European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2022:0100OB00033.22H.0728.000
Spruch:
Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.
Die angefochtene Entscheidung wird dahin abgeändert, dass der Beschluss des Erstgerichts wiederhergestellt wird.
Die Revisionsrekurswerber haben die Kosten ihres Rechtsmittels selbst zu tragen.
Begründung:
[1] Mit vorab per Fax am 31. März 2022 und am 4. April 2022 im Original eingelangtem Antrag vom 30. März 2022, beantragten die Kinder die Gewährung von Unterhaltsvorschüssen nach § 4 Z 2 UVG in Richtsatzhöhe.
[2] Mit Beschlüssen vom 5. April 2022 (ON 11 und ON 12) gewährte das Erstgericht den Kindern jeweils von 1. März 2022 bis 28. Februar 2027 einen monatlichen Unterhaltsvorschuss in der jeweiligen Höhe nach § 6 Abs 2 UVG.
[3] Das Rekursgericht gab dem Rekurs des Vaters, vertreten durch den bestellten Kurator, teilweise Folge und änderte die angefochtenen Beschlüsse dahin ab, dass es den Kindern die Unterhaltsvorschüsse erst ab 1. April 2022 gewährte. Den Kindern stünden Vorschüsse nach § 4 Z 2 UVG in Richtsatzhöhe zu, jedoch gemäß § 8 UVG erst mit dem Beginn des Monats, in dem der Antrag gestellt worden sei, was hier am 4. April 2022 der Fall gewesen sei, sodass eine Gewährung bereits am 1. März 2022 nicht in Betracht komme.
[4] Das Rekursgericht ließ den Revisionsrekurs nachträglich zu, weil die Anträge fristwahrend am 31. März 2022 per Fax eingebracht worden seien und das Rekursgericht somit aufgrund eines Versehens von einer unrichtigen Tatsachengrundlage ausgegangen sei.
[5] Gegen diese Entscheidung richtet sich der – vom Rekursgericht nachträglich zugelassene – Revisionsrekurs der Kinder, mit dem Antrag auf gänzliche Stattgebung ihrer Anträge; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.
[6] Die anderen Parteien haben sich am Revisionsrekursverfahren nicht beteiligt.
Rechtliche Beurteilung
[7] Der Revisionsrekurs ist aus den vom Rekursgericht genannten Gründen zulässig und berechtigt.
[8] 1. Die Kinder führen im Revisionsrekurs aus, dass die Anträge bereits am 31. März 2022 per Fax eingebracht worden seien, sodass die Unterhaltsvorschüsse nach § 8 UVG ab 1. März 2022 zu gewähren seien. Die Ausführung des Rekursgerichts, dass die Anträge erst am 4. April 2022 beim Erstgericht eingelangt seien, sei aktenwidrig.
[9] 2. Dem ist zuzustimmen:
[10] 2.1. Nach § 8 UVG sind Vorschüsse welcher Art auch immer ausnahmslos vom Beginn des Antragsmonats an zu gewähren (RS0109037). Maßgebliches Datum der Antragstellung ist somit das Einlangen des Antrags bei Gericht (10 Ob 17/14v; 7 Ob 176/99d). Bei verbesserungsbedürftigen Anträgen kommt es (bei rechtzeitiger Erfüllung eines Verbesserungsauftrags oder bei Verbesserung aus eigenem) auf das ursprüngliche Einbringungsdatum an (10 Ob 17/14v; RS0129678).
[11] 2.2. Eingaben mittels Telefax sind auch im Außerstreitverfahren in analoger Anwendung des § 89 Abs 3 GOG iVm § 60 Geo zulässig und fristenwahrend, müssen jedoch durch Nachbringung der Originalunterschrift verbessert werden (Schneider in Schneider/Verweijen, AußStrG [2019] § 10 Rz 7; G. Kodek in Gitschthaler/Höllwerth, AußStrG I2 § 10 Rz 8). Im Fehlen der Unterschrift liegt ein Formgebrechen, das durch Verbesserung zu beseitigen ist, wobei es keinen Unterschied macht, ob die Verbesserung aus eigenem Antrieb der Partei (durch Nachreichung eines Bestätigungsschriftsatzes innerhalb angemessener Frist) oder aufgrund eines gerichtlichen Auftrags erfolgt (RS0006955 [T9]).
[12] 2.3. Auch bei einem per Telefax eingebrachten Antrag auf Gewährung von Unterhaltsvorschüssen gilt als Antragsdatum somit – bei anschließender rechtzeitiger Verbesserung, sei es aufgrund eines Verbesserungsauftrags, sei es aus eigenem – dasjenige, zu dem das Telefax bei Gericht eingelangt ist (Neumayr in Schwimann/Kodek, ABGB Praxiskommentar5 [2019] § 8 UVG Rz 1).
[13] 2.4. Im vorliegenden Fall ist aktenkundig, dass die Anträge der Kinder per Fax am 31. März 2022 beim Erstgericht einlangten. Aufgrund des Einlangens der Bestätigungsschriftsätze einige Tage später wurden die Formgebrechen beseitigt, sodass die Anträge als noch im März eingebracht anzusehen sind. Daraus folgt nach § 8 UVG eine Gewährung der – ansonsten nicht strittigen – Unterhaltsvorschüsse bereits mit Beginn dieses Monats.
[14] 3. Dem Revisionsrekurs war daher Folge zu geben und die Entscheidung des Erstgerichts wiederherzustellen.
[15] 4. Im Unterhaltsvorschussverfahren findet kein Kostenersatz statt (§ 10a UVG).
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