OGH 26Ds14/21i

OGH26Ds14/21i12.5.2022

Der Oberste Gerichtshof als Disziplinargericht für Rechtsanwälte und Rechtsanwaltsanwärter hat am 12. Mai 2022 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon.‑Prof. Dr. Kirchbacher als Vorsitzenden, die Senatspräsidentin des Obersten Gerichtshofs Dr. Grohmann sowie die Anwaltsrichter Mag. Stolz und Dr. Broesigke in der Disziplinarsache gegen *, Rechtsanwalt in *, wegen der Disziplinarvergehen der Verletzung von Berufspflichten und der Beeinträchtigung von Ehre oder Ansehen des Standes über die Berufung des Beschuldigten gegen das Erkenntnis des Disziplinarrats der Rechtsanwaltskammer Wien vom 27. April 2021, AZ D 223/19, nach mündlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwalt Dr. Ulrich, des Kammeranwalts Dr. Meyenburg und des Beschuldigten zu Recht erkannt:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2022:0260DS00014.21I.0512.000

 

Spruch:

 

Der Berufung wird nicht Folge gegeben.

Dem Beschuldigten fallen auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

 

Gründe:

[1] Mit dem angefochtenen Erkenntnis wurde der Beschuldigte der Disziplinarvergehen der Verletzung von Berufspflichten und der Beeinträchtigung von Ehre oder Ansehen des Standes nach § 1 Abs 1 erster und zweiter Fall DSt schuldig erkannt.

[2] Danach hat er als Vertreter des * mit Sachverhaltsdarstellung vom 20. August 2019 gegenüber der Staatsanwaltschaft Wien ohne ausreichende inhaltliche und rechtliche Vorprüfung und zum Teil bloß mittels Verweises auf ein Schriftstück seines Klienten strafrechtliche Vorwürfe gegen *, Rechtsanwalt in *, wegen Beitragstäterschaft zum schweren Betrug nach §§ 146, 147 StGB erhoben, „wobei bereits am 22. 08. 2019 durch die Staatsanwaltschaft Wien mangels Anfangsverdachts von der Einleitung eines Ermittlungsverfahrens abgesehen wurde“.

Rechtliche Beurteilung

[3] Gegen das Erkenntnis richtet sich die auch Nichtigkeit gemäß § 281 Abs 1 Z 5 und (der Sache nach) 9 lit a StPO reklamierende Berufung des Beschuldigten wegen der Aussprüche über die Schuld und die Strafe.

[4] Die Berufung verfehlt ihr Ziel.

[5] Indem die Mängelrüge (Z 5) „mangelhafte Erhebung des Sachverhaltes und Mangelhaftigkeit des Verfahrens“ vorbringt, orientiert sie sich nicht an den Anfechtungskategorien des herangezogenen Nichtigkeitsgrundes (vgl RIS‑Justiz RS0120225, RS0099647, RS0099222, RS0099610).

[6] Inwiefern für die Unterstellung des angelasteten Verhaltens (auch) unter das Disziplinarvergehen nach § 1 Abs 1 zweiter Fall DSt eine Unterscheidung zwischen Ehre und Ansehen des Standes entscheidend sei, ist nicht zu ersehen (RIS‑Justiz RS0117499; vgl Engelhart/Hoffmann/Lehner/Rohregger/Vitek RAO10 § 1 DSt Rz 10, § 10 RAO Rz 26; Feil/Wennig, Anwaltsrecht8 S 859).

[7] Die in Ansehung der festgestellten Publizität (ES 5 vierter Absatz) vermisste Begründung (Z 5 vierter Fall) findet sich auf ES 6 dritter Absatz.

[8] Warum die Größe des festgestellten Personenkreises bei der angelasteten Schwere der Verfehlung zur Tatbildverwirklichung nicht ausreiche, legt die diesbezügliche Kritik (Z 9 lit a), die den der rechtlichen Annahme grober Fahrlässigkeit des Beschuldigten zugrunde gelegten Sachverhalt ignoriert, prozessordnungswidrig nicht dar (RIS‑Justiz RS0099810; Ratz, WK‑StPO § 281 Rz 581 und 584; Engelhart/Hoffmann/Lehner/Rohregger/Vitek RAO10 § 1 DSt Rz 13 mwN; ES 5 erster Absatz).

[9] Auch der Schuldberufung im engeren Sinn war ein Erfolg zu versagen, weil sich der Disziplinarrat im Rahmen seiner empirisch nachvollziehbaren Beweiswürdigung mit allen entscheidungswesentlichen Umständen der Tat auseinandersetzte und seine Feststellungen überzeugend begründete, sodass gegen die Richtigkeit der Lösung der Schuldfrage keine Bedenken bestehen.

[10] Ebenso wenig berechtigt war die Berufung in Ansehung des Ausspruchs über die Strafe. Die vom Disziplinarrat verhängte Geldbuße von 1.500 Euro liegt angesichts des bis 45.000 Euro reichenden Strafrahmens im untersten Bereich. Der Disziplinarrat hat ausgehend vom nicht unbeträchtlichen Schuldgehalt der Tat den Erschwerungsgrund der Verwirklichung beider Deliktsfälle des § 1 Abs 1 DSt gegen die vorliegenden Milderungsgründe, darunter auch die etwas längere Verfahrensdauer, keineswegs zum Nachteil des Beschuldigten abgewogen und dabei auch auf die Einkommensverhältnisse des Beschuldigten nicht unangemessen Bedacht genommen.

[11] Der Ausspruch über die Verfahrenskosten gründet sich auf § 54 Abs 5 DSt.

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