European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2021:E128249
Rechtsgebiet: Zivilrecht
Spruch:
1. Die Urschrift der Entscheidung des Berufungsgerichts wird dahin berichtigt, dass
a) im dritten Absatz des Spruchs die Wortfolge „den Kläger“ durch „den Beklagten“ ersetzt wird,
b) auf der Seite 34 im ersten Absatz die Wortfolge „des schlechter verdienenden Ehegatten“ durch „des besser verdienenden Ehegatten“ ersetzt wird.
2. Die Revision wird zurückgewiesen.
Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei binnen 14 Tagen die mit 2.369,69 EUR (darin 394,95 EUR USt) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung zu ersetzen.
Begründung:
Die Streitteile waren verheiratet, die Ehe dauerte vom 7. 4. 1995 bis zur Rechtskraft der Scheidung am 5. 10. 2017. Sowohl die Klägerin als auch der Beklagte waren während der gesamten Ehe berufstätig und haben jeweils auch finanziell zur Bestreitung der gemeinsamen gehobenen Lebenshaltungskosten und zum Unterhalt ihrer beiden Kinder beigetragen.
Zu einem nicht näher feststellbaren Zeitpunkt zwischen den Jahren 2001 und 2002 verlangte die Klägerin des öfteren vom Beklagten, dass sie „einen Zehner im Monat haben“ wolle, worauf er antwortete, dass ihm 100.000 EUR monatlich übrigbleiben würden.
Von 2008 bis 2013 führten die Streitteile nach einem Streit über die vom Beklagten vermisste Transparenz der von der Klägerin getätigten Ausgaben ein gemeinsames Familienkonto, das aber vom Beklagten allein dotiert wurde. Er trug auch sämtliche Kosten für das von der Familie bewohnte Haus. An den Ausgaben für die Reinigungskraft, die Betreuung und Ausbildung der Kinder sowie für gemeinsame Reisen beteiligten sich beide Streitteile.
Ab Mai 2015 verhandelten die Streitteile über eine Ehescheidung. In einem Schreiben vom 7. 5. 2015 an den vorerst gemeinsam mit der Abwicklung beauftragten Rechtsanwalt forderte die Klägerin die Vorlage der Einkommenssteuerbelege des Beklagten seit dem Jahr 1995. Dieser leistete sodann ab Mai 2015 monatlich 4.500 EUR Unterhalt an die Klägerin.
Die Klägerin begehrte, den Beklagten zur Rechnungslegung über seine Einkünfte, sein Vermögen und die damit verbundenen Einkünfte vom 7. 4. 1995 bis 5. 10. 2017 zu verpflichten, weiters die Zahlung laufenden monatlichen Unterhalts ab 1. 1. 2016 und die Zahlung eines Unterhaltsrückstands in lediglich vorläufig bezifferter Höhe von Juni 2014 bis Dezember 2015.
Das Erstgericht gab mit Teilurteil dem Rechnungslegungsbegehren für den Zeitraum vom 1. 7. 2001 bis 5. 10. 2017 unter (unangefochtener) Abweisung des die früheren Jahre umfassenden Mehrbegehrens statt. Bis Mitte des Jahres 2001 sei von einer einvernehmlichen gemeinsamen Gebarung der Streitteile auszugehen. Nach der Geburt der ersten Tochter hätten sich die Lebensumstände aber geändert und die Klägerin habe Geldunterhalt verlangt. Der Rechnungslegungsanspruch sei ab diesem Zeitpunkt zu bejahen, weil ihr keine andere Möglichkeit zur Berechnung des Anspruchs zur Verfügung stehe, zumal der Beklagte seine Einkünfte aus mehreren verschiedenen Quellen bezogen habe. Während der aufrechten Ehe sei dieser Anspruch auch nicht verjährt.
Das Berufungsgericht gab der gegen diese Entscheidung erhobenen Berufung des Beklagten teilweise Folge und änderte die Entscheidung des Erstgerichts dahin ab, dass es dem Beklagten unter Abweisung des Mehrbegehrens auftrug, seine Einkommenssteuererklärungen und -bescheide der Jahre 2015 bis 2017 zuzüglich periodischer Erträgnisaufstellungen über die in diesem Zeitraum erzielten Einkünfte aus Vermögen vorzulegen.
Der Rechnungslegungsanspruch setze einen dem Grunde nach bestehenden Geldunterhaltsanspruch voraus, der nach den Feststellungen erst ab dem Zeitpunkt der Haushaltstrennung der Streitteile zu bejahen sei. Ein Anspruch auf Auskunft über den erworbenen Vermögensstamm bestehe nicht, wenn dieser vom Unterhaltspflichtigen nicht zur Deckung der laufenden Lebenshaltungskosten herangezogen werde. Der von der Klägerin im Jahre 2001 geäußerten Forderung nach monatlich 10.000 EUR sei entgegen der Beurteilung des Erstgerichts nicht die Bedeutung einer Geltendmachung von Ehegattengeldunterhalt beizumessen gewesen. Die Streitteile hätten bis Mai 2015 weiterhin eine einvernehmliche Gestaltung der ehelichen Lebensgemeinschaft iSd § 94 Abs 1 ABGB gepflogen.
Das Berufungsgericht erklärte die ordentliche Revision für zulässig, weil höchstgerichtliche Rechtsprechung zur Rechtsfrage der Auslegung des Begriffs des Verlangens nach Geldunterhalt iSd § 94 Abs 3 ABGB fehle.
Rechtliche Beurteilung
Die vom Beklagten beantwortete Revision der Klägerin, mit der sie die Wiederherstellung der Entscheidung des Erstgerichts sowie in eventu die Berichtigung eines Schreibfehlers in der Entscheidung des Berufungsgerichts anstrebt, ist entgegen dem Ausspruch des Berufungsgerichts mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO nicht zulässig.
1. Dem Berufungsgericht ist bei der Verfassung des dritten Absatzes seines Spruchs eine offenkundige Verwechslung der Parteienbezeichnungen unterlaufen. Weiters hat es offenkundig auf Seite 34 die von der Revision beanstandete Bezeichnung „schlechter verdienend“ versehentlich anstelle von „besser verdienend“ verwendet. Diese Fehler waren antragsgemäß (§ 419 ZPO) zu berichtigen. Der Vollzug der Berichtigung obliegt dem ursprünglich erkennenden, hier also dem Berufungsgericht (RIS‑Justiz RS0041727 [T2]; RS0041527).
2. Die Revision wendet sich gegen die Auffassung des Berufungsgerichts, dass die Klägerin im Jahre 2001 mit der wiederholten Äußerung, sie wolle „einen Zehner im Monat haben“ kein Verlangen nach Geldunterhalt iSd § 94 Abs 3 ABGB erhoben habe. Eine restriktive Auslegung dieser Bestimmung widerspreche der höchstgerichtlichen Rechtsprechung. Auch wenn die Klägerin von Beruf Rechtsanwältin sei, wäre es ihr entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts damals bei aufrechter Ehe nicht zumutbar gewesen, weitere Maßnahmen zu setzen, um ihren Anspruch auf Ehegattenunterhalt durchzusetzen.
Maßgeblich für die Entscheidung des Berufungsgerichts war die Auslegung einer Willenserklärung der Klägerin. Auch für einseitige Parteierklärungen gilt dabei, dass sie objektiv, aus Sicht des Empfängerhorizonts nach redlicher Verkehrssitte auszulegen sind (vgl RS0017827; RS0102748; RS0014160; RS0113932; RS0014169). Wie eine Erklärung aufzufassen ist, ist jeweils nur nach den besonderen Umständen des Einzelfalls zu beurteilen und stellt im Allgemeinen keine erhebliche Rechtsfrage dar (RS0042555).
Etwa auch unter Berücksichtigung der die Feststellung des Erstgerichts über das Verlangen nach einem „Zehner“ tragenden Aussage der Klägerin, sie habe diesen Betrag aber nicht für sich selbst haben wollen, sondern zur Bezahlung der laufenden Kosten, wofür sie als Beispiele Reparaturen, Putzfrau und Kindermädchen nannte, ist die bekämpfte Interpretation des Berufungsgerichts keinesfalls unvertretbar. Wurde ein Verlangen nach Ehegatten-Geldunterhalt iSd § 94 Abs 3 ABGB überhaupt nicht gestellt, kommt es auf die vom Berufungsgericht in seinem Zulassungsausspruch formulierte Rechtsfrage ebensowenig an wie auf die in der Revision dargelegten Bedenken bezüglich überhöhter Anforderungen an die Bemühungen zur Durchsetzung eines solchen Anspruchs während aufrechter Ehe. Es ist aus dem gleichen Grund auch nicht entscheidend, ob dem Beklagten eine Rechnungslegung über einen Zeitraum von rund 16 Jahren an sich zumutbar wäre.
Der Revision ist beizupflichten, dass nicht nur das Erwerbseinkommen, sondern auch Einkünfte, die der Beklagte im maßgeblichen Zeitraum aus den Erträgen seines Vermögens erzielt hat, in die Unterhaltsbemessungsrundlage einzubeziehen sind. Das Berufungsgericht hat dem auch Rechnung getragen, indem es den Beklagten auch zur Vorlage periodischer Erträgnisaufstellungen über diese Einkünfte verpflichtet hat. Es trifft damit aber nicht zu, dass das Berufungsgericht, wie die Revision meint, den Vermögensstamm mit den Einkünften aus dem Vermögen gleichgesetzt hätte. Die Rechtsansicht, dass die Vermögenssubstanz nur dann zur Deckung des Unterhalts heranzuziehen wäre, wenn das Einkommen nicht zur Deckung des angemessenen Unterhalts ausreicht, soweit dies zumutbar und wirtschaftlich tunlich ist, stellt die Revision nicht in Abrede. Dass es dem Beklagten in diesem Sinn jemals während der Ehe an einem ausreichendem Erwerbseinkommen gemangelt hätte, wurde im Verfahren nicht behauptet.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf §§ 41, 50 ZPO. Eine gesonderte Honorierung des Berichtigungsantrags, der keine für die Verständlichkeit und Vollstreckbarkeit der Entscheidung wesentlichen Teile der Berufungsentscheidung betraf, war mangels Notwendigkeit zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung nicht vorzunehmen.
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