OGH 10ObS16/20f

OGH10ObS16/20f16.4.2020

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits‑ und Sozialrechtssachen durch den Vizepräsidenten Univ.‑Prof. Dr. Neumayr als Vorsitzenden, die Hofrätin Dr. Fichtenau und den Hofrat Mag. Ziegelbauer sowie die fachkundigen Laienrichter Johannes Püller (aus dem Kreis der Arbeitgeber) und ADir. Gabriele Svirak (aus dem Kreis der Arbeitnehmer) als weitere Richter in der Sozialrechtssache der klagenden Partei A*****, Tschechische Republik, vertreten durch Dr. Karl Claus & Mag. Dieter Berthold Rechtsanwaltspartnerschaft KG in Mistelbach, gegen die beklagte Partei Österreichische Gesundheitskasse, 1030 Wien, Haidingergasse 1, wegen Kinderbetreuungsgeld, über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht in Arbeits‑ und Sozialrechtssachen vom 19. Dezember 2019, GZ 7 Rs 78/19w‑14, den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2020:010OBS00016.20F.0416.000

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

1. Die Bezeichnung der ursprünglich beklagten Niederösterreichischen Gebietskrankenkasse war gemäß §§ 23 Abs 1 und 538t Abs 1 ASVG von Amts wegen auf Österreichische Gesundheitskasse zu berichtigen.

2.1 Gemäß § 2 Abs 1 Z 1 KBGG hat ein Elternteil Anspruch auf Kinderbetreuungsgeld für sein Kind, sofern für dieses Kind Anspruch auf Familienbeihilfe nach dem Familienlastenausgleichsgesetz 1967, BGBl 1967/376, besteht und Familienbeihilfe für dieses Kind tatsächlich bezogen wird. Nach dieser Bestimmung muss der antragstellende Elternteil grundsätzlich nicht selbst Bezieher der Familienbeihilfe sein, sondern es genügt, wenn der andere Elternteil diese bezieht (10 ObS 17/19a).

2.2 Leben allerdings die Eltern getrennt, wovon für den Anspruchszeitraum 7. 9. 2017 bis 3. 7. 2018 im vorliegenden Fall nach den den Obersten Gerichtshof bindenden Feststellungen auszugehen ist, ist die mit BGBl I 2016/53 geschaffene, für Bezugszeiträume ab 1. 1. 2017 geltende Bestimmung des § 2 Abs 8 KBGG anzuwenden (§ 50 Abs 19 KBGG). Bei getrennt lebenden Eltern muss gemäß § 2 Abs 8 KBGG der antragstellende Elternteil, der mit dem Kind im gemeinsamen Haushalt lebt, obsorgeberechtigt sein und die den Familienbeihilfenbezug betreffende Anspruchsvoraussetzung nach § 2 Abs 1 Z 1 KBGG in eigener Person erfüllen. Es muss also in diesem Fall der antragstellende Elternteil nicht nur Anspruch auf Familienbeihilfe haben, sondern diese selbst auch tatsächlich beziehen (10 ObS 17/19a; 10 ObS 45/19v; Sonntag in Sonntag/Schober/Konezny , KBGG 2 [2017] § 2 Rz 16).

2.3 Unter Beachtung dieser Rechtslage und der dazu ergangenen Rechtsprechung haben die Vorinstanzen den Anspruch der Klägerin verneint, weil diese im hier zu behandelnden Anspruchszeitraum vom Vater des Kindes getrennt lebte, aber nicht selbst Familienbeihilfe bezog, sondern der von ihr getrennt lebende Vater des Kindes.

3.1 Schon wegen der aufgezeigten eindeutigen Regelung durch das Gesetz liegt keine erhebliche Rechtsfrage vor (RS0042656). Mit dem Argument, es komme nicht darauf an, wer die Familienbeihilfe bezieht, übergeht die Revisionswerberin den Wortlaut des § 2 Abs 8 KBGG. Wenn sie auch in der Revision daran festhält, dass Eltern und Kind im im Verfahren zu behandelnden Anspruchszeitraum an einem gemeinsamen Wohnsitz lebten, weicht die Revisionswerberin in unzulässiger Weise von den Sachverhaltsfeststellungen ab.

3.2 Die Beklagte hat bereits im angefochtenen Bescheid ausgeführt, dass die Klägerin vom Vater des Kindes getrennt lebte, aber nicht in eigener Person im hier zu behandelnden Anspruchszeitraum Familienbeihilfe bezog. Sie hat dies auch in der Klagebeantwortung vorgebracht. Die Frage des Bezugs von Familienbeihilfe wurde in der Verhandlung vom 6. 5. 2019 erörtert. Die in diesem Zusammenhang geltend gemachten – teilweise vom Berufungsgericht bereits verneinten – Verfahrensmängel liegen nicht vor (§ 510 Abs 3 ZPO).

Stichworte