European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2019:010OBS00101.19D.0730.000
Spruch:
Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.
Begründung:
Rechtliche Beurteilung
1. Verfahrensgegenstand ist der Anspruch des Klägers auf Familienzeitbonus nach § 2 FamZeitbG (Familienzeitbonusgesetz, BGBl I 2016/53), für den Zeitraum 25. 6. bis 25. 7. 2018 aus Anlass der Geburt seines Sohnes am 23. 6. 2018. Strittig ist, ob der Aufenthalt des Klägers mit Mutter und Kind in einem Familienzimmer des Geburtskrankenhauses von Geburt an bis zur Entlassung am 26. 6. 2018 einen gemeinsamen Haushalt im Sinn des § 2 Abs 3 FamZeitbG begründete.
2.1. Als „Familienzeit“ im Sinn des § 2 Abs 4 FamZeitbG versteht man den Zeitraum zwischen 28 und 31 Tagen, in dem sich ein Vater aufgrund der kürzlich erfolgten Geburt seines Kindes ausschließlich seiner Familie widmet und dazu die Erwerbstätigkeit unterbricht, keine andere Erwerbstätigkeit ausübt, keine Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung sowie keine Entgeltfortzahlung aufgrund von oder Leistungen bei Krankheit erhält.
2.2. Nach den Vorgaben des Gesetzgebers (ErläutRV 1110 BlgNR 25. GP 1) sollen erwerbstätige Väter, die sich direkt nach der Geburt ihres Kindes intensiv und ausschließlich der Familie widmen, eine finanzielle Unterstützung erhalten. Dies trägt dem Umstand Rechnung, dass die Familiengründungszeit wichtig ist, damit das Neugeborene rasch eine sehr enge emotionale Bindung (auch) zum Vater aufbauen kann. Der Vater soll seine unter den Auswirkungen der gerade erfolgten Geburt stehende Partnerin bei der Pflege und Betreuung des Säuglings, bei den Behördenwegen, bei Haushaltsarbeiten etc bestmöglich unterstützen, um den Zusammenhalt in der Familie von Anfang an zu stärken.
2.3. Im Hinblick auf diesen Gesetzeszweck ist der Anspruch auf Familienzeitbonus eines Vaters für sein Kind (unter anderem) an die Voraussetzung geknüpft, dass der Vater, das Kind und der andere Elternteil im gemeinsamen Haushalt leben (§ 2 Abs 1 Z 4 FamZeitbG) und sich der Vater im gesamten von ihm gewählten Anspruchszeitraum in Familienzeit befindet (§ 2 Abs 1 Z 3 FamZeitbG).
3.1. Ein gemeinsamer Haushalt im Sinn des § 2 Abs 3 FamZeitbG liegt nur dann vor, wenn der Vater, das Kind und der andere Elternteil in einer dauerhaften Wohn- und Wirtschaftsgemeinschaft an der selben Wohnadresse leben und alle drei an dieser Adresse auch hauptwohnsitzlich gemeldet sind, wobei eine bis zu zehn Tagen verspätet erfolgte Hauptwohnsitzmeldung des Kindes an dieser Wohnadresse nicht schadet.
3.2. Der Oberste Gerichtshof hat zu 10 ObS 109/18d (RIS‑Justiz RS0132377) bereits klargestellt, dass während des Krankenhausaufenthalts von Mutter und Kind nach der Geburt kein gemeinsamer Haushalt im Sinn des § 2 Abs 3 FamZeitbG vorliegt, weil in dieser Zeit die Pflege und Betreuung des Kindes durch Leistungen der Krankenanstalt abgedeckt wird. Nur bei Hausgeburten oder ambulanten Geburten steht der Familienzeitbonus bereits ab dem Tag der Geburt zu; der gemeinsame Haushalt liegt in diesen Fällen nämlich bereits ab Geburt vor (vgl Holzmann‑Windhofer in Holzmann‑Windhofer/Weißenböck, Kinderbetreuungsgeldgesetz [2017] § 2 FamZeitbG Anm 3.3).
3.3. Anders als in dem zu 10 ObS 109/18d entschiedenen Fall hielt sich der Kläger gemeinsam mit Mutter und Neugeborenem einige Tage in einem Familienzimmer des Krankenhauses auf und unterstützte (auch) während dieser Zeit bis zur Entlassung seine Lebensgefährtin bei der Pflege und Betreuung des Säuglings. Während des Zeitraums vom 23. 6. 2018 bis 25. 7. 2018 widmete er sich ausschließlich seiner Familie und unterbrach dazu seine Erwerbstätigkeit. Diese Betreuung auch während des Krankenhausaufenthalts diente zwar der vom Gesetzgeber gewünschten Verstärkung einer emotionalen Bindung des Kindes zum Vater und der Unterstützung der Mutter. Ungeachtet dessen wurden Pflege- und Betreuungsbedürfnisse von Mutter und Kind während der ersten Tage nach der Geburt durch Leistungen des Krankenhauspersonals sichergestellt, wie beispielsweise die medizinische Betreuung, Nahrungsversorgung (jedenfalls der Mutter) und Hilfestellung bei der Säuglingspflege. Klassische Haushaltsleistungen, mit denen ein Vater seine Partnerin nach der Geburt unterstützen soll, fallen während des Krankenhausaufenthalts nicht an.
3.4. Die erst auf Geburten nach dem 31. 12. 2018 anzuwendende, mit der Novelle zum FamZeitbG BGBl I 2019/24 eingeführte Bestimmung des § 2 Abs 3a FamZeitbG nimmt ausnahmsweise einen gemeinsamen Haushalt im Sinn des § 2 Abs 3 FamZeitbG an, wenn bei einem medizinisch indizierten Krankenhausaufenthalt des Kindes dieses durch den Vater oder den anderen Elternteil im Mindestausmaß von jeweils durchschnittlich vier Stunden täglich persönlich gepflegt und betreut wird. Die in der außerordentlichen Revision des Klägers zitierten Gesetzesmaterialien (AB 494 BlgNR 26. GP 2) nennen als Beispiel eines medizinisch erforderlichen Krankenhausaufenthalts eine schwere Erkrankung des Kindes oder den Fall eines „Frühchens“.
4.1. Der Familienzeitbonus gebührt ausschließlich für eine ununterbrochene Dauer von 28, 29, 30 oder 31 aufeinanderfolgenden Tagen innerhalb eines Zeitraums von 91 Tagen ab der Geburt des Kindes (§ 3 Abs 2 FamZeitbG). Die Anspruchsdauer ist bei der Antragstellung verbindlich festzulegen, sie kann ausschließlich 28, 29, 30 oder 31 Kalendertage betragen und kann später nicht geändert werden (§ 3 Abs 3 FamZeitbG).
4.2. Die Familienzeit und der beantragte Bezugszeitraum müssen sich demnach decken. Die Familienzeit darf nicht kürzer andauern als der gewählte Familienzeitbonus‑Anspruchszeitraum (10 ObS 109/18d mwN). Wenn während des Krankenhausaufenthalts von Mutter und Kind kein Anspruch auf Familienzeitbonus besteht und die verbleibenden Tage, in der Familienzeit beansprucht wird, die vom Kläger gewählte Mindestbezugsdauer nicht erreichen, besteht kein Anspruch auf Familienzeitbonus (10 ObS 109/18d). Die – bisher nicht erörterte – Frage der hauptwohnsitzlichen Meldung während des Krankenhausaufenthalts stellt sich dann nicht.
4.3. Ein gemeinsamer Haushalt im Sinn des § 2 Abs 3 FamZeitbG lag nur in der Zeit von 26. 6. bis 25. 7. 2018 vor. Diese Anspruchsvoraussetzung war somit nicht für den gesamten, vom Vater gewählten Anspruchszeitraum von 31 Tagen erfüllt. Eine anteilige Auszahlung hat der Gesetzgeber ebenso ausgeschlossen wie eine spätere Änderung des Anspruchszeitraums (10 ObS 109/18d mwN). Einen gleichheits‑ und damit verfassungswidrigen Inhalt dieser gesetzlichen Regelungen sieht der Senat nicht, weshalb er die Anregung des Revisionswerbers auf Anrufung des Verfassungsgerichtshofs nicht aufgreift.
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