OGH 1Ob27/23m

OGH1Ob27/23m21.3.2023

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Musger als Vorsitzenden sowie die Hofräte und die Hofrätinnen Dr. Schwarzenbacher, Mag. Korn, Mag. Wessely‑Kristöfel und Dr. Parzmayr als weitere Richter in der Rechtssache der klagende Partei Dr. H*, Rechtsanwalt, *, gegen die beklagten Parteien 1. Republik Österreich (Bund), vertreten durch die Finanzprokuratur in Wien, 2. Dr. B*, vertreten durch Dr. Ingeborg Kristen, Rechtsanwältin in Wien, 3. Hon.-Prof. Dr. H*, vertreten durch die Haslinger/Nagele Rechtsanwälte GmbH in Linz, wegen 116.548,66 EUR sA und Feststellung, über den außerordentlichen Revisionsrekurs der klagenden Partei gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Wien als Rekursgericht vom 19. Dezember 2022, GZ 14 R 182/22w-50, den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2023:0010OB00027.23M.0321.000

Rechtsgebiet: Zivilrecht

Fachgebiet: Amtshaftung inkl. StEG

Entscheidungsart: Zurückweisung mangels erheblicher Rechtsfrage

 

Spruch:

Der außerordentliche Revisionsrekurs wird gemäß § 526 Abs 2 Satz 1 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 528 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Die zweit- und die drittbeklagte Partei haben die Kosten ihrer Revisionsrekursbeantwortung selbst zu tragen.

 

Begründung:

[1] Der Kläger begehrt mit (Amtshaftungs-)Klage den Ersatz des Schadens, der ihm aus der Abweisung seines Klagebegehrens in einem vor dem Landesgericht * geführten Zivilverfahren entstanden sei. Der Zweitbeklagten wirft er vor, als damalige Berichterstatterin das Plenum über einen von ihm an den Verfassungsgerichtshof gestellten Antrag getäuscht zu haben, um dessen rechtswidrige Zurückweisung zu bewirken. Der Drittbeklagte habe als Senatspräsident des Obersten Gerichtshofs einen Ablehnungsantrag unterdrückt, welchen der Kläger in Verbindung mit der Revision im Anlassverfahren gestellt habe.

[2] Die Vorinstanzen wiesen die gegen die Zweitbeklagte und den Drittbeklagten gerichtete Klage gemäß § 9 Abs 5 AHG wegen Unzulässigkeit des Rechtswegs zurück.

[3] Der außerordentliche Revisionsrekurs des Klägers ist mangels Vorliegens einer Rechtsfrage von der Qualität des § 528 Abs 1 ZPO nicht zulässig.

Rechtliche Beurteilung

[4] An der – im Einklang mit der Rechtsprechung (RS0103737 ua) stehenden – Annahme der Vorinstanzen, dass der Rechtsweg gegen die Zweitbeklagte und den Drittbeklagten unzulässig ist, weckt der Revisionsrekurswerber mit seinen Behauptungen keine Bedenken, das Handeln der beiden Organe sei „als verfassungsrechtlicher Hochverrat“ und „Verbrechen gegen die Menschlichkeit“, insbesondere als Verstoß gegen die Bestimmung des § 3a Z 2 VerbotsG und gegen Völkergewohnheitsrecht, einzuordnen und daher der Republik Österreich in keiner Weise als „Vollziehung von Gesetzen“ zuzurechnen. Grundsätzlich unterbricht weder strafgesetzwidriges oder sonst deliktisches Handeln den für die Qualifikation als Hoheitsakt erforderlichen äußeren und inneren Zusammenhang mit der hoheitlichen Aufgabe, und zwar auch dann nicht, wenn die Tat vorsätzlich begangen wird (RS0103735 [T1, T4]; vgl RS0050014). Vielmehr ist das Organ eines Rechtsträgers auch (und gerade) dann noch als in Vollziehung der Gesetze tätig anzusehen, wenn es das Gegenteil dessen tut, was seine dienstliche Pflicht wäre, oder selbst das tut, was es anderen zu wehren hätte (13 Os 21/07y = RS0050014 [T1]).

[5] 2. Der vom Kläger als Nichtigkeit ins Treffen geführte Verstoß gegen die Geschäftsverteilung des Oberlandesgerichts Wien liegt nicht vor:

[6] Die Geschäftsverteilung hat auch Regelungen für den Vertretungsfall zu enthalten. Der Vertretungsfall tritt bei jedweder Abwesenheit des ursprünglich zuständigen Richters ein. Handelt der Vertreter im Vertretungsfall, wird das Recht der Parteien auf den gesetzlichen Richter nicht verletzt. Ob in der Begründung der Entscheidung auf den Vertretungsfall Bezug genommen wird, ist unerheblich, weil es für die Rechtsverletzung allein darauf ankommt, ob der Vertretungsfall gegeben war oder nicht (RS0123066 [T1]).

[7] Wie im Akt des Oberlandesgerichts Wien durch Aktenvermerk vom 2. 3. 2023 dokumentiert, war der Vorsitzende des Rechtsmittelsenats * seit 3. 10. 2022 bis dato verhindert, sodass sich der nach der Geschäftsverteilung zur Entscheidung der Rechtssache zuständige Senat infolge der (dem Rechtsmittelwerber bekannten) Ausgeschlossenheit der Richterin * (Beschluss des Oberlandesgerichts Wien vom 21. 11. 2022 *) am 19. 12. 2022 aus den restlichen Senatsmitgliedern * als stellvertretender Vorsitzender, * und * zusammensetzte.

[8] 3. Da der Zweit- und dem Drittbeklagten die Erstattung einer Revisionsrekursbeantwortung nicht freigestellt wurde, steht ihnen für die dennoch eingebrachte Rechtsmittelbeantwortung gemäß der analog anzuwendenden Bestimmung des § 508a Abs 2 letzter Satz ZPO kein Kostenersatz zu (RS0124792).

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