European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2022:0040OB00098.22Y.0923.000
Spruch:
Die Revision wird zurückgewiesen.
Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 415,29 EUR (darin 66,31 EUR 19%ige USt) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Begründung:
[1] Der Kläger erwarb von der in Deutschland ansässigen Beklagten, die eine Internetplattform für Schmuck und Edelsteine betreibt, online zwei Ringe mit Diamanten um 7.500 EUR bzw 2.250 EUR.
[2] Mit der Begründung, dass die Diamanten statt den versprochenen 15.319 EUR bzw 3.830 EUR nur 9.380 EUR bzw 2.199 EUR wert seien, begehrte der Kläger die Differenzbeträge von 5.939 EUR bzw 1.631 EUR, insgesamt 7.570 EUR, als Schadenersatz wegen arglistiger Täuschung und Verletzung von Prüfpflichten.
[3] Die Beklagte wandte unter anderem ein, sie sei nicht Vertragspartnerin des Klägers und daher nicht passiv legitimiert.
[4] Das Erstgericht sprach dem Kläger 4.270 EUR bzw 754,80 EUR zu und wies das Begehren über restliche 2.545,20 EUR unangefochten ab.
[5] Das von der Beklagten gegen die Klagsstattgebung angerufene Berufungsgericht sprach dem Kläger 1.560 EUR zu und wies weitere 3.464,80 EUR (insgesamt 6.010 EUR) ab. Es ließ die ordentliche Revision zur Frage zu, ob eine AGB-Klausel, wonach bei Freiverkaufsangeboten der Verkauf in fremdem Namen und auf fremde Rechnung erfolge und der Vertrag zwischen Einlieferer und Käufer zustande komme, gegenüber Konsumenten nach deutschem Recht unwirksam sein solle.
Rechtliche Beurteilung
[6] Damit zeigt das Berufungsgericht keine erhebliche Rechtsfrage auf. Da auch der Kläger in seiner Revision, mit der er erkennbar die Wiederherstellung des erstgerichtlichen Urteils anstrebt, das Vorliegen der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO nicht zu begründen vermag, ist die Revision entgegen dem – den Obersten Gerichtshof nicht bindenden (§ 508a Abs 1 ZPO) – Ausspruch des Berufungsgerichts nicht zulässig; die Zurückweisung des ordentlichen Rechtsmittels kann sich auf die Ausführung der Zurückweisungsgründe beschränken (§ 510 Abs 3 ZPO):
[7] 1.1. Vorab ist darauf zu verweisen, dass die Parteien unstrittig die Anwendung deutschen Sachrechts vereinbarten und dies dem Verfahren sowie dem beiderseitigen Prozessvorbringen zugrundelegten. Soweit es um die Rechtsanwendung von fremdem Recht in seinem ursprünglichen Geltungsbereich geht, fehlt es aber schon grundsätzlich an der im § 502 Abs 1 ZPO zugrunde gelegten Leitfunktion des Obersten Gerichtshofs (RS0042948 [T1]). Es ist nämlich nicht dessen Aufgabe, für die Einheitlichkeit oder gar Fortbildung ausländischen Rechts Sorge zu tragen (RS0042940 [T2, T3, T8, T19]). Eine erhebliche Rechtsfrage kann daher bei Anwendbarkeit fremden Rechts – wie hier – nur dann vorliegen, wenn dieses unzutreffend ermittelt oder eine in dessen ursprünglichem Geltungsbereich in Rechtsprechung und Lehre gefestigte Ansicht missachtet wurde oder dem Rechtsmittelgericht grobe Subsumtionsfehler unterlaufen sind, die aus Gründen der Rechtssicherheit richtiggestellt werden müssen (RS0042948 [insb T3, T4, T21, T23]; RS0042940 [T9]).
[8] 1.2. Zudem ist eine Revision trotz Zulassung durch das Gericht zweiter Instanz zurückzuweisen, wenn sie nur solche Gründe geltend macht, deren Erledigung nicht von der Lösung erheblicher Rechtsfragen abhängt (RS0102059; RS0048272 [T1]).
[9] 1.3. Die Auslegung der erstgerichtlichen Feststellungen durch die zweite Instanz ist jeweils einzelfallbezogen und begründet regelmäßig keine erhebliche Rechtsfrage (vgl RS0118891 [insb T4]).
[10] 2.1. Das Berufungsgericht vertrat zwar die Auffassung, AGB-Klauseln, wonach der Vertrag nicht mit der Beklagten zustande käme, seien nach deutschem Recht wirksam, gelangte jedoch dessen ungeachtet zu einer Klagsstattgebung, weil die Beklagte bzw deren Geschäftsführer durch die Ausstellung eines Zertifikats und einer Garantieübernahme als Auktionator und freier Sachverständiger agiert und eine der Beklagten zurechenbare Pflichtverletzung begangen habe, wofür diese nach §§ 280, 276 Abs 1 BGB hafte.
[11] 2.2. Die Zulassungsfrage nach der Gültigkeit von AGB-Klauseln, mit der sich auch die Revision fast ausschließlich beschäftigt, ist damit irrelevant, zumal das Berufungsgericht die Haftung der Beklagten aus anderem Grund ohnehin bejaht hat. Die Revision führt zur Frage dieses Haftungsgrundes und insbesondere zur Frage, warum der Kläger dadurch beschwert sein sollte, nichts aus. Dass das deutsche Recht insofern unzutreffend ermittelt oder eine in seinem ursprünglichen Geltungsbereich in Rechtsprechung und Lehre gefestigte Ansicht hintangesetzt worden wäre oder hierbei grobe Subsumtionsfehler unterlaufen wären, wird vom Kläger nicht geltend gemacht.
[12] 2.3. Schon mangels Präjudizialität dieses Fragenkreises ist daher auch der Anregung der Revision, nach § 267 AEUV den Europäischen Gerichtshof zu bemühen, nicht näherzutreten.
[13] 3.1. Das Berufungsgericht legte seinen Überlegungen zur Schadensberechnung nach der Differenzmethode zugrunde, dass die Beklagte dann, wenn sie sich pflichtgemäß verhalten hätte, Zertifikate bzw Zusicherungen erstellt hätte, welche dem tatsächlich niedrigeren Wert der Ringe entsprochen hätten. Der Schaden betrage maximal die Differenz zwischen dem Kaufpreis und dem tatsächlichem Wert, nicht aber die Differenz zwischen Kaufpreis und der Wertvorstellung des Klägers, welche diesen ungerechtfertigt bereichern würde. Die Differenzmethode ergebe, dass der Kläger verglichen mit den festgestellten objektiven Verkehrswerten einen Vermögensschaden von 1.350 EUR bzw 210 EUR erlitten habe.
[14] 3.2. Hierzu wird in der Revision ausgeführt, das Berufungsgericht entferne sich von den erstgerichtlichen Feststellungen, wonach der Kläger auch zu einem geringeren Kaufpreis gekauft hätte, wenn er den tatsächlichen Wert der Ringe gekannt hätte. Der Kläger müsse „im Sinne des Äquivalenzprinzips“ im Ergebnis so gestellt werden, als ob die ausdrücklich zugesicherten Eigenschaften tatsächlich bestünden, habe also Anspruch auf die Differenz zwischen zugesichertem und erhaltenem Wert.
[15] 3.3. Inwieweit sich das Berufungsgericht in der von der Revision behaupteten Weise von den erstgerichtlichen Feststellungen entfernt haben sollte und inwieweit dies für die Frage der Schadensberechnung relevant wäre, erschließt sich daraus nicht. Es ist insbesondere nicht nachvollziehbar, warum der Kläger bei pflichtgemäßem Verhalten der Beklagten Anspruch auf die Differenz zwischen tatsächlichen und – pflichtwidrig zu hoch – angepriesenen Werten haben sollte. Dem Argument des Berufungsgerichts, der Kläger sei nach deutscher Rechtslage so zu stellen, wie er ohne schuldhaftes Verhalten des Schädigers gestellt wäre ansonsten er ungerechtfertigt bereichert würde, setzt die Revision nichts Stichhältiges entgegen.
[16] 4.1. Zusammengefasst zeigt die Revision das Vorliegen der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO nicht auf; sie ist daher nicht zulässig und folglich zurückzuweisen.
[17] 4.2. Die Kostenentscheidung stützt sich auf §§ 41, 50 ZPO. Die fehlende Zulässigkeit der Revision wurde von der Beklagten konkret aufgezeigt. Da sie ihren Sitz in Deutschland hat, ist die dort zu entrichtende Umsatzsteuer (in Höhe von korrekt verzeichneten 19 %) zuzusprechen (RS0114955 [T12]).
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