European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2021:0060OB00040.21G.0512.000
Spruch:
Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.
Die Antragsteller sind zur ungeteilten Hand schuldig, dem Antragsgegner die mit 917,02 EUR (darin enthalten 152,84 EUR an Umsatzsteuer) bestimmten Kosten der Revisionsrekursbeantwortung binnen 14 Tagen zu bezahlen.
Begründung:
Rechtliche Beurteilung
[1] 1. Die gerügten Mängel des Rekursverfahrens liegen im Ergebnis nicht vor, was keiner weiteren Begründung bedarf (§ 71 Abs 3 Satz 3 AußStrG).
[2] 2. Das Rekursgericht hat den Revisionsrekurs zugelassen, weil keine höchstgerichtliche Rechtsprechung zur Frage bestehe, wie detailliert dem Außerstreitgericht zur Genehmigung (nach § 835 ABGB) vorgelegte Mietverträge für eine künftige Vermietung ausformuliert sein müssten. Damit wird allerdings keine erhebliche Rechtsfrage iSd § 62 Abs 1 AußStrG aufgezeigt:
[3] 2.1. Gegenstand der richterlichen Beschlussfassung nach § 835 ABGB ist auch bei Stimmengleichheit die Frage, ob die (wichtige) Veränderung ohne Einschränkung oder unter Bedingungen (Sicherstellung) bewilligt oder überhaupt abgelehnt wird. Das Gesetz stellt für diese richterliche Ermessensentscheidung keine bindenden Richtlinien auf; die Entscheidung hängt vielmehr davon ab, ob die Veränderung offenbar (also eindeutig) vorteilhaft, bedenklich oder nachteilig ist. Ob dies der Fall ist, ist nach den Umständen des Einzelfalls und vom Standpunkt der Gesamtheit aller Miteigentümer und nicht allein von jenem des Mehrheitseigentümers aus zu beurteilen (RS0013703 [insb T3]; 5 Ob 8/09a).
[4] Der Beschluss des Außerstreitrichters ist eine im Wesentlichen von Billigkeitserwägungen getragene Ermessensentscheidung (RS0013650 [T2]). In die bei der Entscheidung über die beabsichtigte wichtige Veränderung vorzunehmende Abwägung der Gesamtinteressen der Eigentumsgemeinschaft hat auch eine angemessene Berücksichtigung der subjektiven Lage der einzelnen Teilhaber, also der persönlichen und familiären Verhältnisse und Bedürfnisse einzufließen. Das folgt schon aus der innerhalb eines Gemeinschaftsverhältnisses bestehenden Treuepflicht, die auch die Rücksichtnahme auf die Interessen der übrigen Teilhaber erfordert (RS0013701). Es kommt auch nicht nur auf finanzielle Interessen an; vielmehr sind die gesamten Umstände des Falls zu berücksichtigen; insbesondere auch ein persönliches (immaterielles) Interesse eines Miteigentümers am Weiterbestehen seiner Wohnmöglichkeit (5 Ob 8/09a; vgl auch RS0013701 [T1, T2]; 7 Ob 5/04t).
[5] 2.2. Somit ist aber entgegen der dem Zulassungsausspruch zugrunde liegenden Rechtsansicht des Rekursgerichts für die Frage der Beschlussfassung nach § 835 ABGB nicht entscheidend, dass dem Außerstreitgericht ein ausformulierter Mietvertrag für eine künftige Vermietung vorgelegt werden muss. Vielmehr kommt es darauf an, ob die begehrte Maßnahme unter Berücksichtigung der genannten Kriterien aufgrund der sich (auch aus der angestrebten Maßnahme selbst) ergebenden Umstände des Einzelfalls als offenbar vorteilhaft einzustufen ist.
[6] Die Antragsteller halten in diesem Zusammenhang in ihrem Revisionsrekurs die Auffassung des Rekursgerichts, es müssten zunächst schwebend wirksame Mietverträge abgeschlossen werden, für unvertretbar, würden sich doch in einem solchen Fall – angesichts der Unabsehbarkeit des Zeitverlaufs bis zur Ersetzung der Zustimmung – kaum Mietinteressenten finden. Zwar sieht § 132 Abs 1 AußStrG im Zusammenhang mit der Genehmigung von Rechtshandlungen in der Vermögenssorge von Pflegebefohlenen solches (abgeschlossene Vereinbarung oder zumindest Vereinbarungsentwurf) an sich ausdrücklich vor (vgl etwa Mondel in Rechberger/Klicka , AußStrG³ § 132 Rz 7; Täubel‑Weinreich in Schneider/Verweijen , AußStrG § 132 Rz 14 unter Hinweis auf zweitinstanzliche Rechtsprechung), jedoch führte die Entscheidung 10 Ob 117/07i hiezu bereits zutreffend aus, dass seit dem AußStrG 2005 (richtig: 2003) Gegenstand der gerichtlichen Genehmigung nicht mehr nur ein bereits abgeschlossener Vertrag oder allenfalls ein Vertragsentwurf sei, sondern auch eine erst geplante, hinreichend bestimmte Rechtshandlung zur Genehmigung vorgelegt werden könne. Dieser Grundsatz hat auch hier zur Anwendung zu kommen.
[7] 2.3. Die Genehmigungsfähigkeit wichtiger Änderungen lässt einen Wertungsspielraum offen und stellt stets auf die Umstände des Einzelfalls ab. Eine Anrufung des Obersten Gerichtshofs ist daher in diesem Zusammenhang nur zulässig, wenn dem Rekursgericht eine aus Gründen der Rechtssicherheit zu korrigierende Fehlbeurteilung unterlaufen ist (RS0013703 [T8]). Eine solche Fehlbeurteilung zeigt der Revisionsrekurs aber nicht auf:
[8] 2.3.1. Nach den genannten Kriterien kommt es darauf an, ob hinsichtlich der begehrten Zustimmung zu den (nur allgemein umschriebenen) Mietverträgen über im Miteigentum stehende Objekte ausreichende Informationen vorliegen, die eine Beurteilung ermöglichen, ob diese Mietverträge offenbar vorteilhaft für alle Miteigentümer sind. Davon kann hier nicht ausgegangen werden:
[9] Wie das Rekursgericht bereits zutreffend ausgeführt hat, ergibt sich aus dem Antrag nicht, zu welchen konkreten Bedingungen die Mietverträge, zu denen die Zustimmung des Antragsgegners ersetzt werden soll, abgeschlossen werden würden. Weder werden der Mietzins noch die Person der künftigen Mieter noch die sonstigen Konditionen genannt. Dass der Abschluss der Mietverträge offenbar (eindeutig) vorteilhaft für alle Miteigentümer der Liegenschaft wäre, kann daraus somit gerade nicht abgeleitet werden.
[10] 2.3.2. Dass ein Verwalter auch zum Abschluss und zur Aufkündigung von Bestandverträgen mit Dritten unter gewöhnlichen Bedingungen berechtigt ist, ändert daran nichts, geht es doch beim Ersatz der Zustimmung um die Mitwirkung an der Willensbildung der Miteigentümer ( Sprohar-Heimlich in Schwimann/Kodek (Hrsg), ABGB 5 [2018] § 835 ABGB Rz 2; Tanczos/Eliskases in Rummel/Lukas , ABGB 4 § 835 ABGB [Stand 1. 8. 2015, rdb.at] Rz 4).
[11] 2.3.3. Auch der von den Antragstellern gezogene Vergleich zum Übergang zur Fremdverwaltung und zur Änderung der Bewirtschaftungsart überzeugt nicht, wird in diesen Fällen doch gerade nicht die Ersetzung der Zustimmung zum Abschluss eines bestimmten Rechtsgeschäfts begehrt.
[12] 2.3.4. Die Antragsteller meinen, der Antragsgegner habe zugestanden, dass eine der beiden Wohnungen zu einem üblichen Mietzins befristet vermietet werden könne; daraus folgern sie, dem Antrag wäre zumindest für diese Wohnung stattzugeben gewesen. Dabei übersehen sie aber das weitere Vorbringen des Antragsgegners, eine Vermietung der Wohnungen sei wegen der von ihm beantragten Benützungsregelung und im Hinblick auf die eingebrachte Teilungsklage, sowohl im Rahmen der Zivilteilung (hinsichtlich der Verwertbarkeit der Liegenschaft) als auch der Realteilung (hinsichtlich der Zuteilung der einzelnen Objekte an die Miteigentümer) nachteilig. Von einem Zugeständnis des Antragsgegners zur befristeten Vermietung auch nur einer Wohnung kann daher nicht die Rede sein.
[13] 3. Die Kostenentscheidung gründet auf § 78 AußStrG. Der Antragsgegner hat auf die Unzulässigkeit des Revisionsrekurses hingewiesen.
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