European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2021:E132972
Rechtsgebiet: Strafrecht
Spruch:
Aus Anlass der Nichtigkeitsbeschwerde wird das angefochtene Urteil, das im Übrigen unberührt bleibt, im * A*, * O* und * M* betreffenden Schuldspruch wegen je der Vergehen der organisierten Schwarzarbeit nach § 153e Abs 1 Z 1 und 2 StGB (C) sowie demzufolge auch in sämtlichen Strafaussprüchen aufgehoben und die Sache in diesem Umfang zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Landesgericht für Strafsachen Wien verwiesen.
Mit seiner auf den genannten Schuldspruchteil und den Strafausspruch bezogenen Nichtigkeitsbeschwerde wird der Angeklagte A* auf diese Entscheidung verwiesen.
Die Nichtigkeitsbeschwerde im Übrigen wird zurückgewiesen.
Mit ihren Berufungen gegen den Ausspruch über die Strafe werden die Angeklagten A* und O* auf die Aufhebung der Strafaussprüche verwiesen.
Die Akten werden vorerst dem Landesgericht für Strafsachen Wien rückgemittelt.
Gründe:
[1] Mit dem angefochtenen Urteil, das auch unbekämpft gebliebene Freisprüche enthält, wurden * A*, * O* und * M* jeweils eines Verbrechens des gewerbsmäßigen schweren Betrugs nach §§ 146, 147 Abs 3, 148 zweiter Fall StGB (A) und des (siehe aber Leukauf/Steininger/Zierl, StGB4 § 153d Rz 23 mwN) betrügerischen Anmeldens zur Sozialversicherung oder Bauarbeiter-Urlaubs- und Abfertigungskasse nach § 153d Abs 1, 2 und 3 StGB (B), der Vergehen der organisierten Schwarzarbeit nach § 153e Abs 1 Z 1 und 2 StGB (C) und des Vergehens der kriminellen Vereinigung nach § 278 Abs 1 erster und zweiter Fall StGB (D) schuldig erkannt.
[2] Danach haben * A*, * O* und * M* im bewussten und gewollten Zusammenwirken (§ 12 erster Fall StGB) vom Anfang des Jahres 2016 bis zum Mai 2018 in W* und andernorts
(A) mit auf unrechtmäßige Bereicherung gerichtetem Vorsatz und (unter Verwirklichung der Kriterien des § 70 Abs 1 Z 1 und 2 StGB, US 19 f) in der Absicht, sich durch die wiederkehrende Begehung von schwerem Betrug (§ 147 Abs 2 StGB, US 18 bis 20) längere Zeit hindurch ein nicht bloß geringfügiges fortlaufendes Einkommen zu verschaffen, in zahlreichen Angriffen (insb US 18 f) Verfügungsberechtigte nachgenannter Sozialversicherungsträger und der Bauarbeiter-Urlaubs- und Abfertigungskasse (BUAK) durch Täuschung über Tatsachen zu Unterlassungen verleitet, die die Sozialversicherungsträger und die BUAK in einem jeweils 5.000 Euro und insgesamt 300.000 Euro übersteigenden Betrag am Vermögen schädigten (Gesamtschaden 564.800,45 Euro), indem sie unter Verwendung der nachgenannten vermögenslosen (US 18 und 20) Scheingesellschaften, die sie als faktische Geschäftsführer leiteten, die (An‑)Meldung von Dienstnehmern veranlassten und vorgaben, diese Gesellschaften seien Dienstgeber der (an‑)gemeldeten Dienstnehmer, während die Dienstnehmer tatsächlich nur zum Schein auf diese Gesellschaften angemeldet wurden und in Wahrheit „für andere Personen bzw Unternehmen“ (vgl US 19 „im Rahmen der AK* GmbH und der AI* GmbH“) tätig waren, zur Abstandnahme von der Einhebung der Sozialversicherungsbeiträge und der Zuschläge nach dem Bauarbeiter‑Urlaubs- und Abfertigungsgesetz bei den wirklichen Dienstgebern (US 20), und zwar
(1) vom 11. Jänner 2016 (US 12) bis zum 21. Juli 2016 Verfügungsberechtigte der Oberösterreichischen Gebietskrankenkasse (Schaden 12.889,15 Euro) und der Wiener Gebietskrankenkasse (Schaden 149.840,81 Euro) durch die Anmeldung von insgesamt 99 Dienstnehmern und Verfügungsberechtigte der BUAK durch die Meldung von 59 Dienstnehmern (Schaden 163.485,99 Euro) bei der S* GmbH,
(2) vom 9. Juni 2016 bis zum 27. März 2017 Verfügungsberechtigte der Burgenländischen Gebietskrankenkasse durch die Anmeldung von 59 Dienstnehmern (Schaden 47.029,83 Euro) und Verfügungsberechtigte der BUAK durch die Meldung von 32 Dienstnehmern (Schaden 35.291,49 Euro) bei der MA * GmbH,
(3) vom 28. April 2017 bis zum 1. Dezember 2017 Verfügungsberechtigte der Niederösterreichischen Gebietskrankenkasse durch die Anmeldung von 53 Dienstnehmern (Schaden 71.619,28 Euro) und Verfügungsberechtigte der BUAK durch die Meldung von 36 Dienstnehmern (Schaden 64.099,85 Euro) bei der G* GmbH sowie
(4) vom 22. Juli 2017 bis zum Mai 2018 Verfügungsberechtigte der Niederösterreichischen Gebietskrankenkasse durch die Anmeldung von 25 Dienstnehmern (Schaden 20.544,05 Euro) bei der SH * GmbH,
(B) durch die unter A angeführten Tathandlungen gewerbsmäßig und in Bezug auf eine größere Zahl von Personen deren Anmeldung zur Sozialversicherung und deren Meldung zur Bauarbeiter‑Urlaubs- und Abfertigungskasse in dem Wissen, dass die infolge der (An‑)Meldung auflaufenden Sozialversicherungsbeiträge sowie Zuschläge nach dem Bauarbeiter‑Urlaubs- und Abfertigungsgesetz nicht vollständig geleistet werden sollen, vorgenommen, vermittelt oder in Auftrag gegeben, wobei die infolge der (An‑)Meldung auflaufenden Sozialversicherungsbeiträge und Zuschläge nicht vollständig geleistet wurden,
(C) „dadurch, dass sie die unter A angeführten Dienstnehmer anderen Unternehmen zur Verfügung stellten bzw im Rahmen der Unternehmen AK* GmbH und AI* GmbH zum Einsatz brachten, gewerbsmäßig
(1) Personen zur unselbständigen Erwerbstätigkeit ohne die erforderliche Anmeldung zur Sozialversicherung überlassen [und]
(2) eine größere Zahl illegal erwerbstätiger Personen beschäftigt“ sowie
(D) sich als Mitglieder (§ 278 Abs 3 StGB) an einer im angefochtenen Urteil näher beschriebenen, von ihnen gegründeten kriminellen Vereinigung (§ 278 Abs 2 StGB), die darauf ausgerichtet ist, dass von einem oder mehreren Mitgliedern der Vereinigung Verbrechen des gewerbsmäßigen schweren Betrugs und des betrügerischen Anmeldens zur Sozialversicherung oder Bauarbeiter‑Urlaubs- und Abfertigungskasse in den Qualifikationen des § 153d Abs 3 StGB ausgeführt werden, beteiligt, indem sie die zu A und B geschilderten Taten begingen.
[3] Dagegen richtet sich die auf § 281 Abs 1 Z 5, 8, 9 lit a, 10 und 11 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten A*.
[4] Aus ihrem Anlass überzeugte sich der Oberste Gerichtshof, dass das angefochtene Urteil im die Angeklagten A*, O* und M* betreffenden Schuldspruch wegen je der Vergehen der organisierten Schwarzarbeit nach § 153e Abs 1 Z 1 und 2 StGB (C) nicht geltend gemachte materielle Nichtigkeit gemäß § 281 Abs 1 Z 10 StPO aufweist, die (in Bezug auf O* und M* unbekämpft) zum Nachteil dieser Angeklagten wirkt und daher von Amts wegen wahrzunehmen war (§ 290 Abs 1 zweiter Satz erster Fall StPO):
Rechtliche Beurteilung
[5] Organisierte Schwarzarbeit nach § 153e Abs 1 StGB begeht, wer – jeweils gewerbsmäßig (§ 70 StGB) – Personen zur selbständigen oder unselbständigen Erwerbstätigkeit ohne die erforderliche Anmeldung zur Sozialversicherung oder ohne die erforderliche Gewerbeberechtigung anwirbt, vermittelt oder überlässt (Z 1), eine größere Zahl illegal erwerbstätiger Personen [Z 1] beschäftigt oder mit der selbständigen Durchführung von Arbeiten beauftragt (Z 2) oder in einer Verbindung einer größeren Zahl illegal erwerbstätiger Personen [Z 1] führend tätig ist (Z 3).
[6] § 153e StGB ist ein Allgemeindelikt. Demnach kann jede Person Täter sein, ob sie Dienstgeber oder von § 153e Abs 2 StGB umfasster leitender Angestellter (§ 74 Abs 3 StGB) ist, spielt hier keine Rolle (Kirchbacher/Sadoghi in WK2 StGB § 153e Rz 4).
[7] Neben der fehlenden Anmeldung zur Sozialversicherung begründen auch weitere Verstöße gegen die Meldepflicht (§§ 33 und 34 ASVG), wie etwa falsche Angaben zur Person des tatsächlichen Dienstgebers, illegale Erwerbstätigkeit im Sinn der Legaldefinition des § 153e Abs 1 Z 1 StGB (Kirchbacher/Sadoghi in WK2 StGB § 153e Rz 7/1, Bugelnig SbgK § 153e Rz 29).
[8] § 153e StGB stellt innerhalb der beiden Tatbestände nach Abs 1 Z 1 und 2 jeweils ein alternatives Mischdelikt dar: Anwerben, Vermitteln und Überlassen (Z 1) sind untereinander gleichwertige Begehungsweisen, ebenso Beschäftigen und Beauftragen (Z 2). Die drei Tatbestände des § 153e Abs 1 Z 1, 2 und 3 StGB bilden ein kumulatives Mischdelikt. Im Urteil muss daher festgestellt werden, welchen Tatbestand der Täter erfüllt hat. Bei Verwirklichung von zwei oder drei Tatbeständen durch denselben Täter liegen mehrere Vergehen nach § 153e StGB vor (Kirchbacher/Sadoghi in WK2StGB § 153e Rz 19).
[9] Überlassen (§ 153e Abs 1 Z 1 dritter Fall StGB) werden Arbeitskräfte, wenn sie Dritten zur Erbringung von Arbeitsleistungen zur Verfügung gestellt werden. Die Entlohnung der Arbeitskräfte erfolgt dabei durch den Überlasser. Diese Tatbegehungsvariante erfasst im Speziellen Personalbereitsteller (Leukauf/Steininger/Zierl, StGB4 § 153e Rz 10; Bugelnig SbgK § 153e Rz 44).
[10] Kein Überlassen im Sinn dieser Tatbestandsvariante liegt vor, wenn Arbeitskräfte zur Erbringung einer einem Dritten geschuldeten Werkleistung eingesetzt werden. Dadurch wird aber das Tatbild des § 153e Abs 1 Z 2 erster Fall StGB erfüllt, nämlich das (im eigenen Betrieb erfolgende) Beschäftigen illegal erwerbstätiger Personen, sofern gleichzeitig eine größere Zahl illegal erwerbstätiger Personen, worunter ein Richtwert von etwa zehn Personen zu verstehen ist (RIS‑Justiz RS0127943), beschäftigt wird (Kirchbacher/Sadoghi in WK2 StGB § 153e Rz 12).
[11] Weiters erfordern die Tatbestände des § 153e Abs 1 StGB die Absicht des Täters, sich durch wiederkehrende Begehung längere Zeit hindurch ein nicht bloß geringfügiges fortlaufendes Einkommen zu verschaffen, wobei zusätzlich eine der in § 70 Abs 1 Z 1 bis 3 StGB genannten Voraussetzungen vorliegen muss. Gewerbsmäßigkeit ist auch dann gegeben, wenn die Absicht auf Erzielung eines fortlaufenden Einkommens durch wiederkehrende Begehung verschiedene der Tätigkeiten des § 153e Abs 1 StGB umfasst (Kirchbacher/Sadoghi in WK2 StGB § 153e Rz 19).
[12] Entgegen den dargelegten gesetzlichen Kriterien enthält das angefochtene Urteil keine hinreichenden Feststellungen zum gewerbsmäßigen Überlassen von (zumindest zwei [vgl Kirchbacher/Sadoghi in WK2 StGB § 153e Rz 11/1 mwN]) illegal erwerbstätigen Personen an Dritte (§ 153e Abs 1 Z 1 dritter Fall StGB). Auch Konstatierungen zu den alternativen Begehungsformen des Anwerbens oder des Vermittelns (dazu Kirchbacher/Sadoghi in WK2 StGB § 153e Rz 9 f) solcher Personen enthält das Urteil nicht.
[13] Ebenso kann auf Basis der Urteilskonstatierungen die Tatbestandsverwirklichung des § 153e Abs 1 Z 2 erster Fall StGB nicht beurteilt werden. Denn dazu fehlt es an Feststellungen zum gewerbsmäßigen gleichzeitigen Beschäftigen einer größeren Zahl illegal erwerbstätiger Personen. Dass die Personen nacheinander beschäftigt werden und (erst) in Summe eine größere Zahl ergeben, genügt insoweit nämlich nicht (Kirchbacher/Sadoghi in WK2 StGB § 153e Rz 12 mwN, Bugelnig SbgK § 153e Rz 58).
[14] Im Übrigen kann einer kriminellen Vereinigung (§ 278 StGB) per se keine Dienstgebereigenschaft im Sinn des § 35 ASVG zukommen (zum Tatsubjekt eingehend Bugelnig SbgK § 153e Rz 22 bis 25).
[15] Das Urteil leidet daher am Nichtigkeitsgrund des § 281 Abs 1 Z 10 StPO, der die Angeklagten A*, O* und M* betrifft.
[16] Der aufgezeigte Rechtsfehler erfordert – in Übereinstimmung mit der Stellungnahme der Generalprokuratur – die Aufhebung des Urteils im Schuldspruch C und demzufolge auch in den Strafaussprüchen der Angeklagten A*, O* und M* samt Rückverweisung der Sache an das Erstgericht (§ 290 Abs 1 zweiter Satz StPO iVm § 285e StPO).
[17] In diesem Umfang erübrigt sich ein Eingehen auf das Vorbringen der Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten A*.
[18] Der Nichtigkeitsbeschwerde im Übrigen kommt – ebenfalls in Übereinstimmung mit der Stellungnahme der Generalprokuratur – keine Berechtigung zu:
[19] Bezugspunkt der Mängelrüge (Z 5) ist der Ausspruch des Schöffengerichts über entscheidende Tatsachen, also – soweit hier von Interesse (Sanktionsfragen werden nicht angesprochen) – über schuld- oder subsumtionsrelevante Tatumstände (RIS‑Justiz RS0106268).
[20] Dies lässt die Mängelrüge außer Acht, indem sie zu A und B in Bezug auf die gewerbsmäßige Begehung (§ 70 StGB) die Urteilspassage, wonach der Angeklagte A* „durch die Begehung der mit Strafe bedrohten Handlungen einen nicht mehr genau feststellbaren Betrag in der Form von ersparten Aufwendungen“ von „zumindest EUR 50.000“ erlangte (US 19), als offenbar unzureichend begründet (Z 5 vierter Fall) kritisiert. Denn sie übersieht, dass es insoweit (nur) auf die beabsichtigte Einkommenserzielung und nicht auf die Verwirklichung dieser Absicht ankommt (Jerabek/Ropper in WK2 StGB § 70 Rz 13).
[21] Der von der Rüge (nominell Z 8, der Sache nach Z 5 vierter Fall) zu A und B behauptete Verstoß gegen das Fair‑Trial‑Gebot des Art 6 MRK liegt nicht vor. Denn das Erstgericht stützte sich bei den Feststellungen zu einem durch die gleichzeitige „(An)meldung von mehr als zehn Personen zur Sozialversicherung und/oder zur BUAK“ jeweils 5.000 Euro übersteigenden Schaden (US 18 f) auf – in der Hauptverhandlung vorgekommene (ON 165 S 47 ff) – Aufstellungen der Geschädigten und ergänzte bloß illustrativ, dass die angesprochene Schadenshöhe bei der festgestellten Zahl (an‑)gemeldeter Personen mit der diesbezüglichen Gerichtsnotorietät übereinstimme (US 41 [vgl dazu RIS‑Justiz RS0113209 und RS0113210]).
[22] Ob „die kriminelle Vereinigung“ (US 18 ff und 49), „andere Personen bzw Unternehmen“ (US 3) oder die „AK* GmbH und AI* GmbH“ (US 17 und 21) der „tatsächliche Dienstgeber“ der bei den Scheingesellschaften (an‑)gemeldeten, für diese aber jedenfalls nicht tätigen Dienstnehmer (US 3 und 10 ff) war, ist zu A weder für die Schuldfrage noch für die Subsumtionsfrage von Bedeutung und daher nicht entscheidend. Somit versagt der darauf bezogene Einwand des inneren Widerspruchs (Z 5 dritter Fall).
[23] Das Vorbringen (nominell Z 9 lit a, der Sache nach Z 10) zum Fehlen von Feststellungen „zur subjektiven Tatseite des Grundtatbestandes“ zu B erklärt nicht, weshalb die Konstatierungen zu absichtlichen und wissentlichen Tathandlungen des Angeklagten (US 20 f) die Subsumtion nach § 153d Abs 1, 2 (und 3) StGB nicht tragen sollen (siehe aber RIS‑Justiz RS0116565). Hinzugefügt sei, dass die qualifizierten Vorsatzformen den bedingten Vorsatz nach ständiger Judikatur einschließen (RIS‑Justiz RS0088886 [T5]).
[24] Die Rechtsrüge (Z 9 lit a) behauptet zu A, die Feststellung, wonach die bei den Scheinunternehmen (an‑)gemeldeten Dienstnehmer „tatsächlich auf Rechnung und für die kriminelle Vereinigung tätig“ waren ([richtig] US 18), trage den Schuldspruch nicht, weil „eine 'kriminelle Vereinigung' niemals Dienstgeber sein kann“, sodass man „über diese Tatsache auch nicht täuschen“ könne. Damit erklärt sie nicht, warum zur Betrugsstrafbarkeit über die getroffenen Konstatierungen (US 3, 18 und 20) hinaus die Feststellung des tatsächlichen Dienstgebers relevant sein soll (erneut RIS‑Justiz RS0116565, siehe im Übrigen Kirchbacher/Sadoghi in WK2 StGB § 146 Rz 20 ff und § 153d Rz 30).
[25] Indem die Rechtsrüge zum Schuldspruch D von einer auf „Kokaingeschäfte“ ausgerichteten „Tätergruppe“ ausgeht, lässt sie keinen Konnex zum Urteilssachverhalt erkennen (siehe aber RIS‑Justiz RS0099810).
[26] Soweit die Beschwerde hinsichtlich des Tatbestands der kriminellen Vereinigung (§ 278 StGB) die Feststellung „eines Gesamtwillens, dem sich die Einzelnen unterordnen“, ohne inhaltliche Argumentation auf eine nicht aus dem Gesetz entwickelte Kommentarmeinung (Schwaighofer PK‑StGB § 278 Rz 4) stützt, entzieht sie sich ebenfalls einer meritorischen Erledigung (RIS‑Justiz RS0118429).
[27] Die Subsumtionsrüge (Z 10) releviert zu A in Bezug auf die Qualifikation nach § 148 zweiter Fall StGB und zu B hinsichtlich jener nach § 153d Abs 3 erster Fall StGB das Fehlen von Feststellungen zu einer vom Angeklagten A* wiederkehrend beabsichtigten Einkommenserzielung von mehr als 400 Euro monatlich.
[28] Nach den diesbezüglich zu A getroffenen Konstatierungen (US 3 f und 19 bis 21) handelte A* in der Absicht, sich durch die wiederkehrende Begehung von „derartigen“ – also auf unzählige Dienstnehmer bezogenen, mehrere Sozialversicherungsträger und die BUAK letztlich mit rund 565.000 Euro am Vermögen schädigenden und jeweils für sich im Sinn des § 147 Abs 2 StGB qualifizierten – Sozialbetrugshandlungen sowie unter Einsatz besonderer Mittel, die eine wiederkehrende Begehung nahe legen, nämlich durch den Einsatz eigens zu diesem Zweck übernommener Scheinunternehmen, mehrere Jahre hindurch ein nicht bloß geringfügiges fortlaufendes Einkommen in Form der – bei ihm sodann im rund zweieinhalbjährigen Tatzeitraum im Betrag von zumindest 50.000 Euro tatplankonform eingetretenen – Ersparnis der (auch) von ihm als Dienstgeber zu tragenden Sozialversicherungsbeiträge und Zuschläge nach dem Bauarbeiter‑Urlaubs- und Abfertigungsgesetz zu verschaffen.
[29] Welcher darüber hinausgehenden Feststellungen zur subjektiven Tatseite es noch bedurft haben sollte, legt die Rüge nicht aus dem Gesetz abgeleitet dar (siehe abermals RIS‑Justiz RS0116565).
[30] § 153d Abs 3 StGB normiert einen alternativen Mischtatbestand, indem er wahlweise zwei Spielarten repetitiver Kriminalität mit einer gegenüber den Grundtatbeständen erhöhten Strafdrohung versieht (RIS‑Justiz RS0131508).
[31] Ausgehend davon orientiert sich das Rügevorbringen zu B nicht am Gesetz, weil die rechtliche Annahme einer der beiden als verwirklicht angesehenen (US 4 und 18 ff) – nach dem zuvor Gesagten rechtlich gleichwertigen – Qualifikationsvarianten des § 153d Abs 3 StGB der Anfechtung aus Z 10 des § 281 Abs 1 StPO entzogen ist (RIS‑Justiz RS0116655).
[32] Der Kritik der Sanktionsrüge (Z 11) zuwider hat das Erstgericht, das (der Sache nach nur) gemäß § 20 Abs 3 StGB einen für verfallen erklärten Geldbetrag bestimmte (US 6, 19 und 54 f) und insofern unmissverständlich einen Wertersatzverfall anordnete, durch die im Urteilsspruch erfolgte (überflüssige) Anführung auch der Abs 1 und 2 des § 20 StGB (§ 260 Abs 1 Z 4 StPO) die Grenzen der ihm zustehenden Strafbefugnis (Z 11 erster Fall) nicht überschritten (vgl Lendl, WK‑StPO § 260 Rz 34 f, 39 und 44 f; 15 Os 47/16z).
[33] Nach den Urteilskonstatierungen wurden die aufgrund der Täuschungshandlungen der einverständlich zusammenwirkenden Angeklagten bei den vier gegenständlichen Scheinunternehmen aufgelaufenen Sozialversicherungsbeiträge und Zuschläge zur Bauarbeiter‑Urlaubs- und Abfertigungskasse nicht oder nur zum Teil entrichtet, wodurch den Sozialversicherungsträgern und der BUAK ein Schaden von insgesamt 564.800,45 Euro entstand und A*, der als Chef der Tätergruppe fungierte und dem die Einnahmen der Scheinunternehmen (neben den Angeklagten O* und M*) zuflossen, zumindest 50.000 Euro in Form von ersparten Aufwendungen erlangte (US 11, 13 ff, 17 ff).
[34] Diese Feststellungen übergeht das weitere Vorbringen, wonach Konstatierungen, dass dem Angeklagten A* der für verfallen erklärte Betrag von 50.000 Euro „tatsächlich zugekommen“ sei und „die Angeklagten direkt Gewinne aus den inkriminierten Handlungen erzielt hätten“ (siehe dazu RIS‑Justiz RS0130833 [T2 und T3]), fehlten.
[35] Mit der Kritik an der Vornahme der Schätzung (§ 20 Abs 4 StGB) sowie an der festgesetzten Höhe des für verfallen erklärten Geldbetrags wird ein Berufungsvorbringen erstattet (vgl RIS‑Justiz RS0114233 [T2]).
[36] Im dargestellten Umfang war die Nichtigkeitsbeschwerde daher gemäß § 285d Abs 1 StPO bei der nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen.
[37] Mit ihren Berufungen wegen des Ausspruchs über die Strafe waren die Angeklagten A* und O* auf die Aufhebung ihrer Strafaussprüche zu verweisen.
[38] Die Entscheidung über die Berufungen der Angeklagten A* und O* gegen die sie betreffenden – von der Aufhebung nicht berührten – Aussprüche über den Verfall kommt dem Oberlandesgericht zu (§ 285i StPO).
[39] Voraussetzung für eine Kostenersatzpflicht im Rechtsmittelverfahren (§ 390a StPO) ist – sofern das Rechtsmittelgericht nicht in der Sache selbst erkennt – ein grundsätzlicher Ausspruch derselben nach §§ 389 oder 390 StPO in der erstinstanzlichen Entscheidung. Weil das Erstgericht – entgegen § 260 Abs 1 Z 5 und § 389 StPO – den Ausspruch der Kostenersatzpflicht (unbekämpft) unterließ, ist es dem Obersten Gerichtshof verwehrt, eine Kostenersatzpflicht der Angeklagten A* und O* nach § 390a StPO auszusprechen (RIS‑Justiz RS0101332; Lendl, WK‑StPO § 389 Rz 1 und 4 sowie § 390a Rz 4, 7 und 12).
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