European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2023:0130OS00040.23S.0628.000
Rechtsgebiet: Strafrecht
Fachgebiet: Sexualdelikte
Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.
Zur Entscheidung über die Berufungen werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.
Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Gründe:
[1] Mit dem angefochtenen Urteil wurde D* P* des Vergehens der fortgesetzten Gewaltausübung nach § 107b Abs 1 StGB (A) und des Verbrechens der Vergewaltigung nach §§ 15, 201 Abs 1 StGB (B) schuldig erkannt.
[2] Danach hat er in T*
(A) vom Juli 2020 bis zum 13. März 2022 gegen A* P* eine längere Zeit hindurch fortgesetzt Gewalt ausgeübt, indem er die Genannte jeweils auf im Urteil beschriebene Weise durchschnittlich einmal pro Monat
(1) vorsätzlich am Körper teils misshandelte (§ 83 Abs 2 StGB), teils verletzte (§ 83 Abs 1 StGB), ferner
(2) zumindest mit Verletzungen am Körper gefährlich bedrohte (§ 107 Abs 1 StGB) und sie
(3) am 13. März 2022 mit Gewalt zu einer Unterlassung, nämlich zur Abstandnahme von einem Polizeinotruf, nötigte sowie
(B) am 13. März 2022 seine Ehefrau A* P* mit Gewalt zur Duldung des Beischlafs zu nötigen versucht, indem er ihre Beine auseinanderzwängte, sie in eine Couch drückte, sich auf sie legte, in ihre Lippe biss und ihr Schläge versetzte, wobei die Tatvollendung aufgrund ihrer heftigen Gegenwehr unterblieb.
Rechtliche Beurteilung
[3] Dagegen wendet sich die auf § 281 Abs 1 Z 5, 9 lit a und lit b sowie 10 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten.
[4] Die gegen den Schuldspruch B gerichtete Mängelrüge reklamiert unterbliebene Erörterung (Z 5 zweiter Fall) einer angeblichen „Aussage“ der Zeugin * K*, das Opfer habe ihr „nicht konkret gesagt,“ dass es „zur Erzwingung des Geschlechtsverkehrs durch den Angeklagten kam“.
[5] Abgesehen davon, dass sie weder das relevierte Beweismittel (siehe aber RIS-Justiz RS0116504) noch die zum bekämpften Schuldspruch angestellten Urteilserwägungen (US 7 bis 11) in ihrer Gesamtheit in den Blick nimmt (siehe aber RIS-Justiz RS0119370), hat das Erstgericht ohnedies festgestellt, dass der Beschwerdeführer sein Vorhaben, den Geschlechtsverkehr zu vollziehen, nicht umzusetzen vermochte (US 5). Dem aber stünde eine Aussage des angeführten Inhalts jedenfalls nicht erörterungsbedürftig entgegen.
[6] Indem das Vorbringen der Rechtsrüge (Z 9 lit a) Konstatierungen
- zur Intensität der Misshandlung am Körper und zum diesbezüglichen Vorsatz (Schuldspruch A) sowie
- zu einer nach § 201 Abs 1 StGB tatbestandsmäßigen Ausführungshandlung und zum Vorsatz (Schuldspruch B) des Beschwerdeführers
vermisst, setzt sie sich prozessordnungswidrig (RIS-Justiz RS0099810) über die genau dazu getroffenen Urteilsfeststellungen (US 4, 5 f und 6 f) hinweg.
[7] Entsprechendes gilt für das Vorbringen der Subsumtionsrüge (Z 10), das mit dem Einwand, die vom Schuldspruch B umfasste Tat sei (lediglich) „als leichte Körperverletzung iSd § 83 StGB zu beurteilen“, nicht an der konstatierten Willensausrichtung (§ 201 Abs 1 StGB) festhält, von der das betreffende Täterverhalten getragen war (US 7).
[8] Die weitere Rechtsrüge (Z 9 lit b) wiederum legt nicht aus dem Gesetz abgeleitet dar (siehe aber RIS-Justiz RS0116565), weshalb auf der Basis des Urteilssachverhalts, wonach der Beschwerdeführer „[a]ufgrund der heftigen Gegenwehr“ des Opfers „letztlich sein Vorhaben den Geschlechtsverkehr zu vollziehen aufgeben“ „musste“ (US 5), kein fehlgeschlagener Versuch (zum Begriff Bauer/Plöchl in WK2 StGB §§ 15, 16 Rz 158) anzunehmen sein sollte, der strafbefreienden Rücktritt (§ 16 Abs 1 StGB) von vornherein ausschließt (dazu RIS-Justiz RS0090229).
[9] Der (durch das von der Beschwerde bezeichnete Personalblatt ON 9.3 insoweit allein dokumentierte) bloße Umstand, dass der Beschwerdeführer rumänischer Staatsangehöriger ist, indiziert keinen Sachverhalt, der die Annahme eines Rechtsirrtums (§ 9 Abs 1 StGB) in Bezug auf die Strafbarkeit von „Vergewaltigungen in der Ehe“ (Schuldspruch B) trüge. Mit – abseits des in der Hauptverhandlung Vorgekommenen (§ 258 Abs 1 erster Satz StPO) – von der Rüge (Z 9 lit b) darüber hinaus entwickelten Spekulationen wird ein diesbezüglicher Feststellungsmangel nicht behauptet (RIS-Justiz RS0118580 und Ratz, WK-StPO § 281 Rz 600 f).
[10] Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher gemäß § 285d Abs 1 StPO bereits bei der nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen.
[11] Die Entscheidung über die Berufungen kommt dem Oberlandesgericht zu (§ 285i StPO).
[12] Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 390a Abs 1 StPO.
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)