European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2022:0020OB00146.22T.0927.000
Spruch:
Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels Vorliegens der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.
Begründung:
[1] Die Beklagte bietet von ihrem Sitz in Malta aus über die von ihr betriebene Website Dienstleistungen im Bereich des Glücksspiels an. Sie verfügt jedoch über keine Konzession nach dem österreichischen Glücksspielrecht.
[2] Die Klägerin nahm an von der Beklagten veranstalteten Online-Glücksspielen teil und verlor im Zeitraum Juli 2020 bis September 2021 insgesamt 36.003,06 EUR.
Rechtliche Beurteilung
[3] 1. Die behauptete Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens wurde geprüft, sie liegt nicht vor (§ 510 Abs 3 ZPO).
[4] 2. Der Oberste Gerichtshof hat – im Einklang mit der Rechtsprechung der beiden anderen österreichischen Höchstgerichte – auf Basis der einschlägigen Judikatur des EuGH in mehreren aktuellen Entscheidungen neuerlich festgehalten, dass das österreichische System der Glücksspiel-Konzessionen einschließlich der Werbemaßnahmen der Konzessionäre im hier relevanten Zeitraum nach gesamthafter Würdigung aller tatsächlichen Auswirkungen auf den Glücksspielmarkt allen vom EuGH aufgezeigten Vorgaben entspricht und nicht gegen Unionsrecht verstößt (3 Ob 200/21i, 4 Ob 223/21d, 4 Ob 63/22a, 6 Ob 8/22b, 6 Ob 59/22b, 7 Ob 96/22a).
[5] Die Beurteilung des Berufungsgerichts entspricht dieser Rechtsprechung. Die Revision zeigt keine Argumente auf, die noch nicht in die erörterte Judikatur Eingang gefunden hätten. Sekundäre Feststellungsmängel „zum Thema Unionsrechtswidrigkeit“ liegen daher nicht vor.
[6] 3. Zu den Voraussetzungen der unionsrechtlichen Zulässigkeit eines Glücksspielmonopols sowie der dadurch bewirkten Beschränkung der Dienstleistungsfreiheit liegt bereits umfangreiche Rechtsprechung des EuGH vor (vgl die Hinweise in 5 Ob 30/21d).
[7] Entgegen der Darstellung der Revisionswerberin ergibt sich aus der Entscheidung des EuGH C‑920/19 , Fluctus, kein Verbot für ein nationales Gericht, sich auf Vorentscheidungen „höherer“ (nationaler) Gerichte (hier auf in zahlreichen Parallelverfahren ergangene Entscheidungen des Obersten Gerichtshofs) zu berufen. Vielmehr sprach der EuGH darin bloß aus, dass eine gegen Art 56 AEUV verstoßende Bestimmung des nationalen Rechts auch dann nicht angewendet werden dürfe, wenn ein „höheres“ nationales Gericht diese als mit dem Unionsrecht vereinbar ansah, dessen Erwägungen aber offensichtlich nicht dem Unionsrecht entsprachen (vgl insbesondere Rn 58 der genannten Entscheidung des EuGH). Dass und bei welcher nationalen Norm dies hier der Fall gewesen wäre, vermag die Revisionswerberin nicht aufzuzeigen. Der erkennende Senat sieht daher keinen Anlass, das von der Beklagten angeregte Vorabentscheidungsersuchen zu stellen (vgl 4 Ob 223/21d, 6 Ob 59/22b, 7 Ob 96/22a, 1 Ob 74/22x).
[8] 4. Da somit Rechtsfragen iSd § 502 Abs 1 ZPO nicht zu beurteilen sind, ist die außerordentliche Revision zurückzuweisen. Dieser Beschluss bedarf keiner weiteren Begründung (§ 510 Abs 3 ZPO).
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