OGH 4Ob213/21h

OGH4Ob213/21h16.12.2021

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Dr. Vogel als Vorsitzenden und die Hofräte Dr. Schwarzenbacher, Hon.‑Prof. PD Dr. Rassi und MMag. Matzka sowie die Hofrätin Mag. Istjan, LL.M., als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei G* E*, vertreten durch Dr. Sven Rudolf Thorstensen, LL.M., Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei b* Ltd, *, Malta, vertreten durch Dr. David Christian Bauer, Rechtsanwalt in Wien, wegen 87.394,80 EUR sA, über die Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Linz als Berufungsgericht vom 21. Oktober 2021, GZ 2 R 153/21i‑29, den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2021:0040OB00213.21H.1216.000

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 2 ZPO zurückgewiesen.

 

Begründung:

[1] Die Beklagte bietet von ihrem Sitz in Malta aus über das Internet Dienstleistungen (unter anderem) im Bereich des Glücksspiels an. Sie verfügt jedoch über keine Konzession nach dem österreichischen Glücksspielrecht. Der Kläger nahm an von der Beklagten im Internet veranstalteten Glücksspielen teil und verlor im Zeitraum Februar 2012 bis Jänner 2019 insgesamt 87.394,80 EUR.

[2] Der Kläger begehrt diesen Betrag unter Hinweis auf die Unwirksamkeit der Glücksspielverträge. Die Beklagte biete in unzulässiger Weise in Österreich Glücksspiel an, ohne im Besitz einer Konzession zu sein.

[3] Die Beklagte argumentiert, dass die Glücksspielverträge wirksam seien, weil die österreichischen Normen über das Glücksspielmonopol, auf das sich der Kläger berufe, gegen Unionsrecht verstießen und daher unangewendet bleiben müssten.

[4] Das Berufungsgericht bestätigte die der Klage stattgebende erstinstanzliche Entscheidung. Unter Hinweis auf die Rechtsprechung des EuGH und der drei österreichischen Höchstgerichte ging es davon aus, dass das österreichische Glücksspielmonopol unionsrechtskonform sei.

Rechtliche Beurteilung

[5] In der dagegen erhobenen außerordentlichen Revision der Beklagten hält diese ihren Standpunkt aufrecht, dass das österreichische Glücksspielrecht unionsrechtswidrig sei. Damit wird keine erhebliche Rechtsfrage im Sinn des § 502 Abs 1 ZPO aufgezeigt.

[6] 1. Der Oberste Gerichtshof hat – im Einklang mit der Rechtsprechung der beiden anderen österreichischen Höchstgerichte – auf Basis der einschlägigen Judikatur des Gerichtshofs der Europäischen Union in mehreren aktuellen Entscheidungen neuerlich festgehalten, dass das österreichische System der Glücksspielkonzessionen nach gesamthafter Würdigung aller tatsächlichen Auswirkungen auf den Glücksspielmarkt allen vom EuGH aufgezeigten Vorgaben entspricht und nicht gegen Unionsrecht verstößt (1 Ob 229/20p; 3 Ob 72/21s; 5 Ob 30/21d; 9 Ob 20/21p), was auch für die vor Oktober 2012 bestehende Rechtslage gilt (3 Ob 200/21i mwN). Daran ist festzuhalten.

[7] 2. Der zuletzt zitierten Entscheidung 3 Ob 200/21i lag die Revision der auch hier beklagten Partei zugrunde, die sich inhaltlich (und nahezu zur Gänze auch wortwörtlich) mit dem gegenständlichen Rechtsmittel deckt. Der dritte Senat setzte sich dabei umfassend mit der von der Beklagten auch im gegenständlichen Verfahren thematisierten Verpflichtung zur Notifizierung der Bestimmungen des § 14 GSpG idF des BudgetbegleitG 2011, BGBl I 2010/111, nach Maßgabe der Richtlinie 98/34/EG idF der Richtlinien 98/48/EG und 2006/96/EG auseinander. Unter Zugrundelegung der einschlägigen Judikatur des EuGH wurde eine Notifizierungsverpflichtung verneint. Diese vom Obersten Gerichtshof bereits geklärte Rechtsfrage kann damit die Zulässigkeit des Rechtsmittels nicht stützen.

[8] 3. Zu den Voraussetzungen der unionsrechtlichen Zulässigkeit eines Gewinnspielmonopols sowie der dadurch bewirkten Beschränkung der Dienstleistungsfreiheit liegt bereits umfangreiche Rechtsprechung des EuGH vor (vgl die Hinweise in 5 Ob 30/21d und die jüngste Entscheidung des EuGH C‑920/19 , Fluctus).Der erkennende Senat sieht daher keinen Anlass, das von der Beklagten angeregte Vorabentscheidungsersuchen zu stellen.

[9] 4. Die Beurteilung der Vorinstanzen, dass die Spieleinsätze aus einem verbotenen Glücksspiel zurückgefordert werden können, entspricht der ständigen Rechtsprechung (RS0025607 [T1]). Ein von der Beklagten argumentierter Rechtsmissbrauch des Klägers ist nicht erkennbar.

[10] 5. Mangels erheblicher Rechtsfrage war die außerordentliche Revision zurückzuweisen.

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