OGH 12Os39/23m

OGH12Os39/23m27.7.2023

Der Oberste Gerichtshof hat am 27. Juli 2023 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Solé als Vorsitzenden sowie die Hofräte und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Hon.‑Prof. Dr. Oshidari, Dr. Brenner, Dr. Haslwanter LL.M. und Dr. Sadoghi in Gegenwart des Schriftführers Rechtspraktikant Obergruber LL.M. in der Strafsache gegen * E* wegen des Verbrechens der Körperverletzung mit schweren Dauerfolgen nach § 85 Abs 2 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichts Innsbruck als Schöffengericht vom 24. November 2022, GZ 22 Hv 76/22h‑34, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2023:0120OS00039.23M.0727.000

Rechtsgebiet: Strafrecht

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Innsbruck zugeleitet.

Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

 

Gründe:

[1] Mit dem angefochtenen Urteil wurde * E* des Verbrechens der Körperverletzung mit schweren Dauerfolgen nach § 85 Abs 2 StGB schuldig erkannt.

[2] Danach hat er am 20. November 2021 in I* * K* am Körper verletzt, indem er diesem drei wuchtige Schläge gegen die rechte Gesichtshälfte, den ersten davon mit einem Weinglas, versetzte, wobei das Glas zerbrach, und dadurch beim Verletzten, wenn auch nur fahrlässig, eine schwere Verletzung (§ 85 Abs 1 Z 1 StGB) in Form einer Schnittverletzung im Bereich des rechten Auges und einer Perforation der Hornhaut des rechten Augenapfels sowie damit verbunden für immer eine schwere Schädigung des Sehvermögens, nämlich eine Reduktion der Sehkraft (des Visus) des rechten Auges auf 30 %, herbeigeführt.

Rechtliche Beurteilung

[3] Die dagegen aus Z 10 und 11 des § 281 Abs 1 StPO ergriffene Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten schlägt fehl.

[4] Die Subsumtionsrüge (Z 10) vermisst Konstatierungen zur (objektiven und subjektiven) Vorhersehbarkeit der schweren Dauerfolge (hier: 70%iger Verlust der Sehkraft eines Auges). Dabei übersieht sie zunächst, dass die objektive Vorhersehbarkeit als Teil der objektiven Sorgfaltswidrigkeit kein Gegenstand von Tatsachenfeststellungen ist (insoweit auch RIS‑Justiz RS0089253 [T5, T10]). In subjektiver Hinsicht vernachlässigt sie prozessordnungswidrig (vgl RIS‑Justiz RS0099810) die Konstatierungen, wonach der Angeklagte bei seiner körperlichen Attacke gegen das Opfer die Möglichkeit einer schweren Schädigung des Sehvermögens erkennen hätte können (vgl US 4).

[5] Entgegen der Sanktionsrüge (Z 11) sind die Tatrichter – trotz eines offensichtlichen Schreibfehlers („§ 43 Abs 3 StGB“) – unmissverständlich vom Vorliegen der Voraussetzung teilweiser bedingter Strafnachsicht nach § 43a Abs 3 StGB ausgegangen (vgl US 2, 12). Mit der Kritik am Fehlen einer Begründung für die Ablehnung (vollständig) bedingter Strafnachsicht wird im Übrigen Nichtigkeit aus Z 11 (dritter Fall) nicht aufgezeigt (vgl RIS‑Justiz RS0117723; Hinterhofer/Oshidari, Strafverfahren Rz 9.236).

[6] Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher – in Übereinstimmung mit der Stellungnahme der Generalprokuratur – bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO). Daraus folgt die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufung (§ 285i StPO).

[7] Die Kostenentscheidung gründet auf § 390a Abs 1 StPO.

Stichworte