OGH 10ObS29/23x

OGH10ObS29/23x25.4.2023

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Hofrat Mag. Ziegelbauer als Vorsitzenden, die Hofrätin Dr. Faber und den Hofrat Dr. Annerl sowie die fachkundigen Laienrichter Mag. Dr. Werner Hallas (aus dem Kreis der Arbeitgeber) und Mag. Maria Buhr (aus dem Kreis der Arbeitnehmer) als weitere Richter in der Sozialrechtssache der klagenden Partei H*, vertreten durch die Dr. Borns Rechtsanwalts GmbH & Co KG in Gänserndorf, gegen die beklagte Partei Pensionsversicherungsanstalt, 1021 Wien, Friedrich-Hillegeist-Straße 1, wegen Pflegegeld, über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 21. Februar 2023, GZ 9 Rs 74/22 a‑98, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2023:010OBS00029.23X.0425.000

Rechtsgebiet: Zivilrecht

Fachgebiet: Sozialrecht

Entscheidungsart: Zurückweisung mangels erheblicher Rechtsfrage

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

 

Begründung:

[1] Die Vorinstanzen wiesen das auf Gewährung von Pflegegeld (zumindest der Stufe 3) im gesetzlichen Ausmaß gerichtete Klagebegehren ab. Das Berufungsgericht verneinte (ua) die in der Berufung vom Kläger behaupteten Mängel des Verfahrens erster Instanz (Stoffsammlungsmängel) und ließ die ordentliche Revision nicht zu.

Rechtliche Beurteilung

[2] In seiner außerordentlichen Revision zeigt der Kläger keine Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung im Sinne des § 502 Abs 1 ZPO auf.

[3] 1. Der Kläger macht in seinem Rechtsmittel ausschließlich die vom Berufungsgericht verneinte Mangelhaftigkeit des erstinstanzlichen Verfahrens geltend. Dabei ist er sich der ständigen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs bewusst, nach der ein vom Berufungsgericht verneinter Verfahrensmangel – auch in Sozialrechtssachen (RIS‑Justiz RS0043061) – nicht in der Revision geltend gemacht werden kann (RS0042963; RS0043919; RS0106371). Er schließt sich jedoch der in der Literatur daran zum Teil geäußerten Kritik unter Hinweis auf den im sozialgerichtlichen Verfahren geltenden Untersuchungsgrundsatz an.

[4] 2. An dieser Rechtsprechung hat der Oberste Gerichtshof allerdings in Kenntnis der dazu in der Literatur geführten Diskussion in jüngerer Zeit mehrfach ausdrücklich festgehalten (6 Ob 65/22k; 3 Ob 208/21s) und zwar insbesondere auch im sozialgerichtlichen Verfahren (10 ObS 150/21p; 10 ObS 59/21f). Soweit sich der Kläger auf den Untersuchungsgrundsatz beruft, ist darauf zu verweisen, dass der Grundsatz der materiellen Wahrheitsforschung im Sozialrechtsverfahren nicht anzuwenden ist. § 87 Abs 1 ASGG ordnet vielmehr nur die amtswegige Beweisaufnahme an, das Verfahren ist aber im Übrigen nicht durch den Amtswegigkeitsgrundsatz beherrscht (10 ObS 2115/96v; RS0103347; Neumayr in ZellKomm3 § 87 ASGG Rz 5 mwH). Weitere, vom Obersten Gerichtshof noch nicht berücksichtigte Argumente, die für die vom Kläger vertretene Rechtsansicht sprechen könnten, führt die Revision nicht an.

[5] 3. Mangels Geltendmachung einer Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung iSd § 502 Abs 1 ZPO ist die außerordentliche Revision somit zurückzuweisen.

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