendige Bedingung für seine Feststellung des Wirkstoffgehalts mit 9,68 % (vgl Ratz, WK-StPO § 281 Rz 410). Dass die Tatrichter nicht anderen Beweismitteln schon für sich allein volle Überzeugungskraft zugebilligt, die Gerichtsnotorietät also nicht bloß illustrativ erwähnt (vgl RIS‑Justiz RS0113209) hätten, bringt die Beschwerde nicht vor (zum Erfordernis RIS‑Justiz RS0113210). Der Einwand offenbar unzureichender Begründung (Z 5 vierter Fall), weil der Beschwerdeführer von dieser (ihm unbekannten) Gerichtsnotorietät im Tatsachenbereich überrascht worden sei (dazu RIS‑Justiz RS0119094 [insbesondere T4]), geht daher vorliegend ins Leere.
[12] Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bereits bei der nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO).
[13] Die Entscheidung über die Berufung kommt dem Oberlandesgericht zu (§ 285i StPO).
[14] Die Kostenentscheidung beruht auf § 390a Abs 1 StPO.
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