OGH 18OCg11/19w

OGH18OCg11/19w6.3.2020

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Vizepräsidenten Univ.‑Prof. Dr. Neumayr als Vorsitzenden sowie den Senatspräsidenten Dr. Veith und die Hofräte Hon.‑Prof. Dr. Höllwerth, Dr. Musger und Priv.‑Doz. Dr. Rassi als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei S***** GmbH & Co KG, *****, vertreten durch Pelzmann Gall Größ Rechtsanwälte GmbH in Wien, gegen die beklagte Partei Gemeinde T*****, wegen Teilaufhebung eines Schiedsspruchs (Streitwert 508.710 EUR), in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2020:018OCG00011.19W.0306.000

 

Spruch:

Die Klage wird als nicht zur Bestimmung einer Tagsatzung für die mündliche Verhandlung geeignet zurückgewiesen.

 

Begründung:

Das zwischen einer Rechtsvorgängerin der Klägerin und der beklagten Gemeinde vereinbarte Schiedsgericht stellte mit Schiedsspruch vom 19. August 2019 in einem von der Klägerin eingeleiteten Schiedsverfahren fest, dass sich die zwischen diesen Rechtsträgern geschlossene Vereinbarung nur auf den Erweiterungsbereich eines (nun) von der Klägerin betriebenen Steinbruchs beziehe (Punkt 1). Hingegen wies es die weiteren Anträge der Klägerin auf Feststellung, dass die Vereinbarung aufgelöst sei, und auf Rückzahlung eines von der Beklagten abgerufenen Garantiebetrages von insgesamt 508.710 EUR ab (Punkte 2 und 3).

Die Klägerin begehrt die Aufhebung der Punkte 2 und 3 dieses Schiedsspruchs aus den Gründen des § 611 Abs 2 Z 5 und Z 8 ZPO. Sie bringt dazu Folgendes vor:

Dem Schiedsspruch liege eine am 5. September 1997 von der Rechtsvorgängerin der Klägerin und der beklagten Gemeinde geschlossene Vereinbarung zugrunde, die im Zusammenhang mit der beabsichtigten Erweiterung des Steinbruchs geschlossen worden sei. Darin habe sich die Beklagte verpflichtet,

„sämtliche Rechtsmittel, Einwendungen udgl. im Zusammenhang mit dem laufenden Gewinnungsverfahren vor der Bezirks-hauptmannschaft [..] unverzüglich unwiderruflich zurückzunehmen. Darüber hinaus wird die [Beklagte] auch in den weiteren – in vorgenanntem Zusammenhang stehenden – Verfahren (insbesondere Verfahren vor der Grundverkehrsbehörde) positiv mitwirken, damit die laufenden Verfahren antragsgemäß baldmöglichst zum Abschluss gebracht werden können. Die [Beklagte] ist aber sehr wohl berechtigt, in diesen Verfahren die Interessen der Öffentlichkeit im Rahmen der gesetzlichen Bestimmungen und Verordnungen – grundsätzlich jedoch im Sinne dieser Vereinbarung – zu vertreten.“

Im Gegenzug habe sich die Rechtsvorgängerin der Klägerin zur Leistung einer jährlichen „Pauschalentschädigung“ (zur Abgeltung aller materiellen und immateriellen Nachteile und Beeinträchtigungen der Gemeinde, insbesondere des Aufwands für die Beiziehung von Fachleuten und Sachverständigen zur Überprüfung und Kontrolle, zB der vorgeschriebenen Rekultivierungsarbeiten) von 1 Mio ATS (wertgesichert) und zum Erlag einer Sicherheit von 7 Mio ATS verpflichtet. Weiters habe die Vereinbarung in Punkt IX folgende Bestimmung enthalten:

„Die Vereinbarung beginnt mit dem heutigen Tage und steht im Übrigen unter der aufschiebenden Bedingung, dass das laufende Genehmigungsverfahren vor der Bezirks-hauptmannschaft [...] und das Verfahren vor der Grundverkehrsbehörde rechtskräftig positiv entschieden werden. Sie endet mit dem Auslaufen der Abbaugenehmigung, mit dem Widerruf der Abbaugenehmigung oder mit dem Abschluss der Rekultivierungsmaßnahmen […].“

Aufgrund dieser Vereinbarung habe die Beklagte die Einwendungen und Rechtsmittel zurückgezogen, die Rechtsvorgängerin der Klägerin habe die erforderlichen Genehmigungen erhalten. Die Klägerin habe beim Kauf des Steinbruchs die Verpflichtungen aus der Vereinbarung übernommen. Im Jahr 2013 hätten geologische Untersuchungen ergeben, dass ein weiterer Abbau im Erweiterungsgebiet unwirtschaftlich wäre. Daraufhin habe die Klägerin einen Teilabschlussbetriebsplan erstellt, der auch Rekultivierungsmaßnahmen enthalten habe und von der Bezirksverwaltungsbehörde genehmigt worden sei. Im Bescheid vom 26. November 2013 habe die Behörde in Punkt I.A. vorgeschrieben, dass „sämtliche im Teilabschlussbetriebsplan vorgesehenen Maßnahmen, ausgenommen der Kontroll-, Pflege- und Nachbesserungsmaßnahmen für die Aufforstungen und Rekultivierungen“ bis spätestens 31. Mai 2015 durchzuführen seien. Weiters habe sie in Punkt I.B. angeordnet, dass die „der natürlichen Sukzession überlassenen Flächen“ und die „mit Spritzbegrünung versehenen Flächen“ von einer Person mit botanischen Fachkenntnissen „zu kartieren“ seien. Diese Person habe zum 30. Juni 2019 und zum 30. Juni 2024 der Behörde Ergebnisberichte samt Fotodokumentation zu übermitteln. Falls die Kartierungen zeigten, dass keine standortgerechte heimische Vegetation aufkomme, sei unverzüglich ein geeigneter Bepflanzungsplan auszuarbeiten, mit der Behörde abzusprechen und umzusetzen.

Die Klägerin habe die vorgesehenen Maßnahmen durchgeführt und dies der Bezirksverwaltungsbehörde am 30. April 2014 angezeigt. Die Behörde habe daraufhin der Landesregierung berichtet, dass der Abbau eingestellt und die Rekultivierung erfolgt sei. Im September 2018 hätten Amtssachverständige im Auftrag der Bezirksverwaltungsbehörde die Rekultivierungsmaßnahmen überprüft und keine Beanstandungen erhoben.

Mit dem Jahr 2014 habe die Klägerin wegen Auslaufens der Abbaugenehmigung und der erfolgten Rekultivierung die Zahlungen eingestellt. Die Beklagte habe das nicht akzeptiert, weil sich die Vereinbarung ihrer Auffassung nach auf den gesamten Steinbruch und nicht bloß auf den Erweiterungsbereich bezogen habe. Mit dieser Begründung habe sie in zwei Tranchen die als Sicherheit gelegte Bankgarantie abgerufen.

Mit ihrer Schiedsklage habe die Klägerin zunächst die Feststellung der Auflösung der Vereinbarung und die Rückzahlung des Garantiebetrags begehrt. Im Zuge des Verfahrens habe sie weiters die Feststellung begehrt, dass sich die Vereinbarung nur auf das Erweiterungsgebiet bezogen habe und dass die Vereinbarung „nichtig und rückabzuwickeln“ sei. Das zweite der zuletzt erhobenen Begehren habe sie in weiterer Folge zurückgenommen. In der Sache habe sie vorgebracht, dass die Beklagte die „Zwangslage“ ihrer Rechtsvorgängerin ausgenutzt und sich zudem über „zwingende öffentlich-rechtliche Kompetenznormen“ hinweggesetzt habe, weswegen die Vereinbarung nichtig sei. Weiters habe sie vorgebracht, dass die Auflösungstatbestände nach Punkt IX der Vereinbarung, nämlich Auslaufen der Abbaugenehmigung und Abschluss der Rekultivierung, erfüllt gewesen seien und zudem wegen der Unwirtschaftlichkeit des weiteren Abbaus ein wichtiger Grund zur Beendigung des Dauerschuldverhältnisses vorgelegen habe. Die Beklagte habe daher die Garantie ohne Rechtsgrund abgerufen.

Die Beklagte habe im Schiedsverfahren eingewendet, dass sich die Vereinbarung auf den gesamten Steinbruch bezogen habe. Zudem sei die Rekultivierung des Erweiterungsgebiets nicht abgeschlossen, weil noch Kartierungen ausstünden und gegebenenfalls weitere Maßnahmen erforderlich würden. Ein wichtiger Grund zur Auflösung des Dauerschuldverhältnisses liege nicht vor, weil die Rentabilität des Abbaus in die Risikosphäre der Klägerin falle.

Im Schiedsspruch habe das Schiedsgericht zwar festgestellt, dass sich die Vereinbarung nur auf das Erweiterungsgebiet bezogen habe. Die weiteren Begehren habe es aber abgewiesen. Dabei habe es die Frage der Rechtswirksamkeit der Vereinbarung nicht weiter behandelt. Das Vorliegen eines wichtigen Grundes für die Auflösung des Dauerschuldverhältnisses habe es verneint, weil die Rentabilität ausschließlich in die Risikosphäre der Klägerin gefallen sei, was auch die Annahme eines Wegfalls der Geschäftsgrundlage ausschließe. Den Auflösungsgrund des Wegfalls der Abbaugenehmigung habe das Schiedsgericht nur unter Hinweis auf Zeugenaussagen verneint. Zum Auflösungsgrund „Abschluss der Rekultivierungsmaßnahmen“ habe das Schiedsgericht ausgeführt, dass dieser erst bei Umsetzung der in Punkt I.B. des Bescheides der Bezirksverwaltungsbehörde vorgesehenen Maßnahmen (Kartierung, allenfalls Nachpflanzungen) vorliege.

Auf dieser Grundlage seien zwei Aufhebungsgründe verwirklicht:

1. Der Schiedsspruch verstoße gegen den materiellen ordre public.

(a) Die Beklagte sei in allen 1997 anhängigen Verfahren „Legal-/Formalpartei“ gewesen. Die Ausübung ihrer Rechte erfolge im Rahmen der schlichten Hoheitsverwaltung. Vereinbarungen seien hier nur zulässig, wenn sie gesetzlich vorgesehen seien. Auch der Oberste Gerichtshof habe mehrfach entschieden, dass Verträge, die ohne gesetzliche Grundlage über die Ausübung der durch Gesetz eingeräumten Kompetenzen zur Wahrnehmung öffentlicher Interessen geschlossen würden, nach § 879 Abs 1 ABGB absolut nichtig seien und sich auch der andere Vertragsteil darauf berufen könne, selbst wenn er die Nichtigkeit bei Vertragsabschluss gekannt habe. Wenn die Privatwirtschaftsverwaltung in Gestalt des zivilrechtlichen Vertrags gewählt werde, um einer materiell gegebenen öffentlich-rechtlichen Bindung zu entgehen, liege Missbrauch der Form und daher ein Verstoß gegen die Grundsätze des Rechtsstaats vor, der gemäß § 879 Abs 1 ABGB zur Nichtigkeit der privatrechtlich getroffenen Vereinbarung führe (RS0034713, 7 Ob 125/16g, 3 Ob 181/12g). Dies habe die Klägerin in der Sache vorgebracht, sodass die Rücknahme des Antrags auf Feststellung der Nichtigkeit nicht schade. Zudem wäre die Nichtigkeit von Amts wegen wahrzunehmen gewesen.

(b) Auch abgesehen davon habe das Schiedsgericht die Rechtslage gehäuft verkannt und willkürlich entschieden.

Die Rekultivierung sei mit Durchführung der in Punkt I.A. des Bescheids angeordneten Maßnahmen abgeschlossen gewesen. Die Auslegung des Schiedsgerichts, dass es (auch) auf die Maßnahmen nach Punkt I.B. des Bescheids ankomme, sei verfehlt, weil auf den verwaltungsrechtlichen Rekultivierungsbegriff abzustellen sei. Dieser erfasse sowohl nach dem Wortlaut des Bescheids als auch nach dem Schreiben der Bezirksverwaltungsbehörde an die Landesregierung eindeutig nur die Maßnahmen nach Punkt I.A. des Bescheids.

Das Schiedsgericht habe auch willkürlich das Vorliegen eines wichtigen Grundes für die Auflösung eines Dauerschuldverhältnisses verneint. Ein solcher Grund liege vor, wenn die Sache, deren Nutzung Grundlage des Dauerschuldverhältnisses sei, ohne Verschulden eines Vertragsteils unbrauchbar werde. Das treffe hier zu, weil sich herausgestellt habe, dass die Voraussetzungen für den weiteren Abbau nicht vorlägen. Vernünftige und redliche Parteien hätten nicht vereinbart, dass die Klägerin die Leistungen erbringen müsse, wenn sie den Steinbruch aus geologischen Gründen nicht mehr nutzen könne. Dass die Schiedsklägerin geologische Voraussetzungen wirtschaftlich nutze, könne in einem „auf angemessener Verteilung von Risiken beruhenden Rechtssystem“ nicht dazu führen, dass „die gesamte Geologie zu ihrer Sphäre“ werde.

Es sei geradezu grotesk, dass die Beklagte als Abgeltung für den laufenden Betrieb vorgesehene Leistungen erhalte, obwohl lediglich die theoretische Möglichkeit bestehe, dass Nachpflanzungen erforderlich würden. Die dadurch ermöglichte einseitige Bereicherung der Beklagten verstoße gegen elementare Gerechtigkeitsvorstellungen und damit schon für sich allein gegen den materiellen ordre public.

2. Weiters verstoße die Entscheidung wegen zweier Begründungsmängel gegen den formellen ordre public.

(a) Das Schiedsgericht habe sich nicht mit dem Vorbringen der Klägerin auseinandergesetzt, dass die Vereinbarung wegen des Disponierens über öffentlich-rechtliche Befugnisse nichtig sei. Eine Begründung sei insofern trotz der Rücknahme des diesbezüglichen Feststellungsbegehrens geboten gewesen.

(b) Das Schiedsgericht habe das Vorliegen des Vertragsauflösungsgrundes „Auslaufen der Abbaugenehmigung“ lapidar unter Hinweis auf Zeugenaussagen verneint. Diese Zeugen hätten aber nichts zu dieser Frage gesagt. Da verwaltungsrechtlich mit der Genehmigung des Teilabschlussbetriebsplans am 26. 11. 2013 das subjektiv-öffentliche Recht der Schiedsklägerin zum Abbau im Erweiterungsgebiet erloschen sei, habe die Abbauberechtigung damit geendet. Aus welchen Gründen das Schiedsgericht zu einer anderen Beurteilung gekommen sei, bleibe völlig unklar.

Die Aufhebungsklage ist schon aufgrund dieses Vorbringens als nicht zur Bestimmung einer Tagsatzung für die mündliche Verhandlung geeignet zurückzuweisen.

Rechtliche Beurteilung

1. Bei Aufhebungsklagen hat in Analogie zu § 538 ZPO ein Vorprüfungsverfahren stattzufinden. Wenn der Kläger keinen tauglichen Aufhebungsgrund behauptet, ist die Klage ohne Durchführung eines Verbesserungsverfahrens zurückzuweisen (18 OCg 1/18y, 18 OCg 12/19t).

2. Der behauptete Verstoß gegen den materiellen ordre public lässt sich aus dem Klagevorbringen nicht ableiten:

2.1. Der Aufhebungsgrund des § 611 Abs 2 Z 8 ZPO ist nur verwirklicht, wenn das Ergebnis des Schiedsspruchs Grundwertungen der österreichischen Rechtsordnung in unerträglicher Weise verletzt (18 OCg 3/15p mwN; zuletzt etwa 18 OCg 1/19z). Hingegen ist nicht zu prüfen, ob das Schiedsgericht die im Schiedsverfahren aufgeworfenen Tat- und Rechtsfragen richtig gelöst hat; eine révision au fond ist unzulässig (18 OCg 3/15p mwN; zuletzt etwa 18 OCg 1/19z; RIS‑Justiz RS0045124).

2.2. Zur behaupteten Nichtigkeit der Vereinbarung:

(a) Dem Schiedsspruch liegt die Annahme zugrunde, dass die Vereinbarung zwischen den Parteien rechtswirksam sei. Die Klägerin hält dem entgegen, dass die beklagte Gemeinde mit dieser Vereinbarung über Parteirechte disponiert habe, was wegen des hoheitlichen Charakters dieser Rechte unzulässig sei. Daraus folge die Nichtigkeit der Vereinbarung, sodass die Beklagte daraus keine Rechte ableiten könne.

(b) Zwar liegt nach ständiger Rechtsprechung ein Missbrauch der Form vor, wenn eine Gebietskörperschaft die Privatwirtschaftsverwaltung wählt, um einer materiell gegebenen öffentlich-rechtlichen Bindung zu entgehen; dies führt nach § 879 Abs 1 ABGB zur Nichtigkeit der privatrechtlich getroffenen Vereinbarungen (RS0034713). Wegen der Bedeutung der Abgrenzung zwischen hoheitlicher und nicht hoheitlicher Verwaltung könnte ein Abweichen von diesen Grundsätzen unter Umständen nach § 611 Abs 2 Z 8 ZPO aufgegriffen werden.

(c) Den zu dieser Frage ergangenen Entscheidungen des Obersten Gerichtshofs (2 Ob 511/95; 10 Ob 519/94; 3 Ob 181/12g; 7 Ob 125/16g) lag jedoch jeweils ein für das öffentliche Recht typisches Subordinationsverhältnis zwischen der Gebietskörperschaft und ihrem Vertragspartner zugrunde; die Gebietskörperschaft hatte im Bereich der Hoheitsverwaltung mit Bescheid zu entscheiden oder eine Verordnung zu erlassen. In solchen Fällen ist eine vertragliche Gestaltung nur zulässig, wenn es eine gesetzliche Grundlage für einen solchen „verwaltungsrechtlichen Vertrag“ gibt ( Grabenwarter/Holoubek , Verfassungsrecht. Allgemeines Verwaltungsrecht 4 [2019] Rz 1007 ff; B. Raschauer , Allgemeines Verwaltungsrecht 5 [2017] Rz 1216 ff; aus der Rsp zuletzt 8 Ob 7/19s).

(d) Anders verhält es sich bei der Ausübung von Parteirechten in Verwaltungsverfahren. Hier steht die Gebietskörperschaft nicht in einem Überordnungsverhältnis mit den anderen Beteiligten des Verfahrens, sondern auf gleicher Ebene mit ihnen. Folgerichtig ordnet der Verfassungsgerichtshof die Ausübung solcher Rechte durch eine Gemeinde der Privatwirtschaftsverwaltung zu (B 747/03 VfSlg 17.557, Punkt 1.3; zustimmend Stolzlechner in Kneihs/Lienbacher , Rill‑Schäffer-Kommentar Bundesverfassungsrecht, Art 116 B‑VG Rz 19; ähnlich auch Weber in Korinek et al , Österreichisches Bundesverfassungsrecht Art 118 Rz 10 [„nicht hoheitliche Verwaltung“]; ausführlich Domej , Die Amtspartei im Verwaltungsverfahren [2006] 103 ff). Zwar wird im Schrifttum auch die Auffassung vertreten, dass solches Handeln der schlichten Hoheitsverwaltung zuzuordnen sei ( B. Raschauer , Allgemeines Verwaltungsrecht 5 Rz 702; Schmelz/Cudlik , Neues [und Altes]) zur Parteistellung der Gemeinde in Verfahren, RFG 2018/6, 29 [31 f]). Dennoch kann auf der Grundlage der oben genannten Entscheidung des Verfassungsgerichtshofs die Zuordnung des Gemeindehandelns zur (nicht hoheitlichen) Privatwirtschaftsverwaltung jedenfalls nicht von vornherein als Verstoß gegen Grundwertungen des österreichischen Rechts angesehen werden. Unter dieser Prämisse sind aber auch Vereinbarungen über die Ausübung von Parteirechten nicht per se sittenwidrig (vgl RS0037317 zum vereinbarten Rechtsmittelverzicht im Zivilprozess).

(e) Da der andere Vertragsteil, statt eine Vereinbarung über die Ausübung von Parteirechten zu schließen, seine Rechte ohnehin im Verwaltungs- und Verwaltungsgerichtsverfahren hätte geltend machen können, liegt auch keine typische Drucksituation vor, die gegen die Zulässigkeit solcher Vereinbarungen spräche. Denn in diesen Verfahren wäre ihm die Gemeinde – anders als in den eingangs genannten Fällen des Rechtsformmissbrauchs – gerade nicht mit Hoheitsgewalt gegenüber gestanden. Aus dem Blickwinkel der Gemeinde könnte es zwar möglicherweise Fallgestaltungen geben, die eine vertragliche Bindung bedenklich erscheinen ließen, nämlich etwa dann, wenn ein überragendes öffentliches Interesse an der Ausübung der Parteirechte bestand. Ob das unter Umständen den Aufhebungsgrund des § 611 Abs 2 Z 8 ZPO verwirklichen könnte, ist hier aber nicht zu entscheiden. Denn eine solche Situation liegt hier offenkundig nicht vor: Vielmehr hatte sich die Gemeinde das Wahrnehmen öffentlicher Interessen ausdrücklich vorbehalten. Ebenso kann offen bleiben, ob die Verpflichtung der Gemeinde gerichtlich durchgesetzt werden könnte. Denn nach dem Vorbringen der Klägerin hat die Beklagte ihre Verpflichtungen ohnehin erfüllt; strittig ist daher nur die Gegenleistung der Klägerin.

2.3. Auch sonst lässt sich aus dem Klagevorbringen kein Ordre-public-Verstoß ableiten.

(a) Die Klägerin behauptet willkürliche Rechtsanwendung, weil das Schiedsgericht den Begriff „Rekultivierungsmaßnahmen“ unvertretbar falsch ausgelegt und die fehlende Rentabilität des Abbaus nicht als wichtigen Grund für die Auflösung des Dauerschuldverhältnisses angesehen habe. Weiters verstoße es gegen Grundwertungen der Rechtsordnung, wenn sie weiterhin die Abgeltung zahlen müsse, obwohl sie den Abbau eingestellt habe.

(b) Richtig ist, dass willkürliche Rechtsanwendung den Aufhebungstatbestand nach § 611 Abs 2 Z 8 ZPO erfüllen kann (18 OCg 12/19t mwN). Dabei ist es nicht ausgeschlossen, dass Willkür auch aus einer mehrfachen groben Verkennung der Rechtslage abgeleitet werden könnte. Das trifft hier aber nicht zu:

Wann die „Rekultivierung“ abgeschlossen ist, hängt von der Auslegung der Vereinbarung und den Umständen des Einzelfalls ab. Die Beurteilung dieser Frage wäre im Aufhebungsverfahren nur dann wahrzunehmen, wenn sie in jeder Hinsicht unvertretbar wäre (vgl 18 OCg 3/15p und 18 OCg 1/17x, jeweils zur Vertragsauslegung durch ein Schiedsgericht). Ein solcher Fall liegt hier nicht vor: Die Behörde schrieb im Bescheid über die Genehmigung des Schließungsplans nicht nur konkrete Rekultivierungsmaßnahmen, sondern auch Kontrollen („Kartierungen“) vor, die zu weiteren Maßnahmen führen konnten. Die Annahme des Schiedsgerichts, dass die Rekultivierung im Sinn von Punkt IX der Vereinbarung erst abgeschlossen sei, wenn feststehe, dass keine weiteren Maßnahmen erforderlich seien, überschreitet nicht den im Rahmen der Ordre-public-Prüfung sehr weiten Beurteilungsspielraum des Schiedsgerichts.

Auch die Frage, ob ein wichtiger Grund zur Beendigung eines Dauerschuldverhältnisses vorliegt, hängt von den Umständen des Einzelfalls ab. Sieht – wie hier – die Vereinbarung ohnedies Beendigungsgründe vor, begründet die Annahme des Schiedsgerichts, dass die Unwirtschaftlichkeit des Abbaus im Übrigen in die Risikosphäre der Klägerin falle, keinen Ordre-public-Verstoß. Das Schiedsgericht hat ohnehin angenommen, dass die abgeschlossene Rekultivierung zur Beendigung der Vereinbarung führt. Die Klägerin hat das Risiko der Unwirtschaftlichkeit daher nicht endgültig, sondern nur für einen bestimmten Zeitraum zu tragen.

Richtig ist, dass die Auslegung des Schiedsgerichts dazu führt, dass die Klägerin die „Pauschalabgeltung“ auch dann (für einen gewissen Zeitraum) zu zahlen hat, wenn sie den Abbau schon eingestellt hat. Das entspricht aber dem Regelungskonzept der Vereinbarung, wonach die Abgeltung unter anderem auch die Kosten der Kontrolle von Rekultivierungsmaßnahmen abdecken sollte. Ein geradezu untragbares Ergebnis, das nach § 611 Abs 2 Z 8 ZPO aufzugreifen wäre, liegt auch insofern nicht vor.

3. Auch ein relevanter Begründungsmangel lässt sich aus dem Klagevorbringen nicht ableiten.

3.1. Nach nunmehr ständiger Rechtsprechung verstößt ein Schiedsspruch gegen den formellen ordre public (§ 611 Abs 2 Z 5 ZPO), wenn er zu einem wesentlichen Streitpunkt nicht oder nur mit inhaltsleeren Floskeln begründet ist (18 OCg 3/16i; 18 OCg 1/19z; RS0131052). Um diesen Aufhebungsgrund schlüssig vorzubringen, hat der Kläger nicht nur das Fehlen einer Begründung zu einem bestimmten Punkt zu behaupten, sondern er hat auch dazulegen, dass und warum es sich dabei um einen wesentlichen Streitpunkt gehandelt hatte. Dafür wird er im Regelfall behaupten müssen, dass er zu diesem Punkt im Schiedsverfahren ein konkretes Vorbringen erstattet hatte.

3.2. Als Begründungsmangel macht die Klägerin zunächst geltend, dass der Schiedsspruch keine Ausführungen zur möglichen Nichtigkeit der Vereinbarung enthalte. Sie bringt allerdings selbst vor, dass sie ihr auf Feststellung der Nichtigkeit gerichtetes Begehren in der Schiedsverhandlung zurückgenommen habe. Damit konnten das Schiedsgericht und die Beklagte davon ausgehen, dass diese Frage keinen wesentlichen Streitpunkt mehr bildete. Dies gilt umso mehr, als die Klägerin das Begehren auf Feststellung der Auflösung der Vereinbarung aufrecht erhielt, was den Rückschluss erlaubte, dass sie die Gültigkeit der Vereinbarung nicht mehr bestritt. Dass sie das Vorbringen zur Nichtigkeit der Vereinbarung ausdrücklich aufrecht erhalten hätte, um (auch) damit ihr Rückzahlungsbegehren zu begründen, hat sie nicht behauptet.

3.3. Die Klägerin vermisst weiters eine (tragfähige) Begründung, weshalb der Beendigungsgrund des Auslaufens der Abbaugenehmigung nicht vorliege. Dabei sind zwei Fragen zu unterscheiden:

(a) Nach dem Vorbringen der Klägerin hat das Schiedsgericht das Vorliegen dieses Beendigungsgrundes schon auf der Tatsachenebene verneint. Dabei habe es auf die Aussagen zweier Zeugen verwiesen, die dazu aber nichts gesagt hätten. Aus der Begründung des Schiedsspruchs, auf die die Klägerin in ihrem Vorbringen ausdrücklich verweist, ergibt sich jedoch, dass das Schiedsgericht hier wohl eine Negativfeststellung treffen wollte („… liegen nicht vor und konnten auch nicht festgestellt werden.“). In diesem Fall wäre der Verweis auf die Aussagen dahin zu verstehen, dass es eben keine Beweisgrundlagen für das Vorliegen dieses Beendigungsgrundes gebe. Darin läge auf Tatsachenebene eine nachvollziehbare Begründung.

(b) Darauf kommt es aber nicht an. Denn die Klägerin bringt selbst vor, dass es sich beim Auslaufen der Abbaubewilligung nicht um eine Tat-, sondern um eine Rechtsfrage gehandelt habe. Insofern sei entscheidend, dass mit der Genehmigung des Teilabschlussbetriebsplans das subjektiv-öffentliche Recht der Schiedsklägerin zum Abbau im Erweiterungsgebiet erloschen sei, womit die Abbauberechtigung geendet habe. Dazu habe das Schiedsgericht nicht Stellung genommen.

Die Klägerin bringt aber nicht vor, dass sie diese Rechtsbehauptung schon im Schiedsverfahren aufgestellt hätte. Ein (möglicherweise) wesentlicher Streitpunkt, dessen Nichtbehandlung einen Begründungsmangel bilden könnte, wäre aber nur dann vorgelegen, wenn die Klägerin diese Rechtsbehauptung bereits im Schiedsverfahren aufgestellt hätte. Dass sie dies getan hätte, bringt die Klägerin in der Aufhebungsklage aber nicht vor.

4. Im Ergebnis gelingt es der Klägerin daher nicht, das Vorliegen eines Aufhebungsgrundes schlüssig zu behaupten. Die Klage ist deshalb in analoger Anwendung von § 538 ZPO zurückzuweisen.

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