OGH 3Ob184/22p

OGH3Ob184/22p17.11.2022

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Hon.‑Prof. Dr. Höllwerth als Vorsitzenden sowie den Hofrat Hon.‑Prof. Dr. Brenn, die Hofrätinnen Dr. Weixelbraun‑Mohr und Dr. Kodek und den Hofrat Dr. Stefula als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei A*, vertreten durch Dr. Helene Klaar Dr. Norbert Marschall Rechtsanwälte OG in Wien, gegen die beklagte Partei D*, vertreten durch Scheer Rechtsanwalt GmbH in Wien, wegen Ehescheidung, über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Berufungsgericht vom 28. Juni 2022, GZ 44 R 145/22g‑12, in der Fassung des Berichtigungsbeschlusses vom 26. Juli 2022, GZ 44 R 145/22g‑13, den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2022:0030OB00184.22P.1117.000

Rechtsgebiet: Zivilrecht

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Der Antrag auf Zuspruch der Kosten der Revisionsbeantwortung wird gemäß § 508a Abs 2 Satz 2 ZPO abgewiesen.

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

[1] 1. Die vom Kläger im Vorverfahren erhobene Scheidungsklage gemäß § 49 EheG wurde abgewiesen, weil die dort geltend gemachten und festgestellten Umstände kein Verschulden der (hier wie dort) Beklagten begründeten. Im nunmehr vom Kläger betriebenen Scheidungsverfahren nach § 55 EheG wandte er gegen den Verschuldensantrag der Beklagten nach § 61 Abs 3 EheG ausdrücklich nur jene Umstände ein, die bereits Gegenstand der Prüfung im Vorverfahren waren. Die Bindungswirkung des Urteils im Vorverfahren steht jedoch – wie der Kläger selbst erkannte – der Feststellung eines konträren Sachverhalts entgegen (vgl 7 Ob 96/17v mwN).

[2] 2. Für die Beurteilung, ob ein Ausspruch nach § 61 Abs 3 EheG zu fassen ist, kommt es nicht darauf an, ob der Kläger einen Scheidungstatbestand verwirklicht hat. Entscheidend ist nur, ob ihm eine Schuld an der Zerrüttung der Ehe anzulasten ist und ob, falls beiden Eheleuten ein Verschulden an der Zerrüttung vorzuwerfen ist, seine Schuld deutlich überwiegt (RS0057256). Solche Feststellungen hat das Erstgericht ohnehin in ausreichendem Maß getroffen; demnach wurde die Ehe erst (und ausschließlich) durch das vehemente Scheidungsbegehren des Klägers und die tatsächliche Einbringung der – letztlich abgewiesenen – Scheidungsklage unheilbar zerrüttet. Ausgehend davon kann aber im Ausspruch des Alleinverschuldens des Klägers an der Ehezerrüttung keine vom Obersten Gerichtshof aufzugreifende Fehlbeurteilung erblickt werden.

[3] 3. Entgegen der Behauptung des Klägers kann keine Rede davon sein, dass damit ein „vollkommen neuer Verschuldenstatbestand“ geschaffen werde, aufgrund dessen keine Ehe mehr aus dem alleinigen Verschulden des beklagten Ehepartners geschieden werden könnte, weil sich der klagende Ehegatte automatisch zumindest ein Mitverschulden durch das Einbringen der Scheidungsklage anrechnen lassen müsse. Der Kläger übersieht dabei nämlich, dass die Einbringung einer berechtigten Scheidungsklage niemals ein Verschulden des klagenden Ehepartners begründen kann.

Stichworte