OGH 8Ob5/22a

OGH8Ob5/22a25.1.2022

Der Oberste Gerichtshof hat als Rekursgericht durch den Senatspräsidenten Hon.‑Prof. Dr. Kuras als Vorsitzenden sowie die Hofrätinnen Dr. Tarmann‑Prentner und Mag. Korn, den Hofrat Dr. Stefula und die Hofrätin Mag. Wessely‑Kristöfel als weitere Richter in der Insolvenzsache der Schuldnerin E* S*, Insolvenzverwalterin Mag. *, über den Rekurs der Schuldnerin gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Wien vom 16. November 2021, GZ 6 Nc 59/21f‑2, mit dem der Delegierungsantrag der Schuldnerin abgewiesen wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2022:0080OB00005.22A.0125.000

 

Spruch:

Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.

 

Begründung:

[1] Mit Beschluss des Bezirksgerichts Eisenstadt vom 13. 2. 2013 wurde über das Vermögen der Schuldnerin das Schuldenregulierungsverfahren eröffnet. Mit Beschluss vom 15. 6. 2016 bestätigte das Bezirksgerichts Eisenstadt den von den Gläubigern am 11. 4. 2016 angenommenen Zahlungsplan.

[2] Am 22. 6. 2021 stellte die Schuldnerin zum einen einen Antrag nach § 198 IO und zum anderen auf Delegierung der Insolvenzsache an das Bezirksgericht Wiener Neustadt gemäß § 31 JN.

[3] Das Bezirksgericht Eisenstadt legte den Delegierungsantrag dem Oberlandesgericht Wien zur Entscheidung vor. Dieses wies mit der angefochtenen Entscheidung den Delegierungsantrag mit eingehender Begründung – letztlich aus Zweckmäßigkeitsgründen – ab.

[4] Dagegen richtet sich der rechtzeitige Rekurs der unvertretenen Schuldnerin, mit dem sie eine Stattgebung ihres Delegierungsantrags anstrebt.

[5] Der Rekurs ist zulässig.

Rechtliche Beurteilung

[6] Im Insolvenzverfahren besteht aufgrund von (heute) § 254 Abs 1 Z 6 IO, wonach die Bestimmungen über die Vertretung durch Rechtsanwälte nicht anzuwenden sind, grundsätzlich keine Anwaltspflicht; dies gilt auch vor dem Obersten Gerichtshof (8 Ob 3/95; 8 Ob 162/06s; 8 Ob 132/12p [Pkt 1.]; 8 Ob 1/17f [Pkt 1.]; Pesendorfer in KLS [2019] § 254 IO Rz 7 FN 18; Mann‑Kommenda in Konecny, Insolvenzgesetze [2021] § 254 IO Rz 19). Besonderes gilt nur in den – hier nicht vorliegenden – Fällen nach § 253 Abs 3 Satz 4 und § 192 Satz 3 IO. Die Schuldnerin war daher befugt, ohne Anwalt ihren Rekurs zu erheben.

[7] Entscheidungen des Oberlandesgerichts in Delegierungsfragen, die in Wahrnehmung einer erstgerichtlichen Funktion ergingen, sind ungeachtet des Vorliegens einer erheblichen Rechtsfrage im Sinne des § 528 Abs 1 ZPO bekämpfbar, soweit einer Anrufung des Obersten Gerichtshofs nicht der Anfechtungsausschluss des § 517 ZPO entgegensteht (RIS‑Justiz RS0116349; Schneider in Fasching/Konecny, Zivilprozessgesetze3 § 31 JN Rz 42). Eine Delegierung betrifft das Insolvenzverfahren insgesamt. Soweit es um das Insolvenzverfahren insgesamt geht, kommt es in diesem für die Wertgrenze nach § 517 Abs 1 ZPO auf den Betrag aller bekannten Insolvenzforderungen an (Konecny, Die Zulässigkeit des Rekurses gegen Beschlüsse der Insolvenzgerichte, ÖJZ 2012, 1035 [1038]). Da diese hier in Summe den Grenzwert von 2.700 EUR (weit) übersteigen, steht auch § 517 ZPO dem Rekurs nicht entgegen.

[8] Der Rekurs ist aber nicht berechtigt.

[9] Die Schuldnerin trägt in ihrem Rechtsmittel einzig vor, die Begründungen der Abweisung ihres Antrags seien „teilweise unzutreffend“. Damit erhebt sie erkennbar eine Rechtsrüge, unterlässt aber jegliche Ausführung, worin die Unrichtigkeit des angefochtenen Beschlusses liegen soll. Weil nicht dargelegt wird, aus welchen Gründen – ausgehend vom festgestellten Sachverhalt – die rechtliche Beurteilung der Sache in der angefochtenen Entscheidung unrichtig erscheint, ist die Rechtsrüge nicht dem Gesetz gemäß ausgeführt (vgl RS0043603). Mit ihrer Ankündigung, sie werde eine „ausführliche Begründung nachreichen“, übersieht die Schuldnerin, dass ein solcher Nachtrag wegen des Grundsatzes der Einmaligkeit des Rechtsmittels nicht statthaft ist (RS0041666).

[10] Dem Rekurs war daher der Erfolg zu versagen.

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