European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2019:0130OS00081.19I.1211.000
Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.
Zur Entscheidung über die Berufungen werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde Benjamin F***** – im zweiten Rechtsgang (vgl zum ersten 13 Os 151/18g) – für die von einem rechtskräftigen Schuldspruch umfassten Verbrechen der Vergewaltigung nach § 201 Abs 1 StGB und des sexuellen Missbrauchs einer wehrlosen oder psychisch beeinträchtigten Person nach § 205 Abs 1 StGB zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren verurteilt und nach § 21 Abs 2 StGB in eine Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher eingewiesen. Gemäß § 43a Abs 4 StGB wurde ein Teil der verhängten Freiheitsstrafe von 30 Monaten unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen.
Rechtliche Beurteilung
Die dagegen aus § 281 Abs 1 Z 11 StPO erhobene Nichtigkeitsbeschwerde der Staatsanwaltschaft geht fehl.
Der Beschwerde zuwider liegt ein unvertretbarer Verstoß gegen Bestimmungen über die Strafbemessung (Z 11 dritter Fall) bei Nachsicht eines Teils der Strafe gemäß § 43a Abs 4 StGB neben unbedingter Unterbringung nicht vor (vgl Ratz in WK 2 StGB § 21 Rz 2 und RIS-Justiz RS0119998 [T1]). Dies zeigt schon der Umkehrschluss aus § 45 Abs 1 zweiter Satz StGB, der bedingte Nachsicht der Unterbringung nach § 21 Abs 2 StGB ausschließlich dann erlaubt, wenn die Strafe zur Gänze bedingt nachgesehen wird (12 Os 36/05v, SSt 2005/44; RIS-Justiz RS0112223 [T1] und RS0119998). Zwischen der Anordnung der Maßnahme und deren Vollzug ist strikt zu unterscheiden (Ratz in WK2 StGB § 21 Rz 2). Ohne die von § 21 StGB verlangte Gefährlichkeit darf die Unterbringung überhaupt nicht, also auch nicht bedingt nachgesehen, angeordnet werden (Ratz in WK2 StGB § 21 Rz 2 und § 45 Rz 9). Gefährlichkeit im Sinn des § 21 StGB steht somit bedingter Nachsicht der Unterbringung nicht entgegen, weil die diesbezüglichen Normen auf unterschiedliche Kriterien abstellen (RIS-Justiz RS0119302, Ratz in WK2 StGB § 45 Rz 9 mwN). Nichts anderes gilt im Verhältnis zwischen der Anordnung der Unterbringung nach § 21 Abs 2 StGB und der (gänzlich oder teilweise) bedingten Nachsicht der zugleich ausgesprochenen Freiheitsstrafe (vgl Birklbauer SbgK § 45 Rz 60).
Der Hinweis auf die Beschränkung des Anwendungsbereichs des § 43a Abs 4 StGB auf besondere Ausnahmefälle erschöpft sich in bloßer Berufungsargumentation.
Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher – in Übereinstimmung mit der Stellungnahme der Generalprokuratur – bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO).
Daraus folgt die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufungen (§ 285i StPO).
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)