OGH 10ObS113/19v

OGH10ObS113/19v21.1.2020

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits‑ und Sozialrechtssachen durch den Vizepräsidenten Univ.‑Prof. Dr. Neumayr als Vorsitzenden, die Hofrätinnen Dr. Fichtenau und Dr. Faber, sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Martin Gleitsmann (aus dem Kreis der Arbeitgeber) und Mag. Werner Pletzenauer (aus dem Kreis der Arbeitnehmer) als weitere Richter in der Sozialrechtssache der klagenden Partei J*****, vertreten durch Mag. Gerhard Eigner, Rechtsanwalt in Wels, gegen die beklagte Partei Wiener Gebietskrankenkasse, 1100 Wien, Wienerbergstraße 15–19, wegen Familienzeitbonus, über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Linz als Berufungsgericht in Arbeits‑ und Sozialrechtssachen vom 1. Juli 2019, GZ 11 Rs 54/19 v‑11, den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2020:010OBS00113.19V.0121.000

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

 

Begründung:

Verfahrensgegenstand ist der Anspruch des Klägers auf Familienzeitbonus nach § 2 FamZeitbG aus Anlass der Geburt seiner Tochter am 13. 6. 2018. Die Geburt erfolgte in einem Krankenhaus; die Ehegattin des Klägers und das Kind wurden am 16. 6. 2018 aus dem Krankenhaus in die gemeinsam mit dem Kläger bewohnte Wohnung entlassen.

Die Beklagte wies den für den Zeitraum 14. 6. bis 14. 7. 2018 gestellten Antrag des Vaters wegen des Fehlens eines gemeinsamen Haushalts während des Krankenhausaufenthalts der Ehegattin und des Kindes des Klägers ab.

Der Kläger schränkte seine auf Gewährung des Familienzeitbonus für den Antragszeitraum gerichtete Klage während des Verfahrens auf den Zeitraum 16. 6. bis 14. 7. 2018 ein.

Das Erstgericht gab dem Klagebegehren statt.

Das Berufungsgericht gab der Berufung der Beklagten Folge, änderte das Urteil im klageabweisenden Sinn ab und ließ die ordentliche Revision nicht zu.

Rechtliche Beurteilung

1. Strittig ist, ob bei Fehlen eines gemeinsamen Haushalts mit dem Kind während einzelner Tage am Beginn des Antragszeitraums ein Anspruch auf Familienzeitbonus für jenen kürzeren Zeitraum besteht, innerhalb dessen der gemeinsame Haushalt vorlag, wenn dieser Zeitraum den Mindestzeitraum des § 3 Abs 2 FamZeitbG nicht unterschreitet und die Klage auf diesen Zeitraum eingeschränkt wird.

2.1. Als „Familienzeit“ im Sinn des § 2 Abs 4 FamZeitbG versteht man den Zeitraum zwischen 28 und 31 Tagen, in dem sich ein Vater aufgrund der kürzlich erfolgten Geburt seines Kindes ausschließlich seiner Familie widmet und dazu die Erwerbstätigkeit unterbricht, keine andere Erwerbstätigkeit ausübt, keine Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung sowie keine Entgeltfortzahlung aufgrund von oder Leistungen bei Krankheit erhält.

2.2. Der Anspruch auf Familienzeitbonus eines Vaters für sein Kind ist (unter anderem) an die Voraussetzung geknüpft, dass der Vater, das Kind und der andere Elternteil im gemeinsamen Haushalt leben (§ 2 Abs 1 Z 4 FamZeitbG).

2.3. Ein gemeinsamer Haushalt im Sinn des § 2 Abs 3 FamZeitbG liegt nur dann vor, wenn der Vater, das Kind und der andere Elternteil in einer dauerhaften Wohn- und Wirtschaftsgemeinschaft an der selben Wohnadresse leben und alle drei an dieser Adresse auch hauptwohnsitzlich gemeldet sind, wobei eine bis zu zehn Tagen verspätet erfolgte Hauptwohnsitzmeldung des Kindes an dieser Wohnadresse nicht schadet.

2.4. Der Oberste Gerichtshof hat bereits mehrfach klargestellt, dass während des Krankenhausaufenthalts von Mutter und Kind nach der Geburt kein gemeinsamer Haushalt im Sinn des § 2 Abs 3 FamZeitbG vorliegt (RS0132377; 10 ObS 101/19d).

Die mit der Novelle zum FamZeitbG BGBl I 2019/24 eingeführte Bestimmung des § 2 Abs 3a FamZeitbG, die ausnahmsweise einen gemeinsamen Haushalt im Sinn des § 2 Abs 3 FamZeitbG annimmt, wenn bei einem medizinisch indizierten Krankenhausaufenthalt des Kindes dieses durch den Vater oder den anderen Elternteil im Mindestausmaß von jeweils durchschnittlich vier Stunden täglich persönlich gepflegt und betreut wird, ist erst auf Geburten nach dem 31. 12. 2018 anzuwenden (§ 12 Abs 3 FamZeitbG).

3.1. Der Familienzeitbonus gebührt ausschließlich für eine ununterbrochene Dauer von 28, 29, 30 oder 31 aufeinanderfolgenden Tagen innerhalb eines Zeitraums von 91 Tagen ab der Geburt des Kindes (§ 3 Abs 2 FamZeitbG). Die Anspruchsdauer ist bei der Antragstellung verbindlich festzulegen, sie kann ausschließlich 28, 29, 30 oder 31 Kalendertage betragen und kann später nicht geändert werden (§ 3 Abs 3 FamZeitbG).

3.2. Wenn während des Krankenhausaufenthalts von Mutter und Kind kein Anspruch auf Familienzeitbonus besteht und die verbleibenden Tage, in der Familienzeit beansprucht wird, die vom Vater gewählte Mindestbezugsdauer nicht erreichen, besteht kein Anspruch auf Familienzeitbonus (10 ObS 109/18d).

3.3. Darüber hinaus besteht auch dann kein Anspruch auf Familienzeitbonus, wenn die Anspruchsvoraussetzung des gemeinsamen Haushalts im Sinn des § 2 Abs 3 FamZeitbG nicht für den gesamten, vom Vater gewählten Anspruchszeitraum erfüllt ist, mag ein gemeinsamer Haushalt auch in einer den Mindestzeitraum des § 3 Abs 2 FamZeitbG erreichenden oder überschreitenden Dauer von zumindest 28 Tagen vorliegen (10 ObS 101/19d).

Dies folgt daraus, dass der Gesetzgeber eine anteilige Auszahlung ebenso ausgeschlossen hat wie eine spätere Änderung des Anspruchszeitraums (10 ObS 101/19d). Werden die Voraussetzungen auch nur an einem Tag der gewählten Dauer nicht erfüllt, so gebührt gar kein Familienzeitbonus (10 ObS 115/19p).

3.4. Die Einschränkung des Anspruchszeitraums während des Gerichtsverfahrens vermag daher die Berechtigung des Anspruchs auf Familienzeitbonus für einen vom Antrag abweichenden, kürzeren Zeitraum nicht zu begründen.

5. Die in der außerordentlichen Revision ausgeführte Rechtsfrage wurde bereits mit der Entscheidung 10 ObS 101/19d beantwortet. Die außerordentliche Revision war daher zurückzuweisen.

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