OGH 6Ob110/22b

OGH6Ob110/22b22.6.2022

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Hon.‑Prof. Dr. Gitschthaler als Vorsitzenden sowie die Hofrätinnen und Hofräte Dr. Nowotny, Dr. Hofer‑Zeni‑Rennhofer, Dr. Faber und Mag. Pertmayr als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei S*, vertreten durch MMag. Dr. Claus Casati, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei M* N*, vertreten durch Mag. Wolfgang Gartner, Rechtsanwalt in Wien, wegen Räumung, über die außerordentliche Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Berufungsgericht vom 7. April 2022, GZ 40 R 31/22p‑42, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2022:0060OB00110.22B.0622.000

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

 

Begründung:

[1] Der zwischen der Klägerin und einem näher bezeichneten Fischereiverein geschlossene (Haupt-)Bestandvertrag wurde von der Klägerin gerichtlich aufgekündigt. Der Verein erhob dagegen keine Einwendungen.

[2] Das Erstgericht gab der von der Klägerin als Eigentümerin erhobenen Räumungsklage gegenüber dem Beklagten als Afterbestandnehmer des Vereins statt.

[3] Das Berufungsgericht bestätigte dieses Urteil.

[4] In seiner dagegen erhobenen außerordentlichen Revision kann der Beklagte keine erhebliche Rechtsfrage aufwerfen (§ 510 Abs 3 ZPO):

Rechtliche Beurteilung

[5] 1. Derjenige, der sich im Prozess auf die Unwirksamkeit eines Geschäfts wegen kollusiven Verhaltens stützt, trägt diesbezüglich die Beweislast (1 Ob 6/17i).

[6] 2. Der Beklagte vermag nicht darzustellen, aus welchem Grund angesichts der bereits bestehenden Rechtsprechung dazu, wann kollusives Handeln anzunehmen ist (vgl nur 4 Ob 544/90; RS0083005; RS0061587 [T4]; RS0132027), ein Bedarf an einer weiteren höchstgerichtlichen Entscheidung bestehen sollte. Dies ist umso weniger zu erkennen, als er nicht darlegt, warum der Fall einer gerichtlichen Aufkündigung samt unterbliebenen Einwendungen im Hinblick auf kollusives Vorgehen wertungsmäßig anders gelagert sein sollte als der vom Berufungsgericht zitierte bereits entschiedene Fall des Abschlusses eines prätorischen Vergleichs (3 Ob 71/21v; vgl im Übrigen schon 1 Ob 9/04m zu einem Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung, mit der der Eigentümerin verboten werden sollte, mit der Hauptmieterin einen Räumungsvergleich abzuschließen).

[7] 3. Dass das Berufungsgericht mit seiner Entscheidung von den in der Rechtsprechung des Höchstgerichts entwickelten Leitlinien zur Frage des Vorliegens kollusiven Verhaltens oder einer bewusst sittenwidrigen Schädigung (RS0083005) abgewichen wäre, kann der Beklagte nicht aufzeigen.

[8] Nach den Feststellungen trat der Fischereiverein der Aufkündigung nicht entgegen, weil er diese in Anbetracht der vertraglichen Textierung als rechtsgültig angesehen hatte. Dass es hinsichtlich der Aufkündigung Absprachen der Klägerin mit dem Fischereiverein gegeben hätte, war nicht feststellbar. In der Beurteilung, dass daraus kein kollusives Verhalten abzuleiten sei, liegt jedenfalls keine klare Fehlbeurteilung, zumal den Feststellungen weder eine bewusste Schädigung der Unterbestandnehmer durch die Klägerin oder den Verein (bei Unterbleiben von Einwendungen) bzw ein objektives Zusammenwirken (der Verein nahm die gerichtliche Aufkündigung bloß hin) oder eine Absprache zu diesem Verhalten zwischen den Streitteilen zu entnehmen ist. Angesichts der Rechtsunsicherheit zur Frage, ob das Bestandverhältnis überhaupt dem Mietrechtsgesetz unterläge, ist überdies nicht ersichtlich, in welcher Weise der Verein bei Hinnahme der Kündigung bewusst widerrechtlich gehandelt haben sollte (vgl zu gleichgelagerten Fällen bereits 9 Ob 24/22b; 6 Ob 57/22h; 6 Ob 40/22h).

[9] 4. Mit den Ausführungen dazu, dass die Klägerin mit der Räumungsklage lediglich den Zweck verfolge, Eigentum an den auf den Bestandflächen befindlichen Superädifikaten zu erlangen, entfernt sich der Beklagte vom festgestellten Sachverhalt und führt die Rechtsrüge insofern nicht gesetzmäßig aus.

[10] 5. Nach ständiger Rechtsprechung können, wenn eine Rechtsrüge in der Berufung nur zu bestimmten Punkten ausgeführt wurde, andere Punkte in der Revision nicht mehr geltend gemacht werden (stRsp, s bloß 2 Ob 204/20v). Darauf, dass die Klägerin einem Kontrahierungszwang unterliege, weil ihr eine Monopolstellung in Bezug auf die Ausübung der Daubelfischerei zukomme, hat sich der Beklagte in seiner Berufung nicht gestützt. Gleiches gilt für den Einwand, der erwirkten Aufkündigung stehe ein zwischen dem Beklagten als Afterbestandnehmer und der Klägerin als Bestandgeberin bestehendes Rechtsverhältnis entgegen. Diesbezügliche, in zweiter Instanz nicht erhobene Einwände können in dritter Instanz nicht mehr geltend gemacht werden; sie können daher auch die Zulässigkeit der Revision nicht begründen (2 Ob 74/18y).

Stichworte