OGH 1Ob191/21a

OGH1Ob191/21a14.12.2021

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Univ.‑Prof. Dr. Bydlinski als Vorsitzenden sowie die Hofräte und die Hofrätin Mag. Wurzer, Mag. Dr. Wurdinger, Dr. Hofer‑Zeni‑Rennhofer und Dr. Parzmayr als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei DI Dr. W*, vertreten durch die Strasser Huber Rechtsanwälte OG, Graz, gegen die beklagte Partei Republik Österreich (Bund), vertreten durch die Finanzprokuratur in Wien, wegen 30.154,97 EUR sA und Feststellung, über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Graz als Berufungsgericht vom 19. August 2021, GZ 5 R 35/21p‑15, mit dem das Urteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Graz vom 7. Jänner 2021, GZ 35 Cg 84/20b‑10, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen und zu Recht erkannt:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2021:0010OB00191.21A.1214.000

 

Spruch:

 

Der Revision wird teilweise Folge gegeben.

Die Urteile der Vorinstanzen werden im Umfang der Abweisung des Zahlungsbegehrens von 21.629,66 EUR samt 4 % Zinsen p.a. seit 4. 6. 2020 (Verdienstentgang von September 2017 bis September 2018) und des Begehrens auf Feststellung der Haftung der beklagten Partei für alle aus „den Bossinghandlungen“ der Schulleiterin einer näher bezeichneten NMS resultierenden Folgeschäden des Klägers als Teilurteil bestätigt.

Die Entscheidung über die auf diesen Teil des Klagebegehrens entfallenden Kosten bleibt der Endentscheidung vorbehalten.

Im Übrigen, somit im Umfang der Abweisung des weiteren Zahlungsbegehrens von 8.525,31 EUR samt 4 % Zinsen p.a. seit 4. 6. 2020 und des weiteren Feststellungsbegehrens sowie der Kostenentscheidungen werden die Urteile der Vorinstanzen aufgehoben.

Die Rechtssache wird insoweit an das Erstgericht zur neuerlichen Entscheidung nach Verfahrensergänzung zurückverwiesen.

Die darauf entfallenden Kosten des Revisionsverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.

 

Entscheidungsgründe:

[1] Der Kläger begehrt im Rahmen der Amtshaftung Zahlung und die Feststellung der Haftung des Bundes für alle Schäden, die ihm aufgrund von Bossinghandlungen der Schulleiter von zwei Neuen Mittelschulen (NMS) künftig entstehen.

[2] Dazu brachte er vor, er habe als Opfer der Bossinghandlungen nicht nur Verdienstentgang, sondern auch massive und nachhaltige gesundheitliche Beeinträchtigungen erlitten. Die Direktorin der ersten NMS habe eine von Anfang an nie verhehlte negative Einstellung gegen ihn gehabt und von vorneherein geplant, die Auflösung des Arbeitsverhältnisses während der Probezeit zu veranlassen. Der Direktor der zweiten NMS habe nach den ersten sehr positiven Gesprächen sein Verhalten – offenkundig aufgrund der Äußerungen der (ersten) Direktorin – völlig verändert. Die Bossinghandlungen hätten zu einer für ihn unerträglichen Situation und zu seinen Gesundheitsschäden geführt. Er habe sich ab 15. 3. 2019 in Krankenstand begeben müssen, der aufgrund seiner Dauer letztendlich „ex lege“ zur Auflösung auch des zweiten Dienstverhältnisses geführt habe. Auch wenn er in Dienstverhältnissen zum Land gestanden sei, sei der Bund passiv legitimiert, weil er durch die beiden Schulleiter im Rahmen ihrer Funktion als Vorgesetzte nach § 56 Schulunterrichtsgesetz (SchUG) gebosst worden sei. Da dieses Vorgesetztenverhältnis sämtliche dem Bund nach Art 14 Abs 1 B‑VG zukommenden Vollziehungszuständigkeiten erfasse, seien alle im Rahmen des § 56 SchUG gesetzten Verhaltensweisen dem Bund als (funktionellem) Rechtsträger zuzurechnen.

[3] Die Beklagte bestritt das Klagebegehren in mehrfacher Hinsicht und auch in Bezug auf die ihrer Ansicht nach fehlende Passivlegitimation. Die aufgelösten Dienstverhältnisse seien privatrechtlicher Natur gewesen. Amtshaftung könne daher nicht bestehen. Soweit überhaupt Ansprüche bestünden, seien sie gegen das Land als Vertragspartner und Dienstgeber zu richten. Ein Verhalten, das als Bossing qualifiziert werden könne, sei auch nicht schlüssig vorgebracht worden.

[4] Das Erstgericht wies die Klage ohne Durchführung eines Beweisverfahrens ab. Es verneinte auf Basis des Vorbringens des Klägers das Vorliegen eines dem Bund im Rahmen der Amtshaftung zurechenbaren Verhaltens. Die vom Kläger ins Treffen geführten Handlungen der Schulleiter seien als Vertreter des privatrechtlichen Dienstgebers und nicht im Rahmen einer hoheitlichen Funktion gesetzt worden.

[5] Das Berufungsgericht bestätigte dieses Urteil. Es vertrat den Standpunkt, es möge durchaus sein, dass die vom Kläger als amtshaftungsbegründend ins Treffen geführten Berichte der Schulleiter allenfalls im Zusammenhang mit ihren hoheitlichen Aufgaben gestanden seien. Dies sei aber für die Passivlegitimation der Beklagten nicht entscheidend und müsse dementsprechend auch nicht abschließend beantwortet werden. Bei der Beurteilung der Frage, welcher Rechtsträger für die Schädigung durch ein Organverhalten haftbar gemacht werden könne, sei die funktionelle Zuordnung der Organtätigkeit maßgeblich. Es treffe zwar zu, dass das in § 56 SchUG normierte Vorgesetztenverhältnis gegenüber den Lehrern funktioneller Art sei und sich auf die dem Bund gemäß Art 14 Abs 1 B‑VG zukommende Vollziehungszuständigkeit des Schulwesens beziehe. Das Rechtsverhältnis zwischen dem Kläger und dem Land sei ein privatrechtliches. Handlungen der Schulleiter gegenüber dem Kläger seien im Rahmen ihrer Stellung als Vertreter des privatrechtlichen Dienstgebers und nicht in einer hoheitlichen Funktion erfolgt. Auch wenn dem Kläger zuzugestehen sei, dass die Schulaufsicht (gemäß § 2 Abs 2 des Bundes‑Schulaufsichtsgesetzes und später nach § 2 Abs 1 Bildungsdirektionen-Einrichtungsgesetz [BD‑EG]) jedenfalls dem Bund obliege, lege er nicht stichhaltig dar, warum die Berichterstattungen der beiden Schulleiter im Rahmen des dem Bund zukommenden Vollziehungsbereichs erfolgt sein sollten. Die Auflösung eines Dienstverhältnisses sei jedenfalls rein dienstrechtlicher Natur. Ein Zusammenhang des Schreibens der Direktorin vom 24. 10. 2017 mit der Schulaufsicht des Bundes oder im SchUG geregelten Unterrichtstätigkeit sei weder ersichtlich noch werde er vom Kläger aufgezeigt. Auf welcher Grundlage der aus eigener Initiative verfasste Bericht des (zweiten) Direktors beruhe, sei unklar. Auch wenn der im Juni 2019 verfasste Bericht des (zweiten) Schulleiters einen „gewissen Bezug zu den in § 56 Abs 2 SchUG genannten Aufgaben des Schulleiters“ aufzuweisen scheine, weil darin im weiteren Sinn die Unterrichtstätigkeit des Klägers (§§ 17 Abs 1, 51 SchUG) beurteilt wird, könne eine genauere Untersuchung unterbleiben. Der Kläger habe nämlich nicht schlüssig erklärt, warum dieser Bericht vom 25. 6. 2019 trotz der unstrittigen vorherigen Beendigung des zweiten Dienstverhältnisses am 6. 6. 2019 im Rahmen der Schulaufsicht oder eines sonstigen sich aus Art 14 Abs 1 B‑VG ergebenden Bereichs erstattet worden sein sollte. Es sei plausibel, dass der Bericht nach Beendigung des Dienstverhältnisses nur dazu gedient habe, schon vorab die Voraussetzungen für die etwaige Begründung eines neuen befristeten oder unbefristeten Dienstverhältnisses abzuklären, womit ausschließlich dienstrechtliche Belange betroffen seien. Darüber hinaus habe er nie aufgeklärt, wie der Bericht vom 25. 6. 2019 für die Beendigung des zweiten Dienstverhältnisses oder die behauptetermaßen schon mehrere Monate zuvor eingetretenen Gesundheitsschäden kausal sein könnte.

[6] Das Berufungsgericht gab daher der Berufung nicht Folge und sprach aus, dass die ordentliche Revision nicht zulässig sei, weil nur anhand der konkreten Behauptungen im Einzelfall geprüft werden könne, ob sich der geltend gemachte Anspruch aus dem behaupteten Sachverhalt ergibt.

[7] Dagegen richtet sich die außerordentliche Revision des Klägers mit ihrem Aufhebungsantrag, die zur Klarstellung der Rechtslage zulässig und teilweise berechtigt ist.

Rechtliche Beurteilung

[8] 1.1. Darin kann der Kläger – jedenfalls in Bezug auf das zweite Dienstverhältnis berechtigt – aufzeigen, dass er seinen Amtshaftungsanspruch nicht nur auf die Berichte gestützt, sondern auch mit den schon zuvor gesetzten Handlungen der Schulleiter begründet hat. Er verweist darauf, dass die (in die Vollzugskompetenz des Bundes fallende) Schulaufsicht auch die direkte Beratung, Förderung, Kontrolle und Berichterstattung über die Leistungen des einzelnen Lehrers gemäß §§ 17 und 51 SchUG umfasse. Auch die Berichte seien damit als Maßnahmen der Qualitätssicherung der Schulaufsicht des Bundes zuzurechnen. Der nach seiner krankheitsbedingten Beendigung der zweiten Beschäftigung erstattete Bericht sei als weitere Bossinghandlung durchaus kausal für erlittene Schäden gewesen. Ihm sei damit das weitere Fortkommen erschwert worden, was ihn als ohnehin schon psychisch schwer Belasteten „weiter getroffen“ habe.

[9] 1.2. Die Beklagte wiederholt in der Revisionsbeantwortung ihren Standpunkt es ginge nicht um den hoheitlichen Unterrichtsvollzug, sondern einzig um die Abwicklung des ausschließlich privatrechtlichen Dienstverhältnisses des Klägers. Während die Erteilung des Unterrichts unzweifelhaft in den Hoheitsbereich falle, sei dies bei der Abwicklung des Dienstverhältnisses nicht der Fall. Handlungen und Unterlassungen in Bezug auf dieses Dienstverhältnis seien nicht hoheitlicher Natur. Beim Probearbeitsverhältnis scheide eine Haftung überdies aus, weil es beiderseits jederzeit beendet werden könne.

2. Dazu ist Folgendes zu erwägen:

[10] 2.1. Nach Art 14 B‑VG ist (beschränkt auf hier maßgebliche Bereiche der Vollziehung) Bundessache die Vollziehung auf dem Gebiet des Schulwesens, soweit in den folgenden Absätzen nichts anderes bestimmt ist; Angelegenheiten des Dienstrechts (und des Personalvertretungsrechts) der Lehrer für öffentliche Pflichtschulen (Abs 2 leg cit), der äußeren Organisation (Aufbau, Organisationsformen, Errichtung, Erhaltung, Auflassung, Sprengel, Klassenschülerzahlen und Unterrichtszeit) der öffentlichen Pflichtschulen (Abs 3 lit a leg cit [idF des Bildungsreformgesetzes BGBl I 2017/138; zuvor lit b idF BGBl I 2013/164]) und der Behördenzuständigkeit zur Ausübung der Diensthoheit über die Lehrer für öffentliche Pflichtschulen (Abs 4 lit a) sind hingegen in Vollziehung Sache der Länder.

[11] Nach dieser in der Verfassung vorgegebenen Kompetenzverteilung sind unter anderem das Schulunterrichtsrecht und die Schulaufsicht über alle Schulen in (Gesetzgebung und) Vollziehung Sache des Bundes (Wieser in Korinek/Holoubek et al, Österreichisches Bundesverfassungsrecht [Lfg August 2018] Art 14 B‑VG Rz 84). Weiters erfolgt nach ständiger Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs und einhelliger Lehre die Erteilung des Unterrichts, zu der auch die Beaufsichtigung der Schüler gehört, – ungeachtet der dienstrechtlichen Stellung des Lehrenden (vgl RIS‑Justiz RS0022978) – funktionell im Bereich der Hoheitsverwaltung des Bundes (1 Ob 203/15g mwN; RS0049933; RS0022978; vgl auch RS0050061; Schragel, AHG3 Rz 78; Ziehensack, AHG § 1 Rz 1735 ff).

[12] Dagegen fallen alle Rechtsakte, die sich auf die Begründung oder nähere Gestaltung des Dienstverhältnisses beziehen (als Ausübung der Diensthoheit) ebenso in die Vollzugskompetenz des Landes wie die Angelegenheiten des Dienstrechts. Zu letzterem zählen beispielsweise das Besoldungsrecht, das Disziplinarrecht, die Leistungsfeststellung, die Gleichbehandlung und der Bedienstetenschutz (Wieser in Baumgartner [Hrsg], Öffentliches Recht [2019], Die Bildungsdirektionen – Schulverwaltung neu 35 ff [46]).

[13] 2.2. Dass die beiden Schulleiter die unmittelbaren Vorgesetzten des Klägers waren, bestreitet auch die Beklagte nicht. Sie meint aber, deren Handlungen beträfen allein die Abwicklung des privatrechtlichen Dienstverhältnisses. Der Kläger bezieht sich dagegen für seine Auffassung, es hafte der Bund im Rahmen der Amtshaftung, auf die zu 9 ObA 228/93 ergangene Entscheidung. In dieser habe der Oberste Gerichtshof erläutert, dass das in § 56 Abs 1 SchUG festgelegte Vorgesetztenverhältnis des Schulleiters gegenüber den Lehrern funktioneller Art sei und sich auf die dem Bund gemäß Art 14 Abs 1 B‑VG zukommende Vollziehungszuständigkeit des Schulwesens beziehe, weswegen alle Verhaltensweisen eines Organs, die in Vollziehung des SchUG erfolgen oder im Zusammenhang mit der Erteilung des Unterrichts stehen, Hoheitsakte seien, diedem Bund als Rechtsträger zuzurechnen seien.Diese Aussage aus Anlass einer (erfolglos gegen den Schulleiter erhobenen) Klage einer Lehrerin auf Widerruf einzelner in zwei (aufgrund eines Erlasses verfassten) Berichten des Schulleiters enthaltenen (negativen) Äußerungen wurde vom neunten Senat in seiner Entscheidung zu 9 ObA 172/08x dahin präzisiert, dass sich diese funktionelle Tätigkeit (das Vorgesetzenverhältnis des § 56 Abs 2 SchUG) (insoweit) ausschließlich auf die Bereiche beziehe(n könne), die sich eben aus Art 14 Abs 1 B‑VG ergeben, aber nicht auf die „dienstrechtliche Seite“. Bezogen auf den damaligen Beurteilungsgegenstand (einer Klage wegen ungerechter Verteilung der Schulstunden) könne aus § 9 Abs 3 SchUG keine (üblicherweise dem Dienstgeber) zukommende Fürsorgepflicht des Bundes als Rechtsträger abgeleitet werden.

[14] 2.3. Auch, wenn man das bisher nicht geprüfte Vorbringen des Klägers als richtig unterstellt, ist die Beklagte mit ihrem Standpunkt, sie hafte nicht für den aus der Auflösung des „ersten“ Dienstverhältnisses resultierenden Verdienstentgang des Klägers im Recht.

[15] Der Revisionswerber führt dazu aus, es sei zwar richtig, dass dieses Dienstverhältnis innerhalb der Probezeit und vor dem von der „ersten“ Schulleiterin verfassten Bericht (vom 24. 10. 2017) aufgelöst worden sei, er habe sich dazu aber auch auf die von ihr schon zuvor gesetzten Bemühungen zur Erreichung dieser Auflösung gestützt. Dem schriftlichen Bericht kommt damit, weil er nicht die Ursache für die schon davor erfolgte Auflösung sein konnte, keine Bedeutung zu, weswegen auf ihn nicht weiter einzugehen ist. Das Vorbringen des Klägers zu sonstigem (zuvor gesetztem) Verhalten konzentrierte sich darauf, dass „Beginn allen Übels“ seine Beschäftigung an dieser NMS gegen den Wunsch der Direktorin gewesen sei und diese ihn von Anfang an nicht gewollt sowie ihm mehrmals mitgeteilt habe: „Es passt eigentlich eh, wie Sie arbeiten. Aber ich darf entscheiden, ob ich mit Ihnen arbeiten will. Und das muss ich nicht!“. Welchen Konnex diese behauptetermaßen wiederholt geäußerte Ablehnung der Direktorin, die sich eindeutig auf das Beschäftigungsverhältnis als solches (somit einen dem Land zukommenden Vollzugsbereich) bezog, mit in den Kompetenzbereich des Bundes fallenden Aufgaben (Erteilung des Unterrichts oder Schulaufsicht) haben sollte, hat der Kläger nie dargestellt. Die von ihm dargelegten, ihm gegenüber geäußerten (mündlichen) Vorwürfe (Kritik im Bereich des Teamteaching, Auftrag einer umfassenden Dokumentation über die Unterrichtsplanung) waren an ihn selbst gerichtet und konnten für die Auflösung des Dienstverhältnisses nicht kausal gewesen sein. Mit dem Vorwurf, dass „sie unrichtige und an den Haaren herbeigezogene Kritikpunkte geäußert“ habe, „um ihre schon von vorneherein festgestandene Entscheidung rechtfertigen zu können und so für die Auflösung des Dienstverhältnisses gesorgt habe“, unterstreicht der Kläger selbst die auf die Auflösung des Dienstverhältnisses fokussierte Zielrichtung ihres Verhaltens. Er kann allerdings keine konkreten gegenüber der für die Auflösung des Dienstverhältnisses zuständigen Stelle geäußerten Verhaltensweisen nennen, die als Wahrnehmung der Schulaufsicht (auf die er sich für die Inanspruchnahme des Bundes stützt) angesehen werden könnten.

[16] Gleiches gilt in Bezug auf die begehrte Feststellung der Haftung für „alle [zukünftigen] Folgeschäden des Klägers, resultierend aus den Bossinghandlungen“ der ersten Schulleiterin. Schon auf Basis des Vorbringens des Klägers kann seinem Feststellungsbegehren insoweit keine Berechtigung zukommen. Selbst wenn die Haftung des Bundes für die angeblich durch die Verhaltensweisen des zweiten Direktors verursachte Gesundheitsschädigung (und ihre Folgen), wie noch im Weiteren gezeigt wird, einer Prüfung der vom Kläger behaupteten Tatsachen bedarf, lastet der Kläger der ersten Direktorin dazu (bloß) an, es liege „auf der Hand“, dass sie sich gegenüber dem zweiten Direktor „abfällig über ihn geäußert habe, um ihr eigenes indiskutables Vorgehen rechtfertigen zu können“. Inwieweit darin eine als Maßnahme der Schulaufsicht anzusehende oder eine ansonsten in die Vollzugskompetenz des Bundes fallende Verhaltensweise gesehen werden könnte, kann er nicht erklären. Dazu führt der Kläger im Übrigen selbst aus, es ändere nichts am Ergebnis(gemeint an der Beurteilung von dessen Verhalten), ob nun die erste Direktorin den zweiten Schulleiter beeinflusst habe oder nicht.

[17] 2.4. Die Revision ist folglich in Ansehung des im Zusammenhang mit der Auflösung des „ersten“ Dienstverhältnisses begehrten Verdienstentgangs und der Feststellung der Haftung der Beklagten für „Folgeschäden resultierend aus Bossinghandlungen der ersten Schulleiterin“ nicht Folge zu geben. Die Urteile der Vorinstanzen sind insoweit zu bestätigen.

[18] 2.5. Eine Verneinung der vom Kläger geltend gemachten Ansprüche auf Schmerzengeld sowie Ersatz für aufgewendete Therapiekosten und Verdienstentgang im Zusammenhang mit dem „zweiten“ Dienstverhältnis und seines Feststellungsbegehrens in Bezug auf Verhaltensweisen des zweiten Direktors – mit dem Argument, der Vollzugsbereich des Bundes sei nicht berührt – ohne weitere Erörterung und Prüfung des von ihm behaupteten Sachverhalts kommt aber nicht in Betracht. Dazu stützte sich der Kläger auf die Behauptung, er habe durch das (von der ersten Schulleiterin initiierte) Fehlverhalten des „zweiten“ Schulleiters einen Gesundheitsschaden erlitten, der neben den erlittenen Schmerzen und der notwendig gewordenen Therapie die Beendigung des zweiten Dienstverhältnisses (durch den lang andauernden Krankenstand) und damit weiteren Verdienstentgang nach sich gezogen habe.

[19] Die Haftung des Bundes könnte diesbezüglich zu bejahen sein, wenn vom Kläger als schadensstiftend vorgeworfene Handlungen in den hoheitlichen Vollzugsbereich des Bundes fallen. Alle Verhaltensweisen, die ein Organ in Vollziehung der Gesetze setzt, haben (im Rahmen des bei der Erfüllung der Aufgabe Möglichen und Zumutbaren) so zu geschehen, dass niemand einen Schaden erleidet; andernfalls tritt bei rechtswidrigem und schuldhaftem Handeln des Organs unter den übrigen allgemeinen Haftungsvoraussetzungen Amtshaftung für die negativen Folgen ein.

[20] 2.6. Der Schulleiter ist nach § 56 Abs 2 Satz 1 SchUG der unmittelbare Vorgesetzte aller an der Schule tätigen Lehrer und sonstigen Bediensteten. Zu seinen Aufgaben gehören insbesondere Schulleitung und ‑management, Qualitätsmanagement, Schul- und Unterrichtsentwicklung, Führung und Personalentwicklung sowie Außenbeziehungen und Öffnung der Schule (Satz 3 leg cit). Er hat zudem die Lehrer in ihrer Unterrichts- und Erziehungsarbeit zu beraten und sich vom Stand des Unterrichts (und von den Leistungen der Schüler) regelmäßig zu überzeugen (Abs 3 leg cit) sowie für die Einhaltung aller Rechtsvorschriften und schulbehördlichen Weisungen sowie die Ordnung in der Schule zu sorgen (Abs 4 leg cit).

[21] Qualitätsmanagement (iS des Abs 2 leg cit) umfasst grundsätzlich unter anderem den Aufbau einer Feedbackkultur und eines internen Qualitätsmanagements, die Nutzung der jeweiligen Ergebnisse für die Schul- und Unterrichtsentwicklung sowie den Dialog mit und die Rechenschaftslegung gegenüber den Organen der Schulaufsicht (vgl Jonak/Kövesi, Das Österreichische Schulrecht14 § 56 SchUG Anm 6a).

[22] Tätigkeiten, mit denen direkt Einfluss auf die Unterrichtsarbeit genommen oder diese überwacht wird, insbesondere auch die Wahrnehmung der in § 56 Abs 3 SchUG verankerten Pflicht des Schulleiters, die Lehrer in ihrer Unterrichts- und Erziehungsarbeit zu beraten und sich vom Stand des Unterrichts und von den Leistungen der Schüler regelmäßig zu überzeugen, fallen als Begleitung und Unterstützung bei der Erteilung des Unterrichts sowie als (unmittelbare) Lenkung und Aufsicht darüber in die hoheitliche Vollzugskompetenz des Bundes. Dazu gehören, weil insoweit ebenfalls ein hinreichend enger innerer wie äußerer Zusammenhang (s RS0049897 uva; zuletzt 1 Ob 109/21t mwN) mit dem Unterrichten und dem Qualitätsmanagement besteht, auch Handlungsweisen der Schulleiter im „schulischen Alltag“, wie etwa Äußerungen von Kritik oder sonstigem Feedback in Bezug auf die Handhabung des Unterrichts oder der Beaufsichtigung der Schüler. Solche Handlungen mögen auch dienstrechtliche Komponenten aufweisen. Soweit damit aber (auch) unmittelbar Einfluss auf die Erteilung des Unterrichts (samt Aufsicht über die Schüler) genommen wird, kann der Bund im Rahmen der Amtshaftung in Anspruch genommen werden (vgl dazu, dass dann, wenn mit einer schadensstiftenden Verhaltensweise Aufgaben in mehreren Bereichen erfüllt werden [damals jeweils Handlungsweisen, die gleichermaßen hoheitliche wie privatwirtschaftliche Elemente aufwiesen], Amtshaftung eintritt, 2 Ob 135/66; 1 Ob 2/94).

[23] Diese enge „Verwobenheit“ im Bereich des Schulwesens zeigt sich etwa auch an den Bildungsdirektionen, die erst kürzlich durch das (während des zweiten Arbeitsverhältnisses des Klägers am 1. 1. 2019 in Kraft getretene) BD-EG als „gemischte Behörden“ geschaffen wurden. Ihnen sind die Landes- ebenso wie die Bundesvollziehung übertragen (IA 2254/A 25. GP  100). Es kommt ihnen damit die Vollziehung des gesamten Schulrechts zu, also beispielsweise die Vollziehung des (in die Kompetenz des Bundes fallenden) Schulunterrichtsrechts (Wieser aaO Art 113 B‑VG Rz 41; Hofstätter in Kahl/Khakzadeh/Schmid Kommentar zum Bundesverfassungsrecht [2021] § 113 Rz 6) und der Schulaufsicht (erweitert nun um moderne Formen der „Qualitätssicherung“ und des „Bildungscontrollings“ [Art 113 Satz 1 B-VG]) genauso wie etwa der (in die Vollzugskompetenz des Landes fallenden) Aufgaben im Bereich des Dienst- und Personalvertretungsrechts (Wieser aaO Rz 49).

[24] 2.7. Die vom Kläger dem zweiten Direktor vorgeworfenen Verhaltensweisen umfassen (teilweise verbal geäußerte) Vorwürfe, die sich auf die kritische Bewertung seines Unterrichts bezogen, so auf die fehlende Kontrolle der Hausübungen („bloßes Abhaken“), die Nichteinhaltung der Unterrichtszeit und das Fotografieren und Filmen von Schülern mit dem Handy. Ebenso in die Vollzugskompetenz des Bundes fällt die angeblich vom Direktor geäußerte Rüge der Verletzung der Aufsichtspflicht durch den Kläger.Solche Vorhalte fallen als Begleitung (und Unterstützung) bei der Erteilung des Unterrichts (samt der Aufsicht über die Schüler) bzw als (unmittelbare) Lenkung und Aufsicht darüber in die hoheitliche Vollzugskompetenz des Bundes.Auch bei solchen Handlungen agiert der Direktor kraft der ihm durch § 56 Abs 1 SchUG eingeräumten Position als unmittelbarer Vorgesetzter, dem die Lehrer an ihrem Arbeitsplatz untergeordnet sind. Achtungsvoller Umgang am Arbeitsplatz ist eine (inzwischen in zahlreichen Vorschriften verankerte) allgemeine Verhaltenspflicht insbesondere Untergebenen gegenüber (vgl § 29a LDG; § 43a BDG; § 8 Abs 13 LVG). Verstößt daher der Direktor, wenn er als Vorgesetzter (und damit als Organ) in Vollziehung der Gesetze funktionell für den Bund tätig wird, gegen dieses Gebot des achtungsvollen Umgangs mit Mitarbeitern, haftet der Bund, soweit diesen Verhaltensweisen die objektive Eignung (und die tatsächliche Wirkung) der Herbeiführung einer Gesundheitsschädigung mit dem Effekt des Verlusts des Arbeitsplatzes zukommt, wie dies im vorliegenden Fall vom Kläger behauptet wird.

[25] Die Abweisung auch dieses Teils der Klage (weil Amtshaftung nicht vorliegen könne) erweist sich damit als im derzeitigen Stadium verfehlt. Vielmehr kann Amtshaftung des Bundes für Gesundheitsschäden (und seine Folgen) gegeben sein, wenn – wie hier behauptet – erkennbar unrichtige (und anlässlich der Vollziehung von Aufgaben des Bundes geäußerte) Vorwürfe vom Direktor in einer unnötig verletzenden Weise und (objektiv nachvollziehbar) krankmachenden Dichte gegenüber einem untergeordneten Lehrer geäußert wurden, dieser deswegen eine Gesundheitsschädigung erlitt und sein Dienstverhältnis aufgrund der Dauer des Krankenstands geendet hat.

[26] 2.8. Die Urteile der Vorinstanzen sind demnach im Umfang der im Zusammenhang mit dem zweiten Dienstverhältnis stehenden Begehren aufzuheben. Die Rechtssache ist insoweit zur weiteren Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurückzuverweisen.

[27] Mit dem Kläger wird allerdings die bisherige Fassung seines Feststellungsbegehrens als zu vage („resultierend aus den Bossinghandlungen“ ihm gegenüber) zu erörtern sein. Auch wird ihm vorzuhalten sein, dass seine Vorwürfe bisher teilweise substanzlos geblieben sind, sodass sie als bloße Werturteile weder rechtlich eingeordnet, noch einer Überprüfung unterzogen werden können (wie etwa die angebliche Äußerung „völlig abstruser und falscher Vorwürfe“, „eigenartiger Vorwürfe“ oder „konstruierter Kritikpunkte“). Diese dem zweiten Schulleiter vorgeworfenen Verhaltensweisen werden zu konkretisieren sein, damit sie einem Beweisverfahren zugänglich sind. Erst dann wird auf Basis des dazu festgestellten Sachverhalts beurteilt werden können, ob dem Bund zurechenbare rechtswidrige und schuldhafte Handlungsweisen gesetzt wurden und ob diese beim Kläger einen Gesundheitsschaden (und dessen behauptete Folgen) verursacht haben (und dazu auch objektiv geeignet waren).

[28] 3. Der Kostenvorbehalt zum Teilurteil beruht auf § 52 Abs 4 ZPO; jener im Aufhebungsbeschluss auf § 52 Abs 1 ZPO.

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