OGH 2Ob51/23y

OGH2Ob51/23y20.4.2023

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch die Senatspräsidentin Dr. Grohmann als Vorsitzende sowie die Hofräte Dr. Nowotny, Hon.‑Prof. PD Dr. Rassi, MMag. Sloboda und Dr. Kikingerals weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei D*, vertreten durch Brauneis Rechtsanwälte GmbH in Wien, gegen die beklagte Partei E*, vertreten durch Mag. Clemens Haller, Rechtsanwalt in Feldkirch, wegen 6.233,20 EUR sA, über die Revisionen der klagenden Partei (Revisionsinteresse 3.658,52 EUR sA) und der beklagten Partei (Revisionsinteresse 2.350 EUR sA) gegen das Urteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Graz als Berufungsgericht vom 24. November 2022, GZ 3 R 103/22x‑70, womit infolge Berufungen beider Parteien das Urteil des Bezirksgerichts Fürstenfeld vom 22. April 2022, GZ 25 C 132/21g‑56, abgeändert wurde, zu Recht erkannt:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2023:0020OB00051.23Y.0420.000

Rechtsgebiet: Zivilrecht

Fachgebiet: Konsumentenschutz und Produkthaftung

Entscheidungsart: Ordentliche Erledigung (Sachentscheidung)

 

Spruch:

 

Beiden Revisionen wird teilweise Folge gegeben. Das angefochtene Urteil wird – unter Einschluss der bereits in Rechtskraft erwachsenen Teile – insgesamt wie folgt abgeändert:

„Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei 1.733,20 EUR samt 4 % Zinsen seit 3. 3. 2021 binnen 14 Tagen zu zahlen.

Das Mehrbegehren auf Zahlung weiterer 4.500 EUR samt 4 % Zinsen seit 3. 3. 2021 wird abgewiesen.“

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 5.890,95 EUR (darin 1.617,85 EUR Barauslagen) bestimmten Kosten des Verfahrens aller drei Instanzen binnen 14 Tagen zu ersetzen.

 

Entscheidungsgründe:

[1] Die Beklagte ist Herstellerin von Intrauterinpessaren (in der Folge: Spirale). Der Klägerin wurde 2015 eine solche Spirale zur Empfängnisverhütung eingesetzt, bei der ein Mangel am Ausgangsmaterial (vermehrte Bruchneigung) vorlag. Bei der (aufgrund der zu Ende gehenden Wirkungsdauer ohnehin eingeplanten) Entnahme der Spirale stellte die Gynäkologin am 21. 9. 2020 fest, dass ein Seitenärmchen der Spirale eingerissen und das andere abgerissen war. Letzteres verblieb nach Entfernung der Spirale in der Gebärmutter der Klägerin und konnte trotz mehrerer Greifversuche mit einer Fasszange an zwei unterschiedlichen Terminen nicht geborgen werden. Die Gynäkologin empfahl der Klägerin, die Regelblutung abzuwarten, in deren Zug das Ärmchen abgehen könnte, und verschrieb in diesem Zusammenhang auch ein Hormonpräparat. Das Abwarten zweier Regelblutungen blieb allerdings ohne Erfolg. „Aufgrund der aktuellen Corona-Situation in den öffentlichen Krankenanstalten (nicht lebensnotwendige Operationstermine wurden im Herbst/Winter 2020 um viele Wochen/Monate verschoben)“ entschied sich die Klägerin, die zur Entfernung des Ärmchens medizinisch indizierte Operation in einer Privatklinik durchführen zu lassen. Komplikationen werden umso wahrscheinlicher, je länger mit der Entfernung des Seitenärmchens zugewartet wird. Der Klägerin entstanden für die Operation in der Privatklinik Kosten (einschließlich Fahrtkosten) von 1.158,52 EUR. Bis zur unter Narkose erfolgten Operation am 13. 11. 2020 stand die Klägerin wegen der Ungewissheit darüber, ob das Ärmchen selbständig abgehen würde, unter großem seelischen Druck. Sie musste in diesem Zeitraum auch auf andere Weise verhüten, was für sie „ebenfalls belastend“ war. Die Klägerin erlitt (nach Abzug der mit dem Austausch einer Spirale jedenfalls verbundenen Schmerzen) durch die Extraktionsversuche mit der Fasszange und die Operation körperliche Schmerzen im Ausmaß von zwei Stunden starken, drei Stunden mittelstarken und elf Stunden leichten Schmerzen.

[2] Die Klägerin begehrt (primär) aus dem Titel der Produkthaftung die Zahlung von 6.233,20 EUR sA, darunter – soweit für das Revisionsverfahren noch von Relevanz – 5.000 EUR an Schmerzengeld und 1.158,52 EUR an Ersatz der Heilungskosten für die in einer Privatklinik vorgenommene Operation einschließlich der Fahrtkosten. Sie habe im Zeitraum 21. 9. 2020 bis 13. 11. 2020 an seelischen Schmerzen gelitten, die durch die verordnete Einnahme eines Hormonpräparats noch verstärkt worden seien. Dass das Seitenärmchen als Fremdkörper im Körper der Klägerin verblieben und dort auch gewandert sei, stelle eine Schädigung am Körper dar. Bei der Klägerin bestünden daher nachvollziehbare seelische Folgen einer Körperverletzung. Die vorzeitige, medizinisch notwendige Extraktion des Seitenärmchens habe Kosten von 1.158,52 EUR einschließlich der Fahrtkosten verursacht.

[3] Die Beklagte bestreitet. Die Klägerin habe das Vorliegen psychischer Beeinträchtigungen, die krankheitswertige Gesundheitsschäden hervorgerufen hätten, nicht einmal behauptet. Die angeführten seelischen Schmerzen der Klägerin würden in allfälligen körperlichen Beschwerden aufgehen. Die Klägerin habe auch nicht vorgebracht, wieso die Behandlung in einer Privatklinik notwendig gewesen sei und weshalb eine Behandlung in einer öffentlichen Krankenanstalt nicht ausgereicht hätte. Die Operation sei medizinisch nicht indiziert gewesen.

[4] Das Erstgericht gab dem Zahlungsbegehren mit 1.383,20 EUR sA statt und wies das Mehrbegehren ab. Es sprach unter Berücksichtigung einer psychischen Alteration Schmerzengeld von 150 EUR zu. Die für die Operation in der Privatklinik aufgewendeten Heilungskosten seien zu ersetzen, der Klägerin sei ein (weiteres) Zuwarten mit der Operation angesichts der Pandemie nicht zumutbar gewesen. Das Urteil des Erstgerichts erwuchs im Umfang des Zuspruchs von Schmerzengeld von 150 EUR sowie von Fahrtkosten von 24,68 EUR und von pauschalen Unkosten von 50 EUR in Rechtskraft.

[5] Das von beiden Streitteilen angerufene Berufungsgericht gab dem Klagebegehren mit 2.574,68 EUR sA statt und wies das Mehrbegehren ab. Es erachtete nach Behandlung der Verfahrens- und Beweisrügen ein Schmerzengeld von 2.500 EUR unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls als angemessen. Dass eine Operation in einem öffentlichen Krankenhaus zu einer Verzögerung geführt hätte, stehe – abgesehen von der bloß allgemeinen Feststellung zur schwierigen pandemischen Situation – nicht fest. Aus dem Sachverhalt ergebe sich die Notwendigkeit der Durchführung der Operation in einer Privatklinik insgesamt nicht.

[6] Die ordentliche Revision sei aus zwei Gründen zulässig: Einerseits zur angemessenen Höhe des Schmerzengeldes als Ausgleich für die mit der Entfernung von gebrochenen Spiralen der Beklagten verbundenen, vor allem seelischen Schmerzen und Belastungen. Andererseits zur Frage der Behauptungs- und Beweislast im Hinblick auf den Ersatz der Kosten einer Operation in einer Privatklinik.

[7] Gegen die Abweisung des Begehrens auf Heilungskosten und die Teilabweisung eines Schmerzengeldes von 2.500 EUR richtet sich die Revision der Klägerin mit dem Antrag auf Abänderung im Sinn einer gänzlichen Stattgebung der Klage; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

[8] Gegen den Zuspruch von Schmerzengeld im Ausmaß von 2.350 EUR richtet sich die Revision der Beklagten mit dem Antrag auf Abänderung im Sinn der Abweisung weiterer 2.350 EUR; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

[9] In den Revisionsbeantwortungen beantragen die Streitteile wechselseitig, die Revision der Gegenseite als unzulässig zurückzuweisen und ihr hilfsweise nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

[10] Beide Revisionen sind wegen einer im Einzelfall aufzugreifenden Fehlbeurteilung des Berufungsgerichts zulässig und jeweils teilweise berechtigt. Sie werden in der Folge gemeinsam behandelt.

[11] 1. Unstrittig ist unter Bedachtnahme auf Art 5 Abs 1 Rom II‑VO österreichisches Sachrecht anzuwenden.

[12] 2. Die Haftung der Beklagten nach dem PHG ist im Revisionsverfahren dem Grunde nach nicht (mehr) strittig.

[13] 3. Die von den Streitteilen gerügten Mängel des Berufungsverfahrens wurden vom Obersten Gerichtshof geprüft; sie liegen nicht vor (§ 510 Abs 3 ZPO). Das Berufungsgericht hat den in der unterlassenen Einholung eines psychiatrischen Sachverständigengutachtens gelegenen Mangel des erstinstanzlichen Verfahrens mit von der Aktenlage gedeckter Begründung verneint (RS0042963). Die Erledigung der in der Berufungsbeantwortung enthaltenen Beweisrüge durch das Berufungsgericht genügt den von der Rechtsprechung aufgestellten Anforderungen (RS0043150).

[14] 4. Nach § 1 PHG haftet der Produzent für den Ersatz des Schadens, wenn durch den Fehler eines Produkts ein Mensch am Körper verletzt oder an der Gesundheit geschädigt wird. Dass eine durch einen Produktfehler verursachte Körperverletzung vorliegt, ist im Revisionsverfahren nicht strittig.

[15] Im Zentrum der Revisionsausführungen steht die Frage, in welchem Umfang die neben der Körperverletzung bestehenden und auf ihr beruhenden seelischen Belastungen bei der Ausmittlung des Schmerzengeldes Berücksichtigung zu finden haben:

[16] 4.1. Beim Schmerzengeld handelt es sich nach ständiger Rechtsprechung um eine Globalentschädigung. Bei der Ausmessung kann das Begehren nicht in einzelne, bestimmten Verletzungen bzw Folgeerscheinungen zuzuordnende Teilbeträge zerlegt werden (RS0031191). Es ist vielmehr der Gesamtkomplex der Schmerzempfindung unter Bedachtnahme auf die Dauer und Intensität der Schmerzen nach ihrem Gesamtbild, die Schwere der Verletzung und das Maß der psychischen und physischen Beeinträchtigung des Gesundheitszustands zu berücksichtigen (RS0031040). Im Rahmen der Globalbemessung des Schmerzengeldes ist auch auf Sorgen des Verletzten um spätere Komplikationen, das Bewusstsein eines Dauerschadens und die damit verbundene seelische Belastung, mögliche Beziehungsprobleme sowie entgangene und künftig entgehende Lebensfreude Bedacht zu nehmen (RS0031054).

[17] Seelische Schmerzen sind jedenfalls dann ersatzfähig, wenn sie Folge einer Körperverletzung sind (RS0031087). Dabei kommt es für die Ausgleichsfähigkeit weder auf das Vorliegen eines eigenständigen Leidenszustands von Krankheitswert noch einer ärztlichen Behandlungsbedürftigkeit an (4 Ob 48/16m Punkt 2. mwN).

[18] 4.2. Bei der Bemessung des Schmerzengeldes ist einerseits auf die Umstände des Einzelfalls abzustellen, andererseits zur Vermeidung einer völligen Ungleichmäßigkeit der Rechtsprechung ein objektiver Maßstab anzulegen. Es darf der von der Judikatur ganz allgemein gezogene Rahmen für die Bemessung im Einzelfall nicht gesprengt werden (RS0031075). Ausgehend davon ist es dem Obersten Gerichtshof entgegen der vom Berufungsgericht formulierten Zulassungsfrage nicht möglich, allgemein gültige Ausführungen zur angemessenen Höhe des Schmerzengeldes in Fällen des Einsatzes mangelhafter Spiralen zu machen. Allerdings zeigt die Revision der Beklagten eine im konkreten Einzelfall aufzugreifende Überschreitung des dem Berufungsgericht bei der Ausmittlung von Schmerzengeld zukommenden Beurteilungsspielraums auf:

[19] 4.3. Der Oberste Gerichtshof hatte sich in der Entscheidung 4 Ob 48/16m mit einem Fall der Produkthaftung für eine fehlerhafte Schere zu befassen, die während einer am 36‑jährigen Kläger vorgenommenen Operation so brach, dass ein 1 cm großer Teil im Körper des Klägers verblieb, wobei von einer Entfernung des Fremdkörpers medizinisch abzuraten war. Aufgrund der beim Kläger – trotz gegenteiliger Versicherungen – bestehenden Ungewissheit über eine daraus möglicherweise resultierende Gesundheitsschädigung erachtete der Oberste Gerichtshof zur Abgeltung dieser Unbill ein Schmerzengeld von 5.000 EUR für angemessen.

[20] 4.4. Im hier zu beurteilenden Fall war die Klägerin rund zwei Monate lang im Ungewissen über den in ihrem Körper befindlichen Fremdkörper. Darüber hinaus war sie einer Belastung durch die Einnahme eines Hormonpräparats ausgesetzt. Vor diesem Hintergrund erachtet der Senat unter Berücksichtigung der festgestellten (geringen) körperlichen Schmerzen insgesamt den Zuspruch eines globalen Schmerzengeldes von 500 EUR als den konkreten Umständen des Einzelfalls angemessen. Der vom Berufungsgericht vorgenommene Zuspruch von 2.500 EUR sprengt hingegen den von der Judikatur – insbesondere der zumindest im Ansatz vergleichbaren Entscheidung 4 Ob 48/16m – gezogenen Rahmen.

[21] 4.5. Die von der Klägerin gerügten sekundären Feststellungsmängel liegen nicht vor, weil das Erstgericht ohnehin ausreichende Feststellungen zur Ausmittlung des angemessenen Schmerzengeldes getroffen hat.

[22] 5. Zu den vom Schädiger zu ersetzenden Heilungskosten gehört jeder Aufwand, der zweckmäßig zur gänzlichen oder teilweisen Heilung erforderlich ist (2 Ob 284/01f mwN). Ob der Schädiger (Mehr-)Kosten privatärztlicher Behandlung oder der Aufnahme in die Sonderklasse zu ersetzen hat, ist unter Berücksichtigung aller Umstände – und nicht nur unter Bedachtnahme auf den medizinischen Standpunkt – zu beurteilen (RS0030610). Mehrkosten sind nach der Rechtsprechung im Regelfall entweder dann zu ersetzen, wenn dies der sonstigen Lebenshaltung des Verletzten entspricht (10 Ob 24/05k mwN), oder wenn solche Maßnahmen medizinisch indiziert sind bzw zumindest ein günstigeres Behandlungsergebnis erwarten lassen (2 Ob 284/01f).

[23] 5.1. Die vom Berufungsgericht vorgenommene rechtliche Beurteilung ist unter Beachtung dieser Rechtsprechungsgrundsätze korrekturbedürftig. Im Anlassfall ist zu berücksichtigen, dass die Klägerin wegen der Ungewissheit im Hinblick auf den in ihrem Körper verbliebenen Fremdkörper unter seelischem Druck stand. Wenn die aufgrund der Corona-Pandemie gerade im Herbst 2020 besonders angespannte Situation an den öffentlichen Krankenanstalten die Klägerin vor diesem Hintergrund dazu veranlasste, sich in einer Privatklinik operieren zu lassen, stellt dies einen gewichtigen, im besonderen Einzelfall zu berücksichtigenden Umstand dar, der einen Ersatz der Mehrkosten der privaten Heilbehandlung durch den Schädiger sachlich rechtfertigt, zumal eine zeitnahe Entfernung des Fremdkörpers medizinisch indiziert war und es in öffentlichen Krankenanstalten zu Verschiebungen nicht lebensnotwendiger Eingriffe kam.

[24] 5.2. Fragen der Beweislast stellen sich im Hinblick auf die vom Erstgericht ohnehin getroffenen Feststellungen nicht (RS0039904), sodass sich eine nähere Stellungnahme zur vom Berufungsgericht genannten weiteren Zulassungsfrage erübrigt. Relevante sekundäre Feststellungsmängel liegen nicht vor.

[25] 6. Insgesamt war damit beiden Revisionen teilweise Folge zu geben. Der Klägerin steht – unter Einschluss der bereits rechtskräftig zugesprochenen Beträge – ein Gesamtbetrag von insgesamt 1.733,20 EUR (500 EUR Schmerzengeld; 1.158,52 EUR Heilungskosten einschließlich Fahrtkosten; 24,68 EUR weitere Fahrtkosten; 50 EUR Generalunkosten) zu.

[26] 7. Die Kostenentscheidung im erstinstanzlichen Verfahren beruht auf § 43 Abs 1 ZPO. Die Bildung von Verfahrensabschnitten erübrigt sich, weil die relativ geringfügige Einschränkung des Klagebegehrens zu keiner nennenswerten Änderung der Obsiegensquote führte. Das Kostenprivileg des § 43 Abs 2 2. Fall ZPO kommt der Klägerin im Hinblick auf das begehrte Schmerzengeld wegen Überklagung nicht zu Gute. Insgesamt hat die Klägerin im erstinstanzlichen Verfahren zu rund einem Viertel obsiegt, sodass sie der Beklagten die Hälfte von deren Vertretungskosten und drei Viertel der von dieser allein getragenen Barauslagen zu ersetzen hat. Umgekehrt erhält die Klägerin von der Beklagten ein Viertel der allein getragenen Barauslagen ersetzt. Einwendungen gegen die Kostennote der Beklagten hat die Klägerin nicht erhoben. Von Amts wegen zu berücksichtigen war, dass die verzeichneten Kostenvorschüsse nicht zur Gänze verbraucht wurden. Die Reisekosten des Beklagtenvertreters stellen keine privilegierten Barauslagen nach § 43 Abs 1 letzter Satz ZPO dar (9 Ob 50/10h; Obermaier, Kostenhandbuch³ Rz 1.187).

[27] Im Berufungsverfahren obsiegte die Klägerin mit ihrer Berufung letztlich nur zu rund 7 %. Sie hat der Beklagten daher die Kosten von deren Berufungsbeantwortung auf Basis des von der Beklagten abgewehrten Betrags zu ersetzen (§ 43 Abs 2 1. Fall iVm § 50 Abs 1 ZPO). Die Berufung der Beklagten blieb letztlich erfolglos, sodass sie der Klägerin die Kosten der Berufungsbeantwortung zu ersetzen hat (§ 41 iVm § 50 Abs 1 ZPO).

[28] Im Verfahren über die Revision der Klägerin obsiegte diese mit rund einem Drittel, sodass sie der Beklagten ein Drittel der Kosten der Revisionsbeantwortung zu ersetzen hat, von der Beklagten aber ein Drittel der Pauschalgebühr erhält. Im Verfahren über die Revision der Beklagten obsiegte diese zu 85 %, sodass ihr die Klägerin 70 % der Vertretungskosten und 85 % der Pauschalgebühr zu ersetzen hat.

[29] Leistungen eines österreichischen Rechtsanwalts für einen ausländischen Unternehmer unterliegen nicht der österreichischen Umsatzsteuer. Verzeichnet der österreichische Anwalt im Prozess – kommentarlos – 20 % Umsatzsteuer, so wird im Zweifel nur die österreichische Umsatzsteuer angesprochen (§ 54 Abs 1 ZPO). Ist die Höhe des ausländischen Umsatzsteuersatzes nicht allgemein bekannt, kann die zu entrichtende ausländische Umsatzsteuer nur zugesprochen werden, wenn Entsprechendes behauptet und bescheinigt wird (RS0114955). Da sich der Sitz der Beklagten in Spanien befindet, diese kommentarlos 20 % Umsatzsteuer verzeichnet und den nicht gerichtsbekannten Umsatzsteuersatz in Spanien nicht bescheinigt hat, kommt ein Zuspruch von Umsatzsteuer an die Beklagte nicht in Betracht.

[30] Saldiert ergibt sich der aus dem Spruch ersichtliche Kostenersatzbetrag.

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