OGH 8ObS11/19d

OGH8ObS11/19d24.4.2020

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits‑ und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten Hon.‑Prof. Dr. Kuras als Vorsitzenden, die Hofrätinnen Dr. Tarmann‑Prentner und Mag. Korn als weitere Richter sowie die fachkundigen Laienrichter Mag. Harald Stelzer (aus dem Kreis der Arbeitgeber) und Mag. Thomas Kallab (aus dem Kreis der Arbeitnehmer) in der Sozialrechtssache der klagenden Partei W***** W*****, vertreten durch Freimüller Obereder Pilz Rechtsanwält_innen GmbH in Wien, und des Nebenintervenienten auf Seiten der klagenden Partei F***** GmbH, *****, vertreten durch Piplits Mackinnon Rechtsanwälte (GbR) in Wien, gegen die beklagte Partei IEF‑Service GmbH, *****, vertreten durch die Finanzprokuratur, 1010 Wien, Singerstraße 17–19, wegen 2.041 EUR sA (Insolvenz‑Entgelt), über die außerordentliche Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht in Arbeits‑ und Sozialrechtssachen vom 27. Mai 2019, GZ 7 Rs 50/19b‑16, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2020:008OBS00011.19D.0424.000

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 2 ASGG, § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

Nach der vom Berufungsgericht zitierten Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs ist Jubiläumsgeld aus Sicht des IESG als Teil des laufenden Entgelts zu behandeln. Ist der Anspruch nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens entstanden, so ist er in Ansehung des Sicherungstatbestands des § 3a Abs 2 Z 5 IESG wie bei Sonderzahlungen nach dem Anwartschaftsprinzip zu aliquotieren. Der Zahlungsanspruch, der auf die Zeitspanne vor Konkurseröffnung entfällt, ist daher als Konkursforderung zu qualifizieren (RIS‑Justiz RS0125804; 8 ObS 1/10w; 8 ObS 6/10f; vgl auch Gahleitner in Neumayr/Reissner , ZellKomm 3 § 3a IESG Rz 5). Diese rechtliche Beurteilung hat das Berufungsgericht seiner Entscheidung zugrunde gelegt.

Die Revision führt dagegen ins Treffen, die zitierten Entscheidungen seien für den hier vorliegenden Sachverhalt nicht einschlägig, weil dort die Fälligkeit des Jubiläumsgeldes noch während des aufrechten Insolvenzverfahrens und im Sicherungszeitraum nach Beendigung der Dienstverhältnisse gemäß § 25 IO eingetreten sei. Das Dienstverhältnis des Klägers sei aber aufrecht geblieben und der Fälligkeitsstichtag seines Jubiläumsgeldes erst nach der Berichtstagsatzung gelegen.

Mit diesen Ausführungen zeigt die Beklagte keine erhebliche Rechtsfrage im Sinn des § 502 Abs 1 ZPO auf.

Dem Verfahren 8 ObS 1/10w lag der Fall eines ebenfalls nach dem Kollektivvertrag für Handelsangestellte beschäftigten Dienstnehmers zugrunde, der nach Konkurseröffnung vom 7. 10. 2008 und der am 26. 11. 2008 abgehaltenen Berichtstagsatzung im fortgeführten schuldnerischen Unternehmen beschäftigt blieb. Sein Anspruch auf Jubiläumsgeld wurde am 31. 1. 2009, also außerhalb des Zeitraums nach § 3a Abs 2 Z 1 IESG, fällig. Am 12. 2. 2009 erfolgte die gerichtliche Schließung des Unternehmens und daraufhin der Austritt des Dienstnehmers nach § 25 IO. Der Oberste Gerichtshof bejahte die Sicherung des bis zur Konkurseröffnung aliquotierten Anspruchs auf Jubiläumsgeld bei diesem Sachverhalt als Insolvenzforderung. Er hielt fest, dass es für diese Sicherung nicht darauf ankommt, ob der als Masseforderung zu qualifizierende übrige Teil des Jubiläumsgeldes ebenfalls (durch Ausfallshaftung nach § 3 Abs 2 Z 5 IESG) gesichert ist. Diese Beurteilung ist auch im Schrifttum unwidersprochen geblieben.

In der Entscheidung 8 ObS 6/10f bestätigte der Oberste Gerichtshof die Qualifikation des Jubiläumsgeldes als laufendes Entgelt und verneinte davon ausgehend die Sicherung eines Anspruchs, der früher als sechs Monate vor Insolvenzeröffnung (§ 3a Abs 1 IESG) fällig geworden war.

Der im vorliegenden Verfahren maßgebliche Sachverhalt entspricht in den wesentlichen Merkmalen jenem, der Gegenstand der Entscheidung 8 ObS 1/10w war. In beiden Fällen ist der Anspruch auf Jubiläumsgeld während der Dauer einer Fortführung des Unternehmens und vor Aufhebung des Insolvenzverfahrens entstanden und fällig geworden. Die Rechtsansicht des Berufungsgerichts, dass der zunächst mit der Vollendung der erforderlichen Dienstzeit bedingte, aliquot auf die Zeit vor der Konkurseröffnung entfallende Teil des Jubiläumsgeldes nach dem erfolgten Eintritt der Bedingung eine Konkursforderung darstellt, steht damit im Einklang.

Das von der Beklagten aus Sicht der Lohnverrechnung (unter Hinweis auf Rogner in Hilber , Personalverrechnung in der Insolvenz³ 209) abgeleitete Argument, die Forderungsanmeldung erscheine beim Jubiläumsgeld wegen der Unwahrscheinlichkeit und Ungewissheit des Bedingungseintritts sowie der Unmöglichkeit einer korrekten Abrechnung nicht sinnvoll, bezieht sich auf einen Stichtag, der „weit nach Aufhebung des Insolvenzverfahrens liegt“, und hat daher für den vorliegenden Fall keine Relevanz. Der Jubiläumsstichtag des Klägers stand bereits bei der Konkurseröffnung fest. Das Insolvenzverfahren war an diesem Stichtag noch nicht beendet und das Dienstverhältnis aufrecht, sodass weder am Entstehen des Anspruchs, noch am Verhältnis der Anwartschaften vor und nach der Insolvenzeröffnung Zweifel bestehen.

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