OGH 9ObA6/21d

OGH9ObA6/21d24.2.2021

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten Dr. Hopf als Vorsitzenden, die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Fichtenau und Hon.‑Prof. Dr. Dehn sowie die fachkundigen Laienrichter Mag. Dr. Bernhard Gruber (aus dem Kreis der Arbeitgeber) und Angela Taschek (aus dem Kreis der Arbeitnehmer) als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Mag. Dr. ***** H*****, vertreten durch Dr. Martin Riedl, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei Republik Österreich, Bildungsdirektion für *****, vertreten durch die Finanzprokuratur, Singerstraße 17–19, 1011 Wien, wegen 4.671,06 EUR brutto sA und Feststellung (15.000 EUR; Revisionsinteresse: 1.890 EUR), über die Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 23. Oktober 2020, GZ 9 Ra 33/20v‑20, mit dem der Berufung der klagenden Partei gegen das Urteil des Arbeits- und Sozialgerichts Wien vom 19. November 2019, GZ 20 Cga 78/18p-15, Folge gegeben wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2021:009OBA00006.21D.0224.000

 

Spruch:

 

Der Revision der beklagten Partei wird nicht Folge gegeben.

Die Kosten des Revisionsverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.

 

Entscheidungsgründe:

[1] Die Klägerin steht seit 7. 9. 1998 in einem Vertragsbedienstetenverhältnis zur Beklagten und unterrichtet an einer Höheren Technischen Bundeslehranstalt. Mit ihrer am 6. 9. 2018 eingebrachten Klage begehrte sie den Zuspruch von 4.671,06 EUR brutto sA und die Feststellung, dass die Beklagte verpflichtet sei, ihr auch weiterhin „Bezüge in jener Höhe zu bezahlen, die sich daraus ergeben, dass im Rahmen des Vertragsbedienstetenverhältnisses auch jene Vordienstzeiten, welche zwischen Beendigung der Schulpflicht und vor Vollendung des 18. Lebensjahres absolviert wurden, angerechnet werden, die dem obigen Leistungsbegehren entsprechen und dass daran anknüpfend eine Vorrückung in die Entlohnungsstufe 2 nach zwei Jahren in der ersten Entlohnungsstufe zugrunde gelegt wird, dies als Basis für die Überleitung im März 2015“.

[2] Zusammengefasst brachte sie infolge der 2. Dienstrechts-Novelle 2019, BGBl I 2019/58, vor, der Vorrückungsstichtag sei auf Basis der Rechtslage zum Zeitpunkt des Dienstantritts ohne altersdikriminierende Komponenten zu errechnen. Diesen Rechtsanspruch habe sie durch die Option nach BGBl I 2010/82 bereits im Jahr 2010 erworben (Anrechnung von Vordienstzeiten im Ausmaß von rund drei Jahren unter Beibehaltung des Vorrückungszeitraums von der ersten in die zweite Entlohnungsstufe von zwei Jahren). Die Nachzahlung ihrer Bezüge habe ab September 2015 zu erfolgen. Sie habe hier einen Antrag auf Festsetzung der Neuberechnung des Vorrückungsstichtags gestellt, somit sei § 94b, insbesondere Abs 6 VBG 1948 nicht anzuwenden, zumal dies nur bei amtswegig eingeleiteten Verfahren gelte.

[3] Die Beklagte bestritt, beantragte Klagsabweisung und berief sich zuletzt auf die Rechtslage nach der 2. Dienstrechts-Novelle 2019, BGBl I 2019/58, die rückwirkend ab 1. 1. 2004 zur Anwendung komme und nach der der Klägerin bei einem um 2 Monate und 25 Tage verbesserten Besoldungsdienstalter von 16 Jahren, 10 Monaten und 25 Tagen ein Nachzahlungsbetrag in Höhe von 587,85 EUR zustehe. Die Bestimmung des § 94b Abs 6 VBG 1948 sei hier sehr wohl anzuwenden, der Gesetzgeber habe damit eine endgültige Regelung schaffen wollen.

[4] Das Erstgericht gab dem Klagebegehren im Umfang von 587,85 EUR brutto sA statt und wies das Mehrbegehren von 4.083,41 EUR brutto sA sowie das Feststellungsbegehren ab. Bei der Klägerin habe sich ein um zwei Monate und 25 Tage höheres Besoldungsdienstalter mit Ablauf des 28. 2. 2015 ergeben. Dieses sei nach Maßgabe des § 94b Abs 6 VBG 1948 auch ausdrücklich rückwirkend für die Bemessung der Bezüge maßgeblich. Die Berechnungen der Beklagten fußen darauf. Das Feststellungsbegehren sei mangels Feststellungsinteresses der Klägerin abzuweisen gewesen, weil die strittige Rechtsfrage aufgrund der 2. Dienstrechts-Novelle 2019 gesetzlich geklärt worden sei.

[5] Das Berufungsgericht gab der Berufung der Klägerin, die sich nur gegen die Abweisung des Feststellungsbegehrens im Umfang eines Besoldungsdienstalters von 16 Jahren, 10 Monaten und 25 Tagen richtete, Folge und sprach unter Einschluss des unangefochtenen Teils des Feststellungsbegehrens aus, dass die Beklagte verpflichtet sei, der Klägerin Bezüge unter Zugrundelegung eines Besoldungsdienstalters per 28. 2. 2015 von 16 Jahren, 10 Monaten und 25 Tagen zu leisten, wohingegen das Feststellungsmehrbegehren abgewiesen werde.

[6] Darauf, ob die strittige Rechtsfrage durch die 2. Dienstrechts-Novelle, BGBl I 2019/58, im Zeitpunkt des Schlusses der Verhandlung gesetzlich geklärt gewesen sei und daher kein rechtliches Interesse an der Feststellung mehr bestanden habe, komme es aufgrund der Bestimmung des § 94b Abs 3 VBG 1948 nicht an. Dessen Zweck, mehrfache Entscheidungen über im Wesentlichen gleichartige Fragestellungen zu vermeiden, lege es nahe, den Auftrag zur Neufestsetzung des Besoldungsdienstalters nicht allzu eng zu verstehen. Bilde – wie hier – das Besoldungsdienstalter den Hauptgegenstand des Verfahrens, habe die Neufestsetzung des Besoldungsdienstalters in diesem Verfahren zu erfolgen. Dass das Feststellungsbegehren nicht direkt auf die Feststellung der Anrechnung der relevanten Vordienstzeiten bzw des Besoldungsdienstalters, sondern auf die Feststellung des daraus resultierenden Entgeltanspruchs gerichtet sei, schade nicht. Die Revision sei mangels Rechtsprechung zur Auslegung des § 94b Abs 3 VBG 1948 zulässig.

[7] In ihrer dagegen gerichteten Revision begehrt die Beklagte die Abänderung des Berufungsurteils im Sinn einer gänzlichen Abweisung des Feststellungsbegehrens.

[8] Die Klägerin begehrt, die Revision zurückzuweisen, in eventu ihr keine Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

[9] Die Revision ist zulässig, jedoch nicht berechtigt.

[10] Die Beklagte macht geltend, dass es sich beim Klagebegehren nach dem Sinngehalt um ein Leistungsbegehren handle, das aber zu unbestimmt und daher unschlüssig sei. Auch wenn man von einem Feststellungsbegehren ausgehe, sei es nicht auf die Neufestsetzung des Besoldungsdienstalters gerichtet gewesen. Die besoldungsrechtliche Stellung der Klägerin sei als Vorfrage zu werten. Es fehle an der Anwendbarkeit des § 94b Abs 3 VBG. Auch sei die Feststellung von bloßen Rechtslagen nicht ausreichend als rechtliches Interesse iSd § 228 ZPO. Sie habe die besoldungsrechtliche Stellung der Klägerin und damit auch die daraus resultierenden Ansprüche außer Streit gestellt.

[11] Die Frage der Anwendbarkeit des § 94b Abs 3 VBG 1948 in Konstellationen wie der vorliegenden war Gegenstand der Entscheidung 9 ObA 120/20t. Darin wurde ausgeführt:

1.  Die maßgebliche Bestimmung des § 94b VBG 1948 idgF lautet:

Umsetzung der Richtlinie 2000/78/EG

§ 94b.

(1) Bei Vertragsbediensteten,

1. deren Dienstverhältnis zum Bund am Tag der Kundmachung der 2. Dienstrechts-Novelle 2019, BGBl. I Nr. 58/2019, aufrecht ist und

2. die nach § 94a Abs. 1 in Verbindung mit § 169c Abs. 1 GehG (allenfalls in Verbindung mit § 169d Abs. 3, 4 oder 6 GehG oder § 94a Abs. 5) übergeleitet wurden und

3. deren erstmalige Festsetzung des Vorrückungsstichtags für das laufende Dienstverhältnis unter Ausschluss der vor Vollendung des 18. Lebensjahres zurückgelegten Zeiten erfolgt ist und

4. bei denen nach der erstmaligen Festsetzung nach Z 3 nicht die vor Vollendung des 18. Lebensjahres zurückgelegten Zeiten nach den Bestimmungen des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 82/2010 vorangestellt und durch Außerachtlassung der mit diesem Bundesgesetz bewirkten Verlängerung des für die erste Vorrückung erforderlichen Zeitraums zur Gänze für die Einstufung wirksam geworden sind,

ist die besoldungsrechtliche Stellung neu festzusetzen.

(2) …

(3) Bei den am Tag der Kundmachung der 2. Dienstrechts-Novelle 2019, BGBl. I Nr. 58/2019, anhängigen Verfahren, welche die Frage der Anrechnung zusätzlicher Vordienstzeiten, der Neufestsetzung des Vorrückungsstichtags, insbesondere nach § 82 Abs. 10 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 82/2010, der Neufestsetzung des Besoldungsdienstalters oder der Festsetzung der besoldungsrechtlichen Stellung für eine Vertragsbedienstete oder einen Vertragsbediensteten nach Abs. 1 Z 3 als Hauptfrage zum Gegenstand haben, erfolgt eine Neufestsetzung im Rahmen dieser Verfahren. Bei den am Tag der Kundmachung der 2. Dienstrechts-Novelle 2019, BGBl. I Nr. 58/2019, anhängigen Verfahren, in denen eine solche Frage als Vorfrage zu beurteilen ist, erfolgt die Beurteilung nach Maßgabe des Abs. 6.

(6) Die Bemessung der Bezüge erfolgt rückwirkend unter Berücksichtigung der für die Vorrückung wirksamen Dienstzeit

1. im Fall des Abs. 4 (für Zeiten vor dem 1. März 2015 unter Anwendung von § 94a Abs. 1 Z 15 in Verbindung mit § 169c Abs. 6b GehG, jeweils in der geltenden Fassung, und § 19 in der Fassung der Dienstrechts-Novelle 2015, BGBl. I Nr. 65/2015) nach Maßgabe des neu festgesetzten Besoldungsdienstalters und

2. im Fall des Abs. 5 nach Maßgabe der neu festgesetzten besoldungsrechtlichen Stellung, wobei Vorrückungen mit dem Monatsersten nach Ablauf des für die Vorrückung in die jeweilige Entlohnungsstufe erforderlichen Zeitraums erfolgen, der sich aus den bis zum Ablauf des 31. Dezember 2003 für die Entlohnungsgruppe der oder des Vertragsbediensteten geltenden Bestimmungen ergibt, oder, wenn das Ende dieser Frist auf einen Monatsersten fällt, mit diesem Monatsersten.

Abweichend von § 18a hat für Vertragsbedienstete nach Abs. 1, auf die Abs. 3 erster Satz nicht zutrifft, eine allfällige Nachzahlung für Zeiten ab dem 1. Mai 2016 zu erfolgen.

(6a) – (8) ….

2.  Im Bericht des Verfassungsausschusses, 675 BlgNR 26. GP  5 ff, wird dazu ausgeführt:

„Nach Abs. 1 werden von Amts wegen alle potentiell von einer Diskriminierung aufgrund des Alters durch Ausschluss der vor dem 18. Geburtstag zurückgelegten Vordienstzeiten bei der Festsetzung des Vorrückungsstichtags betroffenen Bediensteten des Dienststands (Z 1) neu eingestuft. …

Mit Abs. 3 wird die Vorgangsweise in bereits anhängigen Verwaltungs- oder Gerichtsverfahren geregelt: Wenn die besoldungsrechtliche Stellung im jeweiligen Verfahren die Hauptfrage bildet, dann ist von der Dienstbehörde kein gesondertes Verfahren von Amts wegen einzuleiten, sondern eine Neueinstufung im Rahmen des bereits anhängigen Verfahrens vorzunehmen. Daraus folgt insbesondere für die öffentlichrechtlichen Dienstverhältnisse, dass die Dienstbehörde nicht für die Neueinstufung zuständig ist, wenn eine gleichartige Frage bereits beim Verwaltungsgerichtshof oder bei einem Verwaltungsgericht anhängig ist. Wenn ein solches Verfahren ohne Sachentscheidung – etwa wegen einer Zurückziehung des Antrags – endet, bleibt die Zuständigkeit der Dienstbehörde zur amtswegigen Neufestsetzung nach Abs. 1 von diesem Verfahren unberührt. Bei Vertragsbediensteten darf die Personalstelle nicht gesondert tätig werden, wenn über die Neueinstufung aufgrund eines laufenden Gerichtsverfahrens vom Arbeits- und Sozialgericht entschieden wird. Mit dieser Bestimmung soll vermieden werden, dass über im Wesentlichen gleichartige Fragestellungen mehrfach entschieden wird. … Ergänzend wird mit Abs. 3 auch klargestellt, dass in bereits anhängigen Verfahren, in denen die besoldungsrechtliche Stellung bloß eine Vorfrage bildet (etwa in Verfahren über die Bemessung von bezugsabhängigen Nebengebühren oder über die Feststellung des Amtstitels), diese Vorfragen ebenfalls nach den (rückwirkenden) Bestimmungen der Abs. 4 bis 6 zu beurteilen sind, wobei die Möglichkeit der Aussetzung des Verfahrens bis zum Ergehen einer Entscheidung im dienstbehördlichen bzw. gerichtlichen Verfahren über die Neueinstufung davon unberührt bleibt.

…“

3.  Die Neufestsetzung der besoldungsrechtlichen Stellung betroffener Vertragsbediensteter erfolgt danach grundsätzlich von Amts wegen. Der Gesetzgeber war sich aber bewusst, dass die besoldungsrechtliche Stellung von Vertragsbediensteten auch Gegenstand von am Tag der Kundmachung der 2. Dienstrechts-Novelle 2019 bereits anhängigen Verfahren war. Er regelte dafür die Zuständigkeit für die Neufestsetzung der besoldungsrechtlichen Stellung in § 94b Abs 3 VBG 1948 dahin, dass in anhängigen Verfahren, welche (ua) die Frage der Neufestsetzung des Besoldungsdienstalters oder der Festsetzung der besoldungsrechtlichen Stellung für eine(n) Vertragsbedienstete(n) als Hauptfrage zum Gegenstand haben, die Neufestsetzung der besoldungsrechtlichen Stellung im Rahmen dieser Verfahren zu erfolgen hat. Ausweislich der zitierten Materialien sollten damit Doppelgleisigkeiten zwischen den Behörden bzw Dienststellen vermieden werden. Die Regelung bietet aber keinen Anhaltspunkt dafür, dass im Rahmen eines anhängigen Verfahrens keine Neufestsetzung vorgenommen werden soll, wenn die besoldungsrechtliche Stellung eines/r Vertragsbediensteten nach der 2. Dienstrechts-Novelle 2019 von der Beklagten zugestanden wurde und nicht mehr strittig ist. Fraglos bedarf es auch in diesen Fällen einer Neufestsetzung der besoldungsrechtlichen Stellung, zumal auch andere Rechtsansprüche aus dem Dienstverhältnis daran anknüpfen. Bei anhängigen Verfahren iSd Abs 3 leg cit hat der Gesetzgeber die Vornahme der Neufestsetzung aber unterschiedslos für alle – sohin auch für nach neuer Rechtslage unstrittige – Fälle den anhängigen Verfahren zugewiesen. Eine Differenzierung der Verfahren je nach Leistungs-, Feststellungs- oder Rechtsgestaltungsbegehren wurde dabei nicht vorgenommen.

4.  Die Beklagte bringt vor, Abs 3 leg cit setze ein anhängiges Verfahren voraus, das die Frage der Neufestsetzung des Besoldungsdienstalters oder der Festsetzung der besoldungsrechtlichen Stellung für eine/n Vertragsbedienstete/n als Hauptfrage zum Gegenstand habe. Hier sei die besoldungsrechtliche Stellung der Klägerin aber nur Vorfrage für die begehrte Feststellung der zukünftigen Leistungspflicht der Beklagten.

Für die Beurteilung der Qualität als Hauptfrage kommt es ausschlaggebend darauf an, ob ein bestimmtes Rechtsverhältnis als Ganzes Gegenstand der Entscheidung im ersten Prozess gewesen ist (RS0042554 [T2]). Eine Vorfrage ist die Frage nach einem Rechtsverhältnis oder Recht, von dessen Bestehen oder Nichtbestehen die Entscheidung in der Hauptsache ganz oder zum Teil abhängt, ohne das sich aber die Rechtsschutzaufgabe in der Beurteilung der Vorfrage erschöpfen könnte. Die Vorfrage unterscheidet sich von der Hauptsache (Hauptfrage) dadurch, dass sie nur ein Bestandteil des Rechtsschutztatbestands sein kann, ihre Beurteilung aber nicht den Rechtsschutztatbestand erschöpft (RS0039511).

5.  Die Sichtweise der Beklagten vom Vorliegen einer bloßen Vorfrage erweist sich hier als zu eng: Das Begehren der Klägerin ist auf die Feststellung einer höheren Entlohnung gerichtet, die nach Maßgabe einer diskriminierungsfreien Rechtslage – nun nach dem neu festzusetzenden Besoldungsdienstalter – zu bemessen ist. Die korrekte Bemessung der Bezüge ist damit Ausdruck der besoldungsrechtlichen Stellung selbst. Dementsprechend wurde das neu festzusetzende Besoldungsdienstalter vom Berufungsgericht auch zum Gegenstand des Spruchs gemacht (vgl RS0127052 [T5]). Es widerspräche auch dem genannten Gesetzeszweck, mehrfache Entscheidungen über im Wesentlichen gleichartige Fragestellungen zu vermeiden, wenn die Neufestsetzung der besoldungsrechtlichen Stellung nicht im Rahmen anhängiger Verfahren über den Entlohnungsanspruch zu erfolgen hätte. Auch die Materialien weisen auf dieses Verständnis hin, weil der Gesetzgeber die besoldungsrechtliche Stellung beispielhaft für Verfahren über die Bemessung von bezugsabhängigen Nebengebühren oder die Feststellung des Amtstitels als Vorfrage ansah, für die (zahlreichen) Verfahren über die Bezügebemessung selbst dagegen nicht. Schließlich soll es im Sinn einer einheitlichen Anwendung des Abs 3 auch nicht von einem eng verstandenen Formulierungsgeschick der Klage abhängen, ob die Festsetzung der besoldungsrechtlichen Stellung in Verfahren über das Ausmaß eines Entgeltanspruchs als Vor- oder als Hauptfrage anzusehen ist. Das entspricht auch der Rechtsprechung, dass ein Kläger entweder auf Feststellung seines Rechts auf Entlohnung nach einer bestimmten Einstufung oder aber unmittelbar auf Feststellung dieser Einstufung klagen kann (RS0039116), im Allgemeinen und der jüngsten Rechtsprechung zur 2. Dienstrechts-Novelle 2019 im Besonderen: Wenngleich ohne Notwendigkeit einer Auseinandersetzung mit dem Feststellungsinteresse liegt auch den Aufhebungsbeschlüssen zu 9 Ob 63/19h (betreffend ein gleichgelagertes Feststellungsbegehren) und zu 8 ObA 31/19w (betreffend die Nachzahlung einer Entgeltdifferenz) zugrunde, dass eine Neufestsetzung im Rahmen der anhängigen Verfahren zu erfolgen hat. Die Ermittlung der besoldungsrechtlichen Stellung der Klägerin ist hier daher nicht von ihrem Rechtsschutzbegehren zu trennen.

6.  Selbst wenn man hier aber vom Vorliegen einer „Vorfrage“ ausginge, wäre für die Beklagte nichts gewonnen, weil § 94b Abs 3 VBG 1948 für anhängige Verfahren, in denen die genannten Fragen als Vorfrage zu beurteilen sind, nur anordnet, dass die Beurteilung der Vorfrage nach Maßgabe des Abs 6 leg cit zu erfolgen hat. Eine zwingende Aussetzung oder Unterbrechung des anhängigen Verfahrens bis zu einer Entscheidung in einem dienstbehördlichen Verfahren bzw einer Neufestsetzung durch die Personalstelle oder in einem anderen gerichtlichen Verfahren über die Neueinstufung ist daraus nicht abzuleiten (vgl auch § 190 ZPO zur fakultativen Unterbrechung), zumal Abs 3 zur Neufestsetzung des Besoldungsdienstalters gerade keine ausschließliche Zuständigkeit einer anderen Behörde begründet.

7.  Da die Neufestsetzung der besoldungsrechtlichen Stellung der Klägerin gemäß § 94b Abs 3 VBG 1948 idF der 2. Dienstrechtsnovelle 2019, BGBl I 2019/58, im Rahmen des anhängigen Feststellungsverfahrens zu erfolgen hatte, muss auf die Voraussetzungen eines Feststellungsinteresses iSd § 228 ZPO nicht weiter eingegangen werden.

[12] Davon ausgehend kommt auch im vorliegenden Fall § 94b Abs 3 VBG 1948 zum Tragen. Die Beklagte bekämpft folglich zu Unrecht die im Rahmen des anhängigen Verfahrens getroffene Feststellung, dass sie der Klägerin Bezüge unter Zugrundelegung eines Besoldungsdienstalters per 28. 2. 2015 von – hier: – 16 Jahren, 10 Monaten und 25 Tagen zu leisten habe.

[13] Ihre Revision ist daher nicht berechtigt.

[14] Der Kostenvorbehalt gründet auf jenem des Erstgerichts (§ 52 Abs 3 ZPO).

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