OGH 26Ds1/20a

OGH26Ds1/20a17.6.2021

Der Oberste Gerichtshof als Disziplinargericht für Rechtsanwälte und Rechtsanwaltsanwärter hat am 17. Juni 2021 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon.‑Prof. Dr. Kirchbacher als Vorsitzenden, die Senatspräsidentin des Obersten Gerichtshofs Dr. Kalivoda sowie die Anwaltsrichter Dr. Broesigke und Mag. Stolz in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Pauritsch als Schriftführerin in der Disziplinarsache gegen *****, Rechtsanwalt in *****, wegen des Disziplinarvergehens der Beeinträchtigung von Ehre oder Ansehen des Standes über die Berufung des Kammeranwalts gegen das Erkenntnis des Disziplinarrats der Rechtsanwaltskammer Wien vom 24. Juni 2019, AZ D 57/17, D 58/17, D 59/17, D 62/17, nach mündlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwalt Mag. Schneider, des Kammeranwalt-Stellvertreters Mag. Jakauby, des Beschuldigten und seines Verteidigers MMag. Steinmair zu Recht erkannt:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2021:0260DS00001.20A.0617.000

 

Spruch:

 

Der Berufung wird teilweise Folge gegeben, das im Übrigen, also in Ansehung der Freisprüche zu den Spruchpunkten 2. und 3. unberührt bleibende Erkenntnis im Umfang des Freispruchs zu Spruchpunkt 1. aufgehoben und in der Sache selbst erkannt:

*****, Rechtsanwalt in *****, ist schuldig, er hat sich gegenüber ***** zu nicht exakt feststellbaren Zeitpunkten im Jahr 2016 in der Kanzlei ***** mehrfach unangemessen verhalten, indem er ihr mit seinem mit eigenem Speichel befeuchteten Finger über die Wange fuhr und den abgeschleckten feuchten Mittelfinger in ihr Ohr steckte.

Er hat dadurch das Disziplinarvergehen der Beeinträchtigung von Ehre oder Ansehen des Standes gemäß § 1 Abs 1 zweiter Fall DSt begangen und wird hiefür gemäß § 16 Abs 1 Z 2 DSt zur Disziplinarstrafe der

Geldbuße von 2.000 Euro

sowie gemäß § 41 DSt zur Tragung der anteiligen Kosten des Disziplinarverfahrens verurteilt.

Im Übrigen wird der Berufung nicht Folge gegeben.

Der Beschuldigte hat gemäß § 54 Abs 5 DSt auch die anteiligen Kosten des Rechtsmittelverfahrens zu tragen.

 

Gründe:

[1] Mit dem angefochtenen Erkenntnis wurde *****, Rechtsanwalt in *****, von den gegen ihn erhobenen Vorwürfen freigesprochen, er habe

1. sich gegenüber ***** zu nicht exakt feststellbaren Zeitpunkten zwischen April 2016 und September 2016, jedenfalls auch am 1. September 2016, in der Kanzlei ***** mehrfach unangemessen verhalten, indem er ihr mit der Zunge von hinten den Hals abschleckte und indem er sie mit der Zunge vom Kinn bis zum Auge abschleckte sowie mit einem mit seinem Speichel angefeuchteten Zeigefinger den Hals entlangfuhr und sie wiederholt an der Brust berührte;

2. zu einem nicht mehr exakt feststellbaren Zeitpunkt zwischen April 2016 und September 2016 ***** aufgefordert, offenbar zu Beweiszwecken eine von ihm hergestellte wahrheitswidrige eidesstattliche Erklärung zu unterfertigen, und dadurch versucht, ein falsches Beweismittel herzustellen;

3. in den Verfahren ***** durch die Behauptung, er habe ***** in keiner Weise sexuell belästigt, wissentlich falsches Vorbringen erstattet und wissentlich falsche Beweismittel angeboten.

Rechtliche Beurteilung

[2] Der dagegen gerichteten Berufung des Kammeranwalts kommt teilweise Berechtigung zu.

[3] Zum Freispruch gemäß Spruchpunkt 1.

[4] Nach den Feststellungen (ES 4) des angefochtenen Erkenntnisses kam es zu nicht mehr genau feststellbaren Zeitpunkten im Jahr 2016 zwei bis drei Mal zu Handlungen des Beschuldigten, der zum Tatzeitpunkt noch Rechtsanwaltsanwärter in der Rechtsanwalts‑Kanzlei *****, war, gegenüber der in derselben Kanzlei als studentische Mitarbeiterin beschäftigten *****, die der Beschuldigte als „feuchte Fuzzi“ bezeichnete und die darin bestanden, dass er seinen Finger mit eigenem Speichel befeuchtete und ***** mit dem nassen Finger über die Wange fuhr und den abgeschleckten feuchten Mittelfinger in ihr Ohr steckte.

[5] Der gegen die rechtliche Beurteilung des festgestellten Sachverhalts durch den Disziplinarrat als („gerade noch“) nicht disziplinär gerichteten Berufung des Kammeranwalts wegen des Ausspruchs über die Schuld (Z 9 lit a des § 281 Abs 1 StPO [zur Geltendmachung von Nichtigkeitsgründen im Rahmen der Schuldberufung vgl RIS‑Justiz RS0128656]) kommt Berechtigung zu.

[6] Vorweg ist festzuhalten, dass in den Feststellungen des angefochtenen Erkenntnisses der Ort der inkriminierten Tathandlungen des Beschuldigten (die Befeuchtung eines Fingers mit eigenem Speichel und Über‑die‑Wange‑fahren bzw Ins‑Ohr‑stecken des abgeschleckten feuchten Mittelfingers) nicht explizit genannt ist. In Zusammenschau aller Feststellungen sowie auch aus der Formulierung des Spruchpunkts 1. selbst ergab sich jedoch unzweifelhaft, dass der Disziplinarrat von einer Begehung der genannten Tathandlungen in der Kanzlei ***** Rechtsanwälte in ***** ausging und seinen Feststellungen zugrunde legte. So wurde festgestellt, dass der Beschuldigte und die studentischen Mitarbeiterinnen „auch in der Kanzlei einen freundschaftlichen, ungezwungenen Umgang“ pflogen (ES 4, 2. Absatz) und dass das Gerücht entstand, „dass der Beschuldigte das Sekretariat (sexuell) belästige“ (ES 4, vorletzter Absatz). Ferner wurde festgestellt, dass ***** gegen den Beschuldigten eine Arbeitsgerichts-Klage einbrachte, hat, in der vorgebracht wurde, dass der Beschuldigte eine für ***** einschüchternde, feindselige und demütigende Arbeitsumwelt geschaffen habe (ES 6, 3. Absatz). Schließlich setzte das angefochtene Erkenntnis in der rechtlichen Beurteilung das inkriminierte Verhalten des Beschuldigten in Bezug zu einem lockeren Umgangston „in der ganzen Kanzlei“ (ES 8, 2. Absatz) und führte aus, dass das Verhalten „eines Anwalts gegenüber seinen Mitarbeitern unwürdig“ sei und der Beschuldigte im Tatzeitpunkt „als Rechtsanwaltsanwärter tätig“ war (ES 8, 1. Absatz), worin wiederum ein Bezug zum Arbeitsumfeld, also zur damaligen Kanzlei des Beschuldigten, hergestellt wurde. Irgendwelche Anhaltspunkte dafür, dass das inkriminierte Verhalten außerhalb der Kanzlei gesetzt worden sei, finden sich hingegen weder im angefochtenen Erkenntnis noch im abgeführten Beweisverfahren.

[7] Auch der Spruch des angefochtenen Erkenntnisses geht in seinem Punkt 1. von „in der Kanzlei ***** Rechtsanwälte in *****“ gesetzten mehrfachen unangemessenen Verhaltensweisen aus.

[8] Somit ergab sich, dass das angefochtene Erkenntnis von einer Setzung der inkriminierten Tathandlungen in der Kanzlei ***** Rechtsanwälte in ***** ausgging.

[9] Entgegen der Verantwortung des Beschuldigten, der die festgestellten Tathandlungen zugestanden, sie aber als kindische Neckerei im Rahmen eines freundschaftlichen Verhältnisses verharmlost hat, sowie auch entgegen der unrichtigen rechtlichen Beurteilung des Disziplinarrats stellen sich die festgestellten Tathandlungen als erhebliche Übergriffe in Betreff der Intimsphäre der derart behandelten jungen Frau dar. Es mag sein, dass derartige und ähnliche Handlungen unter Kindern bis allenfalls zur Pubertät gelegentlich praktiziert werden. Es kann aber keinem Zweifel unterliegen, dass selbst im Kindesalter eine derartige Vorgangsweise für den so Behandelten unerwünscht ist und als ekelhaft empfunden wird und dies selbst dem so handelnden Kind bewusst ist, ja es geradezu darauf ankommt, den anderen damit zu belästigen und Ekel auszulösen.

[10] Im vorliegenden Fall war aber nicht das Verhalten eines Kindergarten- oder pubertierenden Kindes zu beurteilen, sondern jenes des zum Tatzeitpunkt erwachsenen, rund 30‑jährigen und somit nicht nur deutlich älteren, kurz vor der Eintragung als Rechtsanwalt stehenden Rechtsanwaltsanwärters gegenüber der damals 25‑jährigen, zwar nicht formal, aber im Kanzleibetrieb als Studentin hierarchisch unter dem Beschuldigten stehenden Kanzleimitarbeiterin. Eine derartige Handlung eines erwachsenen Mannes am Arbeitsplatz gegenüber einer ebenso erwachsenen, aber deutlich jüngeren und hierarchisch untergeordneten Frau kann nicht als harmlose „Neckerei“ beurteilt werden; sie stellt sich vielmehr als erheblich respektlose, erniedrigende, demütigende Machtausübung gegenüber dem Opfer und jedenfalls als Übergriff auf die körperliche Integrität und Intimsphäre des Opfers dar.

[11] Ausgehend davon, dass schon bei einem derartigen „Spiel“ unter Kindern dem solche Handlungen Setzenden bewusst ist – ja, es ihm darauf geradezu ankommt –, dem anderen (zumindest) Unangenehmes und Ekelerregendes zuzufügen, ergab sich, dass dies umso mehr im Fall eines solchen, von einem älteren und hierarchisch übergeordneten erwachsenen Mann gegen eine jüngere und untergeordnete Frau gerichteten, mit einem Eingriff in deren körperliche Integrität und Selbstbestimmung verbundenen, am Arbeitsplatz gesetzten Verhaltens gilt und die Rechtfertigung des Beschuldigten, er habe nicht wissen können, dass derartige belästigende Verhaltensweisen für die Betroffene (zumindest) unangenehm und unerwünscht sind, nicht geeignet ist, ihn in Ansehung der erforderlichen disziplinarstrafrechtlichen Schuld zu entlasten.

[12] Gemäß § 10 Abs 2 RAO ist der Rechtsanwalt verpflichtet, durch Redlichkeit und Ehrenhaftigkeit in seinem Benehmen die Ehre und Würde des Standes zu wahren. Ein Disziplinarvergehen begeht gemäß § 1 DSt ein Rechtsanwalt und gemäß § 4 DSt ein Rechtsanwaltsanwärter, der durch sein Verhalten die Ehre oder das Ansehen des Standes beeinträchtigt. Jedes schuldhafte Verhalten, durch das die Wertschätzung und das Ansehen, die der Stand als solcher und jeder Rechtsanwalt vermöge seiner Zugehörigkeit zu beanspruchen befugt sind, gefährdet wird, ist geeignet, die Würde und das Ansehen zu beeinträchtigen.

[13] In Übereinstimmung mit der Berufung des Kammeranwalts ist ein derartiges, am Arbeitsplatz gegen eine weibliche Mitarbeiterin gesetztes, körperlich übergriffiges Verhalten bei richtiger Anwendung des Gesetzes als gravierender Verstoß gegen Ehre oder Ansehen des Rechtsanwaltsstandes zu beurteilen. Die inkriminierten Handlungen des Beschuldigten sind nicht nur innerhalb der Kanzlei auch den nichtanwaltlichen Mitarbeitern, teils unmittelbar durch Beobachtung, teils durch Erzählungen, bekannt geworden, sondern waren in der Folge Gegenstand eines Strafverfahrens sowie von drei Arbeitsgerichtsprozessen, sodass die Kenntnis des Fehlverhaltens des Beschuldigten weit über den Anwaltsstand hinausgedrungen ist. Für die Anwendung des § 3 DSt blieb schon deshalb kein Raum, weil, selbst wenn das Verschulden als geringfügig zu beurteilen wäre, vom Vorliegen der kumulativ notwendigen Voraussetzung, dass das Verhalten keine oder nur unbedeutende Folgen nach sich gezogen hat, jedenfalls in Ansehung schon allein der drei in diesem Zusammenhang geführten Arbeitsgerichtsprozesse und des Strafprozesses keine Rede sein kann.

[14] Die Verpflichtung des Rechtsanwalts, durch sein Verhalten die Ehre oder das Ansehen des Standes nicht zu beeinträchtigen, besteht übrigens sowohl innerhalb als auch außerhalb seines Berufes. Es kommt daher für die Beurteilung des Verhaltens als disziplinär gar nicht entscheidend darauf an, ob die Tathandlungen in oder außerhalb der Kanzleiräumlichkeiten des gemeinsamen Dienstgebers des Beschuldigten und des Opfers gesetzt wurden, da derartige belästigende Übergriffe auf die körperliche Integrität und Intimsphäre einer jungen Frau durch den Beschuldigten auch dann der Verpflichtung des Rechtsanwalts (und Rechtsanwaltsanwärters), durch Redlichkeit und Ehrenhaftigkeit in seinem Benehmen die Ehre und Würde des Standes zu wahren, widerstreiten und im Sinn des § 1 DSt disziplinär wären, wenn sie außerhalb der Kanzleiräumlichkeiten gesetzt worden wären.

[15] In Stattgebung der Berufung des Kammeranwalts war daher hinsichtlich des Sachverhalts zu Spruchpunkt 1. ein Schuldspruch wegen des Disziplinarvergehens der Beeinträchtigung von Ehre oder Ansehen des Standes gemäß § 1 Abs 1 zweiter Fall DSt zu fällen.

[16] Bei der Strafzumessung waren als mildernd das – durchaus reumütige – Geständnis, der Umstand, dass der Beschuldigte die Taten noch als Rechtsanwaltsanwärter begangen hat und der ordentliche Lebenswandel des Beschuldigten sowie die lange Verfahrensdauer zu berücksichtigen; als erschwerend war kein Umstand zu bewerten. In Anbetracht des zugrunde zu legenden Einkommens des Beschuldigten im Betrag von 20.000 Euro nach Steuern ist eine Geldbuße von 2.500 Euro angemessen. Zum Ausgleich der übermäßig langen Verfahrensdauer (Art 6 Abs 1 MRK) waren davon 500 Euro abzuziehen, wodurch sich die im Spruch genannte Geldbuße ergab.

[17] Zu den Freisprüchen zu Spruchpunkt 2. und 3. des angefochtenen Erkenntnisses

[18] In Ansehung der Freisprüche zu Spruchpunkt 2. und 3. des angefochtenen Erkenntnisses kam der Berufung des Kammeranwalts hingegen keine Berechtigung zu.

[19] Der – wiederholt erhobene – Einwand, der Disziplinarrat habe die Zeugen *****, ***** und ***** nicht vernommen, bezieht sich auf keinen entsprechenden Antrag des Kammeranwalts (Z 4); soweit dieses Vorbringen als Aufklärungsrüge (Z 5a) aufzufassen sein sollte, ist festzuhalten, dass dieser Nichtigkeitsgrund im anwaltlichen Disziplinarverfahren nicht geltend gemacht werden kann (RIS‑Justiz RS0132515 [T1]; siehe im Übrigen RS0115823 [T3]).

[20] Undeutlichkeit im Sinn der Z 5 erster Fall ist gegeben, wenn – nach Beurteilung durch den Obersten Gerichtshof, somit aus objektiver Sicht – nicht für sämtliche unter dem Gesichtspunkt der Nichtigkeitsgründe relevanten Erkenntnisadressaten, also für den (hier:) Berufungswerber und das Rechtsmittelgericht, unzweifelhaft erkennbar ist, ob eine entscheidende Tatsache in den Entscheidungsgründen festgestellt worden oder aus welchen Gründen die Feststellung entscheidender Tatsachen erfolgt ist (RIS‑Justiz RS0117995 [insbesondere T3 und T4]).

[21] Fehler in der Bedeutung dieses Nichtigkeitsgrundes werden – wie hier – mit der Behauptung fehlender Feststellungen nicht dargetan (vgl auch RIS‑Justiz RS0128974).

[22] Soweit die Berufung (der Sache nach) die fehlende Berücksichtigung der (von ***** unterzeichneten) „Stellungnahme zu ON 8“ (vgl Beilage ./6) und der „eidesstattlichen Erklärungen zu ON 5“ (vgl Beilage ./4) moniert (Z 5 zweiter Fall), orientiert sie sich nicht an der Gesamtheit der Entscheidungsgründe (RIS‑Justiz RS0119370), denen zu Folge der Disziplinarrat im Erkenntnis (ES 7) auf die – für nachvollziehbar und schlüssig erachtete – Beweiswürdigung im – in der Disziplinarverhandlung verlesenen (ON 52 S 5) – Urteil des ***** vom ***** (vgl Beilage ./18), verwies und diese „übernahm“ (vgl RIS‑Justiz RS0115236). Im genannten Urteil wurden sowohl die Angaben der ***** (Beilage ./18 [insbes] S 21 ff) als auch die eidesstattlichen Erklärungen ausführlich erörtert (Beilage ./18 S 37 ff), wobei das Gericht auch darlegte, weshalb es dennoch weder ein „Abschlecken“ mit der Zunge noch eine – mit Vorsatz auf Belästigung erfolgte – intensive Berührung der Brust der ***** für nachweisbar erachtete (Beilage ./18 [insbes] S 41 ff).

[23] Mit dem Vorbringen, es sei unzureichend begründet geblieben, „anhand welcher Umstände sich der Disziplinarrat außerstande sah, die in die Integrität der Zeugin ***** ungerechtfertigt eingreifenden Vorgangsweisen des Disziplinarbeschuldigten seinen Feststellungen zugrunde zu legen“, wird eine fehlende oder offenbar unzureichende Begründung im Sinn des § 281 Abs 1 Z 5 vierter Fall StPO nicht aufgezeigt, weil auch diese Anfechtungskategorie (nur) auf einen Begründungsmangel einer tatsächlich getroffenen Feststellung abstellt (RIS‑Justiz RS0128974).

[24] Entgegen dem weiteren Einwand der offenbar unzureichenden Begründung (Z 5 vierter Fall) hat der Disziplinarrat die Konstatierungen zu Spruchpunkt 3. des angefochtenen Erkenntnisses, dass der Beschuldigte in den Verfahren vor dem ***** „kein wissentlich falsches Vorbringen“ erstattet und auch „keine wissentlich falschen Beweismittel“ angeboten habe, auf die für glaubwürdig erachteten Angaben des Beschuldigten (ES 7) sowie erkennbar (Ratz, WK‑StPO § 281 Rz 19) auch auf den Umstand gestützt, dass dazu geführte – auf Sachverhaltsdarstellungen der Kanzlei ***** basierende – Ermittlungsverfahren eingestellt wurden (ES 6). Unter dem Aspekt der Begründungstauglichkeit ist dies nicht zu beanstanden.

[25] Die Rechtsrüge (Z 9 lit a) argumentiert in Ansehung der Spruchpunkte 2. und 3. nicht auf Basis der Feststellungen im angefochtenen Erkenntnis (ES 3 ff), sondern auf Grundlage der Verdachtsannahmen im Einleitungsbeschluss und verfehlt damit eine gesetzmäßige Ausführung (RIS‑Justiz RS0099810).

[26] Die Berufung wegen des Ausspruchs über die Schuld im Sinn des § 464 Z 2 erster Fall StPO vermochte mit der bloßen Wiedergabe der vom Einleitungsbeschluss umfassten Vorwürfe keine Bedenken gegen den in der angefochtenen Entscheidung vom Disziplinarrat festgestellten Sachverhalt zu wecken, unterzog der Disziplinarrat doch die wesentlichen Verfahrensergebnisse einer widerspruchsfreien und nachvollziehbaren, der allgemeinen Lebenserfahrung zumindest nicht widersprechenden Würdigung.

[27] Der Berufung des Kammeranwalts war demnach in Ansehung der die Freisprüche zu Spruchpunkt 2. und 3. des bekämpften Erkenntnisses ein Erfolg zu versagen.

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