European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2019:0040OB00173.19Y.1126.000
Spruch:
Dem Revisionsrekurs wird teilweise Folge gegeben.
Die Entscheidungen der Vorinstanzen werden teilweise abgeändert, sodass die Entscheidung – unter Einschluss des bestätigten Ausspruchs – insgesamt zu lauten hat:
„1. Die Einrede der internationalen Unzuständigkeit des Landesgerichts Feldkirch wird in Ansehung des Klagebegehrens, die beklagte Partei sei gegenüber der klagenden Partei schuldig, es ab sofort zu unterlassen, das in der Beilage ./A, welche einen integrierten Bestandteil des Urteils bilde, abgebildete Werk zu vervielfältigen und/oder zu verbreiten, verworfen.
2. Hingegen ist das Landesgericht Feldkirch in Ansehung des weiteren Klagebegehrens, die beklagte Partei sei weiters schuldig, der klagenden Partei über das seit Februar 2013 vervielfältigte und/oder verbreitete Werkstück in der Beilage ./A, welche einen integrierten Bestandteil dieses Urteils bilde, abgebildeten Werkes insbesondere durch Offenlegung der Art, Dauer der Verwendung, Größe und Positionierung des Lichtbildes auf ihrer Webseite Rechnung zu legen und die Richtigkeit der gelegten Rechnung durch einen allgemein beeideten Sachverständigen prüfen zu lassen, und für das seit Februar 2013 vervielfältigte und/oder verbreitete Werkstück in der Beilage ./A, welche einen integrierten Bestandteil dieses Urteils bilde, abgebildeten Werkes der klagenden Partei ein angemessenes Entgelt zu bezahlen, wobei die ziffernmäßige Festsetzung des gesamten Zahlungsbegehrens bis zur erfolgten Rechnungslegung vorbehalten bleibe, international unzuständig. Die Klage wird insofern zurückgewiesen.“
Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit 2.443,50 EUR (darin 407,25 EUR USt) bestimmten Kosten des Zwischenstreits über die Zuständigkeit binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Begründung:
Der Kläger ist unstrittig italienischer Staatsbürger und in Südtirol ansässig. Die Beklagte ist eine Gemeinde in Südtirol.
Der Kläger begehrt von der Beklagten einerseits, es zu unterlassen, ein Lichtbildwerk, dessen Urheber er sei, zu vervielfältigen und/oder zu verbreiten, und andererseits Rechnungslegung und Zahlung eines angemessenen Entgelts. Er sei Inhaber eines Einzelunternehmens für Foto und Webdesign und als solcher Urheber eines Lichtbildes, das eine Burg in Südtirol, Italien, zeige. Allein dem Kläger bzw nutzungsberechtigten Inhaber stünden die Rechte auf Vervielfältigung (§ 15 UrhG), Verbreitung (§ 16 UrhG) und Zurverfügungstellung (§ 18a UrhG) zu. Die Beklagte habe dieses Lichtbild ohne Urheberangabe und ohne Zustimmung des Klägers auf ihrer Website widerrechtlich veröffentlicht und dadurch das Urheberrecht des Klägers verletzt. Dem Kläger stehe ein angemessenes Entgelt und Schadenersatz zu. Der Schaden sei überall dort entstanden, von wo aus auf das geschützte Lichtbild zugegriffen werden könne. Die Webseite der Beklagten sei am Sitz des angerufenen österreichischen Gerichts in Vorarlberg in deutscher Sprache abrufbar gewesen, die Aktivitäten der Beklagten zielten auf Werbung in Österreich bzw Vorarlberg ab und wirkten sich in dieser Region aus.
Die Beklagte wandte die fehlende internationale und örtliche Zuständigkeit des angerufenen österreichischen Gerichts ein.
Das Erstgericht verwarf die Einrede der internationalen Unzuständigkeit. Die Abrufbarkeit der Webseite in Vorarlberg begründe die internationale Zuständigkeit Österreichs nach Art 7 Abs 2 EuGVVO.
Das Rekursgericht erklärte das Erstgericht für international unzuständig, wies die Klage zurück und erklärte den ordentlichen Revisionsrekurs für zulässig. Nach der EuGH‑Entscheidung C‑194/16, Bolagsupplysningen , seien Klagen auf Unterlassung von Persönlichkeitsrechtsverletzungen bei den Gerichten des Mitgliedstaats zu erheben, in dem sich der Mittelpunkt der Interessen des Geschädigten befinde. Diese Rechtsprechung müsse wegen der strukturellen Ähnlichkeit des Urheberrechts mit den Persönlichkeitsrechten auch für Klagen auf Unterlassung von Urheberrechtsverletzungen gelten, die entweder am allgemeinen Gerichtsstand des Beklagten oder vor dem Gericht des Staates des Interessensmittelpunkts des Geschädigten zu erheben seien; beides liege hier in Italien. Das angemessene Entgelt nach § 86 UrhG sei ein Verwendungsanspruch, der nicht dem Art 7 Nr 2 EuGVVO 2012 unterliege und daher vor dem allgemeinen Gerichtsstand der Beklagten in Italien geltend zu machen sei. Insgesamt sei das Erstgericht international unzuständig.
Der ordentliche Revisionsrekurs des Klägers beantragt die Wiederherstellung des erstgerichtlichen Beschlusses; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.
Die Beklagte beantragt, dem Revisionsrekurs nicht Folge zu geben.
Der Revisionsrekurs ist zur Klarstellung der Rechtslage zulässig; er ist teilweise berechtigt.
Der Kläger führt ins Treffen, der Erfolgsort liege überall dort, wo der rechtsverletzende Inhalt abgerufen werden könne. Da die sich auch an österreichische Gäste richtende Website der Beklagten in Österreich abrufbar gewesen sei, liege die internationale Zuständigkeit des angerufenen Gerichts vor.
Rechtliche Beurteilung
Dazu wurde erwogen:
1. Der Kläger als Staatsbürger eines EU‑Mitgliedstaats kann nach österreichischem Urheberrecht Schutz für ein als Werk zu beurteilendes Lichtbild beanspruchen, wobei sich dieser Schutz nur auf Österreich bezieht (vgl 4 Ob 47/06z = RS0121119).
2.1. Nach der Grundregel des Art 4 Abs 1 EuGVVO 2012 sind Personen, die ihren (Wohn‑)Sitz im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats haben, ohne Rücksicht auf ihre Staatsangehörigkeit vor den Gerichten dieses Mitgliedstaats zu verklagen.
2.2. Nach Art 7 Nr 2 EuGVVO 2012 kann eine Person, die ihren (Wohn‑)Sitz im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats hat, in einem anderen Mitgliedstaat verklagt werden, wenn eine unerlaubte Handlung oder eine Handlung, die einer unerlaubten Handlung gleichgestellt ist, oder wenn Ansprüche aus einer solchen Handlung den Gegenstand des Verfahrens bilden, und zwar vor dem Gericht des Ortes, an dem das schädigende Ereignis eingetreten ist oder einzutreten droht.
Mit der Wendung „Ort, an dem das schädigende Ereignis eingetreten ist“ ist sowohl der Ort der Verwirklichung des Schadenserfolgs (Erfolgsort) als auch der Ort des für den Schaden ursächlichen Geschehens (Handlungsort) gemeint (EuGH C‑523/10, Wintersteiger , Rn 19; C‑375/13, Kolassa , Rn 45; C‑12/15, Universal Music , Rn 28; C‑27/17, flyLAL‑Lithuanian , Rn 28).
Bei Distanzdelikten (mit Substanz- oder Vermögensschäden) kommt es für den Erfolgsort auf den Eintritt des Primärschadens an; auf Folgeschäden kann hingegen nicht abgestellt werden (EuGH C‑27/17, flyLAL‑Lithuanian , Rn 31).
2.3. Der Gerichtsstand nach Art 7 Nr 2 EuGVVO 2012 ist verordnungsautonom und eng auszulegen (vgl EuGH Rs 189/87, Kalfelis , und C‑12/15, Universal Music , Rn 25 mwN; RS0109078 [T13, T14]). Darunter fallen neben Ansprüchen wegen der Verletzung von Persönlichkeitsrechten in Printmedien und im Internet auch Ansprüche aus dem Kartellrecht, aus unlauterem Wettbewerb und Immaterialgüterrechten (Marken-, Muster-, Patent- und Urheberrechte; C‑572/14, Austro‑Mechana ; 4 Ob 181/18y mwN, 4 Ob 214/15x, 16 Ok 3/08; vgl RS0115357; RS0109078 [T5]).
Hingegen können Ansprüche aus ungerechtfertigter Bereicherung nicht beim Gerichtsstand für Deliktsklagen geltend gemacht werden (RS0109739 [T12]; RS0109078 [T1, T4]; Leible in Rauscher , EuZPR/EuIPR 4 [2016] Art 7 Brüssel Ia‑VO Rz 112).
2.4. Bei Persönlichkeitsverletzungen, Eingriffen in Immaterialgüterrechte oder wettbewerbs‑ bzw lauterkeitswidrigen Verhaltensweisen handelt es sich nach der „ Shevill -Doktrin“ (EuGH C‑68/93) um Streudelikte, für die besondere Grundsätze gelten. Das Gericht des Ortes, an dem der Herausgeber einer ehrverletzenden Veröffentlichung sei, müsse für die Entscheidung über die Klage auf Ersatz des gesamten durch die unerlaubte Handlung verursachten Schadens zuständig sein, der in der Regel mit dem in (nunmehr) Art 4 Abs 1 EuGVVO 2012 vorgesehenen grundsätzlichen Gerichtsstand übereinstimme (Rn 25 f). Der Schadenserfolg sei an dem Ort verwirklicht, an dem die schädigenden Auswirkungen des haftungsauslösenden Ereignisses zu Lasten des Betroffenen eintreten. Im Fall einer grenzüberschreitenden Ehrverletzung durch Presseerzeugnisse werde die Beeinträchtigung der Ehre und des Ansehens einer Person durch eine ehrverletzende Veröffentlichung an den Orten verwirklicht, an denen die Veröffentlichung verbreitet werde, wenn der Betroffene dort bekannt sei. Somit seien die Gerichte jedes Vertragsstaats, in dem die ehrverletzende Veröffentlichung verbreitet und das Ansehen des Betroffenen nach dessen Behauptung beeinträchtigt worden sei, für die Entscheidung über die in diesem Staat am Ansehen des Betroffenen entstandenen Schäden zuständig (Rn 28 ff). Zwar bringe die Beurteilung der verschiedenen Gesichtspunkte ein und desselben Rechtsstreits durch verschiedene Gerichte Nachteile mit sich; der Kläger habe jedoch stets die Möglichkeit, seinen Anspruch insgesamt entweder bei dem für den Wohnsitz des Beklagten zuständigen Gericht oder bei dem Gericht anhängig zu machen, das für den Ort der Niederlassung des Herausgebers der ehrverletzenden Veröffentlichung zuständig sei (Rn 32).
2.5. Diese Shevill ‑„Mosaiktheorie“ erfuhr in der Folge weitere Verfeinerungen durch die EuGH‑Rechtsprechung:
In der Rechtssache C‑509/09 und C‑161/10, eDate Advertising , sprach der EuGH aus, dass bei Verletzung von Persönlichkeitsrechten durch Inhalte auf einer Website der Verletzte nach (nunmehr) Art 7 Nr 2 EuGVVO 2012 die Möglichkeit habe, die Haftungsklage auf Ersatz des gesamten Schadens entweder im Niederlassungsstaat des Urhebers (Herausgebers) der Veröffentlichung oder vor den Gerichten jenes Mitgliedstaats zu erheben, in dem sich der Mittelpunkt der Interessen des Verletzten befinde. Die Klage könne auch vor den Gerichten jedes Mitgliedstaats erhoben werden, in dessen Hoheitsgebiet ein im Internet veröffentlichter Inhalt zugänglich (gewesen) sei; dies gelte allerdings nur für den Schaden, der im Hoheitsgebiet des Mitgliedstaats des angerufenen Gerichts verursacht worden sei. Mit dieser Entscheidung dehnte der EuGH in Erweiterung der Shevill‑ Formel die Anknüpfungskriterien für die (international örtliche) Zuständigkeit bei Verletzung von Persönlichkeitsrechten im Internet um den Interessenmittelpunkt des Klägers aus. Der Ort, an dem eine Person den Mittelpunkt ihrer Interessen hat, entspricht im Allgemeinen ihrem gewöhnlichen Aufenthalt. Daraus ergibt sich nach Wahl des Klägers – neben dem allgemeinen Gerichtsstand des Beklagten – zusätzlich auch ein Klägergerichtsstand am gewöhnlichen Aufenthalt des Verletzten sowie die internationale Zuständigkeit im Veröffentlichungs- bzw Verbreitungsstaat; dies ist der Mitgliedstaat, in dem ein im Internet veröffentlichter Inhalt zugänglich ist, also abgerufen werden kann (Erfolgsort).
In der Entscheidung C‑523/10, Wintersteiger , bejahte der EuGH bei behaupteten Markenrechtseingriffen im Internet die Zuständigkeit des Registerstaats, wenn die Website in diesem Staat abrufbar ist und der Kläger behauptet, dass dadurch seine Markenrechte verletzt wurden.
In der Entscheidung C‑360/12, Coty Germany , (Rn 55 ff), dehnte der EuGH seine immaterialgüterrechtliche Rechtsprechung auf das Lauterkeitsrecht aus. Zum Erfolgsort habe er in Bezug auf Schäden, die aus Verletzungen eines Rechts des geistigen und gewerblichen Eigentums folgten, bereits klargestellt, dass die Verwirklichung des Schadenserfolgs in einem bestimmten Mitgliedstaat voraussetze, dass das Recht, dessen Verletzung geltend gemacht werde, in diesem Mitgliedstaat geschützt sei. Dieses Erfordernis sei auf die Fälle übertragbar, in denen es um den Schutz eines solchen Rechts durch ein innerstaatliches Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb gehe. Daher könne ein Rechtsstreit über einen Verstoß gegen das betreffende Gesetz vor die nationalen Gerichte gebracht werden, sofern die in einem anderen Mitgliedstaat begangene Tat einen Schaden im Zuständigkeitsbereich des angerufenen Gerichts verursacht habe oder zu verursachen drohe. Insoweit habe das angerufene Gericht zu beurteilen, inwieweit die im Ausgangsmitgliedstaat begangenen Handlungen das nationale Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb verletze.
In der – urheberrechtliche Fragen betreffenden – Entscheidung C‑170/12, Pinckney , hat der EuGH darauf hingewiesen, dass die Urhebervermögensrechte – ebenso wie die Rechte aus einer nationalen Marke – zwar dem Territorialitätsgrundsatz unterlägen, sie jedoch unter anderem wegen der Richtlinie 2001/29/EG (des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. Mai 2001 zur Harmonisierung bestimmter Aspekte des Urheberrechts und der verwandten Schutzrechte in der Informationsgesellschaft) automatisch in allen Mitgliedstaaten zu schützen seien, so dass sie in jedem von ihnen nach dem dort jeweils anwendbaren materiellen Recht verletzt werden könnten (Rn 29). Im Fall der Geltendmachung einer Verletzung von Urhebervermögensrechten, die vom Mitgliedstaat des angerufenen Gerichts gewährleistet würden, sei dieses Gericht für eine Haftungsklage des Urhebers eines Werks gegen eine Gesellschaft zuständig, die in einem anderen Mitgliedstaat niedergelassen sei und das Werk dort auf einem physischen Trägermedium vervielfältigt habe, das anschließend von Gesellschaften mit Sitz in einem dritten Mitgliedstaat über eine auch im Bezirk des angerufenen Gerichts zugängliche Website veräußert werde. Dieses Gericht sei nur für die Entscheidung über den Schaden zuständig, der im Hoheitsgebiet des Mitgliedstaats verursacht worden sei, zu dem es gehöre. Wäre dieses Gericht nämlich auch für die Entscheidung über den in anderen Mitgliedstaaten verursachten Schaden zuständig, setzte es sich an die Stelle der Gerichte dieser Staaten, obwohl diese nach dem Territorialitätsgrundsatz grundsätzlich für die Entscheidung über einen im Hoheitsgebiet ihres jeweiligen Mitgliedstaats verursachten Schaden zuständig und am besten in der Lage seien, zu beurteilen, ob die vom betreffenden Mitgliedstaat gewährleisteten Urhebervermögensrechte tatsächlich verletzt worden seien, und die Natur des verursachten Schadens zu bestimmen (Rn 46 f).
An C‑170/12, Pinckney , anknüpfend wurde auch in
C‑441/13, Hejduk, ausgeführt, dass im Fall der Geltendmachung einer Verletzung von Urheber‑ und verwandten Schutzrechten, die vom Mitgliedstaat des angerufenen Gerichts gewährleistet werden, dieses Gericht in Anknüpfung an den Ort der Verwirklichung des Schadenserfolgs für eine Klage auf Schadenersatz wegen Verletzung dieser Rechte durch die Veröffentlichung von geschützten Lichtbildern auf einer in seinem Bezirk zugänglichen Website zuständig sei, und zwar nur für die Entscheidung über den Schaden, der im Hoheitsgebiet des Mitgliedstaats verursacht worden sei, zu dem es gehöre.
In der – Persönlichkeitsrechtsverletzungen betreffenden – Rechtssache C‑194/16, Bolagsupplysningen , Rn 48 f, entschied der EuGH indes, dass in Anbetracht der umfassenden Abrufbarkeit der auf einer Website veröffentlichten Angaben und Inhalte und des Umstands, dass die Reichweite ihrer Verbreitung grundsätzlich weltumspannend sei, ein auf die Richtigstellung dieser Angaben und die Entfernung dieser Inhalte gerichteter Antrag einheitlich und untrennbar sei und somit nur bei einem Gericht erhoben werden könne, das nach der Rechtsprechung, die sich aus den Urteilen C‑68/93, Shevill, Rn 25, 26 und 32, sowie C‑509/09 und C‑161/10, eDate Advertising Rn 42 und 48, ergebe, für die Entscheidung über einen Antrag auf Ersatz des gesamten Schadens zuständig sei, und nicht bei einem Gericht, das nicht über eine solche Zuständigkeit verfügt. Eine Person, deren Persönlichkeitsrechte durch die Veröffentlichung unrichtiger Angaben über sie im Internet und durch das Unterlassen der Entfernung sie betreffender Kommentare verletzt worden sein solle, könne daher nicht vor den Gerichten jedes Mitgliedstaats, in dessen Hoheitsgebiet die im Internet veröffentlichten Informationen zugänglich (gewesen) seien, eine Klage auf Richtigstellung der Angaben und Entfernung der Kommentare erheben.
3.1. Art 2 lit a der Richtlinie 2001/29/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. Mai 2001 zur Harmonisierung bestimmter Aspekte des Urheberrechts und der verwandten Schutzrechte in der Informationsgesellschaft (wonach die Mitgliedstaaten für die Urheber in Bezug auf ihre Werke das ausschließliche Recht vorsehen, die unmittelbare oder mittelbare, vorübergehende oder dauerhafte Vervielfältigung auf jede Art und Weise und in jeder Form ganz oder teilweise zu erlauben oder zu verbieten) ist dahin auszulegen, dass es sich bei dieser Bestimmung um eine Maßnahme zur vollständigen Harmonisierung des materiellen Gehalts der in ihnen enthaltenen Rechte handelt (EuGH C‑469/17, Funke Medien ).
3.2. Der EuGH hat jedoch bereits zu C‑192/04, Lagardère , festgehalten, dass eine Harmonisierung den Grundsatz der Territorialität von Urheberrechten, der durch das Völkerrecht und das EU-Recht anerkannt werde, nicht in Frage stelle: Derartige Rechte hätten territorialen Charakter, und das interne Recht könne auch nur im Inland vorgenommene Handlungen ahnden (Rn 46).
3.3. Angesichts dieses – sich vom Schutz von Persönlichkeitsrechten unterscheidenden – strikt territorialen Schutzes von Urheberrechten und vor dem Hintergrund des hier in Anspruch genommenen beschränkten Schutzes nur in Österreich besteht (entgegen der Auffassung des Rekursgerichts) kein Anlass, die insofern nicht einschlägige Entscheidung C‑194/16, Bolagsupplysningen , auch auf urheberrechtliche Unterlassungsansprüche anzuwenden. Vielmehr ist für solche Ansprüche der durch C‑170/12, Pinckney , und
C‑441/13, Hejduk , definierte (beschränkte) Erfolgsort als zuständigkeitsbegründend nach Art 7 Nr 2 EuGVVO 2012 zuzulassen, zumal es insoweit keine Gerichte mit umfassender Kognitionsbefugnis über Unterlassungsbegehren mit weltumspannender Tragweite (vgl C‑194/16, Bolagsupplysningen, Rn 48; vgl auch C‑18/18, Glawischnig‑Piesczek , Rn 28, 48) gibt.
3.4. Da der Kläger nur einen auf Österreich beschränkten Unterlassungsanspruch geltend macht, hat es somit bei der Regel zu bleiben, dass die Zuständigkeit hierfür auch einem Gericht mit eingeschränkter Kognitionsbefugnis zukommen kann, das nach dem Territorialitätsgrundsatz den im Hoheitsgebiet des Mitgliedstaats, in dem es liegt, verursachten Schaden am besten beurteilen kann. Daraus folgt hier, dass für das Schutz nur in Österreich geltend machende urheberrechtliche Unterlassungsbegehren das angerufene Erstgericht international und örtlich zuständig ist.
3.5. Angesichts dieser klaren Rechtslage besteht auch kein Anlass für eine von der Beklagten in ihrer Revisionsrekursbeantwortung angeregte Einholung eines Vorabentscheidungsersuchens.
4. Anders ist die Rechtslage allerdings für das Begehren auf Rechnungslegung und Zahlung (Stufenklage) zu beurteilen. Dieser Anspruch nach § 86 UrhG ist ein bereicherungsrechtlicher Verwendungsanspruch iSd § 1041 ABGB (RS0021397 [T2]; RS0108478 [T6]; Guggenbichler in Kucsko/Handig , urheber.recht² [2017] § 86 UrhG Rz 2). Dass solche Ansprüche nicht dem Art 7 Nr 2 EuGVVO 2012 zu unterstellen sind, wurde bereits ausgeführt (oben Punkt 2.3; RS0109739 [T12]; RS0109078 [T1, T4]). Es hat daher insofern beim nicht in Österreich liegenden allgemeinen Gerichtsstand der Beklagten nach Art 4 EuGVVO 2012 zu bleiben.
5. Zusammengefasst war der erstgerichtliche Beschluss in Ansehung des Unterlassungsbegehrens abzuändern; im Übrigen war der berufungsgerichtliche Beschluss zu bestätigen.
6. Zur Frage der internationalen Zuständigkeit liegt ein Zwischenstreit vor (RS0109078 [T15]). Als Kosten dieses Zwischenstreits sind nur die vom allgemeinen Verfahrensaufwand klar abgrenzbaren Kosten anzusehen, wohingegen Kosten von Prozesshandlungen, die im fortgesetzten Verfahren verwertbar sind, im Rahmen der Entscheidung über die Kosten des Zwischenstreits nicht zuzusprechen sind (8 Ob 45/19d mwN). Klar abgrenzbar sind hier nur die Kosten des Rechtsmittelverfahrens in zweiter und dritter Instanz.
Der Kläger ist mit seinem Standpunkt zum mit 20.000 EUR bewerteten Unterlassungsbegehren durchgedrungen, nicht jedoch mit dem zur mit 1.500 EUR bewerteten Stufenklage. Er ist daher nur geringfügig mit unter 7 % unterlegen und hat nach §§ 50, 43 Abs 2 erster Fall ZPO die Kosten von Rekursbeantwortung und Revisionsrekurs – auf Basis von 20.000 EUR – ersetzt zu erhalten. Ein ERV‑Zuschlag gemäß § 23a erster Satz RATG in Höhe von 4,10 EUR gebührt nur für verfahrenseinleitende, nicht jedoch für fortgesetzte Schriftsätze, unter denen nicht nur Rechtsmittel, sondern auch Rechtsmittelbeantwortungen zu verstehen sind (RS0126594 [T1]; nunmehr 2,10 EUR).
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