Spruch:
Dem Revisionsrekurs der Antragsgegnerin wird Folge gegeben; die Sachbeschlüsse der Vorinstanzen werden dahin abgeändert, dass die Entscheidung zu lauten hat:
Der Antrag, festzustellen, dass die Vorschreibung eines erhöhten Hauptmietzinses nach § 46a Abs 4 MRG unzulässig sei und für den Fall der Abweisung dieses Antrags den aufgrund einer solchen Erhöhung der Höhe nach zulässigen Hauptmietzins festzustellen, wird
abgewiesen.
Text
Begründung
Die Antragstellerin ist Hauptmieterin von Geschäftsräumlichkeiten im Ausmaß von ca 191 m**2, die teilweise auf der Liegenschaft R*****straße 1 und teilweise auf der Liegenschaft S*****gasse 4 gelegen sind. Die Antragsgegnerin ist Eigentümerin des Hauses R*****straße 1. Sie war auch ursprünglich Eigentümerin des Hauses S*****gasse 4, verkaufte dieses jedoch im Jahr 1978 an Dr. Reinhard H*****, der nunmehr Wohnungseigentümer hinsichtlich jener Geschäftsräumlichkeiten ist, in denen sich das Geschäftslokal der Antragstellerin (teilweise) befindet.
Der Rechtsvorgänger der Antragstellerin, Max F*****, hat im Jahr 1918 die Geschäftsräumlichkeiten von der Erstantragsgegnerin gemietet. Vorgeschrieben wurde stets ein einheitlicher Mietzins. Auch nach Verkauf des Hauses S*****gasse 4 an Dr. H***** schrieb stets die Antragsgegnerin die Mietzinse vor, zuletzt sogar Erhaltungsbeitrag für das gesamte Objekt. Die Zahlungen erfolgten stets an die Antragsgegnerin.
Welche Vereinbarungen zwischen der Antragsgegnerin und Dr. Reinhard H***** bezüglich des Objektes bestehen, insbesondere Fragen des Mietzinses betreffend, steht nicht fest.
Das von der Antragstellerin gemietete Objekt liegt links von der Hauseinfahrt im Erdgeschoß des Hauses R*****straße 1. Der Zugang zum Geschäftslokal erfolgt von der R*****straße. Die Antragstellerin betreibt dort einen Verkauf von Lederwaren und Kosmetikprodukten.
Direkt vom Eingang betritt man den Verkaufsraum der Lederwarenabteilung. Von diesem Verkaufsraum gelangt man im Bereich des Eingangsportals in einen weiteren, an der R*****straße gelegenen Verkaufsraum, in welchem Parfümerie- und Kosmetikartikel angeboten werden. Vom Verkaufsraum der Lederwarenabteilung gelangt man in einen weiteren, entlang der S*****gasse gelegenen Verkaufsraum, in dem überwiegend Leder- und Textiltaschen angeboten werden. Über diesen Raum erreicht man den hofseitig situierten Sozialraum. Über den zweiten Verkaufsraum erreicht man ein entlang der S*****gasse gelegenes Magazin. Von diesem Magazin gelangt man in zwei hofseitige Büroräume und einen Sozialraum. Die Fläche der beiden Geschäftsräume, in welchen Parfümerie- und Lederwaren verkauft werden beträgt rund 104 m**2. Der Verkaufsraum, welcher entlang der S*****gasse situiert ist, ist rund 23 m**2 groß. Das Magazin weist eine Fläche von rund 23 m**2 auf. Die Büro- und Sozialräume sind rund 41 m**2 groß. Das Magazin und die Büro- und Sozialräume (und offenkundig auch der Verkaufsraum, welcher an der S*****gasse situiert ist) befinden sich auf der Liegenschaft, die im Eigentum des Dr. H***** steht.
Mit Schreiben vom 30. 5. 1995 wurde der Antragstellerin von der Antragsgegnerin beginnend mit 1. 7. 1995 gemäß § 46a Abs 4 MRG ein monatlicher Hauptmietzins von S 600 pro m**2, somit insgesamt S 8.538,20 für das gesamte Geschäftslokal vorgeschrieben. Der bisherige Hauptmietzins hatte S 992,40 betragen.
Mit dem verfahrenseinleitenden Antrag an die Schlichtungsstelle begehrte die Antragstellerin, festzustellen, dass die Vorschreibung eines gemäß § 46a Abs 4 MRG angehobenen Hauptmietzinses nicht zulässig sei. Für den Fall der Abweisung dieses Begehrens beantragte sie, den (im Fall einer zulässigen Erhöhung) zulässigen Hauptmietzins festzustellen.
Sie bestritt das Vorliegen des Anhebungstatbestandes des § 46a Abs 4
MRG.
Die Antragsgegnerin begehrte die Abweisung des Hauptantrags. Erst im gerichtlichen Verfahren schloss sie sich dem Eventualbegehren der Antragstellerin an und begehrte ihrerseits, den gemäß § 46a Abs 4 MRG zulässig erhöhten Hauptmietzins der Höhe nach festzustellen.
Das Erstgericht stellte fest, dass eine Anhebung des Hauptmietzinses für die von der Antragstellerin gemieteten Geschäftsräumlichkeiten gemäß § 46a Abs 4 MRG nicht berechtigt sei. Dies unter Verneinung des Vorliegens der Voraussetzungen des § 46a Abs 4 MRG.
Dem Verfahren wurde Dr. H***** als Beteiligter beigezogen.
Einem gegen diesen Sachbeschluss erhobenen Rekurs gab das Gericht zweiter Instanz nicht Folge.
Es vertrat die Rechtsansicht, dass infolge der rechtlichen Trennung - an der Liegenschaft S*****gasse 4 sei Wohnungseigentum begründet, Dr. H***** sei Wohnungseigentümer jener Geschäftsräumlichkeiten, die sich auf dieser Liegenschaft befänden - eine Spaltung des Rechtsverhältnisses auf Bestandgeberseite erfolgt sei. Sowohl die Antragsgegnerin als auch Dr. H***** seien jeweils selbständige Vermieter und stünden nicht in einer Rechtsgemeinschaft nach den §§ 825 ff ABGB. In Bezug auf die Geltendmachung der Erhöhung eines Hauptmietzinses habe dies die Konsequenz, dass hinsichtlich des gesamten Mietgegenstandes nur beide Liegenschaftseigentümer gemeinsam antragslegitimiert seien. Nur im Fall von Miteigentümern wäre die Mehrheit (gerechnet nach Anteilen) berechtigt, da es sich diesfalls um eine Angelegenheiten der ordentlichen Verwaltung handelte. Die Antragsgegnerin sei daher nicht berechtigt, der Antragstellerin unter Berufung auf § 46a Abs 4 MRG einen erhöhten Hauptmietzins für das gesamte Bestandobjekt vorzuschreiben. Sie sei lediglich berechtigt, hinsichtlich ihres Anteils am Bestandobjekt eine Erhöhung zu begehren. Über das gesamte Objekt könne die Antragsgegnerin nur zusammen mit Dr. H***** verfügen.
Unbekämpft stehe fest, dass Dr. H***** der Antragsgegnerin weder eine Vollmacht zur Anhebung des Mietzinses erteilt habe noch dieser zugestimmt habe, was noch dadurch erhärtet werde, dass Dr. H***** ein eigenes wirtschaftliches Interesse am Obsiegen der Antragstellerin habe (Dr. H***** und seine Gattin sind an dem im Bestandobjekt betriebenen Unternehmen als Gesellschafter beteiligt).
Insgesamt ergebe sich daraus, dass das das gesamte Objekt betreffende Erhöhungsbegehren der Antragsgegnerin unzulässig sei, ohne dass es auf eine Prüfung der Voraussetzungen des materiellrechtlichen Anhebungstatbestandes ankäme.
Das Rekursgericht erklärte den ordentlichen Revisionsrekurs für zulässig, weil zur Frage der Abgrenzung eines auf Vermieterseite gespaltenen Mietverhältnisses von einer zwischen Vermietern bestehenden Rechtsgemeinschaft keine ausreichende höchstgerichtliche Rechtsprechung bestehe und darüber hinaus zu klären sei, wer im Fall eines gespaltenen Vermieterverhältnisses zu einem Anhebungsbegehren nach § 46a MRG gegenüber dem Mieter legitimiert sei.
Gegen diesen Sachbeschluss richtet sich der Revisionsrekurs der Antragsgegnerin, der aus den vom Rekursgericht bezeichneten Gründen zulässig ist.
Rechtliche Beurteilung
Der Revisionsrekurs ist auch berechtigt.
Zutreffend sind zunächst die Ausführungen des Revisionsrekurswerbers dahin, dass Dr. H***** dem Verfahren nicht als Partei hätte beigezogen werden dürfen, da sich der verfahrenseinleitende Antrag vor der Schlichtungsstelle nicht auf ihn erstreckte und insoweit die Prozessvoraussetzung des § 39 MRG nicht gegeben ist. Einer Antragszurückweisung bedurfte es nicht, weil die Antragstellerin formell ihr Begehren ohnedies nicht auf Dr. H***** als Zweitantragsgegner ausgedehnt hat. In den Kopf des erstgerichtlichen Sachbeschlusses wurde Dr. H***** auch nicht als Zweitantragsgegner aufgenommen. Lediglich das Rekursgericht hat mit seiner Entscheidung durch Aufnahme Dris H***** in den Kopf des Sachbeschlusses auch eine Entscheidung ihm gegenüber getroffen, welche Nichtigkeit jedoch aus Anlass der Abänderung der zweitinstanzlichen Entscheidung beseitigt ist.
Unrichtig sind die weiteren Ausführungen des Revisionsrekurses, dass es für eine Sachentscheidung im gegenständlichen Verfahren nicht darauf ankäme, wer die Vertragspartner der Antragstellerin seien. Eine Sachentscheidung könne nach Ansicht des Antragsgegners auch ohne Klärung dieser Frage getroffen werden.
Das Rekursgericht hat zwar die Frage der Klärungsbedürftigkeit der Rechtsverhältnisse auf Bestandgeberseite erkannt. Die getroffene rechtliche Lösung ist jedoch nicht mit der bestehenden Rechtsprechung in Einklang zu bringen.
Ein Gesamtmietverhältnis oder Mitmietverhältnis, also ein mit mehreren Mieterin hinsichtlich desselben Bestandobjektes ungeteilt bestehendes Mietverhältnis kann entweder von vornherein als solches begründet worden sein oder aber durch Gesamt- oder Sonderrechtsnachfolge entstehen. Der einzelne Mitmieter ist dabei grundsätzlich nicht befugt, über seinen Anteil zu verfügen. Lediglich zur Abwehr von Ansprüchen des Vermieters oder Dritter ist jeder Mitmieter legitimiert (immolex 1997/72; vgl Würth in Rummel3 Rz 20 zu § 1090 ABGB).
Eine Rechtsgemeinschaft ist aber nicht nur auf Seiten des Bestandnehmers, sondern auch auf Seite des Bestandgebers möglich. Der häufigste Fall ist die Rechtsgemeinschaft aus Miteigentum an der Bestandsache. Das interne Verhältnis zwischen den Miteigentümern und Vermietern ist durch die Regeln über das Miteigentum festgelegt (vgl Gamerith in Rummel3 Rz 5 zu § 833 ABGB).
Auch durch Einzelrechtsnachfolge hinsichtlich eines Teils des Objekts, in dem ein Bestandgegenstand liegt, kommt es zu einer Personenmehrheit auf Bestandgeberseite. In welcher Form diese Bestandgebermehrheit rechtlich organisiert ist und nach welchen Regeln hiebei vorzugehen ist, richtet sich danach, ob ein einheitliches Bestandverhältnis betroffen ist oder nicht. Deshalb wurde erkannt, dass dann, wenn sich eine Wohneinheit über zwei nebeneinander liegende Häuser erstreckt und eines der beiden Häuser veräußert wurde, Veräußerer und Erwerber in einer analog einem Miteigentumsverhältnis zu qualifizierenden Rechtsgemeinschaft stehen (JBl 1955, 575 = MietSlg 4.390; SZ 28/141). Der Erwerber der Bestandsache tritt nämlich gemäß § 1120 ABGB in das Vertragsverhältnis ein. Anders liegt der Fall dann, wenn keine einheitliche Bestandsache vorliegt, sondern eine teilbare, in welchem Fall der Erwerber Bestandgeber lediglich insoweit wird, als die Sache ihm gehört (MietSlg 7.940).
Ob mehrere in einem Vertrag in Bestand gegebene Sachen eine einheitliche Bestandsache bilden (die Rechtsprechung spricht dabei von einheitlichem Bestandvertrag) hängt vom Parteiwillen (§ 914 ABGB) ab (MietSlg 27.468; WoBl 1992/22; WoBl 1991/60; MietSlg 48.374). Die objektive Gemeinsamkeit im Sinne gegenseitigen Erforderlichseins oder Nützlichseins mehrerer in Bestand gegebener Sachen lässt nur einen Schluss auf die Parteiabsicht zu (MietSlg 38/10; WoBl 1993, 186; RIS-Justiz RS0020405). Das gegenseitige Erforderlich- oder Nützlichsein mehrerer Objekte, etwa die Verbindung einer Gastwirtschaft mit einer Wohnung im selben Haus, stellt eine objektive Gemeinsamkeit dar, die den (allerdings widerleglichen) Schluss auf die Parteienabsicht zulässt (MietSlg 44.119). Ansonsten kann es im Schuldrecht mangels diesbezüglicher zwingender Normen nur auf die subjektive Einheit der Bestandsache ankommen (Würth in Rummel3 Rz 15 zu §§ 1092 bis 1094 ABGB).
Im vorliegenden Fall wurden in einem Bestandvertrag miteinander in Verbindung stehende Verkaufs-, Lager- und Nebenräume zu einem einheitlichen Mietzins in Bestand gegeben, wobei auch die gegenseitige Nützlichkeit, nämlich von Verkaufs- und Lagerräumen sowie Büro- und Sozialräumen außer Frage steht.
Bei dieser Sachlage besteht entgegen der Rechtsansicht des Rekursgerichtes kein Zweifel daran, dass dem Rechtsvorgänger der Antragstellerin eine einheitliche Bestandsache vermietet wurde.
Daraus folgt im Weiteren, dass es durch Veräußerung eines der beiden Häuser zu einer Einzelrechtsnachfolge des Dr. Reinhard H***** dergestalt kam, dass dieser nunmehr mit der Antragsgegnerin zusammen als Bestandgeber eine Rechtsgemeinschaft im Sinn der §§ 833 ff ABGB bildet.
Weil die Anhebung des Hauptmietzinses offensichtlich den Interessen eines "Miteigentümers", nämlich des Dr. H***** widerspricht, handelt es sich bei den damit zusammenhängenden Maßnahmen um solche der außerordentlichen Verwaltung (MietSlg 38.050). Die Antragsgegnerin ist daher mangels Einstimmigkeit ohne gerichtliche Ersetzung der Zustimmung des weiteren Bestandgebers außerstande, eine Hauptmietzinsanhebung vorzunehmen. Entgegen der Ansicht des Rekursgerichtes kommt auch eine teilweise Anhebung, nämlich bloß hinsichtlich jenes Teils des einheitlichen Bestandobjektes, der im Eigentum der Antragsgegnerin steht, nicht in Betracht. Eine Ausnahme von der einheitlichen Behandlung eines solchen einheitlichen Mietverhältnisses hinsichtlich des Mietzinses wird nur dort gemacht, wo ein Teil des einheitlichen Mietverhältnisses zwingenden Zinsbildungsvorschriften unterliegt, ein anderer Teil nicht. Dann wird es zur Beurteilung der Zulässigkeit des Mietzinses als teilbar angesehen (MietSlg 34.367; 38.251/27; 38.587; Würth aaO Rz 20 zu §§ 1092 bis 1094 ABGB). Ein solcher Fall liegt aber nicht vor.
Dies führt im vorliegenden Fall nicht nur zur Unwirksamkeit des Erhöhungsbegehrens, das nur von der Antragsgegnerin, ausdrücklich nicht aber von Dr. H***** getragen ist, sondern infolge fehlender Passivlegitimation allein der Antragsgegnerin zur Abweisung des Antrags nach § 37 Abs 1 Z 8 MRG (MietSlg 48.428 ua). Es kann keinem Zweifel unterliegen, dass die Antragsgegnerin und Dr. H***** als notwendige Streitgenossen in einem Mietzinsüberprüfungsverfahren, das auf Feststellung der Unwirksamkeit des begehrten Hauptmietzinses gerichtet ist, der Antragstellerin gegenüberstehen.
Dem Rechtsmittelantrag des Antragsgegners, der nur auf "Aufhebung" gerichtet ist, inhaltlich jedoch eine Sachentscheidung anstrebt (vgl V des Revisionsrekurses) und dem insoweit kein verbesserungsbedürftiger inhaltlicher Mangel anhaftete, war daher im Sinne einer Antragsabweisung stattzugeben. Vor allem bei Verfahren nach § 37 MRG ist eine gewisse Großzügigkeit hinsichtlich der Ausführungen des Rechtsmittels, der Rechtsmittelanträge und der Rechtsmittelgründe geboten.
Im Ergebnis kommt daher dem Revisionsrekurs Berechtigung zu.
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