European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2020:0150OS00100.20Z.1012.000
Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.
Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Innsbruck zugeleitet.
Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde C***** M***** des Vergehens des schweren Diebstahls durch Einbruch nach §§ 127, 128 Abs 1 Z 5, 129 Abs 1 Z 1 StGB (A./) sowie des Verbrechens der Geldwäscherei nach § 165 Abs 1 und 4 erster Fall StGB (B./) schuldig erkannt.
Danach hat er am 14. August 2019 in V***** und andernorts im bewussten und gewollten Zusammenwirken mit G***** S***** als Mittäter
A./ bewegliche Sachen in einem 5.000 Euro übersteigenden Wert Gewahrsamsträgern der R***** V***** mit auf unrechtmäßige Bereicherung gerichtetem Vorsatz weggenommen, indem sie mit einem Sprengmittel einen Geldausgabeautomaten sprengten, (zu ergänzen [US 4]:) wodurch sie in den Raum gelangten, in dem dieser Bankomat eingebaut war und 104.000 Euro Bargeld entnahmen;
B./ Vermögensbestandteile in einem 50.000 Euro übersteigenden Wert, die aus einer mit mehr als einjährigen Freiheitsstrafe bedrohten Handlung herrühren, verborgen, indem sie das aus der zu A./ genannten Tat erbeutete Bargeld im Fahrzeug mit dem Kennzeichen ***** für eine Kontrolle nicht einsehbar verstauten und über die Grenze nach Italien verbrachten.
Rechtliche Beurteilung
Dagegen richtet sich die auf § 281 Abs 1 Z 5, 5a, „9“ und 10 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten, die ihr Ziel verfehlt.
Die zu B./ getroffenen Feststellungen hat das Schöffengericht auf eine „Zusammenschau der gewonnenen Beweisergebnisse“ (US 7), insbesondere auf die am 14. August 2019 gegen 4.29 Uhr bei der Ausfahrt P***** erfolgte Kontrolle des vom Angeklagten und von S***** benutzten Fahrzeugs ohne Entdeckung des Geldes, eine „Weg-Zeit-Berechnung“ zwischen der Alarmauslösung beim Bankomaten und der Fahrzeugkontrolle sowie auf den Umstand, dass S***** am 8. August 2019 in D***** mit zwei weiteren Tätern einen Diebstahl mit einem „sehr ähnlichen modus operandi (Sprengmittel)“ durchgeführt habe und mit dem erbeuteten, unter dem Beifahrersitz versteckten Geld nach Italien zurückgefahren sei, gestützt (US 13 ff, 23).
Indem die Mängelrüge (Z 5 vierter Fall) eine „genauere Auseinandersetzung damit“ vermisst, ob das festgestellte Vorgehen des Angeklagten „trotz vehementer Bestreitung“ durch diesen „überhaupt möglich gewesen ist“, Überlegungen zum Zeitaufwand für das Einpacken des Geldes sowie den Weg zum Fahrzeug anstellt und den Umstand, dass bei der Fahrzeugkontrolle kein Geld gefunden wurde und dessen Verbleib nach wie vor ungeklärt ist, als Beleg für die „vom Angeklagten geschilderte Version“ ansieht, wird eine offenbar unzureichende Begründung nicht aufgezeigt. Diese liegt nämlich nur vor, wenn die Erwägungen des Schöffengerichts den Kriterien folgerichtigen Denkens oder grundlegenden Erfahrungssätzen widersprechen (RIS‑Justiz RS0116732). Gegen den Angeklagten sprechende Schlussfolgerungen können die Tatrichter jedoch – als Akt freier Beweiswürdigung (§ 258 Abs 2 StPO) – auch dann ziehen, wenn für diesen günstigere möglich gewesen wären (vgl RIS-Justiz RS0098400).
Die Kritik an der dahingehenden Urteilsbegründung, dass es „jeglicher verbrecherischer Logik“ widerspräche, 104.000 Euro Bargeld „auf eine sehr gefährliche Art und Weise (Bankomatsprengung) zu erbeuten und dieses dann nicht mitzunehmen“ (US 23), vernachlässigt, dass das Gericht nicht nur „zwingende“ Schlüsse, sondern auch Wahrscheinlichkeitsschlüsse zu Tatsachenfeststellungen ziehen kann, die – sofern sie logisch vertretbar sind – als Ergebnis freier richterlicher Beweiswürdigung mit Nichtigkeitsbeschwerde unanfechtbar sind (vgl RIS‑Justiz RS0098471). Eine Scheinbegründung im von der Rüge angesprochenen Sinn läge im Übrigen nur vor, wenn eine festgestellte entscheidende Tatsache mit bloßen Floskeln (wie „zweifellos“) ohne eigene Beweiserwägungen als bewiesen dargestellt würde (RIS‑Justiz RS0099494; Ratz , WK‑StPO § 281 Rz 446).
Mit Überlegungen zur allfälligen Tatbeteiligung weiterer Personen, die das erbeutete Geld an sich genommen haben können, und der Berufung auf den Grundsatz „in dubio pro reo“ (siehe aber RIS‑Justiz RS0102162), weil das Geld bei der Fahrzeugkontrolle nicht aufgefunden wurde, werden keine Begründungsdefizite aufgezeigt, sondern wird in unzulässiger Form Beweiswürdigungskritik geübt.
Zu A./ behauptet die Rüge (Z 5 vierter Fall), das Schöffengericht hätte die Feststellungen zur Täterschaft des Angeklagten nicht mit dem bei der (von anderen Personen als dem Angeklagten verübten) Tat am 8. August 2019 angewendeten modus operandi begründen dürfen, weshalb „Unschlüssigkeit“ vorliege. Sie vernachlässigt, dass die Tatrichter die Feststellungen zum Schuldspruch A./ nicht nur auf den „sehr ähnlichen modus operandi (Sprengmittel)“ bei der genannten Tat, sondern auf eine „Zusammenschau der gewonnenen Beweisergebnisse“ (US 7 ff), insbesondere die Aussagen der Zeuginnen R***** W***** und C***** H*****, die Bewegungsdaten des Fahrzeugs mit dem Kennzeichen *****, die Fahrtunterbrechungen an der Wohnadresse des S***** sowohl bei der Fahrt nach Österreich als auch bei der Rückfahrt nach Italien, und die Fahrzeugkontrolle in den Morgenstunden des 14. August 2019 bei der Ausfahrt P***** gestützt haben. Die sachverhaltsmäßige Bejahung einzelner als erheblich beurteilter Umstände, die erst in der Gesamtschau mit anderen zum Ausspruch über entscheidende Tatsachen führen, bildet aber keinen Gegenstand der Mängelrüge (RIS‑Justiz RS0116737). Dass die Tatrichter den „sehr ähnlichen modus operandi (Sprengmittel)“ erkennbar als notwendige Bedingung für die Feststellung einer entscheidenden Tatsache beurteilt haben (vgl hingegen US 7 ff, 17), behauptet die Beschwerde gar nicht.
Mit Kritik an der vom Schöffengericht vorgenommenen Interpretation der Fahrzeugdaten und der Behauptung, den „subjektiven Wahrnehmungen“ der Zeuginnen W***** und H***** könne „kein absoluter Wahrheitsgehalt beigemessen werden“, wird Nichtigkeit aus Z 5 nicht aufgezeigt.
Den Umstand, dass sich das Fahrzeug mit dem Kennzeichen ***** nach den vom Angeklagten vorgelegten Bewegungsdaten am 10. August 2019 nicht in Österreich aufgehalten hat, haben die Tatrichter berücksichtigt, daraus jedoch – der Beschwerde zuwider ohne Verstoß gegen Kriterien logischen Denkens und allgemeine Erfahrungssätze – den Schluss gezogen, dass der Angeklagte und S***** an diesem Tag ein anderes Fahrzeug für die Anreise nach Österreich verwendet haben (US 11).
Mit Spekulationen über den Umfang der Tatbeteiligung des Angeklagten verlässt die Beschwerde den Anfechtungsrahmen der Z 5.
Nicht prozessordnungskonform zur Darstellung gebracht wird die Tatsachenrüge (Z 5a) mit den Behauptungen, das Erstgericht verwende „klassische Stehsätze und damit Scheinbegründungen“, um bloße Vermutungen in Beweise umzudeuten, es gebe „kein einziges Beweismittel“ dafür, dass der Angeklagte die Beute nach Italien verbracht habe, die ergebnislose Fahrzeugkontrolle spreche dafür, dass sich die Beute nicht im Fahrzeug des Angeklagten befunden habe, und der Angeklagte habe sich am 10. August 2019 nicht in V***** befunden, weil sein Fahrzeug den ganzen Tag in Italien gewesen sei (RIS‑Justiz RS0128874, RS0118780, RS0100555; vgl im Übrigen auch RS0098249).
Die gegen den Schuldspruch B./ gerichtete Rechtsrüge (nominell „Z 9 und 10“, der Sache nach Z 9 lit a) übergeht (vgl aber RIS‑Justiz RS0099810) die Feststellung, wonach es der Angeklagte ernstlich für möglich hielt und sich damit abfand, dass „diese Vermögensbestandteile“ (nämlich Bargeld in Höhe von 104.000 Euro), „die er verbirgt, aus einer mit mehr als einjähriger Freiheitsstrafe bedrohten strafbaren Handlung, nämlich einem schweren von ihm und G***** S***** zuvor begangenen Einbruchsdiebstahl nach den §§ 127, 128 Abs 1 Z 5, 129 Abs 1 Z 1 StGB herrühren“. Die auf das Fehlen gerade dieser Feststellungen aufbauende Beschwerdeargumentation geht somit ins Leere.
Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bei nichtöffentlicher Beratung sogleich zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO), woraus die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufung folgt (§ 285i StPO).
Bleibt anzumerken, dass die Sprengung eines Geldautomaten – mag damit auch der Zutritt zu jenem Raum ermöglicht werden, in dem dieser eingebaut ist – nur als Aufbrechen eines Behältnisses iSd § 129 Abs 1 Z 2 StGB zu qualifizieren ist.
Zu amtswegiger Wahrnehmung hinsichtlich der verfehlten Annahme der Z 1 anstelle der Z 2 des § 129 Abs 1 StGB sah sich der Oberste Gerichtshof nicht veranlasst, weil die Qualifikationsvarianten des § 129 Abs 1 StGB einen alternativen Mischtatbestand bilden (RIS‑Justiz RS0119965; Stricker in WK 2 StGB § 129 Rz 13), sodass die Subsumtion unter eine (andere als die richtige) dieser Varianten nicht aus § 281 Abs 1 Z 10 StPO bekämpfbar ist und (auch mit Blick auf die Nichtannahme eines unrichtigen Erschwerungsgrundes) ein Vorgehen nach § 290 Abs 1 zweiter Satz erster Fall StPO nicht in Betracht kommt (RIS‑Justiz RS0116655; Ratz , WK‑StPO § 281 Rz 648, § 290 Rz 21; Stricker in WK 2 StGB § 129 Rz 165).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 390a Abs 1 StPO.
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