European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2022:0150OS00009.22W.0324.000
Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.
Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.
Gründe:
[1] Mit dem angefochtenen Urteil wurde * S* nach § 21 Abs 1 StGB in eine Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher eingewiesen, weil er am 1. September 2021 in D* unter dem Einfluss eines die Zurechnungsfähigkeit ausschließenden Zustands (§ 11 StGB), der auf einer geistigen oder seelischen Abartigkeit von höherem Grad beruhte, nämlich einer paranoiden schizophrenen Erkrankung (ICD‑10: F20.0), * L* mit dessen Tod und dem Tod seiner Sympathiepersonen sowie einer Brandstiftung bedrohte, indem er auf diesen zustürzte und rief „L*, ich lösche euch alle aus“, wobei er die Vornamen der Söhne des L* nannte, mit erhobenen Händen aggressiv auf diesen losging und dabei mehrmals schrie „Ich bringe euch alle um“, sodass sich * L* aus Furcht in seinem PKW einschloss, und hernach rief, er werde sie und ihr Haus anzünden, wobei er eine brennende Zigarette in die offene Garage des Hauses des L* warf, in der neben einem weiteren PKW unter anderem Benzin für den Rasenmäher gelagert war, sohin eine Tat beging, die als das Vergehen der gefährlichen Drohung nach § 107 Abs 1 und Abs 2 StGB mit einer ein Jahr übersteigenden Freiheitsstrafe bedroht ist.
Rechtliche Beurteilung
[2] Dagegen richtet sich die auf § 281 Abs 1 Z 5 und 9 lit a StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Betroffenen, die ihr Ziel verfehlt.
[3] Die Begehungsformen des § 107 Abs 2 StGB sind rechtlich gleichwertig (13 Os 151/02; vgl auch RIS‑Justiz RS0092959 [T5]). Indem die Mängelrüge (Z 5 vierter Fall) lediglich die Feststellungen zur Drohung (auch) mit einer Brandstiftung (US 4) bekämpft, spricht sie keine entscheidenden Tatsachen an (vgl RIS-Justiz RS0116655).
[4] Im Übrigen ist die Ableitung dieser Konstatierungen aus der als unmissverständlich und eindeutig erachteten Wortwahl und der Einlassung des Betroffenen in Verbindung mit dem äußeren Tatgeschehen (US 6) unter dem Aspekt der Begründungstauglichkeit nicht zu beanstanden. Inhaltlich bekämpft die Beschwerde bloß die Beweiswürdigung der Tatrichter nach Art einer im Verfahren über die Unterbringung in einer Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher nach § 21 Abs 1 StGB nicht vorgesehenen (§§ 283 Abs 1, 433 Abs 1 StPO) Berufung wegen des Ausspruchs über die Schuld. Abgesehen davon vernachlässigt sie, dass die Imminenz des angedrohten Übels kein Kriterium einer gefährlichen Drohung iSd § 74 Abs 1 Z 5 StGB darstellt (RIS-Justiz RS0092687).
[5] Die Rechtsrüge (Z 9 lit a) orientiert sich nicht an den tatrichterlichen Feststellungen zum (auch von seiner subjektiven Tatseite umfassten) Bedeutungsgehalt der Äußerungen des Beschwerdeführers (US 4 erster Absatz; RIS‑Justiz RS0099810). Der Sache nach bekämpft die Beschwerde auch mit diesem Vorbringen bloß die Beweiswürdigung der Tatrichter zur Tatfrage (RIS‑Justiz RS0092437) der Ernstlichkeit der Drohung und zum Bedeutungsinhalt.
[6] Nach den Urteilskonstatierungen ging die ohne erkennbaren Anlass (US 3, 6) mehrfach ausgesprochene Todesdrohung samt Inaussichtstellung einer Brandstiftung mit aggressivem Auftreten des Betroffenen durch Gestikulieren mit Händen und Füßen in unmittelbarer Nähe des Opfers, mit Zugehen auf das Opfer, mit der Andeutung, die Autoscheibe einzuschlagen, nachdem sich das Opfer aus Furcht in sein in der Garage geparktes Auto geflüchtet und dieses versperrt hatte, sowie mit (weiterer) Verstärkung der Drohungen durch Werfen einer brennenden Zigarette und Nachwerfen einer Zigarettenpackung in die Garage und durch die Andeutung einher, dass auch die Polizei keine Abhilfe schaffen werde.
[7] Weshalb all dies zusammengenommen unter Anlegung eines objektiv-individuellen Maßstabs (RIS‑Justiz RS0092753) nicht geeignet sein sollte, dem Opfer begründete Besorgnisse in Betreff eines Angriffs auf sein Leben oder auf jenes seiner Angehörigen sowie einer Brandstiftung (nicht bloß an der Garage, sondern [auch] am Wohnhaus des Bedrohten [vgl US 4; RIS-Justiz RS0094944]) einzuflößen, macht der eine solche Eignung in Frage stellende Beschwerdeführer nicht klar, indem er bloß einzelne Äußerungen und Handlungen isoliert beurteilt und auf dasUnterbleiben der Unterstreichung der Todesdrohung mit einer Schusswaffe oder einem Messer hinweist.
[8] Hinsichtlich der für die Sanktionsbefugnis (§ 281 Abs 1 Z 11 erster Fall StPO) entscheidenden Tatsachen lässt die Rechtsprechung neben der Berufung auch eine Bekämpfung mit Verfahrensrüge, Mängelrüge und Tatsachenrüge zu (Z 11 erster Fall iVm Z 2 bis 5a des § 281 Abs 1 StPO). Die Gefährlichkeitsprognose ist dann mit Nichtigkeitsbeschwerde (§ 281 Abs 1 Z 11 zweiter Fall StPO) bekämpfbar, wenn sie nicht auf sämtlichen gesetzlichenPrognosekriterien (das sind die Person des Täters, sein Zustand und die Art der Tat) basiert. Bloße Ermessensentscheidungen im Rahmen der Gefährlichkeitsprognose können nur mit Berufung bekämpft werden (RIS‑Justiz RS0113980, RS0118581, RS0116498).
[9] Die ausschließlich auf die Gefährlichkeitsprognose (US 5 und 8 f) bezogenen Ausführungen (nominell Z 5 vierter Fall) in Richtung der (fallbezogen verneinten) Möglichkeit einer ambulanten Behandlung der Erkrankung des Betroffenen betreffen bloß die Versagung der bedingten Nachsicht der Unterbringung (§ 45 Abs 1 StGB) und stellen damit inhaltlich ein Berufungsvorbringen dar (vgl RIS-Justiz RS0100032 [T2]; Ratz, WK-StPO § 281 Rz 728; Ratz in WK2 StGB § 45 Rz 14).
[10] Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bereits bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1, § 433 Abs 1 StPO), woraus die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufung folgt (§ 285i, § 433 Abs 1 StPO).
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