OGH 2Ob120/19i

OGH2Ob120/19i29.6.2020

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Dr. Veith als Vorsitzenden und den Hofrat Dr. Musger, die Hofrätin Dr. Solé sowie die Hofräte Dr. Nowotny und Mag. Pertmayr als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei (nunmehr) Österreichische Gesundheitskasse, Wien 3, Haidingergasse 1, vertreten durch Preslmayr Rechtsanwälte OG in Wien, gegen die beklagte Partei R* GmbH, *, vertreten durch Knirsch Gschaider & Cerha Rechtsanwälte OG in Wien, wegen 70.119,48 EUR sA, über die Revisionen beider Parteien gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien vom 27. März 2019, GZ 12 R 102/18k‑21, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien vom 30. August 2018, GZ 26 Cg 34/17m‑17, teilweise bestätigt und teilweise abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen und zu Recht erkannt:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2020:E128969

 

Spruch:

 

1. Die Bezeichnung der klagenden Partei wird von „Oberösterreichische Gebietskrankenkasse“ auf „Österreichische Gesundheitskasse“ berichtigt.

2. Die Revision der beklagten Partei wird, soweit sie sich gegen den Zuspruch von 525,50 EUR samt 4 % Zinsen seit 1. 7. 2016 richtet (Arzneispezialität „R*“), zurückgewiesen.

In diesem Umfang wird auch die Revisionsbeantwortung der klagenden Partei zurückgewiesen.

3. Im Übrigen wird beiden Revisionen nicht Folge gegeben.

4. Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 573,84 EUR (darin 95,64 EUR USt) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.

 

Entscheidungsgründe:

Die klagende Partei ist Träger der Krankenversicherung. Die beklagte Partei ist ein vertriebsberechtigtes Unternehmen für die Arzneispezialitäten „E*“ und „R*“. Die klagende Partei macht einen Rückforderungsanspruch in Höhe des Differenzbetrags zwischen den von ihr im Zeitraum 1. 9. 2013 bis 30. 9. 2015 für diese Arzneimittel erstatteten Beträgen und denEU‑Durchschnittspreisen geltend.

Zum besseren Verständnis der folgenden Ausführungen ist eingangs die maßgebliche Rechtslage darzustellen:

1. Gemäß § 31 Abs 3 Z 12 ASVG idF vor BGBl I 2018/100 obliegt dem Hauptverband der österreichischen Sozialversicherungsträger die Herausgabe eines „Erstattungskodex der Sozialversicherung für die Abgabe von Arzneispezialitäten auf Rechnung eines Sozialversicherungsträgers im niedergelassenen Bereich“ (in der Folge: EKO), in den die für Österreich zugelassenen, erstattungsfähigen und gesichert lieferbaren Arzneispezialitäten aufzunehmen sind, die eine therapeutische Wirkung und einen Nutzen für Patienten und Patientinnen im Sinne der Ziele der Krankenbehandlung annehmen lassen. Arzneispezialitäten können nur dann als Leistung der Krankenbehandlung auf Rechnung eines Sozialversicherungsträgers abgegeben werden, wenn sie in den EKO aufgenommen sind. Die im EKO angeführten Arzneispezialitäten sind drei Bereichen zuzuordnen:

Der rote Bereich (red Box) beinhaltet zeitlich befristet jene Arzneispezialitäten, die erstmalig auf dem österreichischen Markt lieferbar sind und für die ein Antrag auf Aufnahme in den gelben oder grünen Bereich des EKO gestellt wurde. Sie unterliegen der ärztlichen Bewilligung des chef- und kontrollärztlichen Dienstes der Sozialversicherungsträger. Zur Wahrung des finanziellen Gleichgewichts des Systems der sozialen Sicherheit darf einem Sozialversicherungsträger für eine Arzneispezialität dieses Bereichs der ermittelte EU-Durchschnittspreis verrechnet werden (§ 31 Abs 3 Z 12 lit a ASVG).

Der gelbe Bereich (yellow box) beinhaltet jene Arzneispezialitäten, die zwar einen wesentlichen zusätzlichen therapeutischen Nutzen aufweisen, jedoch aus medizinischen oder gesundheitsökonomischen Gründen nicht in den grünen Bereich aufgenommen werden. Arzneispezialitäten dieses Bereichs unterliegen der ärztlichen Bewilligung des chef- und kontrollärztlichen Dienstes der Sozialversicherungsträger. Zur Wahrung des finanziellen Gleichgewichts des Systems der sozialen Sicherheit darf einem Sozialversicherungsträger für eine Arzneispezialität dieses Bereichs höchstens der ermittelte EU-Durchschnittspreis verrechnet werden (§ 31 Abs 3 Z 12 lit b ASVG).

Der grüne Bereich (green box) beinhaltet jene Arzneispezialitäten, die allein aufgrund ärztlicher Verschreibung auf Rechnung der Sozialversicherungsträger – ohne Bewilligung des chef- und kontrollärztlichen Dienstes der Versicherungsträger – abgegeben werden können (§ 31 Abs 3 Z 12 lit c ASVG).

2. Die Aufnahme von Arzneispezialitäten in den EKO regeln die §§ 351c ff ASVG:

Danach beantragt das vertriebsberechtigte Unternehmen beim Hauptverband die Aufnahme einer Arzneispezialität in den gelben oder den grünen Bereich des EKO. Mit Einlangen des Antrags, mit dem zumindest die Zulassungsnummer und ein Preis bekanntgegeben wird und dem eine Bestätigung der Lieferfähigkeit und eine Bestätigung über die Dauer der Patentlaufzeit angeschlossen ist, wird die Arzneispezialität bis zur Entscheidung über den Antrag zeitlich befristet in den roten Bereich aufgenommen (§ 351c Abs 1 ASVG).

Für Zwecke der Preisfestsetzung einer Arzneispezialität im Rahmen des roten und gelben Bereichs des EKO ermittelt die Preiskommission (§ 9 Abs 3 des Preisgesetzes 1992, BGBl Nr 145/1992) aus den Preisen in Mitgliedstaaten der Europäischen Union den EU‑Durchschnittspreis. Dieser Preis ist von der Preiskommission auf Basis der Meldungen der vertriebsberechtigten Unternehmen unter Beiziehung der Gesundheit Österreich GmbH zu ermitteln. Die Preiskommission hat den jeweils ermittelten Preis dem Hauptverband mitzuteilen. Das Bundesministerium für Gesundheit und Frauen hat die Vorgehensweise der Preiskommission für die Preisermittlung im Internet zu veröffentlichen (§ 351c Abs 6 ASVG idF BGBl I 2009/33).

Nach der auf dieser Grundlage festgelegten „Regelung für die Vorgehensweise der Preiskommission bei der Ermittlung des EU‑Durchschnittspreises gemäß § 351c Abs 6 ASVG“ in der (hier maßgeblichen) Präzisierung vom 1. 1. 2008 ist von der Preiskommission ein EU‑Durchschnittspreis dann feststellbar, wenn die Fabriks‑/Depotabgabepreise in mindestens der Hälfte der Mitgliedstaaten der EU angeführt sind. Andernfallssind diese Daten alle sechs Monate zu evaluieren. Sollte auch nach zweimaligem Evaluierungsversuch kein EU‑Durchschnittspreis im Sinne der obigen Ausführungen ermittelbar sein, so ist bei entsprechendem Nachweis der EU‑Durchschnittspreis auf Basis der vorhandenen Fabriks-/Depotabgabepreise zu ermitteln.

3. § 351c Abs 7 ASVG enthält Sonderbestimmungen für den roten Bereich (red box) des EKO und lautete in der bis zum 31. 12. 2008 geltenden Fassung auszugsweise wie folgt:

„(7) Sonderbestimmungen für den roten Bereich (red box) des Erstattungskodex:

1. Ab der Feststellung des ermittelten EU‑Durchschnittspreises verbleibt die Arzneispezialität für höchstens 24 Monate in diesem Bereich. Kann ein EU‑Durchschnittspreis nicht ermittelt werden, beginnt die 24‑monatige Frist nach Ablauf von zwölf Monaten nach Aufnahme in den roten Bereich. In dieser Zeit entscheidet der Hauptverband […], ob die Arzneispezialität in den gelben oder den grünen Bereich übernommen wird oder aus dem Erstattungskodex ausscheidet. [...]

2. So lange ein EU-Durchschnittspreis nicht festgestellt werden kann, ist vorläufig der vom vertriebsberechtigten Unternehmen gemeldete Preis heranzuziehen. Die Preiskommission hat spätestens alle sechs Monate eine Preisevaluierung durchzuführen. Wird dabei festgestellt, dass der vorläufige österreichische Erstattungspreis über dem ermittelten EU-Durchschnittspreis liegt, so hat das vertriebsberechtigte Unternehmen den Differenzbetrag innerhalb von sechs Monaten ab begründeter Aufforderung an die Sozialversicherungsträger zurückzuzahlen.“

4. Aufgrund einer Verurteilung durch den EuGH (C‑311/07 , Kommission gegen Österreich, EU:C:2008:431) wegen Verstoßes gegen die Fristen des Art 6 der Transparenz-Richtlinie (89/105/EWG ) wurde die Entscheidungsfrist des Hauptverbands mit BGBl I 2009/33 verkürzt. Über den Antrag auf Aufnahme in den gelben oder grünen Bereich des EKO hat der Hauptverband seitdem innerhalb von 90 Tagen (wird auch über den Preis entschieden, innerhalb von 180 Tagen) ab Antragstellung zu entscheiden, sofern das vertriebsberechtigte Unternehmen sämtliche Urkunden vorgelegt hat (§ 351d Abs 1 ASVG idF BGBl I 2009/33 und idF BGBl I 2013/103, § 351c Abs 1 ASVG idF BGBl I 2009/33). Auch § 351c Abs 7 ASVG wurde mit BGBl I 2009/33 geändert und lautet in dieser, im vorliegenden Fall anzuwendenden Fassung wie folgt:

„(7) Sonderbestimmungen für den roten Bereich (red box) des Erstattungskodex:

1. Der Preis der Arzneispezialität darf den EU‑Durchschnittspreis nicht überschreiten.

2. Solange ein EU‑Durchschnittspreis nicht festgestellt werden kann, ist vorläufig der vom vertriebsberechtigten Unternehmen gemeldete Preis heranzuziehen. Die Preiskommission hat spätestens alle sechs Monate eine Preisevaluierung durchzuführen. Wird dabei festgestellt, dass der vorläufige österreichische Erstattungspreis über dem ermittelten EU‑Durchschnittspreis liegt, so hat das vertriebsberechtigte Unternehmen den Differenzbetrag innerhalb von sechs Monaten ab begründeter Aufforderung an die Sozialversicherungsträger zurückzuzahlen.“

Die „Regelung für die Vorgehensweise der Preiskommission bei der Ermittlung des EU‑Durchschnittspreises gemäß § 351c Abs 6 ASVG“ wurde unverändert beibehalten.

5. Beim Anspruch auf Rückzahlung der Differenz zwischen vorläufigem österreichischem Erstattungspreis und EU‑Durchschnittspreis nach § 351c Abs 7 Z 2 letzter Satz ASVG handelt es sich um einen privatrechtlichen Anspruch, der gemäß § 1 JN vor den ordentlichen Gerichten geltend zu machen ist (VfGH G83/08; V397/08 ua).

6. Gemäß § 351f ASVG idF BGBl I 2013/130 hat der Hauptverband den EKO regelmäßig daraufhin zu überprüfen, ob die angeführten Arzneispezialitäten den Prüfmaßstäben nach den §§ 31 Abs 3 Z 12 und 351c ASVG entsprechen. Er hat im Rahmen des ihm nach diesem Bundesgesetz eingeräumten Ermessens mit schriftlicher Entscheidung eine Arzneispezialität aus dem Erstattungskodex zu streichen, in einen anderen Bereich zu übernehmen oder die Anführung auf bestimmte Verwendungen einzuschränken, wenn die Voraussetzungen für die Aufnahme nicht oder nur mehr für bestimmte Verwendungen erfüllt sind, insbesondere weil neue pharmakologische oder medizinisch-therapeutische oder gesundheitsökonomische Umstände eingetreten sind.

7. Durch BGBl I 2017/49 wurden mittlerweile die Bestimmungen des § 351c Abs 6 und Abs 7 Z 2 ASVG geändert. Ebenso erfuhr die „Regelung für die Vorgangsweise der Preiskommission“ eine Änderung. Gemäß § 705 Abs 2 ASVG und § 9 Abs 1 der „Regelung für die Vorgehensweise der Preiskommission“ idgF sind jedoch Meldungen vertriebsberechtigter Unternehmen, die vor dem 1. April 2017 übermittelt wurden, nach der davor gültigen Rechtslage zu behandeln. Soweit nichts Gegenteiliges angeführt wird, beziehen sich die folgenden Ausführungen auf die eingangs dargelegte Rechtslage.

Sachverhalt:

Die beklagte Partei stellte am 1. 9. 2013 einen Antrag auf Aufnahme der Arzneispezialität „E*“ in den EKO und meldete in ihrem Antrag einen Fabriksabgabepreis/Depotabgabepreis von 6.879 EUR pro Packung. Aufgrund dieses Antrags wurde die Arzneispezialität mit 1. 9. 2013 in den roten Bereich des EKO aufgenommen und war dort bis 1. 3. 2014 gelistet. In diesem Zeitraum wurden insgesamt 25 Packungen verkauft und von der Rechtsvorgängerin der klagenden Partei, der Oberösterreichischen Gebietskrankenkasse (im Folgenden: klagende Partei), der gemeldete Preis pro Packung erstattet. Mit 1. 4. 2014 wurde die Arzneispezialität in den gelben Bereich des EKO zum dafür von der beklagten Partei gemeldeten Preis von 6.800 EUR übernommen. Vom 1. 4. 2014 bis 30. 9. 2015 wurden auf Rechnung der klagenden Partei weitere 50 Packungen der Arzneispezialität bezogen, für welche diese den Preis von jeweils 6.800 EUR erstattete.

Eine ausreichende Anzahl an Mitgliedstaaten für die Feststellung eines EU‑Durchschnittspreises war erstmals in der Preismeldung der beklagten Partei vom 27. 1. 2015 enthalten. Dem in der Sitzung vom 11. 2. 2015 ermittelten EU‑Durchschnittspreis der Preiskommission widersprach die beklagte Partei unter Vorlage weiterer Urkunden. In der Sitzung vom 5. 8. 2015 bestätigte die Preiskommission den bereits ursprünglich ermittelten EU‑Durchschnittspreis von 5.982,77 EUR in unveränderter Höhe als endgültig und teilte dies mit Schreiben vom 13. 8. 2015 der beklagten Partei mit.

Auf Antrag der beklagten Partei wurde die Arzneispezialität „R*“ ab 4. 6. 2014 in den roten Bereich des EKO aufgenommen. Der von der beklagten Partei in ihrem Antrag angegebene Preis betrug 1.090 EUR pro Packung. Während der Listung im roten Bereich des EKO wurden insgesamt elf Packungen dieser Arzneispezialität verkauft. Die klagende Partei erstattete den gemeldeten Preis. Ab 1. 1. 2015 wurde die Arzneispezialität in den EKO mit einem Preis von 996 EUR angeführt. In der Sitzung vom 10. 6. 2015 konnte die Preiskommission für diese Arzneispezialität erstmals den EU‑Durchschnittspreis mit 1.046,57 EUR ermitteln, da das Medikament zuvor nicht in der dafür erforderlichen Hälfte der EU‑Mitgliedstaaten erhältlich war.

Die klagende Partei begehrte die Zahlung von 70.119,48 EUR sA und brachte vor, § 31 Abs 3 Z 12 lit a und b ASVG normiere, dass für Arzneispezialitäten des roten und des gelben Bereichs des EKO (höchstens) der ermittelte EU-Durchschnittspreis verrechnet werden dürfe, dies jeweils zur Wahrung des finanziellen Gleichgewichts des Systems der sozialen Sicherheit. Der von der beklagten Partei gemeldete Fabriksabgabepreis sei deutlich über dem höchstzulässigen EU‑Durchschnittspreis gelegen. Während der Listung der Arzneispezialität „E*“ im roten Bereich habe die Überzahlung 896,23 EUR pro Packung, während der Listung im gelben Bereich habe sie 817,23 EUR pro Packung betragen. Unter Berücksichtigung der verrechneten Umsatzsteuer von 10 % ergebe sich insgesamt eine Überzahlung von brutto 69.593,98 EUR. Für die Arzneispezialität „R*“ sei der während der Listung im roten Bereich gemeldete Preis um 43,43 EUR pro Packung über dem höchstzulässigen EU‑Durchschnittspreis gelegen. Daraus ergebe sich ein Rückforderungsanspruch für dieses Medikament von insgesamt 525,50 EUR brutto. Die für den roten Bereich normierte Sonderbestimmung des § 351c Abs 7 Z 2 ASVG schließe nicht aus, dass die Ermittlung bzw Feststellung des EU‑Durchschnittspreises erst erfolge, wenn das Produkt nicht mehr im roten Bereich gelistet sei. Der geltend gemachte Rückforderungsanspruch sei privatrechtlicher Natur und auf Rückzahlung einer ungerechtfertigten Bereicherung des Pharmaunternehmens aufgrund einer gesetzlich nicht gebilligten Überzahlung gerichtet. Die beklagte Partei habe trotz Aufforderung keine Zahlungen geleistet.

Die beklagte Partei wendete ein, für eine Rückforderung der Überschreitung des EU‑Durchschnittspreises im gelben Bereich fehle es an einer rechtlichen Grundlage. Der EU‑Durchschnittspreis sei erst festgestellt worden, nachdem die Arzneispezialitäten nicht mehr im roten Bereich gelistet gewesen seien. Eine Rückwirkung des später ermittelten EU‑Durchschnittspreises sei gesetzlich nicht vorgesehen und auch nicht sachgerecht, da sich die Marktverhältnisse auf den europäischen Märkten zwischenzeitlich erheblich geändert hätten. Stehe der EU‑Durchschnittspreis zum Zeitpunkt der Überführung einer Arzneispezialität in den gelben oder grünen Bereich des EKO nicht fest, könne nur der Differenzbetrag zwischen dem vom vertriebsberechtigten Unternehmen beantragten Preis und dem von der Preiskommission auf Basis der zu diesem Zeitpunkt vorhandenen Fabriks‑/Depotabgabepreise (in anderen EU‑Mitgliedstaaten) zu ermittelnden Durchschnittspreis rückgefordert werden. Letzterer sei jedoch nicht überschritten worden.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Es führte aus, bei Arzneimitteln, die mit einem bestimmten Preis im gelben oder grünen Bereich des EKO gelistet seien, sei der im Aufnahmebescheid festgesetzte Preis verbindlich. Eine Differenz zu einem erst später ermittelten EU‑Durchschnittspreis könne nicht rückgefordert werden. Ein Kondiktionsanspruch lasse sich auch aus dem allgemeinen Zivilrecht nicht ableiten. Für die Zeit der Listung im gelben Bereich des EKO bestehe daher kein Rückforderungsanspruch. Für die Rückerstattung des Differenzbetrags während der Listung im roten Bereich könnte nur ein Durchschnittspreis maßgeblich sein, der den Zeitraum während der Listung im roten Bereich betreffe, nicht aber ein für einen späteren Zeitraum ermittelter EU‑Durchschnittspreis. Der durchschnittliche EU‑weite Preis für die gegenständlichen Arzneispezialitäten sei während des maßgeblichen Zeitraums aber jeweils über dem von der beklagten Partei gemeldeten Preis gelegen. Ein unter dem gemeldeten Preis bestehender EU‑Durchschnittspreis habe für den maßgeblichen Zeitraum nicht festgestellt werden können.

Das Berufungsgericht änderte das angefochtene Urteil dahin ab, dass es dem Klagebegehren im Umfang von 25.171,83 EUR sA stattgab und das Mehrbegehren abwies. Es sprach aus, dass die ordentliche Revision zulässig sei.

Das Berufungsgericht führte aus, die Aufnahme einer Arzneispezialität in den roten Bereich des EKO erfolge automatisch aufgrund der Antragstellung und des darin angeführten Preises durch das vertriebsberechtigte Unternehmen. Bei diesem Preis handle es sich gemäß § 351c Abs 7 Z 2 ASVG ausdrücklich um einen vorläufigen Preis, der einer nachträglichen und damit zwingend rückwirkenden Korrektur aufgrund der Ermittlung des EU‑Durchschnittspreises durch die Preiskommission unterliege. Eine zeitliche Befristung dieser Rückwirkung auf sechs Monate sei dem Gesetz nicht zu entnehmen, ebensowenig, dass der für die Rückerstattung maßgebliche EU‑Durchschnittspreis spätestens zum Zeitpunkt der Aufnahme des Medikaments in den gelben Bereich des EKO feststehen müsse. Die vorläufige Heranziehung des vom vertriebsberechtigten Unternehmen gemeldeten Preises sei nur dann und so lange vorgesehen, als ein EU‑Durchschnittspreis mangels Vertriebs des Medikaments in zumindest der Hälfte der EU‑Mitgliedstaaten nicht ermittelt werden könne. Für die Rückforderung eines Differenzbetrags könne daher nicht der in diesem Zeitraum bestehende EU‑Durchschnittspreis maßgeblich sein, da es einen solchen in diesem Zeitraum nicht gäbe. Die klagende Partei habe daher Anspruch auf Rückzahlung der Differenzbeträge, die sich aus der Gegenüberstellung der erstmals ermittelbaren EU‑Durchschnittspreise für beide Arzneispezialitäten mit den von der beklagten Partei dafür gemeldeten und ihr erstatteten Preisen während der Listung dieser Medikamente im roten Bereich des EKO ergäben.

Im Gegensatz zum roten Bereich des EKO gelange ein Medikament in den gelben Bereich lediglich, wenn der Hauptverband eine positive Aufnahmeentscheidung getroffen habe, die eine Festsetzung eines verbindlichen Erstattungspreises enthalte. Eine gesetzliche Grundlage dafür, dem für ein im gelben Bereich gelistetes Arzneimittel erstatteten Preis nur vorläufige Verbindlichkeit zuzuerkennen, existiere nicht. Bei Arzneimitteln, die mit einem bestimmten Preis bereits im gelben oder grünen Bereich des EKO aufschienen, könne der Hauptverband ein Absinken des EU‑Durchschnittspreises unter diesen Preis nur zum Anlass für ein Verfahren nach § 351f ASVG nehmen. Bis zu einer daraus folgenden Streichung des Medikaments aus dem EKO oder einer Herabsetzung des Preises bleibe der im Aufnahmebescheid festgesetzte Preis verbindlich, die Preisdifferenz zu einem von der Preiskommission ermittelten niedrigeren EU‑Durchschnittspreis könne nicht eingefordert werden. Auch die Voraussetzungen für einen bereicherungsrechtlichen Rückforderungsanspruch lägen nicht vor, weil die Vermögensverschiebung ihre Rechtfertigung in der positiven Entscheidung über den Aufnahmeantrag durch den Hauptverband habe, der eine verbindliche Preisentscheidung – hier im Sinne der Akzeptanz des von der beklagten Partei gemeldeten Preises – beinhalte. Ein Rückzahlungsanspruch, soweit er auf eine Überzahlung während der Listung des Medikaments im gelben Bereich gestützt werde, bestehe somit nicht.

Das Berufungsgericht ließ die ordentliche Revision zu, weil zur Frage, ob der Anspruch des Sozialversicherungsträgers auf Rückzahlung des Differenzbetrags zwischen vorläufigem Erstattungspreis und EU‑Durchschnittspreis nach § 351c Abs 7 Z 2 letzter Satz ASVG voraussetze, dass der EU‑Durchschnittspreis noch während der Listung des Arzneimittels im roten Bereich des EKO ermittelt worden sei, Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs nicht vorliege. Dies gelte ebenso für die Frage, ob das vertriebsberechtigte Unternehmen zur Rückzahlung eines solchen Differenzbetrags für den Zeitraum der Listung eines Arzneimittels im gelben Bereich des EKO verpflichtet sei.

Dagegen richten sich die Revisionen beider Parteien: Jene der klagenden Partei mit dem Antrag, dem Klagebegehren zur Gänze stattzugeben; jene der beklagten Partei mit dem Antrag, das Urteil des Erstgerichts wiederherzustellen.

Die Parteien beantragen in ihren Revisionsbeantwortungen, das jeweilige Rechtsmittel der Gegenseite zurückzuweisen, hilfsweise ihm nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision der beklagten Partei ist im Umfang des Zuspruchs von 525,50 EUR sA jedenfalls unzulässig. Im Übrigen sind beide Revisionen aus den vom Berufungsgericht genannten Gründen zulässig. Sie sind aber nicht berechtigt.

A. Zu den Spruchpunkten 1 und 2:

1. Die Bezeichnung der klagenden Partei ist aufgrund der in § 538t Abs 1 und 2 ASVG, BGBl I 2018/100, gesetzlich angeordneten Rechtsnachfolge von „Oberösterreichische Gebietskrankenkasse“ auf „Österreichische Gesundheitskasse“ zu berichtigen (§ 235 Abs 5 ZPO).

2. Mehrere in einer Klage von einer einzelnen Partei erhobenen Ansprüche sind nur dann zusammenzurechnen, wenn sie iSd § 55 Abs 1 Z 1 JN in einem tatsächlichen oder rechtlichen Zusammenhang stehen.

Mehrere Ansprüche stehen im tatsächlichen Zusammenhang, wenn sie allesamt aus demselben Klagesachverhalt abgeleitet werden können, wenn also das für einen Anspruch erforderliche Sachvorbringen ausreicht, um auch über die anderen geltend gemachten Ansprüche entscheiden zu können, ohne dass noch ein ergänzendes Sachvorbringen erforderlich wäre (RS0042766). Ein solcher Zusammenhang besteht zwischen den geltend gemachten Rückforderungsansprüchen für die jeweiligen Medikamente nicht.

Ein rechtlicher Zusammenhang liegt vor, wenn die Ansprüche aus einer Gesetzesvorschrift oder aus einem einheitlichen Rechtsgeschäft abgeleitet werden. Dabei gilt das Kriterium, dass die Ansprüche miteinander im unmittelbaren wirtschaftlichen Zusammenhang stehen (RS0037905; RS0037648). Auch ein solcher Zusammenhang ist zwischen den geltend gemachten Ersatzansprüchen für verschiedene Medikamente, die ein ganz verschiedenes rechtliches und tatsächliches Schicksal haben können, nicht erkennbar.

Die Revision ist daher hinsichtlich des Zuspruchs betreffend die Arzneispezialität „R*“ gemäß § 502 Abs 2 JN jedenfalls unzulässig. Der Wert des Entscheidungsgegenstands des Berufungsgerichts übersteigt hier nicht 5.000 EUR. Im Umfang dieses Teilbegehrens ist die Revision daher zurückzuweisen. Insoweit ist auch die Revisionsbeantwortung der klagenden Partei unzulässig, in der überdies auf die absolute Unzulässigkeit der Revision der beklagten Partei im erörterten Umfang nicht hingewiesen wurde.

B. Zur Revision der beklagten Partei:

Die beklagte Partei macht geltend, ein Rückforderungsanspruch bestehe nur für eine Abweichung des gemeldeten Preises vom EU‑Durchschnittspreis während der Listung der betreffenden Arzneispezialität im roten Bereich. Der EU‑Durchschnittspreis müsse zum Zeitpunkt der Überführung in den gelben oder grünen Bereich des EKO feststehen, damit eine Rückforderung in Höhe der Differenz zum gemeldeten Preis stattfinden könne. Gebe es bis dahin keinen EU‑Durchschnittspreis, lägen die Voraussetzungen für eine Rückforderung nicht vor. Ein erst später festgestellter EU‑Durchschnittspreis wirke nicht auf den Zeitraum der Listung im roten Bereich des EKO zurück, weil er im relevanten Zeitraum gar nicht existiert habe. Bestehe im Zeitraum der Listung der Arzneispezialität im roten Bereich kein EU‑Durchschnittspreis, sei der Fabriks‑/Depotabgabepreis heranzuziehen.

Hiezu wurde erwogen:

1. Die gerügte Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens wurde geprüft, sie liegt nicht vor (§ 510 Abs 3 Satz 3 ZPO).

2. Der Rückforderungsanspruch ist nicht davon abhängig, dass der EU‑Durchschnittspreis spätestens zum Zeitpunkt der Überführung der Arzneispezialität in den gelben oder grünen Bereich des EKO feststand:

2.1 Schon aus dem Gesetzeswortlaut des § 351c Abs 7 ASVG idF BGBl I 2009/33 (siehe oben) ergibt sich, dass der vom vertriebsberechtigten Unternehmen gemeldete Preis nur vorläufig heranzuziehen ist, solange ein EU‑Durchschnittspreis nicht festgestellt werden kann. Wie die Preiskommission bei der Feststellung des EU‑Durchschnittspreises vorzugehen hat, regeln § 351c Abs 6 und 7 Z 2 ASVG sowie die „Regelung für die Vorgehensweise der Preiskommission“. Nach Letzterer ist ein EU‑Durchschnittspreis (erst) feststellbar, wenn die Fabriks‑/Depotabgabepreise in mindestens der Hälfte der Mitgliedstaaten der EU (in der Meldung des vertriebsberechtigten Unternehmens) angeführt sind. Andernfalls sind diese Daten alle sechs Monate zu evaluieren. Nur wenn nach zweimaligem Evaluierungsversuch kein EU‑Durchschnittspreis in diesem Sinne ermittelbar ist, ist bei entsprechendem Nachweis der EU‑Durchschnittspreis auf Basis der vorhandenen Fabriks‑/Depotabgabepreise zu ermitteln. Da die Preiskommission weder nach § 351c Abs 6 und 7 Z 2 ASVG noch nach der „Regelung für die Vorgehensweise der Preiskommission“ den EU‑Durchschnittspreis für rückwirkende Zeiträume zu ermitteln hat, ist der erstmalig ermittelte EU‑Durchschnittspreis als Vergleichspreis für die Beurteilung einer Rückzahlungspflicht nach § 351c Abs 7 Z 2 ASVG heranzuziehen.

2.2  Dem Gesetz ist nicht zu entnehmen, dass der EU‑Durchschnittspreis zum Zeitpunkt der Überführung in den gelben oder grünen Bereich des EKO feststehen muss. Im Gegenteil hat der Hauptverband (bei Entscheidung auch über den Preis) innerhalb von 180 Tagen über die Aufnahme in den gelben oder grünen Bereich des EKO zu entscheiden, sofern das vertriebsberechtigte Unternehmen sämtliche Urkunden vorgelegt hat. Ein EU‑Durchschnittspreis ist bei nicht vorhandenen Abgabepreisen in mindestens der Hälfte der EU‑Mitgliedstaaten aber erst nach zweimaligem Evaluierungsversuch jedenfalls feststellbar und kann daher auch erst deutlich später als 180 Tage nach Antragstellung vorliegen.

2.3 Das Berufungsgericht hat auch zutreffend darauf hingewiesen, dass der Zeitpunkt der Ermittlung des EU‑Durchschnittspreises aufgrund der genannten Bestimmungen vorgegeben ist und nicht der Willkür der Preiskommission oder des Hauptverbandes unterliegt. In Anbetracht der lediglich für 180 Tage vorgesehenen „Verweildauer“ im roten Bereich des EKO ist dem vertriebsberechtigten Unternehmen eine derartige (rückwirkende) Preisreduktion auch zumutbar (vgl Rebhahn in Mosler/Müller/Pfeil, Der SV‑Komm § 351d ASVG Rz 16 [Stand 1. 3. 2016, rdb.at]). Von einer „unbegrenzten Rückwirkungsautomatik“, wie die beklagte Partei meint, kann daher nicht gesprochen werden.

2.4 Zutreffend hat das Berufungsgericht somit dem Rückzahlungsbegehren betreffend die Differenzbeträge, die sich aus der Gegenüberstellung der erstmals ermittelbaren EU‑Durchschnittspreise für die Arzneispezialität „E*“ mit dem von der beklagten Partei dafür gemeldeten und ihr erstatteten Preisen während der Listung dieser Arzneispezialität im roten Bereich des EKO ergeben, stattgegeben. Der unberechtigten Revision der beklagten Partei ist ein Erfolg zu versagen.

C. Zur Revision der klagenden Partei:

Die klagende Partei macht geltend, es sei dem Hauptverband mangels Kenntnis des EU‑Durchschnittspreises nicht möglich gewesen, bei der gesundheitsökonomischen Evaluierung im Rahmen des Aufnahmeverfahrens der Arzneispezialität „E*“ auf diesen Bedacht zu nehmen. Auch nach Aufnahme in den gelben Bereich gelte, dass für Arzneispezialitäten höchstens der ermittelte EU‑Durchschnittspreis verrechnet werden dürfe (§ 31 Abs 3 Z 12 lit b ASVG). Mit der Verkürzung der Frist zur Entscheidung über die Aufnahme einer Arzneispezialität in den gelben oder grünen Bereich von 36 Monaten auf maximal 180 Tage habe der Gesetzgeber nicht bezweckt, den Anspruch der Sozialversicherungsträger auf Rückerstattung der Überzahlung bis zur Feststellung eines EU‑Durchschnittspreises zu beseitigen. Ein sachlicher Grund für die Annahme, dass eine Überzahlung nur im roten Bereich zu einer Rückerstattung an die Sozialversicherungsträger führen solle, im gelben Bereich hingegen nicht, sei nicht ersichtlich. Ein Verfahren zur Streichung der Arzneispezialität aus dem EKO wirke lediglich für die Zukunft. Daher müsse es möglich sein, die bis dahin geleisteten Überzahlungen zurückzufordern. Das Instrument eines hoheitlichen Streichungsverfahrens schließe privatrechtliche Ansprüche des Krankenversicherungsträgers nicht aus. Einer ausdrücklichen Normierung eines Rückforderungsanspruchs bedürfe es nicht. Für eine Rückforderung sei keine gesetzliche Sonderbestimmung erforderlich. Bereits nach allgemeinen zivilrechtlichen Regeln bestehe ein Bereicherungsanspruch im Sinne einer Leistungskondiktion zu Gunsten der klagenden Partei, wenn der Erstattungspreis den ermittelten EU‑Durchschnittspreis übersteige.

Hiezu wurde erwogen:

1. Der EKO ist eine Verordnung, die den Erstattungsbetrag für die in den gelben und grünen Bereich aufgenommen Arzneispezialitäten verbindlich festsetzt:

1.1 Der Hauptverband hat bei allen Entscheidungen, die den EKO zum Gegenstand haben, die Stellung einer Behörde, diese Entscheidungen sind daher hoheitliche Akte. Der EKO ist wegen seiner Rechtswirkungen eine Verordnung. Er gestaltet zunächst die Rechtsstellung der Versicherten und berührt überdies die Rechtsposition des Krankenversicherungsträgers, welcher die Kosten eines ärztlich verordneten Heilmittels – allenfalls nach chefärztlicher Bewilligung – ohne weiteres zu tragen hat (VfSlg 17.585; VfSlg 17.023 [Heilmittelverzeichnis]; Rebhahn in Mosler/Müller/Pfeil, Der SV‑Komm § 351c ASVG [Stand 1. 3. 2016, rdb.at] Rz 23; zur gleichartigen aktuellen Rechtslage Schrattbauer/Rebhahn in Mosler/Müller/Pfeil, Der SV‑Komm [Stand 1. 3. 2020, rdb.at] § 351c ASVG Rz 23).

1.2 Gemäß § 351d Abs 1 ASVG hat der Hauptverband schriftlich über den Antrag auf Aufnahme in den gelben oder grünen Bereich des EKO zu entscheiden. Die Aufnahmeentscheidung des Hauptverbands ist ein Bescheid (VfGH B 223/2012; Rebhahn in Mosler/Müller/Pfeil, Der SV‑Komm § 351d ASVG [Stand 1. 3. 2016, rdb.at] Rz 3). Die Aufnahme in den grünen oder gelben Bereich erfolgt stets nur mit einem bestimmten Preis, der Teil der Entscheidung über die Aufnahme ist, also mit dieser festgesetzt wird (Rebhahn in Mosler/Müller/Pfeil, Der SV‑Komm [Stand 1. 3. 2016, rdb.at] § 351d ASVG Rz 8 und Rz 12).

1.3 In Bezug auf den roten Bereich, in den eine Arzneispezialität gemäß § 351c Abs 1 ASVG mit ordnungsgemäßer Antragstellung zeitlich befristet aufgenommen wird, sieht Abs 7 Z 2 dieser Bestimmung vor, dass der Anbieter zuerst selbst den Preis nennt, der vorläufig heranzuziehen ist. Ermittelt die Preiskommission später einen geringeren Preis als den EU‑Durchschnittspreis, so hat der Anbieter den Differenzbetrag an die Sozialversicherungsträger zurückzuzahlen (Rebhahn in Mosler/Müller/Pfeil, Der SV‑Komm [Stand 1. 3. 2016, rdb.at] § 351d ASVG Rz 16). Für den gelben Bereich des EKO existiert keine vergleichbare Regelung (vgl VfSlg 18.821 [ErwGr I.2.]). Für dort gelistete Arzneimittel sieht das Gesetz nur die Unzulässigkeit des Überschreitens des Höchstpreises vor, nicht aber eine spezifische Rechtsfolge, wie die Rückforderung. Das Verbot der Überschreitung des EU‑Durchschnittspreises nach § 31 Abs 3 Z 12 lit b ASVG ist daher vom Hauptverband als Behörde zu vollziehen (Rebhahn in Mosler/Müller/Pfeil, Der SV‑Komm [Stand 1. 3. 2016, rdb.at] § 351d ASVG Rz 17). Bei Arzneimitteln, die mit einem bestimmten Preis bereits im gelben Bereich aufscheinen, kann der Hauptverband ein Absinken des EU‑Durchschnittspreises unter diesen Preis zum Anlass für ein Verfahren nach § 351f ASVG nehmen. Das Verfahren zur Streichung einer Arzneispezialität aus dem EKO nach § 351f ASVG ist auch anwendbar, wenn der Hauptverband primär eine Preisreduktion anstrebt (Rebhahn in Mosler/Müller/Pfeil, Der SV‑Komm [Stand 1. 3. 2016, rdb.at] § 351f ASVG Rz 2 unter Hinweis auf die parallele Lage in § 351c Abs 10 Z 3 Satz 2 ASVG). Bis zu einer daraus folgenden Streichung oder Herabsetzung des Preises bleibt der im Aufnahmebescheid festgesetzte Preis verbindlich (Rebhahn in Mosler/Müller/Pfeil, Der SV‑Komm [Stand 1. 3. 2016, rdb.at] § 351d ASVG Rz 16).

2. Ein Bereicherungsanspruch der klagenden Partei besteht nicht:

Die Verbindlichkeit des im EKO festgesetzten Preises gilt auch für den Sozialversicherungsträger, der als Adressat dieser Verordnung den dort genannten Preis zu erstatten hat. Eine ungerechtfertigte Vermögensverschiebung aus der Erstattung eines im EKO festgesetzten Preises scheidet daher – wie das Berufungsgericht zutreffend erkannt hat – von vornherein aus.

3. Keine analoge Anwendung des § 351c Abs 7 Z 2 ASVG für den gelben Bereich des EKO:

3.1 Aufgrund der genannten Verbindlichkeit des EKO bedarf eine Abweichung vom danach durch die Sozialversicherungsträger zu tragenden Erstattungspreis einer besonderen Rechtsgrundlage. Eine solche sieht § 351c ASVG nur für den roten Bereich des EKO vor.

3.2 Entgegen der Ansicht der klagenden Partei liegt darin jedoch keine unsachliche Ungleichbehandlung hinsichtlich jener Arzneispezialitäten, die in den gelben Bereich des EKO aufgenommen wurden. Denn bei der Aufnahme in den roten Bereich des EKO ist vorläufig der vom vertriebsberechtigten Unternehmen gemeldete Preis heranzuziehen. Hingegen hat bei der Entscheidung über die Aufnahme in den gelben Bereich eine verbindliche Preisfestsetzung durch den Hauptverband zu erfolgen (Punkt 1.1 f), der gemäß § 351c Abs 3 ASVG auch eine gesundheitsökonomische Beurteilung voranzugehen hat.

3.3 Der Hinweis der klagenden Partei auf die Rechtslage vor Verkürzung der Entscheidungsfrist auf 180 Tage, nach der ein Arzneimittel bis zu 36 Monate im roten Bereich verbleiben konnte, geht ins Leere. Denn auch nach damaliger Rechtslage war eine Rückforderung für einen Zeitraum nach erfolgter Aufnahme in den gelben Bereich nicht vorgesehen. Mit der Entscheidung über die Aufnahme des Arzneimittels in den gelben Bereich zu einem bestimmten Preis gemäß § 351d Abs 1 ASVG ist vielmehr das Preisbildungsverfahren abgeschlossen (Punkt 1.2). Daran ändert auch der Umstand nichts, dass nach Verkürzung der Entscheidungsfrist (bis zum 1. 5. 2017; zur aktuellen Rechtslage vgl Schrattbauer/Rebhahn in Mosler/Müller/Pfeil, Der SV‑Komm [Stand 1. 3. 2020, rdb.at] § 351d ASVG Rz 19) Fälle eintreten konnten, in denen im Zeitpunkt der nach 180 Tagen vorgesehenen Entscheidung über die Aufnahme einer Arzneispezialität in den gelben Bereich noch kein EU‑Durchschnittspreis ermittelt werden konnte.

3.4 Eine planwidrige Gesetzeslücke (RS0098756), die eine analoge Anwendung des § 351c Abs 7 Z 2 ASVG für in den gelben Bereich aufgenommene Arzneispezialitäten rechtfertigen würde, liegt daher nicht vor.

4. Auch der unberechtigten Revision der klagenden Partei ist somit ein Erfolg zu versagen.

D. Kostenentscheidung:

Die Kostenentscheidung gründet sich auf §§ 50, 41 Abs 1 ZPO. Die teilweise Zurückweisung der Revisionsbeantwortung der klagenden Partei, die lediglich einen geringfügigen Teil des gesamten Revisionsinteresses der beklagten Partei betrifft, bleibt ohne Einfluss auf ihren Kostenersatzanspruch.

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