OGH 15Os17/21w

OGH15Os17/21w10.3.2021

Der Oberste Gerichtshof hat am 10. März 2021 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon.‑Prof. Dr. Kirchbacher als Vorsitzenden sowie den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Mag. Lendl und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Michel‑Kwapinski, Mag. Fürnkranz und Dr. Mann in der Strafsache gegen C***** K***** wegen des Verbrechens der Vergewaltigung nach §§ 15, 201 Abs 1 StGB und weiterer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten sowie über die Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichts Linz als Schöffengericht vom 15. September 2020, GZ 22 Hv 78/19i‑41, nach Anhörung der Generalprokuratur nichtöffentlich gemäß § 62 Abs 1 zweiter Satz OGH‑Geo 2019 den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2021:0150OS00017.21W.0310.000

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufungen werden die Akten dem Oberlandesgericht Linz zugeleitet.

Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

 

Gründe:

[1] Mit dem angefochtenen Urteil wurde C***** K***** des Verbrechens der Vergewaltigung nach §§ 15, 201 Abs 1 StGB idF BGBl I 2013/116 (A./III./) sowie der Vergehen der gefährlichen Drohung nach § 107 Abs 1 StGB (A./I./), der Körperverletzung nach §§ 15, 83 Abs 1 StGB (A./II./), der Nötigung nach § 105 Abs 1 StGB (A./IV./) und des Diebstahls nach §§ 15, 127 StGB (im Folgenden: B./) schuldig erkannt.

[2] Danach hat er in L*****

A./ am 17. Jänner 2019 S***** S*****

I./ durch die Äußerung „Ich bring dich um. Mir ist es egal, wie lange ich dafür ins Häfn gehe. Wenn ich wieder raus komme, mach ich dich fertig. Ich habe mir eine Waffe gebaut. Einen langen dünnen Gegenstand. Den stech ich in dich rein und nach 30 Metern fällst du tot um!“gefährlich zumindest mit der Zufügung einer Körperverletzung bedroht, um sie in Furcht und Unruhe zu versetzen;

II./ vor dem zu III./ dargestellten Vorfall durch mehrere Faustschläge gegen den Kopf vorsätzlich am Körper zu verletzen versucht;

III./ mit Gewalt zur Duldung des Beischlafs oder einer dem Beischlaf gleichzusetzenden geschlechtlichen Handlung zu nötigen versucht, indem er ihr Faustschläge gegen den Kopf versetzte, sie auf ihr Bett drängte, sich mit seinem Körpergewicht auf sie legte, versuchte, ihre Kleidung zu zerreißen und dabei äußerte „So du kleine Hure, jetzt ficke ich dich“, wobei es nur deshalb beim Versuch blieb, weil sich das Opfer durch einen Tritt in die Hoden von K***** befreien konnte;

IV./ nach der zu II./ und vor der zu III./ dargestellten Tat durch Gewalt, nämlich weitere Faustschläge, und durch gefährliche Drohung, nämlich die Äußerung „Wenn du jetzt dein Handy in die Hand nimmst und die Polizei anrufst, bring ich dich um. Ich erschlag´ dich.“,zur Abstandnahme von einer Verständigung der Polizei (US 4) genötigt;

B./ am 21. April 2019 Mitarbeitern der S***** am H***** Lebensmittel im Wert von 1,69 Euro mit auf unrechtmäßige Bereicherung gerichtetem Vorsatz wegzunehmen versucht.

Rechtliche Beurteilung

[3] Gegen den Schuldspruch zu A./ richtet sich die auf § 281 Abs 1 Z 4 und 5 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten, die ihr Ziel verfehlt.

[4] Entgegen der Verfahrensrüge (Z 4) wurde durch die Abweisung (ON 40 S 6 f) der in der Hauptverhandlung am 15. September 2020 gestellten Anträge auf Vernehmung einerseits der Zeugin T***** J***** „zum Beweis dafür, dass die Zeugin S***** unglaubwürdig ist“ (ON 40 S 3), andererseits des Zeugen M***** H***** zum Beweis, dass „Frau S***** häufig lügt und nicht die Wahrheit sagt“, sie „Leute schon Taten beschuldigt hat bzw. auch gegenüber anderen Personen Taten behauptet hat, die letztlich nicht wahr gewesen sind“ (ON 40 S 5), Verteidigungsrechte nicht geschmälert.

[5] Beide Beweisanträge zielten darauf ab, die Glaubwürdigkeit der Zeugin S***** zu erschüttern, und waren damit grundsätzlich auf erhebliche Tatsachen gerichtet (RIS‑Justiz RS0028345, RS0098429; Ratz, WK‑StPO § 281 Rz 340, 350). Weshalb die begehrte Beweisaufnahme aber ergeben sollte, das Opfer habe in Bezug auf entscheidende Tatsachen die Unwahrheit gesagt, lassen die Anträge offen (RIS‑Justiz RS0120109 [T3], RS0116503).

[6] Mit Kritik an der Begründung des Schöffengerichts zur Antragsabweisung entfernt sich die Beschwerde vom Prüfungsmaßstab der Z 4 des § 281 Abs 1 StPO (RIS-Justiz RS0116749 [T8, T9]).

[7] Die zur Antragsfundierung im Rechtsmittel nachgetragenen Ausführungen (zum Umgang mit Anzeigen des Opfers in der Vergangenheit) unterliegen dem sich aus dem Wesen des herangezogenen Nichtigkeitsgrundes ergebenden Neuerungsverbot und sind daher unbeachtlich (RIS‑Justiz RS0099618).

[8] Der Mängelrüge (Z 5 zweiter Fall) zuwider hat sich das Schöffengericht mit den divergierenden Aussagen des Angeklagten und der Zeugin S***** zum Verhalten des während der Taten in der Wohnung befindlichen Hundes Letzterer auf US 7 auseinandergesetzt. Dass es aus diesen nicht die von der Beschwerde gewünschten Schlüsse gezogen, sondern seinen Erwägungen die Angaben der Zeugin zum passiven Verhalten des Tieres zugrunde gelegt hat, stellt keinen Begründungsmangel dar. Die Überlegungen des Beschwerdeführers zum Beschützerinstinkt englischer Bulldoggen sind eine in dieser Form unzulässige Beweiswürdigungskritik.

[9] Die Bekämpfung der Beweiswürdigung nach Art einer (im Einzelrichterverfahren vorgesehenen) Schuldberufung ist im Rahmen der gegen kollegialgerichtliche Urteile gerichteten Nichtigkeitsbeschwerde nicht möglich. Die Forderung, die Tatrichter hätten bei ihrer Annahme, das Opfer habe schlüssige und nachvollziehbare Aussagen gemacht (US 7), die Alkoholisierung der Genannten sowie die Einnahme von Substitutionsmitteln am Vorfallstag berücksichtigen müssen, geht daher ebenso ins Leere wie der Hinweis, dass der Angeklagte bei Konsumation der gleichen Alkoholmenge wie jener des Opfers sogar stürzte, während Letzteres zu widerspruchsfreien Angaben in der Lage gewesen sein soll (vgl auch RIS‑Justiz RS0106588).

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bereits bei nichtöffentlicher Beratung sogleich zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO), woraus sich die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufungen ergibt (§ 285i StPO).

Soweit die Beschwerde ohne inhaltliche Argumentation die Aufhebung des Schuldspruchs zu B./ beantragt, war auf sie keine Rücksicht zu nehmen (§ 285 Abs 1 zweiter Satz StPO).

Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 390a Abs 1 StPO.

Stichworte