OGH 5Ob61/23s

OGH5Ob61/23s25.5.2023

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Jensik als Vorsitzenden sowie die Hofräte Mag. Wurzer und Mag. Painsi, die Hofrätin Dr. Weixelbraun‑Mohr und den Hofrat Dr. Steger als weitere Richter in der Grundbuchsache der Antragsteller 1. B* GmbH, *, 2. A* Gesellschaft m.b.H., *, beide vertreten durch Dr. Alexander Scheitz, Rechtsanwalt in Wien, wegen Grundbuchshandlungen ob der EZ *, über den außerordentlichen Revisionsrekurs der Erstantragstellerin gegen den Beschluss des Landesgerichts Wiener Neustadt als Rekursgericht vom 7. März 2023, AZ 17 R 17/23f, den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2023:0050OB00061.23S.0525.000

Rechtsgebiet: Zivilrecht

Fachgebiet: Grundbuchsrecht

Entscheidungsart: Zurückweisung mangels erheblicher Rechtsfrage

 

Spruch:

Der außerordentliche Revisionsrekurs wird mangels der Voraussetzungen des § 126 Abs 2 GBG iVm § 62 Abs 1 AußStrG zurückgewiesen.

 

Begründung:

[1] Gegenstand des Revisionsrekursverfahrens ist nur mehr der Antrag auf Einverleibung des Bestandrechts zugunsten der Erstantragstellerin ob der Liegenschaft der Zweitantragstellerin sowie Einräumung des Vorrangs gegenüber einem eingetragenen Pfandrecht, den die Antragstellerinnen auf eine Aufsandungserklärung, Vorrangeinräumungserklärung und eine Baulandbestätigung stützen.

[2] Das Erstgericht wies diesen Antrag ab.

[3] Das Rekursgericht bestätigte diese Entscheidung, bewertete den Entscheidungsgegenstand mit 30.000 EUR übersteigend und ließ den Revisionsrekurs nicht zu.

Rechtliche Beurteilung

[4] Der außerordentliche Revisionsrekurs der Erstantragstellerin zeigt keine erhebliche Rechtsfrage auf.

[5] 1. Das Bestandrecht kann im Grundbuch eingetragen werden (§ 9 GBG, § 1095 ABGB). Der Eintragung des Bestandrechts kommt keine allgemein dingliche Wirkung gegenüber dritten Personen zu (RIS‑Justiz RS0020428). Die Wirkung der Eintragung des Bestandrechts beschränkt sich im Wesentlichen auf die in § 1120 ABGB vorgesehenen Rechtswirkungen. Sie beseitigt also insbesondere das Kündigungsrecht des Erwerbers der Liegenschaft nach § 1120 ABGB (RS0020428 [T1, T2]). Nach ständiger Rechtsprechung des Fachsenats (RS0122463 [T2]; 5 Ob 167/21a) muss aber dessen ungeachtet das Gesuch auf Eintragung eines Bestandvertrags nach den Erfordernissen der §§ 26 ff GBG nach § 94 Abs 1 GBG geprüft werden und insbesondere § 32 GBG genügen.

[6] 2. Der Fachsenat sprach bereits mehrfach aus (5 Ob 146/15d; 5 Ob 167/21a; vgl auch 5 Ob 212/19s), dass Voraussetzung für die Verbücherung eines Bestandrechts nicht nur die Zustimmung (also die Aufsandungserklärung) des Bestandgebers und Eigentümers ist, sondern auch, dass in der (die Eintragungsgrundlage bildenden) Vertragsurkunde die wesentlichen Vertragspunkte festgelegt sein müssen, so insbesondere die Höhe des Bestandzinses und der Bestandgegenstand. Aus dem Verbot der Einverleibung von Bestandverträgen auf unbestimmte Zeit (vgl 5 Ob 212/19s mwN) folgt, dass sich aus der Vertragsurkunde auch die vereinbarte Bestanddauer oder die entsprechenden Modifikationen des ordentlichen Kündigungsrechts ergeben müssen (5 Ob 167/21a mwN).

[7] 3. An diesen durch höchstgerichtliche Rechtsprechung vorgegebenen Grundsätzen hat sich das Rekursgericht orientiert. Der behauptete Widerspruch zu den Entscheidungen 6 Ob 73/19g, 9 Ob 21/20h und 4 Ob 134/18m ist nicht zu erkennen. All diese – jeweils im streitigen Verfahren ergangenen – Entscheidungen erläutern, dass ein Mietvertrag als Konsensualvertrag mit der Willenseinigung darüber zustande kommt, dass ein bestimmter (oder bestimmbarer) Mietgegenstand gegen einen bestimmten (oder bestimmbaren) Mietzins auf eine bestimmte (bestimmbare) Zeit oder mit unbestimmtem Endtermin zum Gebrauch überlassen werden soll und das Entgelt nicht ziffernmäßig festgelegt sein muss. Die Frage, ob ein Konsensualvertrag wegen ausreichender Bestimmbarkeit der jeweiligen Leistungen zustande gekommen ist oder nicht, hat aber nichts mit der Beurteilung der Voraussetzungen für eine Grundbuchseintragung aufgrund eines solchen Vertrags nach dem GBG zu tun. Die im Streitverfahren ergangenen Entscheidungen hatten sich mit den Voraussetzungen für die Eintragung eines Bestandrechts im Grundbuch folgerichtig gar nicht zu befassen, sodass eine Abweichung von dieser Judikatur nicht vorliegt.

[8] 4. Damit war der außerordentliche Revisionsrekurs zurückzuweisen, ohne dass dies einer weiteren Begründung bedürfte (§ 71 Abs 3 AußStrG).

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