European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2023:0040OB00041.23T.0328.000
Rechtsgebiet: Zivilrecht
Fachgebiet: Erwachsenenschutzrecht
Entscheidungsart: Ordentliche Erledigung (Sachentscheidung)
Spruch:
Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.
Die Entscheidungen der Vorinstanzen werden in Ansehung der Bestellung von Mag. M* S* zur einstweiligen gerichtlichen Erwachsenenvertreterin gemäß § 120 AußStrG aufgehoben und die Rechtssache wird in diesem Umfang an das Erstgericht zur neuerlichen Entscheidung nach Verfahrensergänzung zurückverwiesen.
Begründung:
[1] Im gesamten Bundesland Oberösterreich war bis zum 4. 1. 2023 kein einziger Rechtsanwalt in die vom Ausschuss der oberösterreichischen Rechtsanwaltskammer gemäß §§ 10b, 28 Abs 1 lit o RAO zu führende Liste von zur Übernahme von Vorsorgevollmachten und gerichtlichen Erwachsenenvertretungen besonders geeigneten Rechtsanwälten eingetragen; seit 5. 1. 2023 ist in diese Liste (abrufbar unter https://ooerak.at/kundmachungen/ ) ein einziger Rechtsanwalt eingetragen. Von der auf der Website der oberösterreichischen Rechtsanwaltskammer angebotenen Rechtsanwaltssuchfunktion (https://ooerak.at/anwalt/?_taetigkeitsgebiete=erwachsenenvertretung ) wird ein einziger weiterer, jedoch nicht auf der Liste nach § 28 Abs 1 lit o RAO eingetragener Rechtsanwalt mit Erwachsenenvertretung als „Tätigkeitsbereich“ ausgeworfen.
[2] Nach den von den Notariatskammern gemäß § 134 Abs 2 Z 16 NO zu führenden und gemäß § 134a Abs 2 NO auf der Website der Österreichischen Notariatskammer allgemein zugänglich bereitzustellenden Listen von zur Übernahme von Vorsorgevollmachten und gerichtlichen Erwachsenenvertretungen besonders geeigneten Notaren (https://www.notar.at/notarfinder/ mit Zusatzqualifikation „besonders geeigneter Erwachsenenvertreter“) stehen lediglich in zwei Notariaten in Wien insgesamt zwei Personen (ein Notar und ein Notariatskandidat) zur Verfügung; im gesamten restlichen Bundesgebiet – und damit auch in Oberösterreich – gibt es demnach keinen einzigen zur Übernahme von Vorsorgevollmachten und gerichtlichen Erwachsenenvertretungen besonders geeigneten Notar oder Notariatskandidaten.
[3] Die Revisionsrekurswerberin ist Rechtsanwältin und Mitglied der oberösterreichischen Rechtsanwaltskammer (in der Folge: „Rechtsanwältin“); sie war und ist nicht in deren Liste nach § 28 Abs 1 lit o RAO eingetragen.
[4] Die betroffene Person bedarf nach dem Clearingbericht mangels nahestehender Personen der Vertretung durch einen gerichtlichen Erwachsenenvertreter und es sind dringende Angelegenheiten zu regeln. Der den Clearingbericht erstellende Erwachsenenschutzverein erklärte, die Erwachsenenvertretung mangels freier Vertretungskapazitäten nicht übernehmen zu können.
[5] Das Erstgericht bestellte die Rechtsanwältin, ohne ihr zuvor die Möglichkeit einer Stellungnahme eingeräumt zu haben, einerseits gemäß § 119 AußStrG zum Rechtsbeistand der betroffenen Person im Verfahren, in dem die Notwendigkeit der Bestellung eines gerichtlichen Erwachsenenvertreters geprüft wird, und andererseits gemäß § 120 AußStrG zur einstweiligen Erwachsenenvertreterin zur Besorgung folgender dringender Angelegenheiten: Verwaltung der Einkünfte einschließlich Verfügungen über Girokonten; Vertretung vor Ämtern, Gerichten, Behörden und Sozialversicherungsträgern; Vertretung bei Verträgen zur Deckung des Pflege- und Betreuungsbedarfs; Ergreifung allfällig erforderlicher Maßnahmen zur Vermeidung einer weiteren (finanziellen) Schädigung im Zusammenhang mit der Wohnung der betroffenen Person. Insbesondere gelte es, diese im Rahmen des derzeit nach Aktenlage gegebenen Mietverhältnisses vor weiteren (finanziellen) Schäden zu bewahren, wozu bei der gewählten Rechtsanwältin jedenfalls gegebene Rechtskenntnisse von Vorteil sein würden. Zudem sei die weitere Pflege und Betreuung der betroffenen Person nach ihrem wohl absehbar endenden Klinikaufenthalt abzuklären und rechtlich zu vereinbaren. Dazu bedürfe es jedoch der Befugnis der Einkommensverwaltung einerseits sowie der Möglichkeit, für sie Anträge, etwa auf Pflegegeld, zu stellen. Da einerseits auch rechtliche Angelegenheiten dringend zu besorgen seien und andererseits sonst keine (nahestehende) Person für die gerichtliche Erwachsenenvertretung zur Verfügung stehe, sei die Rechtsanwältin damit zu betrauen.
[6] Das Rekursgericht gab dem Rekurs der Rechtsanwältin gegen ihre Bestellung zur einstweiligen Erwachsenenvertreterin gemäß § 120 AußStrG nicht Folge. Sie hatte darin ins Treffen geführt, sie hätte ihr Ablehnungsrecht nach § 275 ABGB mangels Befassung in erster Instanz nicht geltend machen können, hole dies im Rekurs nach und verweise darauf, dass die Besorgung der Angelegenheiten nicht vorwiegend der Rechtskenntnisse bedürfe und sich aus der Aktenlage keine finanziellen oder anderweitigen drohenden Schäden im Zusammenhang mit dem Mietverhältnis ergäben. Das Rekursgericht erwog dazu, es sei der Rechtsanwältin zuzugestehen, dass dringende Angelegenheiten im Sinne des § 274 Abs 5 ABGB, die vorwiegend Rechtskenntnisse erfordern würden, hier nicht vorlägen. Daher stehe der Rechtsanwältin grundsätzlich das Ablehnungsrecht des § 275 Z 1 ABGB zu. Dieses Ablehnungsrecht führe allerdings schon bei der Bestellung eines endgültigen gerichtlichen Erwachsenenvertreters in der Praxis zu massiven Problemen. So sei nämlich in Oberösterreich weder in der von der Rechtsanwaltskammer noch in der von der Notariatskammer geführten Liste von zur Übernahme von Vorsorgevollmachten und gerichtlichen Erwachsenenvertretern besonders geeigneten Rechtsanwälten und Notaren auch nur eine einzige Person eingetragen. Damit stehe sämtlichen oberösterreichischen Rechtsanwälten und Notaren bei fehlendem Erfordernis von Rechtskenntnissen ein Ablehnungsrecht zu. In letzter Konsequenz würde das bedeuten, dass bei fehlenden (nahestehenden) Personen bzw fehlenden Kapazitäten der Erwachsenenschutzvereine für betroffene Personen kein Erwachsenenvertreter bestellt werden könnte. Zwar werde in den Materialien zum 2. ErwSchG darauf hingewiesen, dass mit der Einführung des Ablehnungsrechts nach § 275 Z 1 ABGB einer langjährigen Forderung der Notare und Rechtsanwälte nachgekommen worden sei und eine Verpflichtung zur Übernahme einer Erwachsenenvertretung nicht bestehe, wenn nicht vorwiegend rechtliche Angelegenheiten betroffen seien. Damit werde der Gesetzgeber aber nicht gewollt haben, dass für betroffene Personen in letzter Konsequenz kein Erwachsenenvertreter bestellt werden könne. Es sei nämlich in den Fällen der Bestellung eines einstweiligen Erwachsenenvertreters stets Eile geboten, handle es sich dabei doch um dringend zu besorgende Angelegenheiten. Auch wenn die Regelungen über die Bestellung des endgültigen Erwachsenenvertreters grundsätzlich auch für die Bestellung eines einstweiligen Erwachsenenvertreters zur Anwendung gelangten, könne bei Letzterem das Ablehnungsrecht des § 275 Z 1 ABGB nicht in gleicher Weise zur Anwendung kommen. In derartigen Fällen dringend zu besorgender Angelegenheiten sei es den Erstgerichten nicht zumutbar, so lange einen Angehörigen eines einschlägigen Rechtsberufs zu suchen, bis sich einer nicht auf sein Ablehnungsrecht berufe. Jedenfalls für Fälle der Bestellung zum einstweiligen Erwachsenenvertreter gelte daher das Ablehnungsrecht des § 275 Z 1 ABGB nicht.
[7] Soweit die Rechtsanwältin die Verletzung ihres rechtlichen Gehörs als Mangelhaftigkeit geltend mache, habe dies mangels Ablehnungsrechts keinen Einfluss auf die Richtigkeit der Entscheidung gehabt.
[8] Das Rekursgericht ließ den ordentlichen Revisionsrekurs zur Frage zu, ob auch ein einstweiliger Erwachsenenvertreter bei Vorliegen von dringenden Angelegenheiten sich uneingeschränkt auf das Ablehnungsrecht des § 275 Z 1 ABGB berufen könne.
[9] Im ordentlichen Revisionsrekurs der Rechtsanwältin wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung wird die Abänderung im Sinne einer ersatzlosen Aufhebung beantragt; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.
[10] Die betroffene Person äußerte sich dahin, den Standpunkt der Rechtsanwältin in ihrem Revisionsrekurs zu teilen.
Rechtliche Beurteilung
[11] Der Revisionsrekurs ist zur Wahrung der Rechtssicherheit zulässig und im Sinne des Eventualantrags berechtigt.
[12] Die Rechtsanwältin führt darin zusammengefasst ins Treffen, es bestehe keine gesetzliche Grundlage für eine unterschiedliche Behandlung von einstweiliger und endgültiger Erwachsenenvertretung. Die Entscheidung des Rekursgerichtes verstoße zudem gegen das Verbot der Zwangsarbeit und die Erwerbsfreiheit. Das Unterbleiben einer Gelegenheit in erster Instanz, ihr Ablehnungsrecht geltend zu machen, wäre vom Rekursgericht aufzugreifen gewesen.
[13] 1.1. Wenn es das Wohl der betroffenen Person erfordert, so hat ihr nach § 120 Abs 1 AußStrG das Gericht zur Besorgung dringender Angelegenheiten längstens für die Dauer des Verfahrens einen einstweiligen Erwachsenenvertreter mit sofortiger Wirksamkeit zu bestellen. Nach § 120 Abs 3 AußStrG gelten – von einem hier nicht relevanten Sonderfall abgesehen – für die einstweilige Erwachsenenvertretung die Regelungen über die gerichtliche Erwachsenenvertretung.
[14] 1.2. Nach völlig einhelliger Auffassung sind die Regeln der §§ 273 ff ABGB für die Auswahl des Erwachsenenvertreters, auch auf die Auswahl eines Rechtsbeistands im Verfahren und eines einstweiligen Erwachsenenvertreters anzuwenden (RS0110987 [T2, T4], RS0048291; Schauer in Gitschthaler/Höllwerth, AußStrG2 [2019] § 120 Rz 23; Fritz in Schneider/Verweijen, AußStrG § 120 [2018] Rz 5 und 9; Mondel in Rechberger/Klicka, AußStrG3 [2020] § 120 Rz 2; alle mwN).
[15] 1.3. Die Auffassung des Rekursgerichts, diese Rechtslage sei dahin zu interpretieren, dass die Ablehnungsmöglichkeit nach § 275 Z 1 ABGB im Fall der einstweiligen Bestellung nicht anzuwenden sei, lässt sich weder mit dem klaren Gesetzeswortlaut des § 120 Abs 3 AußStrG noch mit den Materialien zum 2. ErwSchG (ErläutRV 1461 BlgNR 25. GP 6 und 43 f) zur Deckung bringen. Die vom Rekursgericht lebensnah erwogenen praktischen Schwierigkeiten bei der Suche nach geeigneten Erwachsenenvertretern legen indes nicht das Bestehen eines überschießend weiten Gesetzeswortlauts – im Sinne einer im Fehlen einer nach der ratio legis notwendigen Ausnahme bestehenden (verdeckten) Lücke (vgl RS0008979) – nahe. Sie fügen sich vielmehr in das Bild des vom Gesetzgeber des 2. ErwSchG unter anderem angestrebten Zieles der Entlastung der Gerichte und früheren Sachwalter von nicht unmittelbar zur Rechtsfürsorge gehörenden Agenden der sozialen Versorgung und Betreuung ein (vgl ErläutRV 1461 BlgNR 25. GP 3). Es mag eine allenfalls in der Praxis nicht bestätigte Einschätzung der Gesetzesfolgen vor dem Hintergrund zu knapper finanzieller wie personeller Ressourcen vorliegen; dies könnte aber nicht einen von den zur Rechtsanwendung berufenen Gerichten zu ziehenden Schluss tragen, dass der Gesetzgeber deshalb vorab gerade in Ansehung der Bestellung von Angehörigen von Rechtsberufen zu Erwachsenenvertretern für die einstweilige Bestellung andere Regeln als für die endgültige Bestellung vorsehen hätte wollen (zur seit langem bekannten Ressourcenknappheit vgl Zierl/Schweighofer/Wimberger, Erwachsenenschutzrecht2 [2018] Rz 499 mwN). Vielmehr ist in den – vom Rekursgericht selbst zitierten – Materialien ausdrücklich die Entscheidung des Gesetzgebers dokumentiert, mit der Einschränkung der Übernahmeverpflichtungen „einer langjährigen Forderung der Notare und Rechtsanwälte nach[zu]kommen“ (ErläutRV 1461 BlgNR 25. GP 44); dies legt nahe, dass die umfassende Einschränkung des als Erwachsenenvertreter zur Verfügung stehenden Personenkreises vom Gesetzgeber bewusst getroffen wurde. Die vom Rekursgericht erwogene Gesetzesauslegung verbietet sich damit.
[16] 1.4. Die Voraussetzungen der Bestellung eines einstweiligen Erwachsenenvertreters sind daher gemäß den Vorgaben der §§ 273 ff ABGB zu prüfen.
[17] 2.1. Zum Erwachsenenvertreter ist nach § 274 Abs 1 ABGB vorrangig mit deren Zustimmung die Person zu bestellen, die aus einer Vorsorgevollmacht, der Vereinbarung einer gewählten Erwachsenenvertretung oder einer Erwachsenenvertreter-Verfügung hervorgeht. Ist eine solche Person nicht verfügbar oder geeignet, so ist nach Abs 2 leg cit mit deren Zustimmung eine der volljährigen Person nahestehende und für die Aufgabe geeignete Person zu bestellen. Kommt auch eine solche Person nicht in Betracht, so ist nach Abs 3 leg cit ein Erwachsenenschutzverein mit dessen Zustimmung zu bestellen. Ist auch die Bestellung eines solchen nicht möglich, so ist nach Abs 4 leg cit – nach Maßgabe des § 275 ABGB – ein Notar (Notariatskandidat) oder Rechtsanwalt (Rechtsanwaltsanwärter) oder mit deren Zustimmung eine andere geeignete Person zu bestellen. Nach Abs 5 leg cit ist ein Notar oder Rechtsanwalt vor allem dann zu bestellen, wenn die Besorgung der Angelegenheiten vorwiegend Rechtskenntnisse erfordert (vgl RS0048291), ein Erwachsenenschutzverein vor allem dann, wenn sonst besondere Anforderungen mit der Erwachsenenvertretung verbunden sind, wie sie sich etwa aus der sozialen Situation oder aus der psychischen Verfassung des Betroffenen ergeben können (vgl RS0126464).
[18] An diesen gesetzlichen „Stufenbau“ ist das Pflegschaftsgericht grundsätzlich gebunden; erst im Fall, dass weder eine selbst gewählte, nahestehende oder sonst geeignete Person noch der Erwachsenenschutzverein zur Verfügung steht, kann bzw muss das Pflegschaftsgericht („am Ende der Prioritätenhierarchie“) auf Rechtsanwälte, Notare oder deren Berufsanwärter auch dann zurückgreifen, wenn nicht vorwiegend Rechtskenntnisse erforderlich sind (vgl 1 Ob 41/22v mwN).
[19] 2.2. Angehörige der genannten Rechtsberufe müssen somit nach § 275 ABGB gerichtliche Erwachsenenvertretungen grundsätzlich übernehmen, jedoch nur wenn kein in dieser Bestimmung genannter Ablehnungsgrund vorliegt; die Möglichkeit der Ablehnung nach § 275 ABGB gilt nur für jene Notare (Notariatskandidaten) oder Rechtsanwälte (Rechtsanwaltsanwärter), die nicht aufrecht in die von den jeweiligen Kammern zu führenden Listen als zur Übernahme von Vorsorgevollmachten und gerichtlichen Erwachsenenvertretungen besonders geeignete Notare oder Rechtsanwälte eingetragen sind (vgl 1 Ob 41/22v = RS0123440 [T13]).
[20] 3.1. Die Rechtsanwältin ist unstrittig nicht in die Liste nach § 28 Abs 1 lit o RAO eingetragen.
[21] 3.2. Ihr kommt daher auch als einstweilige Erwachsenenvertreterin nach § 275 Z 1 ABGB ein Ablehnungsrecht zu, wenn als weitere Voraussetzung die Besorgung der ihr übertragenen Angelegenheiten nicht überwiegend Rechtskenntnisse erfordert.
[22] 4.1. Das Rekursgericht und die Rechtsanwältin stimmen darin überein, dass solche Angelegenheiten hier nicht vorliegen.
[23] 4.2. Dem ist zuzustimmen: Es müsste eine Angelegenheit vorliegen oder konkret absehbar sein, die von einer Person ohne juristische Ausbildung nicht eigenständig erfüllt werden könnte. Das durch das 2. ErwSchG bewusst im Gesetz verankerte Ablehnungsrecht würde unterlaufen, wollte man die bloß abstrakte Möglichkeit, dass in Zukunft Prozesse und Verfahren anfallen oder Rechtskenntnisse künftig von Vorteil sein könnten, für die Schlussfolgerung genügen lassen, dass zur Besorgung der Angelegenheiten des Betroffenen vorwiegend Rechtskenntnisse erforderlich sind. Vielmehr müssen diese Angelegenheiten aktuell oder in naher Zukunft zu besorgen sein (vgl 1 Ob 41/22v mwH auf das Schrifttum).
[24] Hier sind an konkret absehbaren dringenden Angelegenheiten Pflegevereinbarungen zu treffen und Pflegegeld zu beantragen, ein Mietvertrag zu kündigen, und das Einkommen zu verwalten. Dies sind zumindest derzeit keine Angelegenheiten, die nur von im Sinn des § 274 Abs 5 ABGB juristisch kenntnisreichen Personen besorgt werden könnten.
[25] 5.1. Die Vorinstanzen haben daher der Rechtsanwältin zu Unrecht die Berufung auf das Ablehnungsrecht nach § 275 Z 1 ABGB verwehrt.
[26] Dies muss hier zur Aufhebung der Entscheidungen der Vorinstanzen führen.
[27] 5.2. Das Erstgericht wird im fortgesetzten Verfahren – sofern es im Lichte des vom Betroffenen gestellten Antrags auf Beendigung der Erwachsenenvertretung an dieser festhält – eine andere geeignete Person als die Rechtsanwältin zum einstweiligen Erwachsenenvertreter zu bestellen haben. Für den Fall konkreter Feststellungen zum Fehlen geeigneter Personen im Sinne von § 274 Abs 2 und 3 ABGB, aber auch etwa im Sinne des § 274 Abs 4 letzter Fall ABGB (vgl 1 Ob 41/22v sowie Deixler‑Hübner/Schauer, Erwachsenenschutzrecht, Handbuch [2018] Rz 4.89 mwH) könnte auf einen Angehörigen eines einschlägigen Rechtsberufs – sollten auch weiterhin keine Rechtskenntnisse im Sinne von § 274 Abs 5 ABGB konkret erforderlich sein – nur dann zurückgegriffen werden, wenn dieser von seinem Ablehnungsrecht im Hinblick auf das von ihm deklarierte Tätigkeitsfeld voraussichtlich keinen Gebrauch machen will oder ihm wegen Listeneintragung ein solches nicht zusteht.
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