OGH 1Ob62/22g

OGH1Ob62/22g18.5.2022

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Univ.‑Prof. Dr. Bydlinski als Vorsitzenden sowie die Hofräte und die Hofrätin Mag. Wurzer, Mag. Dr. Wurdinger, Mag. Wessely‑Kristöfel und Dr. Parzmayr als weitere Richter in der außerstreitigen Rechtssache der Antragsteller 1. R*, 2. E*, und 3. U*, 4. K*, und 5. C*, 6. H*, 7. E*, und 8. M*, 9. W*, und 10. S*, alle vertreten durch Mag. Jörg Grössbauer, Rechtsanwalt in Leibnitz, gegen den Antragsgegner W*, vertreten durch Dr. Christoph Klauser, Rechtsanwalt in Deutschlandsberg, wegen Einräumung eines Notwegs, über den außerordentlichen Revisionsrekurs des Antragsgegners gegen den Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Graz als Rekursgericht vom 9. Dezember 2021, GZ 3 R 46/21p‑40, mit dem der Beschluss des Bezirksgerichts Leibnitz vom 27. Jänner 2021, GZ 10 Nc 1/20v‑33, aufgehoben wurde, den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2022:0010OB00062.22G.0518.000

 

Spruch:

Die Revisionsrekursbeantwortung wird zurückgewiesen.

Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.

 

Begründung:

[1] Der Antragsgegner ist Eigentümer ua der Grundstücke 770/2, 772/1 und 776 desselben Grundbuchs. Mehrere im Eigentum des Erstantragstellers stehende Grundstücke und mehrere im Miteigentum des Zweit- und der Drittantragstellerin stehende Grundstücke sowie jeweils ein im Miteigentum des Viert- und der Fünftantragstellerin, im Miteigentum des Sechst-, der Siebent- und der Achtantragstellerin undim Miteigentum des Neunt- und der Zehntantragstellerin stehendes Grundstück werden über den sogenannten H*weg erschlossen.

[2] Die Wegbreite des H*wegs wurde ua zwischen den Rechtsvorgängern der Antragsteller und des Antragsgegners in einer am 2. 3. 1968 geschlossenen Vereinbarung mit 2,40 m festgelegt. Er weist eine asphaltierte Breite von zwischen 2,40 m und 2,70 m auf. Der Antragsgegner stellte Ende 2006/Anfang 2007 am südlichen Rand des H*wegs – auch im Bereich der Grundstücke 770/2 und 776 – zunächst kleinere und dann im Jahr 2009 auch derzeit noch dort befindliche, ca 1,20 m hohe Eisenstangen auf, die am oberen Rand so verschlagen sind, dass sich zur Straße hin gewandt scharfe Kanten ausbilden. In diesem Bereich ist teilweise der gegenüberliegende nördliche Fahrbahnrand mit erhöhten Granitrandleisten befestigt, die die Gemeinde im Jahr 2016 angebracht hat. Durch das Hineinragen der Eisenstangen ergibt sich eine Durchfahrtslücke von nur 2,40 m, die keinesfalls ausreichend ist, um mit einem LKW in der üblichen Breite von 2,50 m durchzufahren. Unter Berücksichtigung, dass die Außenspiegel seitlich um bis zu 30 cm hinausragen, ergibt sich ein Gesamtfahrkanalbreitenbedarf von mindestens 3 m bis 3,10 m. Der H*weg verläuft ausgehend von seiner Einmündung in den Höhenweg K* bis zur Grenze zwischen den Grundstücken 772/1 und 776 zur Gänze auf dem Grundstück 1650 der Gemeinde (Vereinbarung zwischen dem Antragsgegner und der Gemeinde vom 27. 3. 2019).

[3] Der Antragsgegner wurde mit Urteil des Bezirksgerichts Leibnitz vom 6. 11. 2013 in einem Vorprozess schuldig gesprochen, zu Gunsten der Grundstücke des Zweit- und der Drittantragstellerin in die grundbücherliche Einverleibung der Dienstbarkeit des Gehens und Fahrens mit Fahrzeugen aller Art entsprechend der Vereinbarung vom 2. 3. 1968 zu Lasten seiner Grundstücke 770/2 und 776 einzuwilligen. Das Mehrbegehren des Zweit- und der Drittantragstellerin, der Antragsgegner habe jede Einschränkung ihres Geh- und Fahrtrechts über die Grundstücke 770/2 und 776 mit Fahrzeugen aller Art unter einer zur Verfügung stehenden lichten Wegbreite von 3 m nicht nur im Bodenbereich, sondern auf die gesamte Höhe der den Weg berechtigt nutzenden Fahrzeuge, insbesondere jede Beeinträchtigung durch das Einschlagen von Holzpflöcken, zu unterlassen, wurde unter einem rechtskräftig abgewiesen.

[4] Die Antragsteller begehrten die Einräumung eines Notwegs für die jeweils ihnen gehörigen Grundstücke über die im Eigentum des Antragsgegners stehenden Grundstücke „ausgehend von der Einmündung des H*wegs in den Höhenweg K* bis zur Grenze zwischen dem Grundstück 770/2 des Antragsgegners und 769 des Erstantragstellers [...] und zwar durch Erweiterung der befahrbaren und befestigten Fahrbahnbreite von bisher durchschnittlich 2,50 m auf durchschnittlich 2,90 m und des zur Verfügung stehenden freien Luftraums auf 3,50 m“. Die Zufahrt zu den Grundstücken der Antragsteller erfolge ausgehend von der öffentlichen Straße mit der Bezeichnung Höhenweg K* derart, dass im Bereich einer 180° Kehre der H*weg abzweige. Es handle sich dabei um eine Wegstrecke von ca 25 bis 30 m, die auf öffentlichem Straßengrund verlaufe und dem Gemeindegrundstück 1650 zugeschrieben sei. Im Anschluss daran führe der H*weg über die Grundstücke 772/1, 776 und 770/2 des Antragsgegners. Den Antragstellern komme aus einer zivilrechtlichen Dienstbarkeit ein Fahrrecht daran zu, allerdings nicht in einer Breite, welche die problemlose Zufahrt auch mit LKW heute üblicher Bauart ermögliche. Andere Zufahrtsmöglichkeiten bestünden nicht.

[5] Der Antragsgegnerentgegnete im Wesentlichen, dass eine Fahrbahnbreite von 2,50 m ausreiche. Der Luftraum sei durch die vom Antragsgegner gesetzten Eisenstipfel auch nur Richtung Süden begrenzt. Alle Anwesen der Antragsteller könnten problemlos mit PKW und LKW über den vorhandenen Weg erreicht werden. Soweit die Antragsteller die Entfernung der Eisenstangen anstrebten, werde Unzulässigkeit des außerstreitigen Rechtswegs eingewandt. Da allen Antragstellern aufgrund der Vereinbarung vom 2. 3. 1968 die Dienstbarkeit des Geh- und Fahrrechts am H*weg zustehe, sei der außerstreitige Rechtsweg auch aus diesem Grund unzulässig. Der Mangel der Wegverbindung sei zudem auf die auffallende Sorglosigkeit der Antragsteller zurückzuführen, weil sie es unterlassen hätten, dafür zu sorgen, dass die Gemeindestraße über die Grundstücke 1654/1 und 1654/2 erhalten bleibe. Auch hätten sie es im Zuge des Um- und Ausbaus bzw der Neuerrichtung ihrer Häuser unterlassen, sich um eine Verbreiterung des H*wegs bzw eine Verbindung zum öffentlichen Wegenetz zu kümmern. Auch durch die jahrelange Duldung der Eisenpflöcke seit 2009 hätten sie ihr Antragsrecht nach dem NWG verwirkt.

[6] Das Erstgericht wies die Anträge des Erstantragstellerssowie der Viert- bis Zehntantragsteller auf Einräumung des begehrten Notwegs ab (Spruchpunkt 1.). Dem Antrag des Zweit- und der Drittantragstellerin gab es teilweise statt, indem es diesen – ohne Verpflichtung zur Leistung einer Entschädigung – einen Notweg über die Grundstücke 770/2 und 776 des Antragsgegners ausgehend von der Grundstücksgrenze zwischen den Grundstücken 772/1 und 776 bis zur Grenze zwischen dem Grundstück 770/2 des Antragsgegners und 769 des Erstantragstellers einräumte, und zwar (nur) durch Erweiterung des zur Verfügung stehenden freien Luftraums des H*wegs auf 3 m (Spruchpunkt 3.). Das Mehrbegehren des Zweit- und der Drittantragstellerin wies es ab (Spruchpunkte 2. und 4.). Die Anträge des Erstantragstellers und der Viert- bis Zehntantragsteller seien sachlich nicht berechtigt, weil sie das Bestehen einer Wegdienstbarkeit behaupteten und ihre Ansprüche daher zunächst im streitigen Verfahren geltend zu machen hätten. Der Antrag des Zweit- und der Drittantragstellerin auf Einräumung eines Notwegs über das Grundstück 772/1 sei aus demselben Grund abzuweisen, weil dieses Grundstück nicht Streitgegenstand im Vorverfahren gewesen sei. Im Übrigen sei der Antrag des Zweit- und der Drittantragstellerin zulässig. Da nach den Feststellungen für das Zufahren mit einem LKW das Wegdrehen der vom Antragsgegner aufgestellten Eisenstangen ausreiche, sei eine darüber hinausgehende Einräumung eines Notwegs in Form der Erweiterung der befahrbaren und befestigten Fahrbahnbreite nicht erforderlich und dieses Mehrbegehren abzuweisen. Da das bloße Wegdrehen der Eisenstangen dem Antragsgegner keinen messbaren Schaden zufüge, habe die Einholung eines Sachverständigengutachtens unterbleiben können. Soweit der Weg ausgehend von der Einmündung des H*wegs in den Höhenweg K* bis zur Grenze zwischen den Grundstücken 770/2 des Antragsgegners und 769 des Erstantragstellers über das Grundstück 1650 verlaufe, sei der Antrag abzuweisen, weil dieses Grundstück nicht Gegenstand des Antrags sei und nach den Feststellungen die befestigte Fahrbahnbreite (im dortigen Bereich) ohnehin ausreiche.

[7] Das Rekursgericht gab den Rekursen der Antragsteller und des Antragsgegners Folge, hob den erstinstanzlichen Beschluss auf und verwies die Rechtssache zur neuerlichen Entscheidung nach Verfahrensergänzung an das Erstgericht zurück. Die Antragsteller strebten die Einräumung eines Notwegs durch Erweiterung einer bereits bestehenden Wegdienstbarkeit an. Folgerichtig hätten sie im erstinstanzlichen Verfahren ausdrücklich vorgebracht, dass sie gerade keinen zivilrechtlich durchsetzbaren Anspruch auf eine Wegdienstbarkeit hätten, welche in der Breite den Erfordernissen von Hauszufahrten entspreche. Weiters sei in dieser Hinsicht weder ein streitiges Zivilverfahren (der Antragsteller gegen den Antragsgegner) anhängig, noch bestünden nach den Ergebnissen des Verfahrens erster Instanz Anhaltspunkte dafür, dass die Antragsteller einem solchen Verfahren unberechtigterweise ausweichen wollten. Zudem seien bereits der Zweit- und die Drittantragstellerin mit einem entsprechenden Klagebegehren im streitigen Zivilrechtsweg gescheitert. Die (anderen) Antragsteller seien nicht verpflichtet, vor dem Antrag auf Einräumung eines Notwegs zunächst einen nahezu als aussichtslos zu beurteilenden Zivilprozess über den Umfang der Wegdienstbarkeit zu führen. Der Rekurs gegen die Abweisung der Anträge des Erstantragstellers und der Viert- bis Zehntantragsteller seidaher berechtigt. Auch der Rekurs gegen die Teilabweisung des Antrags des Zweit- und der Drittantragstellerin betreffend das gegnerische Grundstück 772/1 seiaus diesem Grund berechtigt. Im Vorverfahren seiden beiden ja gerade keine Dienstbarkeit in der von ihnen begehrten Wegbreite zugestanden worden. Im fortgesetzten Verfahren werde das Erstgericht die erforderliche Tatsachengrundlage zur Beurteilung der behaupteten Notwendigkeit eines Notwegs betreffend aller Antragsteller zu schaffen haben.

[8] Nach dem festgestellten Sachverhalt werden die Grundstücke des Zweit- und der Drittantragstellerin, auf welchen sich auch ihre Wohnliegenschaft befinde, durch den H*weg erschlossen. Da die aktuell (aufgrund der bestehenden Dienstbarkeit) verfügbare Wegbreite von 2,40 m für ein Befahren mit LKW einer Breite von 2,50 bzw 2,55 m nicht ausreiche, komme dem Zweit- und der Drittantragstellerin grundsätzlich ein Anspruch auf Einräumung eines über die Wegdienstbarkeit hinausgehenden Notwegs zu. Der Rechtsansicht des Erstgerichts, es könne mit der Erweiterung des zur Verfügung stehenden freien Luftraums durch Wegdrehen der vom Antragsgegner in den Boden eingeschlagenen Eisenstangen ein Auslangen gefunden werden, werde vom Rekursgericht nicht beigetreten.

[9] Der Einwand des Antragsgegners, die gegnerischen Grundeigentümer hätten eine auffallende Sorglosigkeit gemäß § 2 NWG zu vertreten, könne mangels ausreichender erstgerichtlicher Tatsachenfeststellungen zu diesen Behauptungen allerdings noch nicht abschließend beurteilt werden, weshalb der angefochtene Beschluss in seinem Punkt 3.) wegen sekundärer Feststellungsmängel aufzuheben sei. Soweit sich der Antragsgegner im Rekurs in diesem Zusammenhang auf das Urteil des Bezirksgerichts Leibnitz vom 6. 11. 2013 berufe, werde darauf hingewiesen, dass im dortigen Verfahren mangels Ablaufs der Ersitzungszeit gerade keine Ersitzung einer (über 2,40 m hinausgehenden) breiteren Wegfläche des Dienstbarkeitswegs angenommen worden sei, weil die Verbreiterung des H*wegs erst 2005 erfolgt sei. Eine Freiheitsersitzung nach § 1488 ABGB scheide dann aus, weshalb sich eine auf die Duldung der Eisenstangen seit 2009 gestützte auffallende Sorglosigkeit der Antragsteller nicht ableiten ließe. Sollte nach Erörterung und Verfahrensergänzung eine auffallende Sorglosigkeit der Antragsteller zu verneinen sein und ihnen grundsätzlich ein Notwegerecht zukommen, sei von Amts wegen zu prüfen, ob (und bei Bejahung in welcher Höhe) dem Antragsgegner als Eigentümer der belasteten Liegenschaften für den dadurch entstehenden „Schaden“ eine Entschädigung zu leisten ist. Im fortgesetzten Verfahren sei daher – soweit der Anspruch auf einen Notweg grundsätzlich bejaht werden sollte – ein Sachverständiger nach § 12 NWG einerseits zur Frage der Realisierbarkeit und Gestaltung des Notwegs und andererseits zur Ermittlung des allfälligen Entschädigungsanspruchs des Antragsgegners beizuziehen.

[10] Entgegen der rechtlichen Beurteilung des Erstgerichts setze das NWG nicht zwingend voraus, dass der Antragsteller bereits im Antrag alle betroffenen Liegenschaften nenne. Dass die Breite der Fahrbahn im Bereich der vom öffentlichen Grundstück 1650 umfassten Wegfläche ausreiche, könne dem festgestellten Sachverhalt nicht eindeutig entnommen werden. Dementsprechend werde das (allfällige) Notwegebedürfnis der Antragsteller in jenem Bereich, in dem der H*weg über das Grundstück 1650 verlaufe, deutlicher festzustellen sein. Die Gemeinde als Eigentümerin des betroffenen Grundstücks 1650 sei aus diesem Grund im zweiten Rechtsgang gemäß § 12 Abs 2 NWG dem Verfahren von Amts wegen beizuziehen, da offenbar eine Belastung dieses Grundstücks zur zweckmäßigen Gestaltung des Notwegs erforderlich sei.

[11] Das Rekursgericht erklärte den ordentlichen Revisionsrekurs nach § 62 Abs 1 iVm § 64 Abs 1 AußStrG für zulässig, weil sich die erhebliche Rechtsfrage stelle, ob jene Antragsteller, die noch keinen Prozess über die Wegdienstbarkeit geführt hätten, verpflichtet sind, vor dem Antrag auf Einräumung eines Notwegs Klage im streitigen Zivilverfahren betreffend den begehrten erweiterten Umfang des Zufahrtswegs zu erheben.

[12] Dagegen richtet sich der Revisionsrekurs des Antragsgegners, der auf eine gänzliche Antragsabweisung abzielt.

[13] Die von den Antragstellern am 23. 3. 2022 eingebrachte Revisionsrekursbeantwortung ist verspätet, weil ihrem Rechtsvertreter das Rechtsmittel mit Zustellzeitpunkt 8. 3. 2022 zugestellt wurde und der letzte Tag der zweiwöchigen Frist (§ 68 Abs 1 AußStrG iVm § 9 Abs 3 NWG) daher der 22. 3. 2022 war.

Rechtliche Beurteilung

[14] Entgegen dem – den Obersten Gerichtshof nicht bindenden – Ausspruch des Rekursgerichts ist der Revisionsrekurs mangels Vorliegens einer erheblichen Rechtsfrage im Sinn des § 62 Abs 1 AußStrG nicht zulässig.

[15] 1.1 Der Antrag auf Einräumung eines Notwegs ist kein Mittel um die Ausübung bereits erworbener Rechte durchzusetzen (RIS‑Justiz RS0070893). Demgemäß besteht kein Anspruch auf Einräumung eines Notwegs, wenn der Antragsteller das Bestehen einer Wegdienstbarkeit behauptet und darüber entweder ein Verfahren anhängig ist oder der Antragsteller einem solchen Verfahren durch den Antrag auf Einräumung eines Notwegs ausweichen will (RS0070984 [T1]). Das gilt aber nur, sofern Identität des festzustellenden oder einzuräumenden Rechts gegeben ist (RS0070984 [T2]). Nur das Bestehen einer gleichwertigen Wegdienstbarkeit schließt die Einräumung eines Notwegs aus, nicht aber die Behauptung, der Antragsteller könne sich ein solches Recht verschaffen (RS0070984 [T3]). Ein Antrag auf Einräumung eines Notwegs ist daher zulässig, wenn inhaltlich eine Entscheidung über die Einräumung eines Notwegs durch Erweiterung einer bereits bestehenden Wegdienstbarkeit angestrebt wird (RS0070984 [T4]).

[16] 1.2 Das ist hier – wie das Rekursgericht zutreffend erkannt hat – nicht nur nach dem Vorbringen der Antragsteller und ihrem damit in Einklang stehenden Begehren der Fall. Dass den Antragstellern die (am 2. 3. 1968 vereinbarte) Dienstbarkeit des Geh- und Fahrrechts am H*weg nur auf einer Fahrbahnbreite von 2,40 m zusteht, entspricht auch dem Standpunkt des Antragsgegners, der argumentiert, es handle sich um eine gemessene Dienstbarkeit, deren Erweiterung unzulässig sei. Seine Behauptung im Revisionsrekurs, die Durchsetzung der von den Antragstellern behaupteten Rechte im streitigen Rechtsweg wäre keineswegs von vornherein aussichtslos, übergeht daher das wechselseitige Vorbringen der Parteien und die auf eine Erweiterung der bestehenden Dienstbarkeit abzielenden Anträge der Prozessgegner. Eine Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung wirft er damit nicht auf.

[17] 2.1 Nach § 2 Abs 1 NWG ist das Begehren auf Einräumung eines Notwegs dann unzulässig, wenn der Mangel der Wegeverbindung auf eine auffallende Sorglosigkeit des Grundeigentümers zurückzuführen ist. Die Nachlässigkeit der Parteien soll durch die Bestimmungen des NWG nicht gefördert werden, lediglich der schuldlose und damit schutzwürdige Erwerber einer Liegenschaft soll geschützt werden (RS0071074). Die Fehleinschätzung des Wegebedarfs durch den Eigentümer der notleidenden Liegenschaft indiziert in der Regel eine auffallende Sorglosigkeit im Sinn des § 2 Abs 1 NWG (RS0071038 [T2]; RS0071074 [T2]). Dahinter steht der Gedanke des qualifiziert selbstverschuldeten Notstands (6 Ob 711/84 mwN). Ob der Eigentümer des notleidenden Grundstücks auffallend sorglos gehandelt hat, ist stets nach den Umständen des Einzelfalls zu beurteilen (RS0071136 [T2, T5, T7]).

[18] 2.2 Das Rekursgericht erachtete es – ausgehend von dieser Rechtslage – für erforderlich, die erstgerichtlichen Feststellungen zu den entsprechenden Behauptungen des Antragsgegners zu ergänzen. Dem kann der Oberste Gerichtshof, der selbst keine Tatsacheninstanz ist, nicht entgegentreten (RS0042179 [T3]).

[19] 2.3 Der Revisionsrekurswerber hält dem entgegen, die Tatsachengrundlage reiche aus, um die Notwegeanträge wegen auffallender Sorglosigkeit aller Antragsteller abzuweisen. Nach den erstinstanzlichen Feststellungen sei das Passieren mit LKW wegen des Hineinragens der seit 2009 am südlichen Rand angebrachten Eisenstangen in den Luftraum des H*wegs nur durch Wegdrücken oder Wegdrehen der Stangen möglich gewesen und seien die Antragsteller in Kenntnis dieses Umstands zehn Jahre untätig geblieben und hätten sich nicht gegen seine Maßnahmen gewehrt, sondern ihre Anwesen vielmehr aus- und umgebaut bzw sogar neu errichtet.

[20] Damit bringt der Revisionsrekurswerber allerdings keine unrichtige rechtliche Beurteilung des Rekursgerichts zur Darstellung. Abgesehen davon, dass die Durchfahrt, wenngleich mit Mühe, auch nach dem Jahr 2009 bis zum Versetzen der Granitrandleisten im Jahr 2016 noch mit LKW und Einsatzfahrzeugen zu bewerkstelligen war, lässt der Antragsgegner völlig offen, welche erfolgsversprechenden Schritte die Antragsteller in dieser Situation hätten setzen können, um für eine hinreichende Verbindung mit dem öffentlichen Wegenetz Sorge zu tragen. Dieses Ziel wäre mit den dem Antragsgegner vor Augen stehenden Besitzstörungsklagen jedenfalls nicht zu erreichen gewesen, weil sie dadurch nicht das Recht erlangt hätten, den Weg in einer über 2,40 m hinausgehenden Breite zu benutzen. Bereits das Rekursgericht hat darauf hingewiesen, dass eine Freiheitsersitzung nach § 1488 ABGB überhaupt nur in Betracht käme, wenn die Antragsteller zuvor ein entsprechendes – über den Umfang der seinerzeitigen Vereinbarung hinausgehendes – Dienstbarkeitsrecht ersessen hätten. Der Anspruch auf Einräumung eines Notwegs ist gemäß § 8 Abs 1 NWG unverjährbar, sodass es unschädlich ist, dass nicht schon früher ein Antrag gestellt wurde.

[21] 3. Des Weiteren meint der Revisionsrekurswerber, das Rekursgericht habe dem Erstgericht zu Unrecht aufgetragen, die Gemeinde als Eigentümerin des Grundstücks 1650 von Amts wegen in das Verfahren einzubeziehen.

[22] Das über einen Notwegeantrag entscheidende Gericht ist nicht an den Antrag des Antragstellers gebunden und kann gemäß § 12 Abs 3 NWG auch andere Liegenschaften in die Entscheidung einbeziehen, sofern dies zweckmäßig ist (RS0087835 [T2]). Das gilt nur dann nicht, wenn der Antragsteller eine in das Verfahren einbezogene, nahe liegende Notwegvariante nicht berücksichtigt und nicht in seinen Antrag aufnimmt (RS0087835 [T3]).

[23] Einen Notweg auf Gemeindegrund streben die Antragsteller, deren Antrag sich ausschließlich auf die Grundstücke 770/2, 772/1 und 776 des Antragsgegners, nicht aber auf das öffentliche Weggrundstück 1650 bezieht, nach ihrer Darstellung nicht an. Sie begehren aber offenbar die Erweiterung auch des – ausgehend von seiner Einmündung in den Höhenweg K* bis zur Grenze zwischen den Grundstücken 772/1 und 776 nach den Feststellungen zur Gänze – über das Grundstück 1650 verlaufenden Teils des H*wegs zu Lasten des Grundstücks 772/1 des Antragsgegners. Eine Verbreiterung der über das Grundstück 1650 verlaufenden Fahrbahn und die hierfür erforderlichen Arbeiten (wie Befestigung und Asphaltierung) unter Einbeziehung von Teilen des Grundstücks 772/1 (deren Notwendigkeit sich den erstinstanzlichen Feststellungen, wie das Rekursgericht ausgeführt hat, bislang nicht eindeutig entnehmen lässt) würde jedenfalls die Rechtssphäre der Gemeinde berühren. Es ist daher nicht zu beanstanden, dass das Rekursgericht die amtswegige Einbeziehung der Gemeinde als Eigentümerin des Grundstücks 1650 in das Verfahren angeordnet hat.

[24] 4. Eine Anrufung des Obersten Gerichtshofs in Kostenfragen ist ausgeschlossen und gemäß § 62 Abs 2 Z 1 AußStrG jedenfalls unzulässig. Unter „Kostenpunkt“ ist nicht nur die Bemessung der Kosten zu verstehen, sondern auch, ob überhaupt ein Anspruch auf Kostenersatz besteht, wem dieser zusteht, oder die Ablehnung einer Kostenentscheidung (RS0111498).

[25] 5. Insgesamt gelingt es dem Antragsgegner nicht, mit seinen Ausführungen eine erhebliche Rechtsfrage aufzuzeigen. Der Revisionsrekurs ist daher zurückzuweisen.

[26] 6. Eine Kostenersatzpflicht trifft nach § 25 Abs 1 NWG grundsätzlich nur den Eigentümer des notleidenden Grundstücks (vgl RS0071335), hier also die Antragsteller. Davon umfasst sind allerdings nur zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung und -verteidigung notwendige Kosten des Antragsgegners. Dazu gehört ein unzulässiges Rechtsmittel nicht (so zumindest implizit 1 Ob 88/99v; 3 Ob 79/21w; gegenteilig offenbar 8 Ob 91/14m; 4 Ob 56/20v; 4 Ob 74/21t).

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