OGH 8Ob114/21d

OGH8Ob114/21d22.10.2021

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Hon.‑Prof. Dr. Kuras als Vorsitzenden, die Hofrätinnen Dr. Tarmann‑Prentner und Mag. Korn, den Hofrat Dr. Stefula und die Hofrätin Mag. Wessely‑Kristöfel als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei G* E*, vertreten durch CMS Reich‑Rohrwig Hainz Rechtsanwälte GmbH in Wien, gegen die beklagte Partei Y* Y*, vertreten durch Mag. Manfred Aron, Rechtsanwalt in Wien, wegen Aufkündigung, über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Berufungsgericht vom 30. Juni 2021, GZ 39 R 116/21d‑23, den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2022:E133441

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).

Begründung:
Rechtliche Beurteilung

[1] 1. Ob ein Bestandobjekt eine wirtschaftliche Einheit bildet und daher als einheitlich anzusehen ist, hängt nach ständiger Rechtsprechung in erster Linie vom Parteiwillen bei Vertragsabschluss ab und kann daher nur aufgrund der Umstände des Einzelfalls beurteilt werden (RIS‑Justiz RS0020405 [insb T7]).

[2] Mangels einer über den Anlass hinausreichenden Aussagekraft von Einzelfallentscheidungen steht die Revision zu ihrer Überprüfung nach § 502 Abs 1 ZPO nicht offen, es sei denn, dem Berufungsgericht wäre bei seiner Entscheidung eine krasse Fehlbeurteilung unterlaufen. Diese Voraussetzung ist hier nicht erfüllt.

[3] Die Beurteilung des Rekursgerichts, dass der Wille der Vertragsparteien bei der Anmietung der rund 40 m² großen Beklagtenwohnung, die aus „zwei Zimmern, Küche, Klosett, Wasserentnahmestelle und Badenische“ bestand und dem Wohnbedarf einer vierköpfigen Familie dienen sollte, auf die Begründung eines einheitlichen Bestandverhältnisses über alle aufgezählten Räume gerichtet war, ist geradezu zwingend und nicht korrekturbedürftig.

[4] 2. Davon ausgehend zeigt die Revision des Klägers keine erhebliche Rechtsfrage auf.

[5] Es ist in der höchstgerichtlichen Rechtsprechung bereits geklärt, dass es auch durch Einzelrechtsnachfolge hinsichtlich eines Teils des Objekts, in dem ein Bestandgegenstand liegt, zu einer Personenmehrheit auf Bestandgeberseite kommen kann. In welcher Form diese Bestandgebermehrheit rechtlich organisiert ist und nach welchen Regeln hiebei vorzugehen ist, richtet sich danach, ob ein einheitliches Bestandverhältnis betroffen ist oder nicht. Erstreckt sich eine Wohneinheit über zwei nebeneinander liegende Häuser (hier: Wohnungseigentumsobjekte) und wird eines der beiden veräußert, dann stehen Veräußerer und Erwerber in einer analog einem Miteigentumsverhältnis zu qualifizierenden Rechtsgemeinschaft (5 Ob 102/01p).

[6] Die Entscheidung des Berufungsgerichts steht mit dieser höchstgerichtlichen Rechtsprechung im Einklang.

[7] 3. Die Teilkündigung eines einheitlichen Bestandobjekts ist nach § 31 Abs 1 MRG nur zulässig, wenn der restliche Teil des Mietgegenstands abgesondert benutzbar ist oder ohne unverhältnismäßige Schwierigkeiten abgesondert benutzbar gemacht werden kann und zur Befriedigung des Wohnbedürfnisses des Mieters und der schon bisher mit ihm im gemeinsamen Haushalt darin wohnenden eintrittsberechtigten Personen oder zur Besorgung seiner Geschäfte ausreicht. Sind diese Voraussetzungen nicht erfüllt, kommt eine Teilkündigung daher nicht in Frage, sodass sich die Prüfung des Kündigungsgrundes nach § 30 (2) Z 8 MRG einschließlich der danach vorzunehmenden Interessenabwägung erübrigt.

[8] Die Beurteilung, ob im Fall der Teilkündigung eine abgesonderte Benutzbarkeit des restlichen Mietgegenstands im Sinn des § 31 Abs 1 MRG hergestellt werden kann, ist wiederum eine Einzelfallentscheidung. Gegen die Lösung dieser Frage durch das Berufungsgericht zeigt die Revision keine Bedenken auf. Sie geht im Gegenteil selbst davon aus, dass der Beklagte bei Abtrennung des streitgegenständlichen Zimmers die restliche Wohnung zur Gänze aufgeben müsste.

[9] 3. Erweist sich das Klagebegehren bereits aus anderen Gründen als nicht berechtigt, kann auch die vom Berufungsgericht offen gelassene Frage der alleinigen Aktivlegitimation des Klägers mangels Relevanz für das Verfahrensergebnis keine erhebliche Rechtsfrage im Sinn des § 502 Abs 1 ZPO begründen.

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