OGH 14Os38/21a

OGH14Os38/21a1.6.2021

Der Oberste Gerichtshof hat am 1. Juni 2021 durch die Senatspräsidentin des Obersten Gerichtshofs Mag. Hetlinger, den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Nordmeyer, die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Mann und Dr. Setz-Hummel LL.M. sowie den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Haslwanter LL.M. in Gegenwart des Schriftführers Mag. Pentz in der Strafsache gegen ***** P***** und andere Angeklagte wegen des Verbrechens des Suchtgifthandels nach § 28a Abs 1 sechster Fall, Abs 4 Z 1 und 3 SMG und weiterer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung der Angeklagten ***** R***** sowie die Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 17. Dezember 2020, GZ 44 Hv 137/20t ‑ 135, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2021:0140OS00038.21A.0601.000

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufungen werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.

Der Angeklagten R***** fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

 

Gründe:

[1] Mit dem angefochtenen Urteil wurde – soweit hier von Bedeutung – ***** R***** der Verbrechen des Suchtgifthandels nach § 28a Abs 1 fünfter Fall, Abs 2 Z 2, Abs 4 Z 3 SMG (AA/I/B/1) und der Vorbereitung von Suchtgifthandel nach § 28 Abs 1 zweiter Fall, Abs 3 SMG (AA/II/B) schuldig erkannt.

[2] Danach hat sie in W***** als Mitglied einer kriminellen Vereinigung, der neben den drei Mitangeklagten noch weitere, teils namentlich genannte Täter angehörten, im bewussten und gewollten Zusammenwirken mit ***** M***** als Mittäterin (§ 12 erster Fall StGB) vorschriftswidrig Suchtgift,

AA/I/B/1/ in einer das 25‑Fache der Grenzmenge (§ 28b SMG) übersteigenden Menge, nämlich etwa 1.160 Gramm Heroin brutto (unter anderem etwa 135 Gramm Reinsubstanz Heroin), von Frühsommer bis 29. Juli 2020 anderen überlassen, indem sie es überwiegend ***** S***** und in geringerer Menge ***** D***** übergab;

AA/II/B/ in einer die Grenzmenge (§ 28b SMG) übersteigenden Menge, nämlich 38,4 Gramm Heroin (enthaltend unter anderem 4,6 Gramm Reinsubstanz Heroin), mit dem Vorsatz besessen, dass es in Verkehr gesetzt werde.

Rechtliche Beurteilung

[3] Die dagegen von der Angeklagten R***** aus den Gründen der Z 5, 10 und 11 des § 281 Abs 1 StPO ergriffene Nichtigkeitsbeschwerde ist nicht im Recht.

[4] Die Kritik der Mängelrüge, die zur Qualifikation nach § 28a Abs 2 Z 2 SMG getroffenen Feststellungen seien offenbar unzureichend begründet (Z 5 vierter Fall), nimmt nicht Maß an der Gesamtheit der Entscheidungsgründe (RIS‑Justiz RS0119370). Im Übrigen verstößt die Ableitung dieser Konstatierungen aus der in objektiver Hinsicht ausführlich dargestellten professionellen und arbeitsteiligen Vorgangsweise der Tätergruppe (US 12 f und 28), der insoweit geständigen Verantwortung der Beschwerdeführerin (vgl ON 134 S 4 und 7 ff) und der Überlegung, dass der unter deren Beteiligung wochenlang durchgeführte, „groß aufgezogene“ Suchtgifthandel ohne Einschreiten der Polizei „weiter gedauert“ hätte (US 25), keineswegs den Denkgesetzen oder grundlegenden Erfahrungswerten (vgl RIS‑Justiz RS0118317).

[5] Die Subsumtionsrüge (Z 10) verfehlt mit dem Einwand, zu AA/II/B fehle es an Feststellungen, dass die Beschwerdeführerin das Suchtgift im Sinn des § 28 Abs 3 SMG „als Mitglied einer kriminellen Vereinigung besessen“ habe, die Bezugnahme auf die Gesamtheit des Urteilssachverhalts (RIS-Justiz RS0099810). Diesem zufolge war es gerade die von vornherein bestimmte Aufgabe der Beschwerdeführerin innerhalb der arbeitsteilig agierenden Tätergruppe, das von Unbekannten gelieferte Heroin mit hohem Reinheitsgehalt in der „Bunker-Wohnung“ in Empfang zu nehmen, zu strecken, zu portionieren und den weiteren Mitgliedern der kriminellen Vereinigung (den sogenannten „Läufern“) für den Straßenverkauf zu übergeben. Die vom Schuldspruch AA/II/B erfasste Suchtgiftmenge wurde in dieser, von der Beschwerdeführerin benützten „Bunker-Wohnung“ sichergestellt (US 13, 15 f, 23 und 26). Welche weiteren Konstatierungen als Grundlage der bekämpften Subsumtion erforderlich gewesen wären, unterlässt die Rüge im Einzelnen darzulegen (RIS-Justiz RS0099620). Dass die Beschwerdeführerin auch insoweit mit dem Vorsatz handelte, als Mitglied einer kriminellen Vereinigung zu agieren, wurde im Übrigen bei vernetzter Betrachtung der gesamten Entscheidungsgründe hinreichend deutlich konstatiert (US 25).

[6] Die Sanktionsrüge (Z 11 zweiter Fall) macht einen Verstoß gegen das Doppelverwertungsverbot (§ 32 Abs 2 erster Satz StGB) geltend, weil im Rahmen der Erwägungen zur Strafbemessung die Bedeutung strafsatzbestimmender Faktoren auch unter generalpräventiven Gesichtspunkten erwähnt worden sei (US 31). Mit der kritisierten Formulierung brachten die Tatrichter jedoch lediglich zum Ausdruck, dass sie die als schuldangemessen erachtete Freiheitsstrafe auch unter dem Aspekt der Generalprävention als geboten ansahen (RIS‑Justiz RS0090946 insbesondere T3; vgl auch RIS‑Justiz RS0090600 zur Zulässigkeit der Berücksichtigung generalpräventiver Aspekte bei der Strafbemessung).

[7] Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher in Übereinstimmung mit der Stellungnahme der Generalprokuratur bei der nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO).

[8] Daraus folgt die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufungen (§ 285i StPO).

[9] Der Kostenausspruch beruht auf § 390a Abs 1 StPO.

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